Forschung 4Abb. 3: Beispiel eines“Gauntlet“ für Arabidopsis-Genotypen.VerzögerteVerlängerung der Primärwurzelim Kurztag dientals Merkmal, um Mutantenund Genotypen mitProblemen in der Verteilungvon Kohlenhydratressourcenzu identifizieren.und Phenylpropanoide bearbeitet viele Probenebenfalls parallel. Wir benutzen gekoppelte zyklischeEnzymreaktionen als hochempfindliches Systemzur Analyse wichtiger Metaboliten aus derZucker-, Stärke- und Lipidbiosynthese aus extremgeringen Probenmengen, wie z.B. Samen von Arabidopsis.Bisher wurden zyklische Reaktionen fürATP, ADP, ADP-Glukose, UDP-Glukose, Pyrophosphat,glykolytische Intermediate, NAD(H),NADP(H) und Acetyl-CoA neu entwickelt. Metabolitanalysensind unabhängig vom genetischenHintergrund und daher als Plattform mit Kulturpflanzenbeliebig kombinierbar. Darüber hinauswird die GC/MS-Technik für die unverzerrte Analyseeines weiten Spektrums an Metabolitengenutzt.Der Antwort einen Sinn geben:MapMan – KontextbezogeneVeranschaulichung großerDatenmengenModerne Messtechnologien generierenUnmengen an Datensätzen mit 1.000en von Messparametern.Deren Aufarbeitung wird durch unsereInterpretationsfähigkeit beschränkt. Oft nutzenWissenschaftler nur die Information über dasVerhalten ausgewählter sog. “Kandidatengene”als Ausgang für detaillierte Funktionsstudien. DieProfiltechniken müssen mit einem Portfolio vonInterpretationswerkzeugen verknüpft werden, umihr Potential für eine umfassende Analyse vonSystemantworten auszunutzen. Den vielen Clustering-Verfahrenund lernenden neuronalenNetzwerken fehlt jedoch die Möglichkeit, genomischeDatensätze zu organisieren und sinnvollim bekannten biologischen Kontext abzubilden.Zusätzlich wurden die meisten Werkzeuge bisherfür mikrobielle Systeme entwickelt. Sie könnennur aufwendig an ein Pflanzensystem angepasstwerden.In Kooperation mit dem RZPD haben wir daherdas Softwaretool MapMan (Abb. 2) entwickelt. Esbildet Datensätze auf einem Diagramm in selbstdefiniertenBereichen ab, die symbolisch einer biologischenFunktion zugeordnet sind. Für jedesindividuelle Gen zeigt MapMan ein diskretes Signalan. Gene sind zunächst in Blöcken und nichtin Stoffwechselwegen gruppiert, wobei Gene eingeordnetwerden können, auch wenn ihre Funktionnur annäherungsweise bekannt ist. DerAbbildungsbereich kann ein Sektor eines Stoffwechselweges,eine bestimmte Funktion in derZelle (z.B. Proteinsynthese) oder eine biologischeAntwort darstellen, z.B. Gene, die im Metabolismusteilnehmen und/oder auf Hormone antworten.Er kann aber auch eine große Enzymfamiliemit vielen unbekannten Mitgliedern darstellen,z.B. die Cytochrom-P450-Familie. Die Veränderungder Auflösung wird, abhängig vom Hintergrundwissenund der Fragestellung, durch denGebrauch hierarchischer Kategorien und Diagrammemit zunehmender Detailtreue ermöglicht.Wirhaben in der MapMan-Software der Flexibilitäteine hohe Priorität gegeben, damit jederBenutzer seine eigenen Datensätze auswählenund funktionelle Kategorien und Diagramme erstellenkann.Enträtselung derpflanzlichen Antwort aufKohlenhydratmangelZucker regulieren viele Prozesse desMetabolismus und der Entwicklung. Die beteiligtenSignaltransduktionswege wurden bisher vorallem durch Applikation hoher externer Zuckerkonzentrationenuntersucht. Unser Ziel war es, zuverstehen wie physiologische Veränderungenagronomisch relevante Eigenschaften der Pflanzeverändern. Daher wurden “Gauntlets” etabliert,um Phänotypen zu generieren, die auf den Wechselder endogenen Zuckerversorgung antworten.Ein Beispiel dafür ist der Transfer von Pflanzen ausLangtagbedingungen in den Kurztag. Die Pflanzehäuft Kohlenhydrate, besonders Stärke, tagsüberan, remobilisiert sie in der Nacht und erhält so denStoffwechsel. Am Ende einer „normalen” Nachtist nahezu der gesamte Anteil der tagsübergespeicherten Stärke verbraucht. Verlängern wirdie Nacht, wird der Stärkepool verbraucht, und dieZuckerpegel fallen innerhalb von 2-4 Stundensehr tief. Ein komplementärer “Gauntlets” setztstärke-defiziente Mutanten ein. Diese Mutantenenthalten sehr hohe Zuckerkonzentrationen amTagesende und sehr niedrige Zuckerkonzentrationenam Ende der Nacht.Keimlinge, die auf vertikalen Platten wuchsen,wurden von Langtag in Kurztagbedingungenüberführt und die Veränderung des Wurzelwachstumsverschiedener Ökotypen auf diesen Stressermittelt (Abb. 3). Wir haben dieses Testsystemauch für Gene genutzt, die als Teil eines SensorundRegelmechanismus für die Begleichung vonZuckerfehlbeträgen zuständig sind. Es gibt einendiagnostischen Abfall glykolytischer Intermediatewährend der ersten 4 Stunden einer verlängertenNacht, der innerhalb von 8 Stunden revertiertwird, da eine Stoffwechselumsteuerung der Pflanzeden Abbau von alternativen Kohlenhydratquellen(z.B. Aminosäuren aus Proteinen) ermöglicht.Innerhalb von nur 2 Tag-Nacht-Zyklen korrigiertdie Pflanze das temporäre Ungleichgewicht zwischenKohlenstoff und Stickstoff, indem sie dieStärkesyntheserate im Kurztag erhöht und einengrößeren Speicher für die Nacht bereitstellt.Transkriptprofile für 5 Zeitpunkte im Bereich desAbfalls und der Erholung glykolytischer Intermediatkonzentrationenzeigen, dass die Expressionvon mind. 800 Genen verändert wird. Eine größereReprogrammierung des Metabolismus dientder Umsteuerung des Energiestoffwechsels. DieTranskriptspiegel für Enzyme der Nitrat- und Sulfat-Assimilationals auch für die Synthese vonAminosäuren, Nukleotiden, Lipiden und der Zellwandfallen (Abb. 4). Gleichzeitig steigt dieExpression vieler Gene, deren Enzyme am Abbauvon Aminosäuren, Nukleotiden, Lipiden und derZellwand beteiligt sind. Diese Expressionsänderungensind von Veränderungen in den beteiligtenEnzymaktivitäten und Metabolitpegeln begleitet.Die Hemmung der Synthese von Aminosäuren, derZellwand und der Lipide wurde von einer globalenRepression der Gene begleitet, die an der Aminosäureaktivierungund der Proteinsynthese beteiligtsind (Abb. 5). Die Repression der Genebetrifft ebenfalls Proteine, die Zellwandeigenschaftenmodifizieren um damit Wachstum zuermöglichen (Abb. 5). Die Transkriptspiegel fürGene aus großen Bereichen des Sekundärstoffwechselsändern sich ebenfalls. Besonders wichtigsind die Veränderungen der Transkriptspiegelfür Transkriptionsfaktoren, Proteinkinasen, Rezeptorkinasenund Komponenten der Signalkaskadenam Anfang der Umschaltung des Zuckerstoffwechsels.Demnach wird das regulierende Netzwerkumfassend neu verdrahtet. Mehrere Gene,die das Enzym Trehalosephosphat-Synthasekodieren, wurden schon zu einem frühen Zeitpunktunter der Niedrigzuckerbedingung starkGenomXPress 3/03
5 Forschunginduziert. Die Anhäufung des ReaktionsproduktsTrehalose-6-Phosphat könnte daher als Hungersignalwirken. Deutliche Veränderungen in der Expressionvon Genen der Hormonsynthese und derRezeptorsysteme deuten auf einen Abfall der Cytokinin-Syntheseund einen Anstieg der ABA undEthylen-Synthese bzw. -Sensorik als frühe Antwortauf Niedrigzuckerbedingungen hin (Abb. 5).Pflanzen nutzen Nitrat alsSignal für die Regulationdes StickstoffhaushaltesPflanzen unterscheiden sich von anderenOrganismen, weil sie Nitrat als Hauptstickstoffquellenutzen. Wir wollen daher lernen, wie derMetabolismus, das Wachstum und die Entwicklungder Pflanze auf den Wechsel in der Stickstoffversorgungantwortet und welche Antwortendavon durch Nitrat als Signal moduliert werden.Eins unserer “Gauntlets” benutzt die AminosäureGlutamin als konstitutive Stickstoffquelle und bietetNitrat in verschiedenen Konzentrationen an.Ziel war es, die Signalwirkung von Nitrat zu analysieren.Analysen bestätigen, dass unter diesenBedingungen das Wachstum sowie die Aminosäure-und Proteinpegel weitgehend Nitratunabhängigsind. Die Bildung von Lateralwurzelnund das Wurzelwachstum wird dagegen stimuliertund stellt wahrscheinlich eine adaptive Antwortzur Förderung der Nährstoffsuche und -aufnahmedar. 13 Gene konnten beim Durchmustern von T-DNA-Insertionslinien identifiziert werden, die vielleichtan der Regulierung der Wurzelarchitekturbeteiligt sind und teilweise Signal- und Regulationsproteinekodieren. Niedrige Nitratkonzentrationenbeschleunigen auch den Übergang vomvegetativen zum reproduktiven Wachstum (Blühen).Diese „Fluchtstrategie” hat offensichtlicheökologische und agronomische Konsequenzen.Mutanten, die in der Photoperiode, der Vernalisierungund den autonomen Blühinduktionsprogrammenbetroffen sind, antworten weiterhin aufNitrat als Signal.In einem komplementären Ansatz haben wirstickstoffverarmten Pflanzen Nitrat als Nährstoffwieder zugeführt und die Veränderungen von Metabolit-und Transkriptpegeln in einer Kinetik bestimmt.Innerhalb der ersten 30 Minuten wurdenkeine grundlegenden Veränderungen im primärenKohlenstoff- und Stickstoffwechsel festgestellt,abgesehen von einer Erhöhung des Nitratgehaltes.Innerhalb dieser Zeit änderten sich ca. 300Transkripte, u.a. von Genen für die Aufnahme undAssimilierung von Nitrat, und für Transkriptionsfaktoren,Proteinkinasen, -Phosphatasen undKomponenten von Signalkaskaden. Zwischen 30Minuten und 3 Stunden finden wir einen generellenAnstieg von Transkripten für Gene aus demStickstoff verbrauchenden Stoffwechsel (Synthesevon Aminosäuren, Nukleotiden und Chlorophyll).Dass Nitrat verbraucht wird, zeigen die Veränderungender Metabolitspiegel aus dem Stickstoffwechsel.Die Transkripte stiegen auch für Gene derRNA-Synthese und Prozessierung. Innerhalb derKlasse der Proteinsynthesegene wurden sogar70% aller Transkripte induziert. Die Expression fürGene aus dem Bereich wachstumsbezogener Prozesse(Zellwandsynthese, -Vergrößerung und Redox-Prozesse)erhöhte sich ebenfalls. Diese Ergebnisseliefern Einblicke in eine umfassende Reprogrammierungvon Stoffwechsel, aber auch vonZellwachstum und von Regulationsnetzwerken.Wir analysieren z.Z. ebenfalls ähnliche Behandlungenmit Zucker-, Phosphat- und Sulfatmangel,in der Absicht eine Datenbank zu etablieren, dieAntworten von Genen und spezifischen Mitgliedernaus Genfamilien auf Mangel und Wiederversorgungdieser Nährstoffe abbilden.ZukunftspläneUnsere Arbeit wird in vier Hauptrichtungenweiter fortgeführt. Zuerst werden die mehrschichtigenProfilanalysen um mehr Behandlungenerweitert und die Visualisierungs-Tools weiterverbessert. Es ist unsere Absicht auf molekularerEbene eine systemorientierte Übersicht zu erreichen,die uns zeigt, wie Pflanzen auf einen Satzinteragierender Nährstoffherausforderungen reagieren.Zweitens, ausgewählte Aspekte der Ergebnissewerden im Detail untersucht, d.h. Kanditatengene,die eine Schlüsselrolle für die Adaptierungdes Metabolismus an Veränderungen vonZuckern und Nährstoffen spielen, werden z. Z.ausgewählt und analysiert. Drittens, die Genomik-Plattform wird für die Untersuchung von Ökotypenund die Identifizierung natürlicher Diversitätin Kreuzungspopulationen eingesetzt. Viertens,die erweiterte Analytik-Plattform inklusive Visualisierungwird in spezifischen Projekten für andereKulturpflanzen angepasst und angewendet.Ansprechpartner:Mark StittMax Planck Institut fürMolekulare PflanzenphysiologieAm Mühlenberg 1 · D-14476 Golme-mail: stitt@mpimp-golm.mpg.deAbb. 4: Expressionsveränderungen von ca. 3.000 Stoffwechselgene nach Verlängerungder Nacht um 6 Stunden. Jedes Gen eines bestimmten funktionellen Bereichswird als kleines eingefärbtes Quadrat dargestellt: Blau = Expressionsanstieg, Rot =Abfall, Grau wie der Hintergrund = kein Signal oder keine Veränderung.Abb. 5: Globale Sicht auf Expressionsveränderungen von ca 18.000 Genen aus Biosyntheseund Wachstum nach 6 Std. Verlängerung der Nacht. Alle bezeichnetenGene eines funktionellen Bereichs sind als Population in einer Häufigkeitsverteilungdargestellt (Histogrammfarbe Blau = Expressionsanstieg, Rot = Abfall, Schwarz =kein Signal).