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Stimmrehabilitation nach Laryngektomie<br />
Die Laryngektomie, die vollständige Entfernung<br />
des Kehlkopfes, wurde erstmals<br />
1873 durch Billroth durchgeführt. Heute<br />
findet der Eingriff hauptsächlich bei der<br />
Behandlung fortgeschrittener Malignome<br />
Anwendung sowie auch bei Rezidiven nach<br />
organerhaltender Operation oder primärer<br />
Bestrahlungstherapie. Mit der Entwicklung<br />
der organerhaltenden transoralen mikroskopischen<br />
LASER-Chirurgie gelang es in<br />
letzten beiden Jahrzehnten die Häufigkeit<br />
dieser Operation erheblich zu reduzieren.<br />
Die Entfernung des Kehlkopfes bedingt<br />
eine endgültige Trennung von Schluck- und<br />
Speiseweg. Der Patient kann nach Ende<br />
der Wundheilung im Normalfall wie vor<br />
dem Eingriff oral Nahrung aufnehmen und<br />
schlucken. Die Atmung erfolgt jedoch über<br />
ein endständiges Tracheostoma, die unterhalb<br />
des Kehlkopfes abgetrennte Luftröhre<br />
wird in eine dafür angelegte Hautöffnung<br />
eingenäht. Damit ist dem Patienten die<br />
natürliche Möglichkeit der Lautbildung<br />
genommen und somit das Sprechen nicht<br />
mehr möglich. Dies bedeutet eine erhebliche<br />
Einschränkung der Lebensqualität und<br />
Stigmatisierung der Betroffenen, die so<br />
nicht akzeptabel erscheint.<br />
Bereits seit vielen Jahrzehnten ist zur Kompensation<br />
die Oesophagusersatzsprache<br />
(Ruktussprache) bekannt. Dabei wird ein<br />
Luftdepot in die Speiseröhre geschluckt.<br />
Beim Wiederaustritt der Luft wird die Pharynxschleimhaut<br />
in Höhe der sogenannten<br />
Neoglottis in Schwingung versetzt. Mit<br />
dem damit entstehenden Ton kann dann<br />
gesprochen werden. Nachteil ist jedoch der<br />
teilweise lange Lernprozess und die relativ<br />
kurze Zeitdauer des Sprechens, bevor wieder<br />
Luft nachgeschluckt werden muss.<br />
Für Betroffene, die die Oesophagusersatzsprache<br />
nicht erlernen konnten, gibt es als<br />
alternative Lösung den Elektrolarynx, einen<br />
externen Stimmgenerator. Dieser Stimmgenerator<br />
wird von außen an den Mundboden<br />
gedrückt und erzeugt einen eintönigen<br />
Stimmklang, der oft als unbefriedigend betrachtet<br />
wird.<br />
Seit den 90er Jahren etablieren sich international<br />
zur Stimmrehabilitation die<br />
sogenannten Stimmprothesen. In unserer<br />
Klinik finden seit einigen Jahren die Provox-<br />
Stimmprothesen von Atos Medical Anwendung.<br />
Die Bezeichnung Stimmprothesen ist<br />
dabei irreführend. Tatsächlich handelt es<br />
sich um ein Shuntventil, das in eine zuvor<br />
angelegte oesophagotracheale Fistel einge-<br />
setzt wird. Das Ventil sorgt dafür, dass die<br />
Ausatemluft bei verschlossenem Tracheostoma<br />
durch die Fistel in den Oesophagus<br />
einströmt und dadurch wie bei der Oesophagusersatzstimme<br />
die Schleimhaut des<br />
Pharynx schwingen lässt. Beim Schlucken<br />
von Nahrung oder Speichel verschließt das<br />
Ventil die Fistel, so dass eine Aspiration<br />
vermieden wird. Durchschnittlich ergeben<br />
sich eine wesentlich schnellere Stimmanbahnung,<br />
eine deutlich lautere Stimme<br />
sowie ein längeres Sprechen ohne das bei<br />
der Ruktussprache erforderliche Nachschlucken.<br />
Nachteilig ist, dass zum Sprechen<br />
das Tracheostoma mit dem Finger oder<br />
einem speziellen Ventilsystem verschlossen<br />
werden muss (siehe Abb. 1).<br />
In unterschiedlichen Zeitabständen muss<br />
das Ventil durch einen geschulten HNO-Arzt<br />
bei defektem Ventil ambulant gewechselt<br />
werden. Die Wechselintervalle können von<br />
wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren<br />
betragen. Diese Nachbetreuung führt<br />
für unsere Patienten OÄ Simone Forkel im<br />
Audiologisch-Phoniatrischen Zentrum der<br />
Klinik durch. Sehr selten muss ein spontan<br />
erweiterter Fistelgang im Rahmen eines<br />
stationären Aufenthaltes wieder verkleinert<br />
werden, da sonst Nahrung und Speichel an<br />
der Stimmprothese vorbei in die Trachea<br />
fließen und aspiriert werden können. Der<br />
Einsatz der Stimmprothese ist reversibel.<br />
Falls ein Patient doch besser mit der Ruktussprache<br />
zurechtkommt, kann die Stimmprothese<br />
wieder entfernt werden.<br />
Unsere Strategie zur Stimmrehabilitation<br />
ist daher bei allen Patienten mit entsprechender<br />
Compliance die Empfehlung zum<br />
primären Einsatz der Stimmprothese bereits<br />
bei der Laryngektomie. Zusätzlich<br />
werden die Betroffenen noch von einem<br />
ehemaligen Patienten der Selbsthilfegruppe<br />
der Kehlkopflosen beraten und können<br />
sich selbstständig für oder gegen einen pri-<br />
mären Stimmprotheseneinsatz entscheiden.<br />
Auch ein sekundärer Einsatz bei fehlendem<br />
Erfolg der Ösophagusstimme ist möglich,<br />
aufgrund der deutlich erhöhten Komplikationsgefahren<br />
jedoch dem primären Einsatz<br />
deutlich unterlegen.<br />
Abb.1: Möglichkeiten der Stimmrehabilitation<br />
nach Laryngektomie:<br />
Stimmprothese<br />
Ruktussprache<br />
Elektrolarynx