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pdf-Dateien - Nationales Genomforschungsnetz - NGFN

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19 EthikWer sagt, was ethisch ist?Diskussion über Entscheidungsparameter und normative Kraft medizinischer Ethikkommissionenbeim Symposium „Molekulargenetische Forschung in der ethischen Kontroverse“ am 8. Mai 2003 in MannheimChristina Schröder, Verein zur Förderung der Humangenomforschung e.V., Frankfurt am Main„Genpatente“ dienen nicht nur den Medien undeinigen „grünen“ Organisationen immer wiederals Stein des Anstoßes. Auch die scientific communitydiskutiert nach wie vor die Frage, ob diePatentierung der Ergebnisse der Humangenomforschung„unethisch“ sein kann, auch wenn sienach der EU-Richtlinie 98/44/EG („Biopatentrichtlinie“)durchaus rechtens ist. Zu entscheidenhat diese Frage in Deutschland im Zweifelsfall diezuständige medizinische Ethikkommission, bevorsie die Durchführung eines entsprechenden Forschungsprojektsgenehmigt. Aufgrund unterschiedlicherVoten und unklarer Zuständigkeitenlokaler Kommissionen kann diese Praxis insbesonderedie vernetzte Forschung mehrerer Institutionenund die Durchführung multizentrisch angelegterStudien entscheidend behindern und verzögern.Gerade die Netzwerk basierte Humangenomforschungwird jedoch vom BMBF immer wiedergefordert und gefördert.Dieses Dilemma war Gegenstand eines am 08.Mai 2003 von Marcella Rietschel, Leiterin derAbteilung Genetische Epidemiologie in der Psychiatrieam Mannheimer Zentralinstitut für SeelischeGesundheit, mit Unterstützung des Vereinszur Förderung der Humangenomforschung e.V.organisierten Workshops in Mannheim. DenAnstoß dazu hatten im Hinblick auf eine möglichePatentierung der Forschungsergebnisse voneinanderabweichende Voten der für die Kompetenznetze„Depression und Suizidalität“ und „Schizophrenie“zuständigen Ethikkommissionen voretwa zwei Jahren gegeben.Der Leiter der Psychiatrischen UniversitätsklinikBonn, W. Maier, stellte zu Beginn einen Katalogvon fast 30 Fragen zusammen, mit denen ein Wissenschaftlerbei der Planung eines molekulargenetischenPatienten-bezogenen Forschungsprojektskonfrontiert ist. Sie reichen von der Kunst,die jedem Patienten gemäße Informationsbreiteund -tiefe bei der Aufklärung über die geplanteForschung und der Einholung des informed consentzu treffen, über Datenschutz-Fragen und Probandenrechtebis hin zu der noch immer großenUnsicherheit unter Wissenschaftlern, was patentierbarist und wer dann Rechte an den Patentenoder auch den gesammelten Proben von Körpermaterialienhat. Weil lokale Ethikvoten inkommensurabelmit der global vernetzten Forschungsind, forderte Maier eine maßgebendebzw. abschließend entscheidende zentrale Ethikkommissionfür netzwerkbasierte Forschung.Bernd Isert vom Europäischen Patentamt und DieterLaudien, Boehringer Ingelheim, definierten Patenteals Lehre zum technischen Handeln, die sichauch auf die Handhabung von Genen als chemischenSubstanzen erstreckt. Gemeinsam brachensie eine Lanze für den „absoluten Stoffschutz“,d.h. das Recht des Patentinhabers, die Verwendungdes patentierten Stoffes auch dann umfassendzu kontrollieren, wenn dieser eine DNA-Sequenz oder ein Gen ist oder daraus hergestelltwird. In dieser Auffassung stimmen Isert und Laudienüberein mit der Bundesjustizministerin sowiemit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, derMax-Planck-Gesellschaft und einer Reihe vonIndustrieverbänden. Die Forschungsorganisationenhatten am 27. März 2003 in einer gemeinsamenErklärung die 1:1 – Umsetzung der EU-Biopatentrichtliniein deutsches Recht und den Stoffschutzauch für biotechnologische Erfindungengefordert. (www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/2003/download/patentschutz_gensequenzen_07_03_03. <strong>pdf</strong>).Isert wies auf Widersprüche und Ungerechtigkeitenhin, die sich z.B. dann ergeben, wenn maneinem gentechnisch hergestellten Insulin gegenüberdem aus Schweinepankreas hergestelltenStoff nur eine eingeschränkte schutzrechtliche Absicherunggewährt. Damit widersprach er demPostulat Ludger Honnefelders, Leiter des Institutsfür Wissenschaft und Ethik, Bonn, dem Lebendigenals Gegenstand technischen Handelns einebesondere ethische Dignität zuzuerkennen, diesich aus dem gleichzeitig „haben“ und „sein“eines Organismus und eines Genoms herleitet.Aus diesem Grund hatte Honnefelder eine Weiterentwicklungder europäischen Patentrichtlinieüber den derzeitigen Stand hinaus gefordert. Erräumte allerdings ein, dass die Ethik keine detailliertenHandlungsanweisungen an Legislative undJudikative geben, sondern nur in Rede stehendeGüter aufzeigen könne.Elmar Doppelfeld, Vorsitzender des Arbeitskreisesder Medizinischen Ethikkommissionen in der BundesrepublikDeutschland, Jochen Taupitz, Direktordes Instituts für Deutsches, Europäisches undInternationales Medizinrecht, Gesundheitsrechtund Bioethik der Universitäten Heidelberg undMannheim und Mitglied des Nationalen Ethikrates,sowie Christian Kopetzki, WissenschaftlicherLeiter des Zentrums für Medizinrecht, Institut fürStaats- und Verwaltungsrecht, Universität Wien,beleuchteten das Handlungsfeld und die unterschiedlicherechtliche Stellung der Ethikkommissionenaus der deutschen und der supranationalenPerspektive. Die in Deutschland „chaotischund föderal“ organisierten Kommissionen wurdenin den letzten Jahren in verschiedenen Bundesländernrechtlich unterschiedlich eingeordnetund bekamen verschiedene Aufgaben-Schwerpunktezugewiesen, die jedoch jeweils nicht diegesamte molekulargenetische Forschung umfassen.So betrifft z.B. §40 des Arzneimittelgesetzes,der eine Bewertung der klinischen Prüfungvon Arzneimitteln bei Menschen durch eine Ethik-Kommission vorsieht, eben nur die Prüfung amMenschen, aber z. B. nicht an abgetrennten Körpersubstanzenwie Blutproben oder Biopsaten.Die Ethik-Kommissionen der (Landes-) Ärztekammernrichten sich häufig ausdrücklich nur an Ärzteund nicht an andere Naturwissenschaftler undbekommen je nach Landesrecht unterschiedlicheAufgaben zugewiesen.All das scheint ein einheitlichesVotum der an der Genehmigung einer multizentrischenStudie beteiligten Kommissionen insReich der Phantasie zu verweisen.Nach dem Selbstverständnis der Ethikkommissionenbesteht ihr Zweck in• Dem Schutz des Patienten/Probanden• Der Beratung des Forschers• Dem Schutz des Forschers• Dem Schutz der Forschungseinrichtung• Dem Erhalt des Vertrauens in die Forschung.

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