Seniorenzeitung

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18.08.2012 Aufrufe

Köpenicker Seniorenzeitung – Ausgabe 5/2004 wurde 1774 bis 1778 von Erdmannsdorff (1736–1800) als Wohnsitz der Fürstin Luise, der Gattin des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau, errichtet, ein klassizistischer Bau mit den Schlößchen Luisium typischen Palladio-Fenstern. Der weitläufige Park ist eine idealisierte Gartenlandschaft im englischen Stil mit neogotischem Haus, Statuen, Ruinenbogen, Grotten und weißlackierter chinesischer Brücke. Wer noch gut zu Fuß ist könnte anschließend einen Spaziergang durch die große Laubenkollonie Luisium unternehmen. Am dritten Tag sind die östlich von Dessau gelegenen Gartenanlagen von Oranienbaum und Wörlitz das Ziel. Zu erreichen über die Oranienbaumer Chaussee jenseits der Autobahn nach Oranienbaum zum Schloß. Im Namen „Oranienbaum“ spiegeln sich die Beziehungen des holländischen Fürstenhauses Oranien-Nassau zum (reformierten) anhaltinischen Fürstenhaus wider. Der im 17. Jh. angelegte Jagdhof der Fürsten von Anhalt-Dessau wurde 1673 nach der Fürstin Henriette Karolina, einer geborenen Prinzessin von Oranien, Oranienbaum genannt und 1683 zum Schloß ausgebaut, das auch einem nahebei sich entwickelnden Ort seinen Namen gab. Die Prinzessin war die Tochter des Prinzen Heinrich Friedrich von Oranien, die 1659 Johann Georg II. von An- Schloß Oranienbaum halt-Dessau geheiratet hatte. Ob der Orangenbaum (älter: Oranienbaum) im Wappen der Oranier seine Berechtigung hat, ist übrigens sehr zweifelhaft. Das französische Wort „orange“, von dem wir den Namen der Frucht übernommen haben, stammt über das Arabische letztlich aus dem Persischen und könnte höchstens volksetymologisch mit der südfranzösischen Stadt Orange in Verbindung gebracht werden, die dem Haus Oranien-Nassau ihren Namen weitergab. Im Schloß sind nur ein paar Räume zu besichtigen. Park und Schloß Oranienbaum wurden im 17. und 18. Jh. im Stil des holländischen Barock angelegt, ein Parkteil um 1800 im chinesischen Stil mit einem chinesischen Teehaus und einer fünfgeschossigen Backsteinpagode, deren Besteigung möglich ist. Eine schöne Aussicht auf die Gartenanlagen ringsum ist der Lohn für die Mühe des Aufstiegs. In Oranienbaum empfiehlt sich auch ein Besuch der Stadtkirche von 1712 mit elliptischem Grundriß und 400 Sitzplätzen. Um 14 Uhr beginnt dann die große Führung durch den Wörlitzer Park (schon mein alter Baedeker von 1914 schlug dafür dreieinhalb Stunden vor!), angelegt vom Fürsten Franz zwischen 1765 und 1810 in den sumpfigen Elbauen als englischer Garten. Fähren und Brücken verbinden fünf ursprünglich für sich bestehende Gartenteile mit Seen und Kanälen zu einem Gesamtareal von 112 Hektar. Antikisierende, klassizistische und neugotische Bauten, Landhäuser, anti- ke Statuen, Grotten, Brücken verschiedenster Bauweise, künstliche Ausblicke, Pavillons und Gedenksteine, wohlkalkuliert in ihrer Anordnung, sorgen für abwechslungsreiche Eindrücke. Das Schloß, wie fast alle Bauten im Park, wurde 1769–73 von Erdmannsdorff errichtet; es besitzt eine besonders schöne Inneneinrichtung. Von der Burg Sieglitz sind nur noch Reste der Fundamente, das erhaltene Burgtor (Park- 5 eingangstor) und der Park zu besichtigen. Der Weg dorthin lohnt nicht so sehr. Für alle, auch die nicht verreisen können, ist hierzu im L & H Verlag ein Lesebuch und Reiseführer „Das Gartenreich Dessau-Wörlitz“ erschienen und zu sehr empfehlen. 144 Seiten, Preis 11,80 EUR, ISBN 3-928119-89-3. Liebe Leser, Gerd Jandke in unserer Mai-Ausgabe aus dem Jahr 2000 würdigten wir Rudolf Mandrella, einen Zeugen der NS-Diktatur. Ihm zu Ehren wurde einst der Platz vor dem Stadtbezirksgericht in Mandrellaplatz umbenannt. In diesen Wochen erhielten wir die Nachricht, daß nach über 60 Jahren der Ermordung von Rudolf Mandrella dessen Ehefrau Maria Mandrella (21.12.1907– 23.5.2004) in Osthofen gestorben ist. In klagloser Demut – so teilen die Söhne Michael, Eckhard und Bernhard mit – hat sie die Jahre der Schwäche und das Nachlassen der Lebenskraft getragen, war sie bemüht um Heiterkeit, war sie bereit Stärke zu geben und nicht willens, Leiden zu zeigen. Vor der Ermordung durch den NS-Staat hatte ihr Mann ihr in seinem Abschiedsbrief geschrieben: „Wenn ich Dich nun auch nicht mehr hier sehe, so weiß ich doch, daß wir uns droben wieder sehen werden. Der Gedanke daran macht mich ruhig, fast heiter, so daß ich mich fast wundere, daß die Menschen vor dem Tode solche Angst haben.“ In dieser Hoffnung und um die Hoffnung ringend, daß diese Zuversicht wahr werde, hat sie ihrem Leben die Form gegeben, vor der sie auch im Erlöschen gehalten war. In dem Gedanken, daß sich dieses erfülle, bleiben die Söhne ihrer Mutter in Liebe verbunden. Die Redaktion der „Köpenicker Seniorenzeitung“ bekundet den Söhnen ihre aufrichtige Teilnahme; möge sich der Gedanke ihrer Mutter erfüllen. Dem Sohn Eckard möchten wir sagen: ja der Mandrella-Platz heißt noch Mandrella-Platz und wir werden dafür einstehen, daß keiner das ändern kann. Die Redaktion

6 Köpenicker Seniorenzeitung – Ausgabe 5/2004 Unser Bezirk und seine Freunde in der Ferne Heute: Partnergemeinde Albinea (Italien) Besonders zu den „Treptower Festtagen“ und zum „Köpenicker Sommer“ kann man in der quirligen Menge der fröhlichen Besucher nicht nur deutsche Laute vernehmen, sondern auch solche, die der Sprachkundige als Italienisch, Spanisch, Amerikanisch, Ungarisch, Tsche- Das Rathaus von Albinea. chisch und als Sprachen einiger Länder Südosteuropas identifiziert. Diese, meist in Grüppchen auftretenden Leute, sind Gäste unseres Bezirks und stammen aus Albinea in Italien, Cajamarca in Peru, East Norriton Township in den USA, mit denen Treptow-Köpenick freundschaftliche Partnerschaften eingegangen ist und sie seit Jahren pflegt. Aus Südosteuropa kommen jedes Jahr Dutzende von Jugendlichen zu den „Vereinten Spielen der Nationen“. Im sportlichen Wettstreit messen diese jungen Leute ihre Kräfte, lernen sich kennen und bringen Europa ein Stück näher zusammen. Durch dieses gegenseitige Kennenlernen wächst das Verstehen der sich begegnenden Menschen untereinander. Auch aus unserem Bezirk reisen Bürger in die mit uns verbundenen Gemeinden. Und nicht nur die „Häuptlinge“, wie der Bezirksbürgermeister, die Stadträte und andere Kommunalpolitiker, nein, auch die „Indianer“, als da sind Schüler, Sportler, Künstler und auch mal ein Pfarrer. Unser Bezirk bemüht sich, auf den verschiedensten Ebenen Verbindungen ins Leben zu rufen. Gefördert werden diese Bestrebungen durch den Verein „Partner Treptow-Köpenick e.V.“, der am 1. September 2003 seine Arbeit aufnahm und als eine seiner ersten Aufgaben alles in einer Datenbank zusammenträgt, was im Bezirk an partnerschaftlichen Aktivitäten mit ausländischen Gemeinden vorhanden ist. Und das ist schon beeindruckend viel. Außerdem hat sich dieser Verein u. a. auch die Aufgabe gegeben, die Partner im Ausland hier im Bezirk bekannter zu machen. Deshalb freuen sich Vorstand und Mitglieder des Vereins, daß die geschätzte „Köpenicker Seniorenzeitung“ für dieses Vorhaben Interesse zeigt. Wir beginnen heute mit einer kleinen Serie, die nach und nach unsere bezirklichen Partnergemeinden vorstellt. Dazu müssen wir uns natürlich in fremde Länder begeben. Wir bitten Sie an Bord der Sondermaschine der „Köpenicker Seniorenzeitung“, die Sie in Windeseile – und ganz kostenlos – zuerst nach Italien bringt. Achtung! Wir landen in Albinea. Uns empfängt – in der Region der Emilia-Romagna – un cordiale benvenuto! ein herzliches Willkommen! – und eine kleine, beschauliche, malerische Ansiedlung am Fuße der Bergkette der Appennini mitten im oberen Teil des italienischen „Stiefels“. In der Ferne blinkt im Sonnenlicht die Häusersilhouette von Reggio Emilia. Die Gemeinde Albinea ist nicht groß. Etwas mehr als 7.000 Einwohner haben dort auf 44,02 Quadratkilometern ihr Zuhause. In dieser beginnenden Berglandschaft der Appennini, an der Albinea schon terrassenförmig ansteigend teilnimmt, empfangen uns einfache zweistöckige Häuser, gedeckt mit roten oder gelbbraunen Pfannenziegeln, wie sie schon in der Römerzeit Verwendung fanden. Dazwischen recken sich vornehme Villen mit rötlichem, ockerfarbenem oder weißem Putz, oft inmitten von Feldern, Wiesen und Weinplantagen und häufig eingerahmt von Kühle ausstrahlenden dunkelgrünen Zypressen. Auch die Kirche Santa Maria dell’Uliveto erhebt sich in dieser frischen Natur und dazu noch auf einem Hügel, so daß der Kirchturm und sonntags sein hübsches Glokkenspiel schon von weitem zu sehen und zu hören sind. Aus der Puste kommen kann man allerdings schon bei einem Spaziergang durch die Gemeinde. Die niedrigste Höhe, gemessen am Meeresspiegel, beträgt 80 Meter (Cà Bianca), die höchste Erhebung im Ort 470 Meter (La Vedetta). Wie viele Füße mögen da seit dem Ortsgründungsjahr 898 die Wege, Gassen und Straßen hinauf oder hinunter gelaufen sein, leichtfüßig, weil ohne Last, oder keuchend, weil gedrückt von schwerer Bürde. Die Höhenunterschiede machen die Gemeinde Albinea und die sie umgebende Landschaft sehr

Köpenicker <strong>Seniorenzeitung</strong> – Ausgabe 5/2004<br />

wurde 1774 bis 1778 von Erdmannsdorff<br />

(1736–1800) als Wohnsitz der Fürstin Luise,<br />

der Gattin des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau,<br />

errichtet, ein klassizistischer Bau mit den<br />

Schlößchen Luisium<br />

typischen Palladio-Fenstern. Der weitläufige<br />

Park ist eine idealisierte Gartenlandschaft im<br />

englischen Stil mit neogotischem Haus, Statuen,<br />

Ruinenbogen, Grotten und weißlackierter<br />

chinesischer Brücke. Wer noch gut zu Fuß<br />

ist könnte anschließend einen Spaziergang<br />

durch die große Laubenkollonie<br />

Luisium unternehmen.<br />

Am dritten Tag sind die östlich<br />

von Dessau gelegenen<br />

Gartenanlagen von Oranienbaum<br />

und Wörlitz das Ziel. Zu<br />

erreichen über die Oranienbaumer<br />

Chaussee jenseits der<br />

Autobahn nach Oranienbaum<br />

zum Schloß. Im Namen<br />

„Oranienbaum“ spiegeln<br />

sich die Beziehungen des<br />

holländischen Fürstenhauses<br />

Oranien-Nassau zum (reformierten)<br />

anhaltinischen Fürstenhaus<br />

wider. Der im 17. Jh. angelegte Jagdhof<br />

der Fürsten von Anhalt-Dessau wurde 1673<br />

nach der Fürstin Henriette Karolina, einer geborenen<br />

Prinzessin von Oranien, Oranienbaum<br />

genannt und 1683 zum Schloß ausgebaut,<br />

das auch einem nahebei sich entwickelnden<br />

Ort seinen Namen gab. Die Prinzessin war<br />

die Tochter des Prinzen Heinrich Friedrich von<br />

Oranien, die 1659 Johann Georg II. von An-<br />

Schloß Oranienbaum<br />

halt-Dessau geheiratet hatte. Ob der Orangenbaum<br />

(älter: Oranienbaum) im Wappen der<br />

Oranier seine Berechtigung hat, ist übrigens<br />

sehr zweifelhaft. Das französische Wort „orange“,<br />

von dem wir den Namen der Frucht übernommen<br />

haben, stammt über das Arabische<br />

letztlich aus dem Persischen und könnte höchstens<br />

volksetymologisch mit der südfranzösischen<br />

Stadt Orange in Verbindung gebracht<br />

werden, die dem Haus Oranien-Nassau ihren<br />

Namen weitergab. Im Schloß sind nur ein paar<br />

Räume zu besichtigen. Park und Schloß Oranienbaum<br />

wurden im 17. und 18. Jh. im Stil<br />

des holländischen Barock angelegt, ein Parkteil<br />

um 1800 im chinesischen Stil mit einem<br />

chinesischen Teehaus und einer fünfgeschossigen<br />

Backsteinpagode, deren Besteigung möglich<br />

ist. Eine schöne Aussicht auf die Gartenanlagen<br />

ringsum ist der Lohn für die Mühe<br />

des Aufstiegs. In Oranienbaum empfiehlt sich<br />

auch ein Besuch der Stadtkirche von 1712 mit<br />

elliptischem Grundriß und 400 Sitzplätzen.<br />

Um 14 Uhr beginnt dann die große Führung<br />

durch den Wörlitzer Park (schon mein alter Baedeker<br />

von 1914 schlug dafür dreieinhalb Stunden<br />

vor!), angelegt vom Fürsten Franz zwischen<br />

1765 und 1810 in den sumpfigen Elbauen als<br />

englischer Garten. Fähren und Brücken verbinden<br />

fünf ursprünglich für sich bestehende Gartenteile<br />

mit Seen und Kanälen zu einem Gesamtareal<br />

von 112 Hektar. Antikisierende, klassizistische<br />

und neugotische Bauten, Landhäuser, anti-<br />

ke Statuen, Grotten, Brücken verschiedenster Bauweise,<br />

künstliche Ausblicke, Pavillons und Gedenksteine,<br />

wohlkalkuliert in ihrer Anordnung,<br />

sorgen für abwechslungsreiche Eindrücke. Das<br />

Schloß, wie fast alle Bauten im Park, wurde<br />

1769–73 von Erdmannsdorff errichtet; es besitzt<br />

eine besonders schöne Inneneinrichtung.<br />

Von der Burg Sieglitz sind nur noch Reste der<br />

Fundamente, das erhaltene Burgtor (Park-<br />

5<br />

eingangstor) und der Park zu besichtigen. Der<br />

Weg dorthin lohnt nicht so sehr.<br />

Für alle, auch die nicht verreisen können, ist<br />

hierzu im L & H Verlag ein Lesebuch und Reiseführer<br />

„Das Gartenreich Dessau-Wörlitz“ erschienen<br />

und zu sehr empfehlen. 144 Seiten,<br />

Preis 11,80 EUR, ISBN 3-928119-89-3.<br />

Liebe Leser,<br />

Gerd Jandke<br />

in unserer Mai-Ausgabe aus dem Jahr 2000<br />

würdigten wir Rudolf Mandrella, einen Zeugen<br />

der NS-Diktatur. Ihm zu Ehren wurde einst der<br />

Platz vor dem Stadtbezirksgericht in Mandrellaplatz<br />

umbenannt. In diesen Wochen erhielten<br />

wir die Nachricht, daß nach über 60 Jahren der<br />

Ermordung von Rudolf Mandrella dessen Ehefrau<br />

Maria Mandrella (21.12.1907– 23.5.2004)<br />

in Osthofen gestorben ist.<br />

In klagloser Demut – so teilen die Söhne Michael,<br />

Eckhard und Bernhard mit – hat sie die<br />

Jahre der Schwäche und das Nachlassen der<br />

Lebenskraft getragen, war sie bemüht um Heiterkeit,<br />

war sie bereit Stärke zu geben und nicht<br />

willens, Leiden zu zeigen.<br />

Vor der Ermordung durch den NS-Staat hatte<br />

ihr Mann ihr in seinem Abschiedsbrief geschrieben:<br />

„Wenn ich Dich nun auch nicht mehr hier<br />

sehe, so weiß ich doch, daß wir uns droben wieder<br />

sehen werden. Der Gedanke daran macht<br />

mich ruhig, fast heiter, so daß ich mich fast<br />

wundere, daß die Menschen vor dem Tode solche<br />

Angst haben.“<br />

In dieser Hoffnung und um die Hoffnung ringend,<br />

daß diese Zuversicht wahr werde, hat sie<br />

ihrem Leben die Form gegeben, vor der sie auch<br />

im Erlöschen gehalten war. In dem Gedanken,<br />

daß sich dieses erfülle, bleiben die Söhne ihrer<br />

Mutter in Liebe verbunden. Die Redaktion der<br />

„Köpenicker <strong>Seniorenzeitung</strong>“ bekundet den<br />

Söhnen ihre aufrichtige Teilnahme; möge sich<br />

der Gedanke ihrer Mutter erfüllen.<br />

Dem Sohn Eckard möchten wir sagen: ja der<br />

Mandrella-Platz heißt noch Mandrella-Platz<br />

und wir werden dafür einstehen, daß keiner das<br />

ändern kann.<br />

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