Seelenhackergens vollständig sichtbar machen und uns in melancholische Metaphysikerverwandeln.[. . .]Stellen sie sich vor, wenn es ihnen möglich ist, Sie seien plötzlich aller IhrerGefühle entkleidet, die Ihre gegenwärtige Welt in Ihnen auslöst, und versuchenSie sich vorzustellen, wie diese Welt nun ganz für sich allein existiert,ohne Ihre positive oder negative, zuversichtliche oder besorgte Deutung. Eswird Ihnen kaum möglich sein, sich einen derartigen Zustand von Negativitätund Totsein realistisch vorzustellen. [. . .] Jeder Wert, jedes Interesse undjede Bedeutung, mit der unsere jeweilige Welt ausgestattet zu sein scheint,sind somit reine Gaben des anschauenden Geistes. Die Liebe ist das bekanntesteund extremste Beispiel dieses Sachverhaltes. Wenn sie kommt, kommtsie; wenn sie nicht kommt, kann kein Denkprozess sie erzwingen. Dennochverändert sie den Wert des geliebten Geschöpfes so grundlegend, wie derSonnenaufgang den Mont Blanc aus einem leichenhaften Grau in ein zauberhaftesRosenrot verwandelt; und für den Liebenden versetzt sie die ganzeWelt in eine neue Stimmung und versieht sein Leben mit einer neuen Aufgabe.Dasselbe gilt für die Angst, die Empörung, die Eifersucht, den Ehrgeiz,die Ehrfurcht. Wenn sie da sind, verändert sich das Leben. 5In Tolstojs Fall war die Empfindung für eine wie auch immer gearteteBedeutung des Lebens zeitweilig ganz verschwunden. Das Ergebnis war eineVeränderung in der Gesamterscheinung der Wirklichkeit. Wenn wir zumPhänomen der Bekehrung bzw. der religiösen Wiedergeburt kommen, werdenwir die Umformung der Natur, die sich in den Augen des Betrachtersvollzieht, als eine häufige Folge der sich im Subjekt vollziehenden Veränderungenerkennen. [. . .]Bohrende Fragen bedrängen sie, eine brütende theoretische Aktivität wirdin Gang gesetzt; und bei der verzweifelten Anstrengung, die Sache zu klären,stößt der Leidende häufig auf etwas, was für ihn eine befriedigende religiöseLösung darstellt.Tolstoj berichtet, dass er etwa im Alter von 50 Jahren erstmalig Momentevon Verwirrung bzw. Stockungen, wie er es nennt, hatte; er wusste nichtmehr, „wie er zu leben“, bzw. was er zu tun hatte:[. . .] Darüber hinaus war ich weder geistesgestört noch krank.Im Gegenteil, ich verfügte über eine geistige und körperliche5 Das allein sollte uns zeigen, wie leicht unsere Gefühle verwendet werden können, um uns zukontrollieren oder zu hypnotisieren!42
Wohin du auch siehst, ist das Gesicht GottesKraft, wie ich sie bei meinen Altersgenossen selten angetroffenhabe. Beim Mähen konnte ich mit den Bauern mithalten, und mitdem Kopf konnte ich acht Stunden am Stück arbeiten, ohne diegeringsten negativen Folgen zu spüren.Und dennoch konnte ich in keiner Tätigkeit meines Lebenseinen vernünftigen Sinn sehen. Und ich war überrascht, dass ichdies nicht von Anfang an durchschaut hatte. Ich fühlte mich, alsob sich jemand mit mir einen dummen Witz erlaubte. Man kannnur solange leben, wie man berauscht, trunken vom Leben ist;sobald man nüchtern wird, kann man sich nicht mehr darübertäuschen, dass alles ein dummer Betrug ist. Die volle Wahrheitist, dass es überhaupt nichts enthält, was wenigstens spaßig oderalbern wäre; es ist schlicht und einfach grausam und dumm.[. . .]„Aber vielleicht habe ich etwas übersehen, etwas nicht verstanden?“,sagte ich mir immer wieder, „Es ist unmöglich, dassdieser Zustand der Verzweiflung zur menschlichen Natur gehörensoll.“ Und ich suchte nach einer Erklärung in allen Bereichendes Wissens, die der Mensch erworben hat. Ich suchte unterSchmerzen und sehr ausgiebig, nicht nur aus purer Neugier.Ich suchte nicht nachlässig, ich suchte mühsam und hartnäckig,Tag und Nacht. Ich suchte wie ein Verlorener, der nach Rettungsucht – und ich fand nichts. Ich kam sogar zu der Überzeugung,dass alle, die vor mir in den Wissenschaften nach einer Antwortgesucht hatten, ebenfalls nichts gefunden hatten. Und nicht nurdas, sie hatten vielmehr erkannt, dass eben das, was mich zurVerzweiflung brachte – die sinnlose Absurdität des Lebens – dieeinzige sichere Erkenntnis ist, die der Mensch erreichen kann.[. . .]Das einzige, was uns jetzt interessieren muss, ist das Phänomen der absolutenEntzauberung des alltäglichen Lebens [. . .]Ist die Desillusionisierung einmal so weit fortgeschritten, gibt es selten einerestitutio ad integrum. Man hat von der Frucht des Baumes gekostet, unddas Glück Edens kehrt nie zurück. Das einzige Glück, das sich – wenn überhaupteines – einstellt, ist nicht die simple Unkenntnis des Bösen, sondernein sehr viel komplexeres Empfinden, das die natürliche Schlechtigkeit alsElement miteinschließt [. . .] Und wenn der Leidende gerettet wird, wird er43
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