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hessenARCHÄOLOGIEAusblickMuseumsbau <strong>de</strong>r „Keltenwelt am Glauberg“ (Foto: B. Steinbring, LfDH).Name, Artikel273


hessenARCHÄOLOGIE21. plusArchäologische und Paläontologische Denkmalpflege –Archäologieservice – Dezentrales Archäologisches Lan<strong>de</strong>smuseumEgon Schallmayer1 Intensive Diskussion während<strong>de</strong>r „Archäologische[n]Fachtagung – Strategiegespräch“in Weilburg im Mai2010 (Foto: E. Grönke).EinführungVor <strong>de</strong>m Hintergrund vielfältiger gesellschaftlicherAnfor<strong>de</strong>rungen und Verän<strong>de</strong>rungen ist es notwendig,Quantität und Qualität <strong>de</strong>s bisher erreichtenStatus, die zukünftige Ausrichtung in <strong>de</strong>n einzelnenArbeitsbereichen, die dazu notwendigen Instrumentarienund das künftige Selbstverständnis <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIE innerhalb <strong>de</strong>s behördlichen,politischen und gesellschaftlichen Rahmenswie auch <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Wissenschaft und <strong>de</strong>r Vermittlungihrer Ergebnisse zu betrachten, zu diskutierenund neu zu bewerten. Insbeson<strong>de</strong>re gilt es, Fragennach <strong>de</strong>n Aufgaben und Wertvorstellungen <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegezu beantworten und dadurcheine Standortbestimmung und kritische Revision<strong>de</strong>nkmalpflegerischer Leitwerte und <strong>de</strong>ren Verhältniszueinan<strong>de</strong>r zu erarbeiten und für die ZukunftPerspektiven zu eröffnen 1 (Abb. 1).Wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanzvon Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälernBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler – die Quellen unserer Geschichteim Bo<strong>de</strong>n – sind Beweise früherer Zivilisationenund einstiger Lebensformen. Mit ihnen erschließensich nicht nur die verschie<strong>de</strong>nen historischen Epochenund überlieferten Ereignisse, son<strong>de</strong>rn auch dieGedanken und Emotionen, die seinerzeit die Menschenbewegten. Sie zeigen die kulturellen Entwicklungenin vergangenen Zeiten auf und verweisensomit auf unsere Herkunft.Da <strong>de</strong>r Mensch durch seine Umgebung und Vergangenheitgeprägt wird und als historisches Wesen– sozusagen als ein „Produkt von Überlieferung“ 2– gekennzeichnet ist, ist ihm das Wissen um seineHerkunft und eine aktive Auseinan<strong>de</strong>rsetzungmit Geschichte in allen ihren Facetten von großerBe<strong>de</strong>utung. Die Archäologie und ihre Erkenntnisseermöglichen als Zeugen <strong>de</strong>r gesamten, sich stetigwan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Menschheitsentwicklung einerseits Zugangzu unserer eigenen persönlichen Geschichte,an<strong>de</strong>rerseits aber auch zu <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Völker. Siehilft, unsere mo<strong>de</strong>rne, auf <strong>de</strong>n Wurzeln und Einsichten<strong>de</strong>r Vergangenheit beruhen<strong>de</strong> Gesellschaftzu gestalten, sie unterstützt die Menschen bei ihrerI<strong>de</strong>ntitätsfindung und trägt zur Orientierung künftigerGenerationen bei. Das hiermit angesprochenehistorische Umweltbewusstsein gilt es zu entwickeln,um die Sensibilität für Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler alsfundamentale Erkenntnisquelle <strong>de</strong>r Archäologie zuschärfen. Nur so können <strong>de</strong>ren Wert und die Notwendigkeitihrer Erhaltung erkannt wer<strong>de</strong>n.Nicht zuletzt trägt das Wissen über vergangeneund die Herkunft heutiger Kulturen zur För<strong>de</strong>rung<strong>de</strong>s interkulturellen Dialoges bei und entfaltet somitWirkungen und integrative Kräfte in unserer gegenwärtigenGesellschaft. Die (wissenschaftliche) Auseinan<strong>de</strong>rsetzungmit <strong>de</strong>n Hinterlassenschaften vergangenerKulturen, die aufzuzeigen vermag, wiediese gelebt, gedacht, gefühlt und gehan<strong>de</strong>lt haben,lässt erkennen, dass eine vermeintlich noch so entfernteVergangenheit unseres o<strong>de</strong>r eines an<strong>de</strong>renLan<strong>de</strong>s nicht auf einen Ort begrenzt, son<strong>de</strong>rn ineinen europäischen, ja weltweiten Rahmen eingebettetist. Hieraus sind gesellschaftspolitische Lehrenzu ziehen. Die Archäologie, die vergangene Kulturbeziehungenuntersucht, ist somit durchaus auchin <strong>de</strong>n Kontext <strong>de</strong>r aktuellen Migrationsdiskussionin Deutschland und Europa zu stellen.Darüber hinaus verstehen sich die Erkenntnisse<strong>de</strong>r Archäologie, die Vergangenheitsaussagen überdie ungeheure Vielfalt <strong>de</strong>r historischen Entwicklung<strong>de</strong>r Menschheit, als konstruktive Orientierungselementein einer zunehmend globalisierten und sich<strong>de</strong>mografisch wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Gesellschaft.Die Archäologie hilft, dass das Individuum befähigtwird, sich selbst zu gestalten 3 . Damit wirddie Archäologie in <strong>de</strong>n Gesamtzusammenhang allenkulturgeschichtlichen, humanistischen Interesses gestellt,nämlich <strong>de</strong>r Aufklärung in einem Kant’schenSinne. Tatsächlich verhilft sie <strong>de</strong>m Menschen <strong>zum</strong>Ausgang aus <strong>de</strong>r Unwissenheit, wenn er darumbemüht ist, sich die chronologischen, inhaltlichenund i<strong>de</strong>ellen Tiefen zu erwerben, die gera<strong>de</strong> die von274 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


<strong>de</strong>r Archäologie erforschten Zeiträume in unsererMenschheitsgeschichte zu bieten haben. Damit wir<strong>de</strong>r befähigt, Antworten abzuleiten, die für sein eigenesgegenwärtiges Han<strong>de</strong>ln nützlich sein können.Archäologie kann somit Erklärungen geben und ermöglichtdie Einordnung nicht nur geschichtlicherVorgänge, son<strong>de</strong>rn auch solcher <strong>de</strong>r Gegenwart. DerEinzelne steht nicht außerhalb eines universalen Geschehens,vielmehr ist er eingebun<strong>de</strong>n in Wirkungenaus <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Epochen und befin<strong>de</strong>t sichlediglich an einem vermeintlichen, durch das Phänomen<strong>de</strong>r Gegenwärtigkeit vorgegaukelten Endpunkt,<strong>de</strong>r im Moment <strong>de</strong>s Erlebens aber bereitswie<strong>de</strong>r zu Geschichte gewor<strong>de</strong>n ist.Allein die Archäologie beschäftigt sich mit <strong>de</strong>mgesamten Existenzzeitraum <strong>de</strong>r Menschheit auf diesemPlaneten. Sie wird damit zur (Ver-)Mittlerin <strong>de</strong>sWissens um die Entstehung <strong>de</strong>s Menschen und seinergesamten Entwicklung. Selbst unter <strong>de</strong>r Voraussetzung,dass man die archäologische Wissenschaftin <strong>de</strong>r Hauptsache nur auf die Erforschung <strong>de</strong>rVor- und Frühgeschichte begrenzen wür<strong>de</strong>, umfasstedies, angefangen bei <strong>de</strong>r nach archäologischenMetho<strong>de</strong>n arbeiten<strong>de</strong>n Paläoanthropologie, je nachwissenschaftlicher Argumentation einen Zeitraumvon vier bis sechs Millionen Jahren. Doch längst hatuns die Arbeit <strong>de</strong>r Archäologie <strong>de</strong>s Mittelalters und<strong>de</strong>r Neuzeit, <strong>de</strong>r Weltkriegsarchäologie im Spezielleno<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Archäologie <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts imAllgemeinen eine Erweiterung <strong>de</strong>s Betrachtungszeitraumsnicht nur in historische Bereiche hinein,son<strong>de</strong>rn sogar bis in kürzlich erst abgeschlossenePerio<strong>de</strong>n gebracht. Die Archäologie verfügt überdas methodische Rüstzeug, um als (Ver-)Mittlerinmenschlicher Geistesleistungen zu dienen und dieEntstehung von Religion und Philosophie ebensowie die Entstehung von gesellschaftspolitischen,sozialen und ökologischen Mo<strong>de</strong>llen durch die Zeitenhindurch zu verfolgen und in <strong>de</strong>r Konsequenzdarzustellen. Sie erfasst das Aufkommen, die Blüteund <strong>de</strong>n Zerfall von Großreichen ebenso wie dasSchicksal <strong>de</strong>s einzelnen Menschen. Sie zeigt, wieI<strong>de</strong>en entstehen, wie sie umgesetzt und damit zurWirkung gebracht o<strong>de</strong>r auch verworfen wer<strong>de</strong>n. Siebil<strong>de</strong>t damit universell die gesamte Vielfalt menschlichenVerhaltens in <strong>de</strong>r Geschichte ab, die ungeheureVielzahl von individuellen und kollektivenLebens-, Gesellschafts- und Kulturentwürfen. Damitstellt sie <strong>de</strong>m heutigen Menschen gleichsam alsunschätzbares Kompendium einen Referenz- undBewertungskatalog zur Verfügung, <strong>de</strong>r ihm bei <strong>de</strong>rGestaltung <strong>de</strong>r eigenen Lebenswelt von Nutzen seinkann.Archäologische Denkmäler sind jedoch endlicheRessourcen. Sie zu bewahren, zu erforschen undfür die Allgemeinheit in allen ihren Facetten zuerschließen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.Denn die Erinnerungskultur, die auf unsereHerkunft verweist, lebt nicht nur aus sich selbst heraus– sie braucht einen Rahmen und sie brauchtKonzepte, <strong>de</strong>n Menschen auf anschauliche Weise<strong>de</strong>ren oftmals ferne Vergangenheit zu erschließenund erlebbar zu machen.Rechtliche GrundlagenAus diesen Einsichten ergeben sich gesellschaftlichverbindliche Übereinkünfte, die in gesetzlichenNormen und Regelungen gefasst sind. Aufgrund <strong>de</strong>rfö<strong>de</strong>ralen Struktur <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschlandliegt die Zuständigkeit für <strong>de</strong>n Denkmalschutz nichtbeim Bund, son<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>n einzelnen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn.Unbenommen davon entfalten Bun<strong>de</strong>sregelungen,europäische Richtlinien sowie das Völkerrechtebenfalls ihre Wirkung im Bereich von Denkmalschutzund Denkmalpflege.In <strong>Hessen</strong> bestimmt zunächst einmal die Lan<strong>de</strong>sverfassungin Artikel 62: „Die Denkmäler <strong>de</strong>rKunst, <strong>de</strong>r Geschichte und Kultur sowie die Landschaftgenießen <strong>de</strong>n Schutz und die Pflege <strong>de</strong>s Staatesund <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n. Sie wachen im Rahmen beson<strong>de</strong>rerGesetze über die künstlerische Gestaltungbeim Wie<strong>de</strong>raufbau <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Städte, Dörferund Siedlungen.“Mit <strong>de</strong>m „Gesetz <strong>zum</strong> Schutz <strong>de</strong>r Kultur<strong>de</strong>nkmäler(Denkmalschutzgesetz)“ 4 (HDSchG) von 1974in <strong>de</strong>r Fassung vom 5. September 1986 (GVBI. I1986, S. 1269), zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Gesetz vom10. Juni 2011 (GVBl. I 1986, S. 291), wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rSchutzgedanke <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverfassung in eine verpflichten<strong>de</strong>rechtliche Form gebracht sowie die han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>nAkteure und ihre Beziehung untereinan<strong>de</strong>rgeregelt.Als han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Akteure benennt § 3 HDSchG folgen<strong>de</strong>Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n:1. die Oberste Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n/die Minister/-infür Wissenschaft und Kunst,2. die Unteren Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nen in<strong>de</strong>n kreisfreien Städten und (Land‐)Kreisen sowie<strong>de</strong>n kreisangehörigen Gemein<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nen die Bau-2 Limeswachtturm WP 3/15„Zugmantel“ bei Taunusstein-Orlen: Teil <strong>de</strong>s UNESCO-Welterbes„Obergermanisch-RaetischerLimes“ (Foto: Th. Becker,LfDH).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus275


3 Im Ostflügel <strong>de</strong>s SchlossesBiebrich ist die hessen­ARCHÄOLOGIE untergebracht(Foto: B. Steinbring).aufsicht übertragen ist, die Aufgaben <strong>de</strong>s Denkmalschutzesobliegen,3. bei <strong>de</strong>n Unteren Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n angesie<strong>de</strong>lte,sachverständige und weisungsunabhängigeBeiräte, die die Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>r Durchführung ihrer Aufgaben unterstützen.Darüber hinaus ist in § 4 festgelegt, dass das Lan<strong>de</strong>samtfür Denkmalpflege die zuständige Denkmalfachbehör<strong>de</strong>ist. Zu <strong>de</strong>ren Aufgaben gehören die in§ 1 Abs. 1 genannten Ziele sowie insbeson<strong>de</strong>re folgen<strong>de</strong>Aufgaben:4. Durchführung <strong>de</strong>s Denkmalschutzes nach Maßgabedieses Gesetzes.5. Beratung und Unterstützung <strong>de</strong>r Eigentümer undBesitzer von Kultur<strong>de</strong>nkmälern bei Pflege, Unterhaltungund Wie<strong>de</strong>rherstellung (Denkmalpflege).6. systematische Aufnahme <strong>de</strong>r Kultur<strong>de</strong>nkmäler(Inventarisation).7. Führung <strong>de</strong>s Denkmalbuches.8. Wissenschaftliche Untersuchung <strong>de</strong>r Kultur<strong>de</strong>nkmälerals Beitrag zur Erforschung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichte.Zu<strong>de</strong>m soll die Denkmalfachbehör<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r ÖffentlichkeitVerständnis für Denkmalschutz undDenkmalpflege wecken und för<strong>de</strong>rn.Was die Aufgaben <strong>de</strong>s Denkmalschutzes und <strong>de</strong>rDenkmalpflege anbelangt, so heißt es zunächst in§ 1 HDSchG:„(1) Es ist die Aufgabe von Denkmalschutz undDenkmalpflege, die Kultur<strong>de</strong>nkmäler als Quellenund Zeugnisse menschlicher Geschichte und Entwicklungnach Maßgabe dieses Gesetzes zu schützenund zu erhalten sowie darauf hinzuwirken, dasssie in die städtebauliche Entwicklung, Raumordnungund Landschaftspflege einbezogen wer<strong>de</strong>n.(2) Bei <strong>de</strong>r Erfüllung dieser Aufgaben wirken imRahmen ihrer Leistungsfähigkeit das Land, die Gemein<strong>de</strong>nund Gemein<strong>de</strong>verbän<strong>de</strong> sowie Eigentümerund Besitzer von Kultur<strong>de</strong>nkmälern zusammen.“Schutzwürdige Kultur<strong>de</strong>nkmäler sind im Sinnevon § 2 Abs. 2, 2 dieses Gesetzes explizit auch dieBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler. Weiteres dazu bestimmt § 19 „Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler“.Dort wird festgehalten:„Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler im Sinne <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Bestimmungensind bewegliche o<strong>de</strong>r unbeweglicheSachen, bei <strong>de</strong>nen es sich um Zeugnisse, Überresteo<strong>de</strong>r Spuren menschlichen, tierischen o<strong>de</strong>r pflanzlichenLebens han<strong>de</strong>lt, die aus Epochen und Kulturenstammen, für die Ausgrabungen und Fun<strong>de</strong> eine <strong>de</strong>rHauptquellen wissenschaftlicher Erkenntnisse sind.Die Vorschriften <strong>de</strong>s Naturschutzrechts bleiben unberührt.“Neben <strong>de</strong>n von Menschenhand entstan<strong>de</strong>nen Hinterlassenschaftengilt das Gesetz also auch für Zeugnissepflanzlichen und tierischen Lebens aus erdgeschichtlicherZeit (Fossilien). Sie gelten in <strong>Hessen</strong>bei Vorliegen eines öffentlichen Erhaltungsinteressesaus wissenschaftlichen und erdgeschichtlichenGrün<strong>de</strong>n als Bo<strong>de</strong>n- und damit Kultur<strong>de</strong>nkmäler,<strong>de</strong>nn die Paläontologie erläutert die während vielerMillionen Jahre allmählich erfolgte Entstehung undEntwicklung <strong>de</strong>r Tier- und Pflanzenwelt.Der im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Definition einesBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmals gegebene Hinweis auf Ausgrabungenund Fun<strong>de</strong> als eine <strong>de</strong>r Hauptquellen wissenschaftlicherErkenntnisse ist nicht mit einerabstrakten Zeitengrenze für die Arbeit <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegegleichzusetzen, vielmehr ist eine„konkrete Betrachtungsweise“ erfor<strong>de</strong>rlich, die da-276 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


über entschei<strong>de</strong>t, „[...] ob das im Bo<strong>de</strong>n verborgeneObjekt im jeweiligen Einzelfall so gut schriftlichdokumentiert ist, dass diese archivalischen Quelleneine Befassung <strong>de</strong>r Archäologie mit ihren spezifischenFragestellungen und Metho<strong>de</strong>n entbehrlicherscheinen lassen.“ 5 Allgemein anerkannt ist mittlerweile,dass mit <strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Archäologieauch neuzeitliche und zeitgeschichtliche Relikteuntersucht wer<strong>de</strong>n müssen, weil sie weiterführen<strong>de</strong>Erkenntnisse als die <strong>zum</strong>eist unvollständige archivalischeÜberlieferung bieten 6 . Dies gilt z. B. fürAnlagen <strong>de</strong>r frühen Industrialisierung, für das imBo<strong>de</strong>n dokumentierte menschliche Schicksal innerhalbeines Konzentrationslagers o<strong>de</strong>r auch für diein Zusammenarbeit mit Kriminalistik und Forensikerarbeitete Dokumentation <strong>de</strong>s Völkermords in Srebrenicaim ehemaligen Jugoslawien.Weitere Bestimmungen zu Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälernsind in § 20 „Fun<strong>de</strong>“, § 21 „Nachforschungen“, § 22„Grabungsschutzgebiete“ und § 23 „Nutzungsbeschränkungen“nie<strong>de</strong>rgelegt. Der § 24 „Schatzregal“wur<strong>de</strong> am 10. Juni 2011 neu in das HessischeDenkmalschutzgesetz aufgenommen; er bestimmtin Abs. 1:„Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler, die als bewegliche Sachenherrenlos o<strong>de</strong>r so lange verborgen gewesen sind,dass ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist,wer<strong>de</strong>n mit ihrer Ent<strong>de</strong>ckung Eigentum <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s,wenn sie einen hervorragen<strong>de</strong>n wissenschaftlichenWert haben o<strong>de</strong>r bei staatlichen Nachforschungeno<strong>de</strong>r in Grabungsschutzgebieten (§ 22) ent<strong>de</strong>cktwur<strong>de</strong>n. Sie sind unverzüglich <strong>de</strong>r Denkmalfachbehör<strong>de</strong>zu überlassen. [...]“Jenseits <strong>de</strong>r Kulturhoheit <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r entfaltenaber auch bun<strong>de</strong>seinheitliche Regelungen ihreWirkung auf <strong>de</strong>n Denkmalschutz. Hier sind v. a. dasGesetz über Naturschutz und Landschaftspflege(Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetz; BNatSchG) in <strong>de</strong>r Fassungvom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletztgeän<strong>de</strong>rt durch Artikel 3 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 28. Juli2011 (BGBl. I S. 1690), sowie das Raumordnungsgesetz(ROG) vom 22. Dezember 2008 (BGBl. IS. 2986), zuletzt geän<strong>de</strong>rt durch Artikel 9 <strong>de</strong>s Gesetzesvom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) zu nennen.Das BNatSchG benennt in § 1 die Ziele <strong>de</strong>s Naturschutzesund <strong>de</strong>r Landschaftspflege. In Abs. 4sind insbeson<strong>de</strong>re die Maßnahmen festgelegt, dieaus Sicht <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s zu treffen sind, um eine dauerhafteSicherung <strong>de</strong>r Vielfalt, Eigenart und Schönheitsowie <strong>de</strong>s Erholungswertes von Natur und Landschaftgewährleisten zu können. Dort heißt es:„1. Naturlandschaften und historisch gewachseneKulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, BauundBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern, [sind] vor Verunstaltung,Zersie<strong>de</strong>lung und sonstigen Beeinträchtigungen zubewahren [...]“Der zunehmen<strong>de</strong>n Gefahr <strong>de</strong>s Verlusts historischgewachsener Kulturlandschaften und ihrer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>nEinzelelemente hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber auf Bun<strong>de</strong>sebenedarüber hinaus versucht entgegenzutreten,in<strong>de</strong>m er die Kulturlandschaft als einen Grundsatz<strong>de</strong>r Raumordnung in das Raumordnungsgesetz(ROG) aufgenommen hat. § 2 Abs. 2 bestimmt:„(2) Grundsätze <strong>de</strong>r Raumordnung sind insbeson<strong>de</strong>re:[...]5. Kulturlandschaften sind zu erhalten und zuentwickeln. Historisch geprägte und gewachseneKulturlandschaften sind in ihren prägen<strong>de</strong>n Merkmalenund mit ihren Kultur- und Natur<strong>de</strong>nkmälernzu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypenund Nutzungen <strong>de</strong>r Teilräume sind mit <strong>de</strong>n Zieleneines harmonischen Nebeneinan<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>r Überwindungvon Strukturproblemen und zur Schaffungneuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionenzu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sinddie räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen,dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitragdazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagenin ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur undLandschaft zu pflegen und zu gestalten.“Zunehmend an Be<strong>de</strong>utung – gera<strong>de</strong> auch für <strong>de</strong>nKultur<strong>de</strong>nkmalschutz – gewinnt <strong>de</strong>s Weiteren dieeuropäische Gesetzgebung. Hier sind die Bestimmungen<strong>de</strong>r einzelnen EU-Verträge, die in nationalesRecht umgesetzten Richtlinien <strong>de</strong>s EuropäischenParlaments und <strong>de</strong>s Rates, europäische Entwicklungskonzepte,Abkommen und Konventionen sowieEuroparatsempfehlungen zu nennen. Exemplarischverwiesen sei auf:●●Europäisches Kulturabkommen von 1954,●●Europäisches Übereinkommen <strong>zum</strong> Schutz <strong>de</strong>sarchäologischen Erbes (Konvention von Malta)von 1992,●●Empfehlung <strong>de</strong>s Europarats zur integrierten Erhaltungvon Kulturlandschaften als Teil <strong>de</strong>r Landschaftspolitikvon 1995,●●Europäisches Raumentwicklungskonzept (EU-REK) von 1999,●●Europäische Landschaftskonvention (ELK) 7 von2000,4 Glockenbau <strong>de</strong>s DarmstädterResi<strong>de</strong>nzschlosses: Sitz <strong>de</strong>rarchäologischen AußenstelleDarmstadt (Foto: E. Grönke).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus277


5 Die archäologische AußenstelleMarburg befin<strong>de</strong>t sichin <strong>de</strong>r Biegenstraße 11 (Foto:E. Grönke).●●Richtlinie 2001/42/EG zur Strategischen Umweltprüfung(SUP) bzw. Plan-Umweltprüfung(Plan-UP) sowie●●Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastrukturin <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaft(INSPIRE).Abschließend bleibt noch <strong>de</strong>r Hinweis auf dasVölkerrecht. Im hiesigen Kontext sind zuvor<strong>de</strong>rstdie Übereinkommen <strong>zum</strong> Schutz <strong>de</strong>s Kultur- undNaturerbes <strong>de</strong>r Welt (1972) und <strong>zum</strong> Schutz <strong>de</strong>sKulturerbes unter Wasser (2001) zu nennen. Vor<strong>de</strong>m Hintergrund von insgesamt fünf UNESCO-Welterbestätten in <strong>Hessen</strong> – dazu zählen die bei<strong>de</strong>nWeltnaturerbestätten Grube Messel und <strong>de</strong>r NationalparkKellerwald-E<strong>de</strong>rsee sowie die KulturerbestättenObergermanisch-Raetischer Limes (Abb. 2),das karolingische Kloster Lorsch und das ObereMittelrheintal – hat gera<strong>de</strong> die im Jahr 1972 getroffeneÜbereinkunft beson<strong>de</strong>re Wirkung in unseremBun<strong>de</strong>sland entfaltet.Vorhan<strong>de</strong>ne InstrumentarienDie Hessische Lan<strong>de</strong>sarchäologie verfolgt das aufBasis <strong>de</strong>s Hessischen Denkmalschutzgesetzes entwickelteKonzept hessenARCHÄOLOGIE21.,das von <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sregierung nachhaltigunterstützt wird. Die hessenARCHÄOLOGIEsteht für eine effiziente Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflege. Regionen,Kreise und Kommunen in unserem Landwidmen sich inzwischen bei <strong>de</strong>r Ausrichtung ihrerkulturellen und touristischen Arbeit <strong>de</strong>m „Label“Archäologie. Längst sind mit ihm Gesichtspunkte<strong>de</strong>r Struktur- und Wirtschaftspolitik verbun<strong>de</strong>n, sodassdie Lan<strong>de</strong>sarchäologie zu einem gewichtigenFaktor <strong>de</strong>s gesellschaftlichen Lebens gewor<strong>de</strong>n ist.Voraussetzung dafür ist eine an Schutz und Pflege<strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler orientierte Arbeit, die mitgrößter Sorgfalt, Sachverstand und Kompetenz fürökonomische Zusammenhänge erfolgt. Der bereitsim Gange befindliche <strong>de</strong>mografische Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>rBevölkerung führt in <strong>de</strong>n Ballungsräumen mit ihrenBevölkerungszunahmen und <strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nenNeubaugebieten und Erschließungen zu einemhohen Verän<strong>de</strong>rungsdruck, <strong>de</strong>r sich in zahlreichenbauvorgreifen<strong>de</strong>n archäologischen Untersuchungennie<strong>de</strong>rschlägt.In <strong>de</strong>n Gebieten mit Bevölkerungsrückgangwachsen <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie ebenfalls neueArbeitsgebiete zu, da sich durch <strong>de</strong>n RückbauKulturlandschaftsverän<strong>de</strong>rungen ergeben, die in<strong>de</strong>r <strong>de</strong>nkmalpflegerischen Praxis begleitet wer<strong>de</strong>nmüssen.Bei diesen künftigen Landschaftsverän<strong>de</strong>rungenund <strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nen Fragen eines verän<strong>de</strong>rtenKulturraumes kommt <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologieals Partner in <strong>de</strong>r kultur- und strukturpolitischenEntwicklung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s und seinerKreise, <strong>de</strong>r in regionalen Kooperationen nachhaltigeWirkung zur Innovation, Wertschöpfung und zurökonomischen Prosperität entfalten kann, eine beson<strong>de</strong>reAufgabe zu.Für die durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>l mitUmbruch und Neuausrichtung konfrontierte Gesellschafterklärt sich die Relevanz <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologienicht nur angesichts <strong>de</strong>r materiellenBegrenztheit und Unwie<strong>de</strong>rbringlichkeit von Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern,son<strong>de</strong>rn auch aus <strong>de</strong>m Bedürfnis<strong>de</strong>r Menschen nach i<strong>de</strong>ntitätsstiften<strong>de</strong>n kulturellenGrundlagen, <strong>de</strong>ren Bewahrung und zukunftsfähigerVerankerung ein beson<strong>de</strong>rer Stellenwert zukommt.Diese Herausfor<strong>de</strong>rungen nimmt die hessen­ARCHÄOLOGIE auf und formuliert zeitgemäße<strong>de</strong>nkmalpflegerische Werte und Wertsysteme.Die Lan<strong>de</strong>sarchäologie basiert auf <strong>de</strong>n drei SäulenArchäologische und Paläontologische Denkmalpflege(Bezirksarchäologie und Paläontologie),Archäologieservice (Zentrale Dienste/Querschnittsaufgaben:Archive, Bibliotheken, Grabungstechnik,Inventarisation, Lektorat, Restaurierungswerkstatt,Präparation, Archäobotanik, Zentral<strong>de</strong>pot) und DezentralesArchäologischen Lan<strong>de</strong>smuseum (zurzeitRömerkastell Saalburg, Keltenwelt am Glauberg).Dieses „Dreisäulenmo<strong>de</strong>ll“ 8 , in <strong>de</strong>m die vorhan<strong>de</strong>nenKräfte innerhalb <strong>de</strong>r hessenARCHÄO­LOGIE gebün<strong>de</strong>lt sind, hat die Lan<strong>de</strong>sarchäologieals verlässlichen Partner im <strong>de</strong>nkmalpflegerischen,wissenschaftlichen und musealen Bereich etabliertund sie in überaus erfolgreichen Kooperationen imRahmen <strong>de</strong>r Regional- und Strukturpolitik sowie<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung von Wirtschaft und Tourismus zu gesamtgesellschaftlichemNutzen eingebun<strong>de</strong>n.Eine Kernkompetenz <strong>de</strong>r hessenARCHÄO­LOGIE ist die Beratung <strong>zum</strong> Umgang mit <strong>de</strong>nKultur<strong>de</strong>nkmälern (vom Einzelfund bis <strong>zum</strong> Gelän<strong>de</strong><strong>de</strong>nkmal),ihrer Restaurierung, Rekonstruktion278 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


und Inszenierung im Gelän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r in Ausstellungenunter Berücksichtigung <strong>de</strong>nkmalpflegerischer,aber auch publikumswirksamer Kriterien. Hinzukommen die von <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIEorganisierten und/o<strong>de</strong>r begleiteten Tagungen, Tage<strong>de</strong>s offenen Denkmals, Tage <strong>de</strong>r offenen Grabung,(Wan<strong>de</strong>r-)Ausstellungen, <strong>Hessen</strong>tag, Vortragsveranstaltungenusw.Archäologische und Paläontologische DenkmalpflegeDie archäologische und paläontologische Denkmalpflegeist in <strong>Hessen</strong> zurzeit an drei Standorten aufgestellt:die Zentrale in Wiesba<strong>de</strong>n (Abb. 3) sowie jeeine Außenstelle in Darmstadt (Abb. 4) und in Marburg(Abb. 5). Dort sind insgesamt acht Archäologen(7,5 Stellen) mit <strong>de</strong>r Bezirksarchäologie befasst.Darüber hinaus ist in <strong>de</strong>r Zentrale in Wiesba<strong>de</strong>n einPaläontologe angesie<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>ssen Zuständigkeit sichauf das gesamte Bun<strong>de</strong>sland <strong>Hessen</strong> erstreckt. Dieseneun Wissenschaftler betreuen sämtliche bekanntenpaläontologischen, vor- und frühgeschichtlichen,mittelalterlichen und neuzeitlichen Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälerbis hin zu <strong>de</strong>n archäologisch relevanten Relikten <strong>de</strong>s20. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Sie betreiben <strong>de</strong>s Weiteren <strong>de</strong>renErforschung und leisten darüber hinaus die notwendigeVermittlungsarbeit. Dies erfor<strong>de</strong>rt von allenein entsprechend breit gefächertes Grundwissenim täglichen Umgang mit Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern. Abererst die Vielzahl <strong>de</strong>r unterschiedlichen fachlichenAusrichtungen <strong>de</strong>r Wissenschaftler und die daranorientierten Arbeits- und Forschungsschwerpunkteerlauben letztlich die für die Lan<strong>de</strong>sforschungnotwendige fachwissenschaftliche Auswertung <strong>de</strong>rFun<strong>de</strong> und Befun<strong>de</strong>. Das Spektrum reicht dabeivon <strong>de</strong>r Publikation interessanter Fundobjekte unddurchgeführter Ausgrabungen bis hin zur Beteiligungan international ausgerichteten Forschungsprojekten,die vorwiegend in Zusammenarbeit mitUniversitäten und Son<strong>de</strong>rforschungseinrichtungendurchgeführt wer<strong>de</strong>n.Die eigentliche bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegerische Arbeitwird in <strong>de</strong>n zu Bezirken zusammengefassten Kreisenausgeübt. Archäologie und Paläontologie bringensich dabei in die Kommunal-, Regional- undLan<strong>de</strong>ssplanung ein, um bereits im Vorfeld vongeplanten Baumaßnahmen mit allen BeteiligtenGefahren für Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler zu erkennen undabzuwen<strong>de</strong>n. Ziel ist die frühzeitige Abstimmunghinsichtlich <strong>de</strong>r Bedürfnisse <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalschutzes.Im günstigsten Fall wird damit beispielsweisefür einen Investor einvernehmlich die notwendigePlanungssicherheit in zeitlicher wie auchfinanzieller Hinsicht geschaffen. Des Weiterenwer<strong>de</strong>n Städte und Kommunen im Vorfeld öffentlicherBauvorhaben im Rahmen <strong>de</strong>r Erhaltung und<strong>de</strong>s Ausbaus <strong>de</strong>r Infrastruktur bzw. städtebaulicherEntwicklungskonzepte beraten, da diese oftmals nurin beschränktem Umfang über Kenntnisse bezüglichihres historisch gewachsenen „Bo<strong>de</strong>narchivs“ verfügen.Entgegen landläufiger Meinung wird gera<strong>de</strong>durch dieses Vorgehen im Regelfall eine zeitlicheVerzögerung geplanter Maßnahmen gänzlich verhin<strong>de</strong>rto<strong>de</strong>r <strong>zum</strong>in<strong>de</strong>st auf ein Min<strong>de</strong>stmaß beschränkt.An<strong>de</strong>rerseits ist ebenso <strong>de</strong>utlich zu attestieren,dass in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen eine Einigungnicht erzielt wer<strong>de</strong>n kann, die Durchsetzung <strong>de</strong>rnotwendigen Maßnahmen <strong>zum</strong> Schutz betroffenerBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler im Rahmen <strong>de</strong>r Beteiligung Trägeröffentlicher Belange auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r Vorgaben<strong>de</strong>s Hessischen Denkmalschutzgesetzes im laufen<strong>de</strong>nPlanverfahren konsequent abgearbeitet wird.Die Arbeit eines Bezirksarchäologen umfasst imEinzelnen die Pflege <strong>de</strong>r noch überwiegend in analogerForm vorliegen<strong>de</strong>n Ortsakten und die Überführung<strong>de</strong>rselben in digitale Form, die Abgabevon Stellungnahmen im Rahmen <strong>de</strong>r Beteiligung<strong>de</strong>r Träger öffentlicher Belange in allen relevantenPlanungsverfahren, die Durchführung o<strong>de</strong>r Veranlassungnotwendiger Prospektionen bis hin zuarchäologischen Ausgrabungen, die Durchsicht undBeurteilung eingehen<strong>de</strong>r Fundmaterialien, Prospektionsmaßnahmen(archäologisch und geophysikalisch,Luftbildarchäologie, Airborne Laserscanning/LIDAR 9 ) und digitaler Grabungsdokumentationen<strong>de</strong>s eigenen Hauses und Dritter, die Inventarisationdaraus resultieren<strong>de</strong>r neuer Fundstellen, <strong>de</strong>n Aufbauund die Betreuung von Archiven sowie <strong>de</strong>n Aufbaueiner digitalen Infrastruktur innerhalb <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie.Fachlich unterstützt wer<strong>de</strong>n die Bezirksarchäologendabei nur von sechs <strong>de</strong>r insgesamt36 Unteren Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n (UDSchB) in<strong>Hessen</strong>, da lediglich die UDSchB <strong>de</strong>s Main-Kinzig-Kreises, <strong>de</strong>s Kreises Offenbach, <strong>de</strong>s Wetteraukreises,die gemeinsame UDSchB von Kreis und StadtFulda (50%-Stelle), das Denkmalamt Frankfurtam Main und die UDSchB <strong>de</strong>r Stadt Hanau (Mitarbeiterinmit 50%-Stelle für Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegezuständig) mit entsprechend fachlich qualifiziertenMitarbeitern (Kreis- bzw. Stadtarchäologen) besetztsind.Eine zentrale Aufgabe und Basis jeglicher <strong>de</strong>nkmalpflegerischerArbeit ist die Inventarisation paläontologischerund archäologischer Fundstellenin <strong>Hessen</strong> (Abb. 6). Diese erfolgte bis in das ersteJahrzehnt <strong>de</strong>s neuen Jahrtausends hinein rein analogin Gestalt <strong>de</strong>r so genannten Ortsakten. Im Jahr 2004wur<strong>de</strong> erstmals ein digitales, GIS-gestütztes Inventarisationssystemeingeführt. Das System PGISwur<strong>de</strong> in Rheinland-Pfalz entwickelt und wird nunvon bei<strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn zur Inventarisation vonBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern betrieben. Die analogen Datenbestän<strong>de</strong>wer<strong>de</strong>n nach und nach in dieses Systemübertragen, sodass künftig alle ein Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalbetreffen<strong>de</strong>n Informationen einschließlich <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nenBild- und Altkartenmaterials digital vorgehaltenwer<strong>de</strong>n. Fernziel ist die digitale Ortsakte.Darüber hinaus ist die Lan<strong>de</strong>sarchäologie an <strong>de</strong>mvom Lan<strong>de</strong>samt für Denkmalpflege <strong>Hessen</strong> und<strong>de</strong>m Landschaftsverband Rheinland (LVR) betriebenendigitalen Kulturlandschafts-InformationssystemKuLaDig beteiligt. In diesem System wirddie Lan<strong>de</strong>sarchäologie u. a. ihren VerpflichtungenSchallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus279


6 Archive <strong>de</strong>r hessen­ARCHÄOLOGIE (Grafik:B. Steinbring, LfDH).gemäß <strong>de</strong>r INSPIRE-Richtlinie zur Schaffung einerGeodateninfrastruktur in <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaftnachkommen.Im Bereich <strong>de</strong>r Prospektion sind <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegedurch innovative zerstörungsfreie Techniken(Remote Sensing wie etwa das bereits genannteALS/LIDAR und diverse geophysikalischeProspektionsmetho<strong>de</strong>n) und <strong>de</strong>ren Inanspruchnahmeneue Möglichkeiten erwachsen. Die Anzahl <strong>de</strong>rmittels dieser Metho<strong>de</strong>n neu erkannten Fundstellenist sprunghaft angestiegen und wird auch künftigweiterhin zunehmen. Damit wächst einerseits dasErkenntnispotenzial <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie, wasletztlich sowohl zu einem verbesserten Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalschutzals auch einer höheren Planungssicherheitbeiträgt. Angesichts <strong>de</strong>r beschränkten personellenRessourcen im Bereich <strong>de</strong>r Inventarisation 10wird die Lan<strong>de</strong>sarchäologie dadurch aber an<strong>de</strong>rerseitsvor beträchtliche Probleme gestellt.Das neue Sachgebiet „UNESCO-Welterbe Limes“wird in <strong>Hessen</strong> <strong>de</strong>rzeit von einem Mitarbeiterim Rahmen einer halben Stelle betreut. Dieser vertrittneben <strong>de</strong>m Sachgebiet in Personalunion auchdie Bezirksarchäologie für <strong>de</strong>n Rheingau-Taunus-Kreis.Seit <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Obergermanisch-RaetischenLimes als Welterbe <strong>de</strong>r UNESCO im Jahr2005 wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r hessischen Limesstrecke dasThema Limes als Grenze <strong>de</strong>s Römischen Reichesdurch Beschil<strong>de</strong>rung (Abb. 7) auf weiten Streckenvermittelt, was durch gemeinsame Anstrengungenvon Land, Kreisen und Kommunen, ja sogar privatenFör<strong>de</strong>rern ermöglicht wur<strong>de</strong> 11 . Des Weiterenfan<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>nkmalpflegerischer Hinsicht notwendigeSanierungsarbeiten in einem <strong>de</strong>nkmalverträglichenund mit <strong>de</strong>r Deutschen Limeskommissionabgestimmten Rahmen statt 12 . Auch die regionalenLimesinformationszentren in <strong>de</strong>n hessischen Landkreisensowie das zentrale LimesinformationszentrumRömerkastell Saalburg konnten weiter ausgebautund in ihrem Vermittlungsstand verbessertwer<strong>de</strong>n. Seit September 2011 verfügen alle vomLimes durchquerten Landkreise jeweils über eineigenes Regionales Limesinformationszentrum(Abb. 8).Dies alles erfolgt auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>s HessischenLimesentwicklungsplanes, <strong>de</strong>r bereits vor<strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Limes als UNESCO-Welterbestättevon <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologievorgelegt wor<strong>de</strong>n war. <strong>Hessen</strong> war damit das ersteBun<strong>de</strong>sland im Reigen <strong>de</strong>r beteiligten Län<strong>de</strong>r, dasüber einen Leitfa<strong>de</strong>n verfügt, in <strong>de</strong>m Bestand undAussehen <strong>de</strong>s hessischen Limesabschnitts beschriebenund Maßnahmen in <strong>de</strong>nkmalpflegerischer, wissenschaftlicher,vermitteln<strong>de</strong>r und touristischer Hinsichtvorgeschlagen wer<strong>de</strong>n (Abb. 9). Er ist neben<strong>de</strong>m Hessischen Denkmalschutzgesetz sozusagendie Richtschnur für <strong>de</strong>n Umgang mit <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalLimes in unserem Land. Diese umfangreiche,alle Einzelheiten anschaulich darstellen<strong>de</strong>Dokumentation wen<strong>de</strong>t sich ebenso an politischeVerantwortungsträger wie auch die Planungsebeneund die Regionalentwicklung <strong>de</strong>r betroffenen Kreise.Aber auch <strong>de</strong>n interessierten Bürgerinnen undBürgern ermöglicht er einen noch besseren Zugangzu <strong>de</strong>n antiken Monumenten und gewährt einenleichteren Überblick über <strong>de</strong>n römischen Limes in<strong>Hessen</strong>.Es hat sich gezeigt, dass <strong>de</strong>r Limesentwicklungsplanin <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>n Jahren die Basis für dievielfältige Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Limes dargestellthat. Dies hat vielerorts zu teilweise ungeahnten Verbesserungenim Erscheinungsbild, im InformationsundVermittlungsangebot, bei <strong>de</strong>r touristischen Erschließung,aber auch bei <strong>de</strong>r wissenschaftlichenArbeit an diesem Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmal geführt 13 . DieFülle <strong>de</strong>r Aktivitäten und Projekte am Limes in<strong>Hessen</strong> ließ sich nicht ohne erhebliche finanzielleMittel realisieren. Allein die Auszeichnung alsUNESCO-Welterbestätte, die selbst ohne irgen<strong>de</strong>inefinanzielle Ausstattung verliehen wird, ist im Sinneeines Gütesiegels geeignet, Gel<strong>de</strong>r und an<strong>de</strong>reRessourcen und somit ein beträchtliches Investitionsvolumenzu generieren. Dies wie<strong>de</strong>rum zeigt,dass mit archäologischer Denkmalpflege, <strong>de</strong>r Beschäftigungmit <strong>de</strong>m kulturellen Erbe eines Lan<strong>de</strong>s,nicht zuletzt enorme Wertschöpfungsaspekte verbun<strong>de</strong>nsind, von <strong>de</strong>nen die Gesellschaft profitiert.Der Status <strong>de</strong>s Welterbes erfor<strong>de</strong>rt allerdings aucheinen erhöhten Betreuungsbedarf <strong>de</strong>s Kultur<strong>de</strong>nkmalsseitens <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE, da esstärker im Fokus <strong>de</strong>s öffentlichen Interesses stehtals an<strong>de</strong>re Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler. Außer<strong>de</strong>m ist mit <strong>de</strong>rAuszeichnung auch eine zusätzliche Berichtsverpflichtunggegenüber <strong>de</strong>r das Prädikat vergeben<strong>de</strong>nInstitution, <strong>de</strong>r UNESCO (Paris), verbun<strong>de</strong>n. Aufnationaler Ebene koordiniert die Deutsche Limeskommission,<strong>de</strong>ren Geschäftsstelle auf <strong>de</strong>r Saalburgansässig ist, die übergeordneten Belange <strong>de</strong>r Welterbestätte(Abb. 10).Das unterirdische „Archiv“ unseres Lan<strong>de</strong>s istdurch die stetig wachsen<strong>de</strong> Bautätigkeit gefähr-280 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


<strong>de</strong>t. Mit <strong>de</strong>r 2002 erfolgten Einrichtung <strong>de</strong>s Sachgebietes„Archäologie <strong>de</strong>s Mittelalters und <strong>de</strong>rNeuzeit“, angesie<strong>de</strong>lt in <strong>de</strong>r Außenstelle Marburg,unterstreicht die Hessische Lan<strong>de</strong>sarchäologie dieBe<strong>de</strong>utung dieser archäologischen Fachrichtung.An<strong>de</strong>rs als in an<strong>de</strong>ren Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn ist das Sachgebietallerdings in Personalunion im Umfang einerStelle in die allgemeine archäologische Denkmalpflegein <strong>Hessen</strong> eingebun<strong>de</strong>n. Das Sachgebiet istbestrebt, innerhalb <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIEdie Kompetenzen zu dieser Perio<strong>de</strong> zu bün<strong>de</strong>ln undverfolgt dabei wissenschaftliche wie auch nichtunbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> wirtschaftspolitische Ziele. Mit <strong>de</strong>rbegonnenen Inventarisierung mittelalterlicher undneuzeitlicher Fundstellen wird ein erheblicher Beitragzur Planungssicherheit und Verfahrensbeschleunigunggeleistet.In <strong>de</strong>n Jahren 2002 und 2004 fan<strong>de</strong>n je einArbeitstreffen sowie eine Fachtagung statt 14 . Dieseit 2006 jährlich durchgeführten Ausgrabungen imUmfeld <strong>de</strong>r Elisabethkirche in Marburg offenbarten– wie in an<strong>de</strong>ren hessischen Lan<strong>de</strong>steilen auch – einbreites öffentliches Interesse an <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie.Dem Bedürfnis <strong>de</strong>s interessierten Bürgersnach Information wur<strong>de</strong> mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit(Presseveranstaltungen, Führungen, Infotafeln,Vorträge) begegnet. Parallel dazu wur<strong>de</strong> mit<strong>de</strong>r wissenschaftlichen Aufarbeitung <strong>de</strong>r Grabungsergebnisseim Rahmen einer Doktorarbeit begonnen,die von <strong>de</strong>r Außenstelle fachlich betreut wird.Das neue Sachgebiet „Archäologische Kulturlandschaft“ist in <strong>de</strong>r Zentrale in Wiesba<strong>de</strong>n angesie<strong>de</strong>ltund wird als Zusatzarbeitsgebiet voneinem Bezirksarchäologen betreut. Es beschäftigtsich mit <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r historisch gewachsenenKulturlandschaft unter beson<strong>de</strong>rer Berücksichtigungarchäologischer Belange. Als Konsequenz <strong>de</strong>r 2004durchgeführten internationalen Tagung „Kulturlandschaft:Wahrnehmung – Inventarisation – RegionaleBeispiele“ 15 (Abb. 11) und <strong>de</strong>r damit angestoßenenDiskussion erfolgte zwischen 2007 und 2010 erstmalsin <strong>Hessen</strong> eine kulturlandschaftliche Erhebungund Charakterisierung auf <strong>de</strong>r Ebene eines gesamtenKreisgebiets. Das seitens <strong>de</strong>r Deutschen Bun<strong>de</strong>sstiftungUmwelt (DBU) finanziell geför<strong>de</strong>rte Projekt„KuLaKomm – Kulturlandschaftsschutz auf <strong>de</strong>rkommunalen Ebene“ war Bestandteil einer bilateralenPilotstudie, die in drei Untersuchungsräumenin Nordrhein-Westfalen und <strong>Hessen</strong> durchgeführtwur<strong>de</strong>. Das wichtigste Ziel dieses Projekts war <strong>de</strong>rAufbau eines internetbasierten kulturlandschaftlichenInformationssystems, das auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>sdigitalen Kulturlandschafts-InformationssystemsKuLaDig langfristig für das gesamte Bun<strong>de</strong>sland<strong>Hessen</strong> bereitgestellt wer<strong>de</strong>n soll.Im Rahmen <strong>de</strong>r Geodateninitiative <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<strong>Hessen</strong> zielen die Anstrengungen <strong>de</strong>r hessen­ARCHÄOLOGIE auf eine kulturlandschaftlicheErfassung <strong>de</strong>s gesamten Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s innerhalb<strong>de</strong>r nächsten acht bis zehn Jahre, damit eine wissenschaftlichfundierte Grundlage für <strong>de</strong>n Schutz und diegelenkte Weiterentwicklung <strong>de</strong>r historisch gewachsenenKulturlandschaften <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>Hessen</strong> geschaffenwer<strong>de</strong>n kann. Diesem Ansinnen liegt die Einsichtzugrun<strong>de</strong>, dass landschaftliche Dynamik nicht zwingend<strong>de</strong>n eher auf Erhaltung ausgerichteten Ansätzen<strong>de</strong>r Denkmalpflege entgegensteht und es hier vielmehrum ein übergreifen<strong>de</strong>s Konzept <strong>de</strong>s bewusstenUmgangs mit räumlichen Ressourcen gehen muss.Weiterhin ungebremster Flächenverbrauch in <strong>de</strong>nBallungsgebieten steht künftigem Flächenrückbau in7 Beschil<strong>de</strong>rung am UNESCO-Weltkulturerbe „Obergermanisch-RaetischerLimes“ (Foto:Römerkastell Saalburg).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus281


8 Im Jahr 2011 eröffnet:das neue Regionale Limes-Informationszentrum für <strong>de</strong>nLandkreis Gießen im Hof Graßbei Hungen (Foto: W. Günzel).9 Titelseite <strong>de</strong>s Limesentwicklungsplansfür <strong>Hessen</strong> (Grafik:G. Preuß, Wachenheim).<strong>de</strong>n vom <strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>l stark betroffenenRegionen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s gegenüber. Bei<strong>de</strong> Entwicklungenbedürfen einer koordinierten Herangehensweiseunter Einbeziehung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie.Mit <strong>de</strong>m Sachgebiet „Archäologisches Fundarchiv“,das 2011 im Umfang einer vollen Stelleam Hauptsitz in Wiesba<strong>de</strong>n eingerichtet wur<strong>de</strong>, solleine zentrale Aufnahmestelle für das in Lan<strong>de</strong>sbesitzbefindliche paläontologische und archäologischeFundgut geschaffen wer<strong>de</strong>n.Die Lan<strong>de</strong>sarchäologie ist ein Teil <strong>de</strong>r hessischenLan<strong>de</strong>sverwaltung und als solcher in die entsprechen<strong>de</strong>nStrukturen eingebun<strong>de</strong>n. Darüber hinauspflegt die hessenARCHÄOLOGIE mit weiterenBehör<strong>de</strong>n, Institutionen, Verbän<strong>de</strong>n und Vereinenverwaltungsorganisatorische, strategische undoperative Partnerschaften.Innerhalb <strong>de</strong>r Verwaltungsstrukturen vorgesetzteund nachgeordnete Behör<strong>de</strong>n sind die ObersteDenkmalschutzbehör<strong>de</strong>, d. h. <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die zuständigeStaatsminister/-in für Wissenschaft und Kunst alsVertreter <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sregierung sowie dieUnteren Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n (UDSchB) unddie dort angesie<strong>de</strong>lten Kreisarchäologien.Als Teil <strong>de</strong>r Denkmalfachbehör<strong>de</strong> ist die Lan<strong>de</strong>sarchäologie<strong>de</strong>r Obersten Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>nachgeordnet. Ihre Aufgaben gemäß § 4 HDSchGwur<strong>de</strong>n vorstehend bereits erläutert. Planungen,die Belange <strong>de</strong>s Denkmalschutzes betreffen, sindzwischen <strong>de</strong>r jeweiligen UDSchB und <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologieabzustimmen. Wie bereits zuvor ausgeführt,ist dabei die archäologisch nicht-fachlicheBesetzungen <strong>de</strong>r meisten UDSchB im Land <strong>Hessen</strong>kritisch zu sehen. Da in nur sechs <strong>de</strong>r 36 UDSchBarchäologischer Sachverstand in <strong>de</strong>r Person eines(Kreis-)Archäologen vorhan<strong>de</strong>n ist, leistet die Lan<strong>de</strong>sarchäologiein nicht unerheblichem UmfangArbeiten, die primär von <strong>de</strong>n UDschB zu erledigenwären.Daneben unterhält die Lan<strong>de</strong>sarchäologie engenKontakt zu verschie<strong>de</strong>nen Lan<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong>n, wie <strong>de</strong>nLan<strong>de</strong>sämtern für Bo<strong>de</strong>nmanagement und Geoinformation,Umwelt und Geologie sowie geschichtlicheLan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong>. Während Ersteres die notwendigenGeobasisinformationen zur Verfügung stellt, wer<strong>de</strong>nin <strong>de</strong>n Zuständigkeitsbereichen Umwelt undLan<strong>de</strong>sgeschichte wichtige Sachverhalte berührt,die im Zusammenspiel mit <strong>de</strong>r archäologischenDenkmalpflege von großem Belang sein können.Dies gilt im Speziellen auch für <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sbetrieb<strong>Hessen</strong>-Forst, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Wald ein für die Archäologieganz beson<strong>de</strong>rs wertvolles „Bo<strong>de</strong>narchiv“ betreut.Aus diesem Grund haben <strong>Hessen</strong>-Forst undLan<strong>de</strong>sarchäologie im Jahr 2005 gemeinsam dieBroschüre „Archäologie im Wald. Erkennen undSchützen von Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern“ herausgegeben,die sich „[...]in erster Linie an Waldbesitzer, Försterund Jäger, aber auch an alle geschichtlich undarchäologisch Interessierten und Naturfreun<strong>de</strong> [richtet].Ihr Ziel ist es, im Wald stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Arbeitenentsprechend zu steuern, um Scha<strong>de</strong>n von diesenKultur<strong>de</strong>nkmälern abzuwen<strong>de</strong>n.“ 16 Schließlich sindaus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Planung die zuständigen Abteilungen<strong>de</strong>r Regierungspräsidien in Darmstadt,Gießen und Kassel sowie <strong>de</strong>r RegionalverbandFrankfurtRheinMain zu nennen.Ähnlich verhält es sich auch mit <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nenUmwelt- und Naturschutzbün<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nengemeinsam das Verständnis für die Belange <strong>de</strong>sKulturlandschafts- und Denkmalschutzes entwickeltwur<strong>de</strong>, sowie <strong>de</strong>n Geoparks Bergstraße O<strong>de</strong>nwald,Westerwald-Lahn-Taunus und GrenzWelten (Wal-282 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


<strong>de</strong>ck-Frankenberg), die eingebun<strong>de</strong>n sind, wennbeispielsweise strategische Ziele im Rahmen <strong>de</strong>rBemühungen um ein digitales Kulturlandschafts-Informationssystem verfolgt wer<strong>de</strong>n.In einen völlig an<strong>de</strong>ren Bereich führt die Zusammenarbeitmit <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>skriminalamt <strong>Hessen</strong>sowie <strong>de</strong>n lokalen Polizeidienststellen. Die Problematik<strong>de</strong>r illegalen Schatzsuche (Raubgrabungen)und <strong>de</strong>s gesetzeswidrigen Han<strong>de</strong>ls mit <strong>de</strong>n dabei gemachtenRaubgrabungsfun<strong>de</strong>n stellt für die Ermittlungs-und Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>reine Herausfor<strong>de</strong>rung dar 17 (Abb. 12). Zur Optimierung<strong>de</strong>r Strafverfolgung und <strong>de</strong>r Gefahrenabwehrwur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Zentralstelle Kriminal- und Verkehrspräventionbeim Hessischen Lan<strong>de</strong>skriminalamt imJanuar 2010 die Koordinierungsstelle Kulturgüterschutzeingerichtet. Ihr vorausgegangen war eineinterministerielle Arbeitsgruppe „Raubgrabungen“,an <strong>de</strong>r das Hessische Ministerium für Wissenschaftund Kunst, die Lan<strong>de</strong>sarchäologie sowie das HessischeLan<strong>de</strong>skriminalamt beteiligt waren.Die neue Koordinierungsstelle umfasst im WesentlichenAufgaben <strong>de</strong>r Gefahrenabwehr, unterstütztaber auch bei Ermittlungen die örtlich undsachlich zuständigen Polizeibehör<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Zoll, dieStaatsanwaltschaften o<strong>de</strong>r Denkmalschutzbehör<strong>de</strong>n.Im Angebot vorhan<strong>de</strong>ne Fortbildungsmaßnahmenfür interne und externe Bedarfsträger können zu<strong>de</strong>mdas Erkennen, die Verfolgung und Ahndung<strong>de</strong>r Taten verbessern helfen. Des Weiteren sollenrechtswidrige Taten bereits im Vorfeld durch Informationsweitergabe<strong>zum</strong> Thema „Raubgrabungen“und illegalem Han<strong>de</strong>l mit Kulturgut möglichst vermie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n. Hierzu zählt auch die Beratung vonDenkmalschutzbehör<strong>de</strong>n, Museen, Galerien und Privatpersonenzur Sicherung von Ausgrabungsstätten,gefähr<strong>de</strong>ten Kultur<strong>de</strong>nkmälern und beweglichemKulturgut auf Anfrage.Die bisherige Zusammenarbeit aller Betroffenenerbrachte bereits beachtliche Erfolge, <strong>de</strong>nnoch fin<strong>de</strong>nin <strong>Hessen</strong> nach wie vor Raubgrabungen stattund es wird illegaler Han<strong>de</strong>l mit Raubgrabungsfun<strong>de</strong>nbetrieben. Es ist daher weiterhin notwendig,ungenehmigte Grabungen und Schürfungennach Kenntniserlangung unverzüglich zur Anzeigezu bringen und die Mitbürgerinnen und Mitbürgerfortgesetzt zu sensibilisieren, dass solche Deliktebeson<strong>de</strong>rs gemeinschädliche Handlungen darstellen,die sie am En<strong>de</strong> selbst treffen.Außer zu Behör<strong>de</strong>n und Verbän<strong>de</strong>n unterhält dieLan<strong>de</strong>sarchäologie engen Kontakt zu Vereinen, die<strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie o<strong>de</strong>r Teilen <strong>de</strong>rselbenverpflichtet sind. Dazu zählen insbeson<strong>de</strong>redie Archäologische Gesellschaft in <strong>Hessen</strong> e. V.(AGiH), <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rverein Saalburg e. V. sowie <strong>de</strong>rFör<strong>de</strong>rverein Keltenwelt am Glauberg e. V. Mit rund1.600 Mitglie<strong>de</strong>rn för<strong>de</strong>rt die AGiH laut ihrer Satzungdie Erforschung <strong>de</strong>r hessischen Vor- und Frühgeschichte,versucht das Interesse an <strong>de</strong>r Rettung,Pflege und Erhaltung vor- und frühgeschichtlicherKultur<strong>de</strong>nkmäler zu wecken und unterstützt wissenschaftlicheProspektionen, Ausgrabungen, Publikationen,bauliche und virtuelle Rekonstruktionensowie Ausstellungen.Der För<strong>de</strong>rverein Saalburg e. V. unterstützt Projekte,die Museum und Forschungsinstitut nicht aus<strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>nen Etat bestreiten können 18 . DieseVorhaben betreffen <strong>zum</strong> Beispiel Baumaßnahmenund technische Ausstattungen ebenso wie Forschungsarbeiten,Publikationen, Ausstellungen, Museumspädagogik,Öffentlichkeitsarbeit o<strong>de</strong>r sonstigeVeranstaltungen.Ähnlich verhält es sich mit <strong>de</strong>m För<strong>de</strong>rvereinKeltenwelt am Glauberg e. V., <strong>de</strong>r die Keltenweltam Glauberg i<strong>de</strong>ell, finanziell und personell unterstützt19 . Dies betrifft v. a. die För<strong>de</strong>rung von Infrastrukturund Forschungsprojekten.10 Die neue Geschäftsstelle<strong>de</strong>r Deutschen Limeskommissionam Römerkastell Saalburg(Foto: E. Löhnig, RömerkastellSaalburg).11 Kulturlandschaft im Fokus<strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologie:Titelseite <strong>de</strong>r Publikation<strong>de</strong>r Tagung 2004 (Grafik:LfDH).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus283


12 Schatzsucher mitMetall<strong>de</strong>tektor (Foto: PolizeiUsingen).13 Weltnaturerbe GrubeMessel: Blick von <strong>de</strong>r Aussichtsplattformin das Grubengelän<strong>de</strong>(Foto: LfDH).Eine beson<strong>de</strong>re Rolle nimmt das Ehrenamt in<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie <strong>Hessen</strong>s ein. Es ist in gewisserWeise schon eine althergebrachte Traditionin <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologie, dassehrenamtlich tätige Mitarbeiter sich einbringen,die Lan<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong> beispielsweise durch Feldbegehungen(Prospektion) unterstützen und dabeiregistrierte Hinweise auf archäologische Fundstellenan diese weitergeben. Zurzeit unterstützenknapp 300 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen undMitarbeiter die Arbeit <strong>de</strong>r hauptamtlichen Archäologen.Ambivalenter ist das Verhältnis zu <strong>de</strong>n sog.Son<strong>de</strong>ngängern, die mittels technischer Hilfe inForm von Metall<strong>de</strong>tektoren nach Hinterlassenschaftenim Bo<strong>de</strong>n suchen. In <strong>de</strong>r Regel wird bei<strong>de</strong>r Bergung <strong>de</strong>s angezeigten Metallfunds durchNicht-Fachleute <strong>de</strong>r aus archäologischer Sicht sobe<strong>de</strong>utsame Fundzusammenhang gestört. Damitgehen wertvolle Informationen, die mitunter be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>rsein können als <strong>de</strong>r Metall fund selbst,undokumentiert verloren. Die Erteilung von projektgebun<strong>de</strong>nenNachforschungsgenehmigungenin engen Grenzen soll helfen, diesem Missstan<strong>de</strong>ntgegenzuwirken. Problematisch ist hauptsächlich<strong>de</strong>r seitens <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie nicht genehmigteEinsatz <strong>de</strong>rartiger Suchgeräte und <strong>de</strong>r folglichillegale Umgang mit <strong>de</strong>m dabei geborgenenFundgut. In diesem Zusammenhang sei explizit aufdie Aufnahme <strong>de</strong>s Schatzregals in das HessischesDenkmalschutzgesetz erinnert. Der § 24 HDSchGsichert nunmehr, dass <strong>de</strong>r Einsatz von Metallson<strong>de</strong>naufgrund amtlicher Nachforschungsgenehmigungenerfolgt. Daraus ergibt sich, dass die dabeigeborgenen Fun<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Land <strong>Hessen</strong> gehören.Die illegale Suche nach archäologischem Fundgutunter Zuhilfenahme eines Metallsuchgeräts ist bußgeldbewehrt,da sie großen materiellen und nochgrößeren i<strong>de</strong>ellen Scha<strong>de</strong>n verursacht.Ein weiterer wichtiger Punkt ist die I<strong>de</strong>ntifikationDritter mit <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE. DerStellenwert <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie in <strong>de</strong>r politischenund gesellschaftlichen Öffentlichkeit ist unumstritten.Zahlreiche Kommunen, Landkreise und auchInstitutionen haben bereits das Potenzial <strong>de</strong>r hessen-ARCHÄOLOGIE und ihrer Belange erkannt undi<strong>de</strong>ntifizieren sich explizit mit archäologischen undpaläontologischen Denkmälern in ihrem Zuständigkeitsbereich.Diese sind I<strong>de</strong>ntität stiftend, haben dasPotenzial, als Impulsgeber für die Tourismusentwicklungin einer Region zu dienen und verhelfen ggf.auch zur Abgrenzung unterschiedlicher Kulturlandschaftenmit markanten Charakterzügen, seien sieeher dörflicher o<strong>de</strong>r städtischer Natur. Auf <strong>de</strong>m Landwie auch in <strong>de</strong>n so genannten Metropolregionen habendie Verantwortlichen in <strong>de</strong>r Regional- wie Lan<strong>de</strong>splanungdas gestalterische Potenzial erkannt, dasdie Lan<strong>de</strong>sarchäologie anbietet. Stellvertretend für<strong>de</strong>rartige Projekte sind folgen<strong>de</strong> Beispiele zu nennen:●●UNESCO-Welterbe Grube Messel: Vermittlungeinzigartiger paläontologischer Fun<strong>de</strong> und ihrerBe<strong>de</strong>utung (Abb. 13),●●UNESCO-Welterbe Limes: Anrainerkommunenund -kreise engagieren sich für Erhalt, Erschließungund Vermittlung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmals,●●UNESCO-Welterbe Kloster Lorsch: ArchäologischerBeitrag zur Erforschung <strong>de</strong>s mittelalterlichenKlosters,●●O<strong>de</strong>nwaldkreis: Vermittlung und touristischeEntwicklung <strong>de</strong>s O<strong>de</strong>nwaldlimes als eines <strong>de</strong>rHauptprojekte <strong>de</strong>r Regionalentwicklung; Erstel-284 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


lung eines O<strong>de</strong>nwaldlimes-Entwicklungsplans(Abb. 14),●●Rheingau-Taunus-Kreis: Festschreibung <strong>de</strong>s Managementplansfür eine nachhaltige Entwicklung<strong>de</strong>r Kulturlandschaft <strong>de</strong>s Rheingau-Taunus-Kreises(KuLaKomm-Projekt) als Grundlage für diekünftige Raumentwicklung und touristische Inwertsetzung,●●Hochtaunuskreis: Einrichtung einer Dauerausstellungim Freilichtmuseum <strong>Hessen</strong>park <strong>zum</strong>Thema Taunusglas auf <strong>de</strong>r Grundlage intensiverForschungen <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie; Gründung<strong>de</strong>r Limeserlebnispfad Hochtaunus gGmbH imJahr 2010,●●Wetteraukreis: Etablierung <strong>de</strong>s touristischenLeitthemas „ArchäologieLandschaft Wetterau“(Abb. 15),●●Landkreis Gießen: Rekonstruktion eines Keltentoresund eines keltischen Gehöfts am Fuß <strong>de</strong>sDünsbergs sowie●●fachliche Beratung im Rahmen <strong>de</strong>r Regionalparkrouten.ArchäologieserviceDer Archäologieservice <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLO­GIE setzt sich aus <strong>de</strong>n Bereichen Grabungstechnik,Restaurierungswerkstatt, Archiv, Naturwissenschaften,Fund<strong>de</strong>pot, Lektorat und Bibliothek zusammen.An je<strong>de</strong>m Standort <strong>de</strong>r Archäologischen und PaläontologischenDenkmalpflege ist jeweils eine Stelleim Bereich Grabungstechnik angesie<strong>de</strong>lt. Alledrei Stellen sind zurzeit besetzt, allerdings steht <strong>de</strong>rGrabungstechniker in <strong>de</strong>r Zentrale in Wiesba<strong>de</strong>n –aufgrund notwendiger Nachbereitungsarbeiten – fürdie Bezirksarchäologie mittelfristig für Grabungsmaßnahmennicht zur Verfügung.Die Aufgaben <strong>de</strong>r Grabungstechnik umfassen allgemeindie praktische Durchführung und Dokumentationarchäologischer Grabungen in Abstimmungmit <strong>de</strong>n zuständigen Bezirksarchäologen. Des Weiterenobliegen ihr Wartung, Pflege und Verwaltung<strong>de</strong>r technischen Grabungsausrüstung (Vermessungsgeräte,fotografische Ausstattung, Grabungsgerät).Eigentlich periodisch notwendige Kontrollen undVermessungen archäologischer Denkmäler könnenangesichts <strong>de</strong>s allgemeinen Arbeitsaufkommens momentannur in Ausnahmefällen durchgeführt wer<strong>de</strong>n.Die archäologische Restaurierungswerkstattverfügt über vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Sie führt unter Laborbedingungen RestaurierungsundKonservierungsmaßnahmen an Bo<strong>de</strong>nfun<strong>de</strong>ndurch und betreut solche Maßnahmen. Sie unterstütztmit Fachwissen und unter Anwendung restauratorischerund konservatorischer Metho<strong>de</strong>n Fundbergungenund organisiert die Fundversorgung bishin zur dauerhaften Verwahrung von Bo<strong>de</strong>nfun<strong>de</strong>nin <strong>de</strong>n Depots. Im Zuge <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeitorganisiert sie kleinere Wan<strong>de</strong>rausstellungen zuThemen <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE und leistetUnterstützung bei sonstigen Veranstaltungen.Im Rahmen <strong>de</strong>r Nachwuchsför<strong>de</strong>rung betreut dieWerkstatt die Ableistung eines Freiwilligen Jahresin <strong>de</strong>r Denkmalpflege und führt Schulpraktikantenan das Arbeitsgebiet eines Restaurators in <strong>de</strong>rArchäologie heran.Die Lan<strong>de</strong>sarchäologie verfügt im Rahmen <strong>de</strong>rBezirksarchäologie in <strong>de</strong>r Zentrale wie auch in <strong>de</strong>nAußenstellen über verschie<strong>de</strong>ne Archive – Ortsakten,Grabungsarchiv, Luftbildarchiv. Die Bestän<strong>de</strong><strong>de</strong>r Paläontologie wer<strong>de</strong>n separat verwaltet. DieArchive in Darmstadt, Marburg und Wiesba<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n als zusätzliches Arbeitsgebiet von jeweilseinem Bezirksarchäologen bzw. einer Bezirksarchäologinbetreut, für die Paläontologie erfolgtdies zentral in Wiesba<strong>de</strong>n. Das Sachgebiet Inventarisation,das die Grundlage für jegliche Stellungnahme<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie im Rahmen <strong>de</strong>r BeteiligungTräger öffentlicher Belange ist, wird in <strong>de</strong>rZentrale in Wiesba<strong>de</strong>n 1. Januar 2012 von einemMitarbeiter auf einer halben Stelle betreut.Sämtliche Archive mussten in <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>nJahren grundsätzlich neu geordnet wer<strong>de</strong>n.Auch wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>zentral aufbewahrte Bestän<strong>de</strong> mituntererstmals zusammengeführt. Erst in einemzweiten Schritt konnte dann nach und nach mit<strong>de</strong>r elektronischen Erfassung <strong>de</strong>r Bestän<strong>de</strong> begonnenwer<strong>de</strong>n. Angesichts <strong>de</strong>s Umfangs <strong>de</strong>r Altaktensowie <strong>de</strong>r täglich wachsen<strong>de</strong>n Menge hinzukommen<strong>de</strong>rDaten ist die bisher erreichte Digitalisierungsquotebemerkenswert, aber prozentual unbefriedigend.Das analoge Luftbildarchiv befin<strong>de</strong>t sich in einemgeordneten Zustand, doch ist zu berücksichtigen, dass14 Neues vom O<strong>de</strong>nwaldlimes:Neubau <strong>de</strong>s Informationszentrums„Römische VillaHaselburg“, G<strong>de</strong>. Höchst i.O<strong>de</strong>nwald (Foto: E. Grönke).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus285


15 Vergangenheit „in <strong>de</strong>rTasche“: handliche Führungshefte<strong>de</strong>r „ArchäologieLandschaftWetterau“ zu Kelten,Römern und <strong>zum</strong> Mittelalter(Bildgestaltung: Alex Weiher,Cliffhouse Grafik Design).in <strong>de</strong>n letzten Jahren gezielte Prospektionsflüge ausMangel an Ressourcen unterblieben. Der Digitalisierungsbedarfist gera<strong>de</strong> in diesem Bereich enorm. AusPersonal- wie Ressourcenmangel wur<strong>de</strong> bisher nochnicht mit <strong>de</strong>r Digitalisierung <strong>de</strong>s Bildbestan<strong>de</strong>s begonnen,was unter konservatorischen Aspekten wieauch tagesaktuellen Notwendigkeiten, auf diese Bestän<strong>de</strong>schnell zugreifen und sie weiterverarbeiten zukönnen, sehr kritisch zu betrachten ist. Hinzu kommt,dass zunehmend digitale Unterlagen aus <strong>de</strong>m Bereich<strong>de</strong>r zerstörungsfreien Prospektion wie Geophysik undLaserscanning/LIDAR vorgehalten wer<strong>de</strong>n müssen.Aktuell gibt es daher im Archivbereich ein Nebeneinan<strong>de</strong>rvon analogen und digitalen Bestän<strong>de</strong>n, wasauf absehbare Zeit auch weiterhin <strong>de</strong>r Fall sein wird.Die Altertumswissenschaften erforschen integrativdie ursächlich wirksamen Parameter menschlicherSubsistenz- und Gesellschaftsformen. In diesen Kontextgehören die Rekonstruktion von Umwelt, Wirtschaftsweisenmit Ackerbau und Viehzucht sowie <strong>de</strong>rErnährung von Mensch und Tier als grundlegen<strong>de</strong>Aufgaben <strong>de</strong>r archäobiologischen Wissenschaften.Zur Be<strong>de</strong>utungsvermittlung <strong>de</strong>r hessenARCHÄO­LOGIE tragen die naturwissenschaftlichen ErgebnisseWesentliches bei, in<strong>de</strong>m sie eine möglichst facettenreicheRekonstruktion <strong>de</strong>r Vergangenheit liefern.In <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten haben sich naturwissenschaftlicheMetho<strong>de</strong>n vielfältig weiterentwickelt,die im I<strong>de</strong>alfall bei Prospektionen, Ausgrabungenund Fundbearbeitungen differenziert eingesetzt wer<strong>de</strong>n.Zu <strong>de</strong>nken ist hier an Archäobotanik (Großresteund Pollen), Archäozoologie/Anthropologie (Morphometrie,Isotopenanalyse, DNA-Bestimmungusw.) sowie unterschiedliche Datierungsmetho<strong>de</strong>nund auch Materialwissenschaften (Archäometrie).Pollenanalysen, anthropologische Bestimmungen,materialwissenschaftliche Untersuchungenund naturwissenschaftliche Datierungen (AMS- 14 C,Den drochronologie usw.) wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel ineuropäischen Speziallabors im Sinne von Auftragsarbeiteneingekauft.Im Zuge <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r Kommission fürArchäologische Lan<strong>de</strong>sforschung in <strong>Hessen</strong> (KAL)im Jahre 1990 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Arbeitsbereich Archäobotanikeingerichtet. Seit <strong>de</strong>r Zusammenführung<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie und <strong>de</strong>s Instituts <strong>de</strong>r KALim Jahre 2003 untersuchen vier Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter <strong>de</strong>s Sachgebietes „Naturwissenschaften“Pflanzenfun<strong>de</strong> von archäologischenAusgrabungen zur Rekonstruktion von Umwelt,Landwirtschaft und Ernährung in <strong>Hessen</strong>. Bisherwur<strong>de</strong>n rund 1,5 Millionen Pflanzenreste von 600Pflanzenarten aus 150 Fundstellen bestimmt undausgewertet. Die Erfassung dieser Proben erfolgtin <strong>de</strong>r Datenbank ArboDat. In dieser wer<strong>de</strong>n neben<strong>de</strong>n Bestimmungsdaten von Samen, Früchten undHolz auch die zugehörigen archäologischen undökologischen Informationen vorgehalten. Die ursprünglichbereits im Institut <strong>de</strong>r KAL konzipierteDatenbank konnte in <strong>de</strong>n letzten Jahren nicht nurkontinuierlich weiterentwickelt wer<strong>de</strong>n, es gelangsogar, an<strong>de</strong>rssprachige Versionen <strong>de</strong>r Datenbank zuetablieren. Diese wird heute von 28 Arbeitsgruppenin Deutschland, Belgien, Bulgarien, Frankreich,Georgien, Österreich, Polen, <strong>de</strong>r Schweiz undUngarn genutzt. Mit <strong>de</strong>r internationalen Verbreitungdieser archäobotanischen Datenbank ist es gelungen,<strong>de</strong>n europaweiten Austausch archäobotanischerDaten ein gutes Stück voranzutreiben.Das archäologische Fund<strong>de</strong>pot wird zurzeitvon Mitarbeitern <strong>de</strong>r Restaurierungswerkstatt betreut.Ein Großteil <strong>de</strong>r Bestän<strong>de</strong> ist in angemietetenRäumlichkeiten untergebracht. Weiteres Fundgut286 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


efin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n Räumen <strong>de</strong>r Restaurierungswerkstatt.Lan<strong>de</strong>seigene Fun<strong>de</strong> lagern zu<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>nHessischen Lan<strong>de</strong>smuseen Darmstadt und Kasselsowie im Universitätsmuseum Marburg. Die vormalsim Museum Wiesba<strong>de</strong>n gelagerten Bestän<strong>de</strong>,darunter auch die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Sammlung NassauischerAltertümer, wur<strong>de</strong>n an die Stadt Wiesba<strong>de</strong>nabgetreten und sollen künftig in einem geplantenStadtmuseum Wiesba<strong>de</strong>n präsentiert wer<strong>de</strong>n.Das Sachgebiet „Lektorat“ wird von einemMitarbeiter auf einer Dreiviertelstelle, von einemBezirksarchäologen mit Zusatzarbeitsgebiet undggf. von wechseln<strong>de</strong>n Mitarbeitern auf <strong>de</strong>r Basisbefristeter Zeitverträge betreut 20 . Die Arbeit umfasstwesentliche Serviceleistungen im Rahmen <strong>de</strong>rDrucklegung archäologischer und paläontologischerPublikationen <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE.Bereits im Vorfeld aller Drucklegungen wird dasSachgebiet tätig: Es erstellt die notwendigen Leistungsbeschreibungenund steht als kompetenter Ansprechpartnerfür Autoren, Gestalter und Druckereienzu Verfügung. Bei <strong>de</strong>r Umsetzung eines Publikationsvorhabensgehören wissenschaftliches Lektoratund Redaktion, Betreuung und Durchführung vonDruckvorstufenarbeiten (Erstellung und Bearbeitungvon Abbildungen/Satz/Layout) sowie die Druckbetreuung<strong>zum</strong> Aufgabenbereich <strong>de</strong>s Sachgebiets.Zu <strong>de</strong>n hauseigenen Publikationen zählen diefachwissenschaftlichen Reihen:●●Fundberichte aus <strong>Hessen</strong>●●Beihefte zu <strong>de</strong>n Fundberichten aus <strong>Hessen</strong>●●Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von<strong>Hessen</strong>Während die Materialien zur Vor- und Frühgeschichtevon <strong>Hessen</strong> als das „Reihen-Flaggschiff“zu gelten haben, in <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong> Studien alsMonografien vorgelegt wer<strong>de</strong>n, bieten die Beiheftezu <strong>de</strong>n Fundberichten, in <strong>de</strong>nen Monografien undTagungsberichte publiziert wer<strong>de</strong>n können, <strong>de</strong>nnotwendigen Raum für die zeitnahe Forschung undwissenschaftlichen Diskurs. Die Fundberichte sinddie wissenschaftliche Zeitschrift <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie,in <strong>de</strong>r – auch größere – Aufsätze, kleine Mitteilungen,Besprechungen und Nachrufe veröffentlichtwer<strong>de</strong>n. Hinzu kommen die eher an eine breiteÖffentlichkeit gerichteten Publikationen:●●hessenARCHÄOLOGIE●●Archäologische Denkmäler in <strong>Hessen</strong>●●Paläontologische Denkmäler in <strong>Hessen</strong>●●Themen <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIEAls populärwissenschaftliches Jahrbuch berichtetdie „hessenARCHÄOLOGIE“ in Form zahlreicherKurzbeiträge über die vielfältigen archäologischenAktivitäten in <strong>Hessen</strong>. Die kleineren Reihensind explizit als Führungshefte zu archäologischenund paläontologischen Gelän<strong>de</strong><strong>de</strong>nkmälern konzipiertbzw. beinhalten Kurzeinführungen zu übergreifen<strong>de</strong>nThemen <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie.Darüber hinaus betreut das Lektorat die Beiträge<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie zu <strong>de</strong>r vierteljährlicherscheinen<strong>de</strong>n Zeitschrift „Denkmalpflege & Kulturgeschichte“.Neben einem speziellen archäologischenThemenheft (jeweils die 3. Ausgabe einesJahres) fin<strong>de</strong>n sich auch in <strong>de</strong>n übrigen Nummernausgewählte aktuelle Beiträge mit <strong>de</strong>m Fokus Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegeund Kulturlandschaft.Selbstverständlich wer<strong>de</strong>n auch verschie<strong>de</strong>neInfomaterialien wie Flyer, Einladungen und Programmevom Sachgebiet Lektorat mit betreut und/o<strong>de</strong>r angefertigt.Die Betreuung <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Bibliothek(Abb. 16) in <strong>de</strong>r Zentrale in Wiesba<strong>de</strong>n erfolgt durcheinen Bezirksarchäologen mit Zusatzarbeitsgebietsowie einen Mitarbeiter im Rahmen einer zeitlichbefristeten Anstellung (19 Wochenstun<strong>de</strong>n). Angesichtsknapper Ressourcen stellt v. a. <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>nletzten Jahren ausgeweitete Schriftentausch sicher,dass aktuelle Fachliteratur vorgehalten wer<strong>de</strong>n kann.16 Ein Blick in die Bibliothek<strong>de</strong>r hessenARCHÄOLO­GIE am LfDH in Wiesba<strong>de</strong>n(Foto: B. Steinbring, LfDH).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus287


17 Die bei<strong>de</strong>n neuerrichtetenStreifenhäuser vor <strong>de</strong>n Toren<strong>de</strong>s Römerkastells Saalburg(Foto: E. Löhnig, RömerkastellSaalburg).Eigene Mittel wer<strong>de</strong>n vorwiegend zur Vervollständigungvon Zeitschriften und Monografienreihensowie für die antiquarische Beschaffung fehlen<strong>de</strong>rEinzeltitel aufgewandt. Planungsgemäß En<strong>de</strong> 2011sollte die digitale Erfassung <strong>de</strong>s Gesamtbestan<strong>de</strong>sabgeschlossen sein. Ziel ist es, künftig von einemzentralen Terminal in <strong>de</strong>r Bibliothek o<strong>de</strong>r auch vonje<strong>de</strong>m Einzelplatzrechner aus eine Literaturrechercheim Bibliotheksbestand durchführen zu können.Die Bibliotheken in <strong>de</strong>n Außenstellen Darmstadtund Marburg wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n jeweiligen Bezirksarchäologenund weiteren Außenstellenmitarbeiternbetreut. Alle drei Teilbibliotheken sind reine Präsenzbibliothekenund nur in Ausnahmefällen öffentlichzugänglich. Hinzu kommen die unter fachlichenSchwerpunkten arbeiten<strong>de</strong>n Bibliotheken imRömerkastell Saalburg und in <strong>de</strong>r Keltenwelt amGlauberg (im Aufbau befindlich).Dezentrales Archäologisches Lan<strong>de</strong>smuseumDas Römerkastell Saalburg und die Keltenwelt amGlauberg bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kern <strong>de</strong>s Dezentralen ArchäologischenLan<strong>de</strong>smuseums, <strong>de</strong>r dritten Säule <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIE.Im Fall <strong>de</strong>r Saalburg sind die Maßnahmen <strong>zum</strong>Ausbau <strong>de</strong>s Archäologischen Parks bereits größtenteilsrealisiert. Mit <strong>de</strong>r Erweiterung <strong>de</strong>s Kommandantenwohnhauses(praetorium), <strong>de</strong>r Fertigstellung <strong>de</strong>rStreifenhäuser (Abb. 17) und <strong>de</strong>r fabrica, <strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>rhergerichteten mithraeum und Gräberhaus sowie<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong>n im Bereich <strong>de</strong>s Betriebshofes (Archiv,Nachtwächterhaus, „Villa Böhm“, Teehaus KaiserWilhelms II.) sind neue Möglichkeiten für Ausstellungspräsentationen,Museumspädagogik, neue Serviceangebotefür Besucher einschließlich eines verpachtetenMuseumsshops wie auch ein Kassenhausgeschaffen wor<strong>de</strong>n 21 . Beson<strong>de</strong>re Erwähnung verdientin diesem Zusammenhang auch die Einrichtung <strong>de</strong>sZentralen Limesinformationszentrums für <strong>Hessen</strong>in <strong>de</strong>n neuen Räumlichkeiten. Hinsichtlich <strong>de</strong>r Verpflegung<strong>de</strong>r Besucher bietet die taberna (verpachtet)abwechslungsreiche Angebote. Auf Seiten <strong>de</strong>r Mitarbeiterkonnten v. a. die Arbeitsbedingungen für dastechnische Personal <strong>de</strong>utlich verbessert wer<strong>de</strong>n. Mit<strong>de</strong>r zeitgleich erfolgten Einzäunung <strong>de</strong>s Gelän<strong>de</strong>swird <strong>de</strong>m notwendigen Schutz <strong>de</strong>s Welterbes Genügegetan und ist eine verbesserte Besucherlenkungmöglich. Derzeit verfügt das Römerkastell Saalburgüber 14 feste Stellen (ein beamteter Wissenschaftlerund 13 Tarifbeschäftigte). Hinzu kommen Mitarbeiter,die im Rahmen zeitlich befristeter Verträge tätigsind. Im Veranstaltungsbereich und Führungsdienstwer<strong>de</strong>n darüber hinaus 30 Honorarkräfte beschäftigt.Das Römerkastell gibt überdies die renommierteFachzeitschrift „Saalburg-Jahrbuch“ und die Reihe„Saalburg-Schriften“ heraus. Im Jahr 2010 ist <strong>de</strong>rumfangreiche Band <strong>zum</strong> Kastellvicus <strong>de</strong>r Saalburgals Son<strong>de</strong>rpublikation <strong>de</strong>s Hauses erschienen. Neben<strong>de</strong>m Limesinformationszentrum befin<strong>de</strong>t sich imRömerkastell Saalburg auch die Geschäftsstelle <strong>de</strong>rDeutschen Limeskommission mit zwei Bediensteten.In <strong>de</strong>r „Keltenwelt am Glauberg – Museum,Archäologischer Park, Forschungszentrum“ wer<strong>de</strong>nseit Mai 2011 die Fun<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n Grabungen <strong>de</strong>r1980er und 1990er Jahre in einem am Originalschauplatzneu errichteten Museumsbau präsentiert. DemMuseum angeschlossen ist ein Forschungszentrummit universitärem Anspruch. Durch <strong>de</strong>n intensivenAustausch mit internationalen Fachkollegen an<strong>de</strong>rerMuseen und Hochschulen stärkt es als weitere Komponente<strong>de</strong>n Wissenschaftsstandort <strong>Hessen</strong> nachhal-288 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


tig. Für die Besucher stehen ein museumspädagogischerDienst, ein Führungsdienst, ein Museumsshopsowie eine Cafeteria (verpachtet) zur Verfügung. DieMuseumspädagogik hat ein umfangreiches Veranstaltungsangebotentwickelt und bereits zahlreichegrößere Veranstaltungen durchgeführt. Derzeit verfügtdie Keltenwelt am Glauberg über sechs festeStellen (drei Wissenschaftler, zwei Verwaltungskräfte,ein Haustechniker). Im Veranstaltungsbereich undFührungsdienst sind darüber hinaus 30 Honorarkräftebeschäftigt. Die <strong>de</strong>r neuen Einrichtung zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong>n Konzepte (Museum, Museumspädagogik,Forschung) wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Öffentlichkeit im Rahmenverschie<strong>de</strong>ner Pressetermine vorgestellt und vermittelt.Im ersten Jahr ihres Bestehens hat die Keltenweltam Glauberg über 90.000 Besucher angezogen.Des Weiteren ist inzwischen jeweils ein Band innerhalb<strong>de</strong>r neu geschaffenen Publikationsreihen „Glauberg-Studien“und „Glauberg-Forschungen“ erschienen.Die Keltenwelt am Glauberg ist zugleich auchSitz <strong>de</strong>r Geschäftsstelle <strong>de</strong>s Vereins „KeltenWelten– Keltische Stätten in Deutschland e. V.“Erhaltung <strong>de</strong>s Status und Weiterentwicklung<strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIEDrängen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rungen ergeben sich unter<strong>de</strong>n Stichworten „Wirtschaftlichkeit und Standortsicherung“,„Kulturlandschaft und <strong>de</strong>mografischerWan<strong>de</strong>l“, „Lan<strong>de</strong>sarchäologie und Wissenschaft“,„Vermittlung <strong>de</strong>r Arbeit in allen Teilbereichen“,„Be<strong>de</strong>utung und Funktion von Dienstleitungenim Rahmen <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE“ und„Strukturelle Aufstellung“.Auch künftig wer<strong>de</strong>n die Ansprüche Dritter, dieseitens <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie unweigerlich zusätzlicheArbeit erfor<strong>de</strong>rn, steigen. So müssen z. B. bis2013 die Inventur <strong>de</strong>r Kulturgüter wie<strong>de</strong>rholt undbis 2017 die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r INSPIRE-Richtlinieerfüllt wer<strong>de</strong>n. Um <strong>de</strong>n erreichten Standardzu gewährleisten, ist daher nicht nur <strong>de</strong>r bisherigepersonelle und finanzielle Rahmen <strong>de</strong>r HessischenLan<strong>de</strong>sarchäologie zu konsolidieren, son<strong>de</strong>rn auchein Ausbau vorhan<strong>de</strong>ner Ressourcen notwendig.Alle Tätigkeiten <strong>de</strong>r Archäologischen und PaläontologischenDenkmalpflege fin<strong>de</strong>n stets unter<strong>de</strong>n Gesichtspunkten <strong>de</strong>r langfristigen Erhaltungund <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Erforschung statt. Umdiesem im Hessischen Denkmalschutzgesetz formuliertenAuftrag nachkommen zu können, müssenfür Forschungsaufgaben durch Konzentration aufKernaufgaben und Kompetenzbün<strong>de</strong>lungen Zeitfenstergeschaffen wer<strong>de</strong>n. Des Weiteren muss dieFör<strong>de</strong>rmittelquote erhöht wer<strong>de</strong>n. Trotz eines äußerstökonomischen Umgangs mit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit zurVerfügung stehen<strong>de</strong>n Mitteln wer<strong>de</strong>n ergebnisreicheForschungen durchgeführt, die im Hinblick aufNachhaltigkeit jedoch eine dringen<strong>de</strong> Ressourcenerweiterungerfor<strong>de</strong>rn. Dazu müssen auch externeDienstleistungen (naturwissenschaftliche Analysen,Datierungen etc.) in sachlich notwendigem Umfangeingekauft wer<strong>de</strong>n können. Nicht zuletzt haben dieHaushaltsaufstellung und ihr Vollzug offener undtransparenter zu erfolgen. Die hessenARCHÄO­LOGIE innerhalb <strong>de</strong>s Mandanten HistorischesErbe 22 muss von Anfang an in die Entwurfsphaseeines neuen Haushalts einbezogen wer<strong>de</strong>n!Wirtschaftlichkeit und Standortsicherung <strong>de</strong>rLan<strong>de</strong>sarchäologie – Haushaltssicherung undRessourcengewinnungDie archäologische Denkmalpflege nimmt einenwichtigen gesetzlichen Auftrag wahr. Sie hat dieAufgabe, das historische Erbe <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>Hessen</strong>– <strong>zum</strong>in<strong>de</strong>st einen wesentlichen Teil <strong>de</strong>sselben, dieBo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler – zu schützen, zu bewahren und zupflegen. Die Lan<strong>de</strong>sarchäologie ist gesetzlich beauftragt:Sie allein ist fachlich in <strong>de</strong>r Lage, dieses Erbein <strong>de</strong>r Fläche zu verwalten und zu erhalten!Da aber nur bewahrt wer<strong>de</strong>n kann, was mankennt und somit auch als schützenswert erkennt,besteht auch die Verpflichtung zur Forschung. MitNachdruck und offensiv ist herauszustellen, dasses sich dabei gleichermaßen um eine gesetzlichewie auch moralische bzw. gesellschaftlich gewolltePflichtaufgabe <strong>de</strong>s Staates und keinesfalls etwa nurum eine freiwillige Leistung han<strong>de</strong>lt!Die gesellschaftliche Be<strong>de</strong>utung unserer Aufgabewird vor <strong>de</strong>m Hintergrund einer universellen Globalisierung,Zeiten wirtschaftlichen Nie<strong>de</strong>rgangs und<strong>de</strong>mografischer Verän<strong>de</strong>rungen sowie damit einhergehen<strong>de</strong>rVerunsicherung vieler Menschen ehernoch wachsen, da es die Lan<strong>de</strong>sarchäologie vermag,mit ihrer Arbeit lokale wie regionale I<strong>de</strong>ntitätsbedürfnissezu bedienen.Die Erfüllung <strong>de</strong>r mit diesem Leitbild verbun<strong>de</strong>nenKernaufgaben erfor<strong>de</strong>rt eine angemessene Ausstattungmit Personal, Material und Budget; diese istquasi als „Pflichtteil“ nachhaltig über <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>shaushaltabzusichern! Hierbei ist zu betonen, dasssowohl die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittelals auch ggf. erzielte Überschüsse aus <strong>de</strong>m DezentralenArchäologischen Lan<strong>de</strong>smuseum in großemUmfang wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Kreislaufeingebracht wer<strong>de</strong>n.Auch in Zukunft wird, vielleicht mehr noch alsdies bisher <strong>de</strong>r Fall ist, für die Ressourcengewinnungund -sicherung die Art <strong>de</strong>r Wahrnehmungunserer Arbeit in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit wichtig sein.Dies gilt, um <strong>zum</strong> einen in <strong>de</strong>r Bevölkerung, insbeson<strong>de</strong>reauch bei <strong>de</strong>n von archäologischen MaßnahmenBetroffenen, Akzeptanz und Kooperationzu för<strong>de</strong>rn und um <strong>zum</strong> an<strong>de</strong>ren auf diesem(Um-)Weg auch auf die Politik einzuwirken.Entsprechend ist auch die Selbstdarstellung <strong>de</strong>rLan<strong>de</strong>sarchäologie weiterhin aktiv zu schärfen –„Tue Gutes und re<strong>de</strong> darüber!“Haushaltssicherung●●Im Rahmen <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sregierung angestrebtenmittelfristigen Haushaltskonsolidierungist mit einer Kürzung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>szuschusses zurechnen.Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus289


●●Die eigenen Einnahmen wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Zuweisung<strong>de</strong>s Zuschusses stärker und schon in <strong>de</strong>nHaushaltsplanungen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n (Einnahmesoll).●●Ein Personalabbau wird kontinuierlich und min<strong>de</strong>stensbis 2012 weiter erfolgen. Haushaltstechnischkann <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLO­GIE nur sehr bedingt in <strong>de</strong>r Haushaltsplanung<strong>de</strong>r Dienststelle entgegengewirkt wer<strong>de</strong>n (Haushaltsanmeldungenfür Mehrbedarf, Son<strong>de</strong>rmittelaus Chefgesprächen etc.).Konsequenzen●●Die Aufgaben sollten auf die gesetzlich vorgegebenenund mit <strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>nen Personal durchführbarenbegrenzt wer<strong>de</strong>n.●●Stete Evaluierung <strong>de</strong>r Organisationsstruktur <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIE sowie <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>samtesfür Denkmalpflege <strong>Hessen</strong>, um Reibungsverlustenentgegenzuwirken.●●Beseitigung von Planungshin<strong>de</strong>rnissen in <strong>de</strong>rHaushaltsaufstellung und <strong>de</strong>m Haushaltsvollzug<strong>de</strong>r Dienststelle.●●Das Dezentrale Archäologische Lan<strong>de</strong>smuseummit seinen Standorten in Bad Homburg v. d.Höhe und Glauburg ist in beson<strong>de</strong>rer Weise von<strong>de</strong>n Beschränkungen einer behördlichen Organisationsstrukturbetroffen. MarktwirtschaftlicheSegmente können daher nicht in vollem Umfanggenutzt wer<strong>de</strong>n; ein zeitnahes Agieren am Freizeitmarktwird durch die behördlichen Strukturenund die damit einhergehen<strong>de</strong>n haushaltsrechtlichenRestriktionen behin<strong>de</strong>rt. Generell istdaher zu fragen – und dies gilt auch für eine aufEffizienz in allen Bereichen zielen<strong>de</strong> hessen-ARCHÄOLOGIE insgesamt –, ob auch an<strong>de</strong>re,teilweise privatrechtliche Organisationsmo<strong>de</strong>llegeprüft wer<strong>de</strong>n sollten (Lan<strong>de</strong>sbetrieb wie z. B.das Freilichtmuseum <strong>Hessen</strong>park, Stiftungsmo<strong>de</strong>lle).Ressourcengewinnung●●Die archäologische Denkmalpflege hat <strong>de</strong> factonur äußerst begrenzte Möglichkeiten <strong>de</strong>r eigenenRessourcengewinnung. Hierbei ist allerdings zuberücksichtigen, dass die Erschließung <strong>de</strong>rartigerRessourcen letztlich zur Erhöhung <strong>de</strong>s Einnahmesollsbeiträgt, d. h. entsprechen<strong>de</strong> Zuschusskürzungenvon Seiten <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sregierung nachsich zieht. Dieses Verfahren ist zu hinterfragen.●●Zu<strong>de</strong>m verlangt die Ausschöpfung marktwirtschaftlichenPotenzials entsprechend ausgebil<strong>de</strong>tesPersonal (etwa Fundraiser), das nicht zurVerfügung steht.●●Spen<strong>de</strong>n, Sponsoring und Public Private Partnership(PPP) lassen sich nur für bestimmte, zeitlichbegrenzte Projekte gewinnen. Solche Mittelsind hingegen zur Finanzierung kontinuierlicherAufgaben nicht geeignet. Zu be<strong>de</strong>nken ist auch,dass die Akquirierung und Betreuung <strong>de</strong>r Partnerund <strong>de</strong>r Projekte wie<strong>de</strong>rum ohnehin beschränktePersonalkapazitäten bin<strong>de</strong>t bzw. neue erfor<strong>de</strong>rt.Konsequenzen●●Die Gewinnung neuer Ressourcen kann – wennüberhaupt möglich – kein Ersatz für einen ausreichen<strong>de</strong>nHaushaltszuschuss von Seiten <strong>de</strong>rLan<strong>de</strong>sregierung sein, um die dauerhaften Aufgaben<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie nach Maßgabe <strong>de</strong>sGesetzgebers zu erfüllen.●●Zur Stabilisierung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>szuschusses an dasLfDH und damit auch die Lan<strong>de</strong>sarchäologie isteine intensive gesellschaftspolitische Lobby arbeitwünschenswert, die jedoch wie<strong>de</strong>rum Personalressourcen (s. o.) bin<strong>de</strong>t.Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben●●Gem. § 11 Abs. 1 HDSchG besteht für je<strong>de</strong>nEigentümer eines Kultur<strong>de</strong>nkmals die Pflicht,dieses zu erhalten. Maßnahmen an einem solchenKultur<strong>de</strong>nkmal bis hin zu seiner Beseitigungsind gegen das öffentliche Interesse amErhalt <strong>de</strong>sselben abzuwägen. Daraus ergibt sichdie Verpflichtung nach § 16 HDSchG, für einesolche Verän<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r gar Beseitigung eine<strong>de</strong>nkmalrechtliche Genehmigung einzuholen.Die ggf. entstehen<strong>de</strong> Beeinträchtigung einesKultur<strong>de</strong>nkmals kann im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes minimiertwer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m beispielsweise ein Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalim Vorfeld archäologisch ausgegrabenund gemäß <strong>de</strong>n Richtlinien <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologiedokumentiert wird. Damit geht zwar dieoriginale Denkmalsubstanz verloren, doch ersetztdie angefertigte Dokumentation bis zu einem gewissenGrad das Denkmal bzw. <strong>de</strong>ssen wissenschaftlichenWert und seinen Zeugnischarakter.Insofern stellt die archäologische Dokumentation(archivierbare Daten) einen begrenzten Erhalt<strong>de</strong>s Kultur<strong>de</strong>nkmals gemäß § 11 Abs. 1 HDSchGdar. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen,dass die Genehmigung, ein Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalverän<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r beseitigen zu dürfen, gemäߧ 7 Abs. 2 HDSchG mit Auflagen versehenwer<strong>de</strong>n kann. Eine solche Auflage ist einerseitsdie notwendige bauvorgreifen<strong>de</strong> archäologischeUntersuchung und Dokumentation eines Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmals.Diese For<strong>de</strong>rung wird in <strong>de</strong>r Regelals Auflage in die notwendigen Planverfahreneingebracht und somit verpflichten<strong>de</strong>r Bestandteileiner zu erteilen<strong>de</strong>n Baugenehmigung. An<strong>de</strong>rerseitsbe<strong>de</strong>utet sie auch die Übernahme <strong>de</strong>rKosten durch <strong>de</strong>n Planbetreiber, wobei allerdingsdiese Kostenübernahme im Rahmen <strong>de</strong>s Zumutbarenbemessen wird.●●Ist die For<strong>de</strong>rung einer Kostenübernahme nicht invollem Umfang zu vertreten, z. B. bei privatemEigenheimbau, müssen an<strong>de</strong>re Möglichkeiten erwogenwer<strong>de</strong>n, um das Denkmal zu sichern. Darausergeben sich allerdings in <strong>de</strong>r Praxis großehaushalts- und verwaltungstechnische Probleme.Konsequenzen●●Das geschil<strong>de</strong>rte Prinzip ermöglicht zwar dieDurchführung notwendiger Maßnahmen, führtallerdings nicht zur Gewinnung von Ressourcen290 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


für die Lan<strong>de</strong>sarchäologie, da die zur Verfügunggestellten Mittel ausschließlich projektbezogenverausgabt wer<strong>de</strong>n dürfen. Zur Durchführung vonDaueraufgaben wie beispielsweise die flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>Inventarisierung o<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sforschungstehen diese Mittel nicht zur Verfügung. Grundsätzlichspielen hierbei Verhandlungserfolg undan<strong>de</strong>re, auch politische Faktoren, eine Rolle.●●Vielfach nicht berücksichtigt wird die Tatsache,dass die Bereitstellung dieser Mittel zwar einerseitseine finanzielle Belastung <strong>de</strong>s Investors darstellt,an<strong>de</strong>rerseits aber die Re-Investition <strong>de</strong>rselbenim Zuge <strong>de</strong>r Umsetzung einer Maßnahmepositive wirtschaftliche und sozialpolitische Folgennach sich zieht. So wer<strong>de</strong>n durch die Lan<strong>de</strong>sarchäologieortsnah Infrastrukturleistungen inAnspruch genommen, bereitgestellte Sachmittelin <strong>de</strong>r lokalen o<strong>de</strong>r regionalen Wirtschaft verausgabtund durch die Anstellung von (Langzeit-)Arbeitslosen die öffentlichen Arbeits- und Sozialhaushaltemitunter erheblich entlastet.Auch für das Dezentrale Archäologische Lan<strong>de</strong>smuseumstellen Wirtschaftlichkeit und Standortsicherungzentrale Aspekte <strong>de</strong>r zukünftigenArbeit dar. Die finanzielle Situation <strong>de</strong>s RömerkastellsSaalburg ist zu verbessern, in<strong>de</strong>m dasstrukturelle Defizit beim Betrieb <strong>de</strong>s erweitertenArchäologischen Parks beseitigt und Planungssicherheitgewährleistet wird. Dabei sind die dringen<strong>de</strong>rfor<strong>de</strong>rlichen kontinuierlichen Mittel fürBauunterhaltung nach Planvorgabe <strong>de</strong>s MandantenHistorisches Erbe <strong>de</strong>m Römerkastell Saalburg zurVerfügung zu stellen, wie auch die sehr bürokratischeAbwicklung <strong>de</strong>r Bauunterhaltung (HessischesImmobilienmanagement, Hessisches Baumanagement,LfDH, Saalburg) zu verbessern ist. Es ist daraufhinzuweisen, dass aufgrund <strong>de</strong>r Gesamtgröße<strong>de</strong>r baulichen Anlage und ihrer mehr als 100-jährigenBestandszeit eine einmalige Bereitstellungvon För<strong>de</strong>rmitteln zur Erhaltung und Pflege <strong>de</strong>rSaalburg als Teil <strong>de</strong>s UNESCO-Welterbes nichtausreicht.Bei <strong>de</strong>r personellen Situation <strong>de</strong>s Hauses istzu berücksichtigen, dass <strong>de</strong>r Stellenplan aus <strong>de</strong>n1970er Jahren stammt und zu<strong>de</strong>m durch fortwähren<strong>de</strong>Personalkürzung weiter reduziert wur<strong>de</strong>. Daherfehlen wichtige Stellen zur Wahrnehmung <strong>de</strong>rzentralen Aufgaben eines Museums: wissenschaftlicherKustos und Restaurator für die herausragen<strong>de</strong>narchäologischen Sammlungen und das Archiv,<strong>de</strong>ren Erhaltung mittlerweile durch die Situation<strong>de</strong>r Depots nicht mehr gewährleistet ist; Aufsichtspersonal,das bei starkem Schülerandrang Anlageund Ausstellung schützen kann. Schlüsselstellen imBereich Besucherservice und Vertrieb, d. h. in <strong>de</strong>mEinnahmen generieren<strong>de</strong>n Bereich, sind nur je einmalbesetzt, was erhebliche wirtschaftliche Ausfällezur Folge haben kann. Wegen <strong>de</strong>r sehr angespanntenPersonalsituation können durch die Erweiterung <strong>de</strong>sArchäologischen Parks sich bieten<strong>de</strong> Entwicklungschancenmomentan nicht genutzt wer<strong>de</strong>n.Mit <strong>de</strong>r Fertigstellung <strong>de</strong>r Ausbaumaßnahmen ergebensich vom Grundsatz her auch neue Chancen<strong>de</strong>r Präsentation <strong>de</strong>s Welterbes – allerdings nur beientsprechen<strong>de</strong>r finanzieller und personeller Ausstattung.Mit <strong>de</strong>n jetzt abgeschlossenen Maßnahmenist das Potenzial <strong>de</strong>s Römerkastells Saalburg beiWeitem nicht ausgeschöpft. Wichtige Besucherattraktionensind hergerichtet, bleiben aber weiterhinungenutzt: mithraeum, Gräberhaus, Schanzen, römischeGebäu<strong>de</strong> und Limesübergang. Zwingen<strong>de</strong>Voraussetzung für je<strong>de</strong> weitere Inwertsetzung undSteigerung <strong>de</strong>r Besucherzahlen wäre jedoch eine<strong>de</strong>utliche Verbesserung <strong>de</strong>r Infrastruktur, hier insbeson<strong>de</strong>re<strong>de</strong>r Ausbau eines für größere Veranstaltungenausreichen<strong>de</strong>n Parkplatzes.Mit <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r „Keltenwelt am Glauberg“wur<strong>de</strong>n nicht zuletzt sechs feste Stellen realisiertund ein Museumsbudget geschaffen. Die für die Zukunftgeplanten Maßnahmen am Glauberg schließen<strong>de</strong>n Ausbau <strong>zum</strong> Archäologischen Park sowie dieEinrichtung eines Forschungszentrums unmittelbarneben <strong>de</strong>m Museumsbau, an <strong>de</strong>r Stelle <strong>de</strong>s „HausesRichter“, ein. Hier ist ein weiterer Flächenankaufnotwendig, um das Gelän<strong>de</strong> zu arrondieren.Nicht zu unterschätzen ist <strong>de</strong>r wirtschaftliche Effekt<strong>de</strong>s neuen Museums auf die gesamte Regionund ihre touristische Attraktivität. Das Besucherinteressean <strong>de</strong>n Zeugnissen <strong>de</strong>r keltischen Kulturin <strong>de</strong>r Wetterau, die nach jahrelangen Bemühungenseit <strong>de</strong>m Frühjahr 2011 nun endlich am originalenFundort gezeigt wer<strong>de</strong>n, hat schon jetzt zu spürbarhöheren Übernachtungszahlen im Umfeld geführt.Kulturlandschaft und <strong>de</strong>mografischer Wan<strong>de</strong>lDie Rahmenbedingungen für die Landschaftsentwicklunghaben sich gewan<strong>de</strong>lt. Spürbar sind vielerortsdie Auswirkungen <strong>de</strong>r Globalisierung. InDeutschland kommt es zu<strong>de</strong>m zu Strukturverän<strong>de</strong>rungenund räumlich-wirtschaftlichen Verlagerungen.Die Kulturlandschaft steht daher unter großemVerän<strong>de</strong>rungsdruck. Hierbei sind grundsätzlich zweiSzenarien voneinan<strong>de</strong>r zu unterschei<strong>de</strong>n. Grundlagenfür <strong>de</strong>n Verlust historisch wertvoller Substanzsind einerseits die hohen Entwicklungsdynamiken<strong>de</strong>r Ballungszentren und ihrer Einzugsbereiche,an<strong>de</strong>rerseits sind es die zunehmen<strong>de</strong>n Unterhaltungsproblematikenin <strong>de</strong>n eher als Passivräumenzu bezeichnen<strong>de</strong>n Landschaften mit starker Bevölkerungsabwan<strong>de</strong>rungund mittelfristig <strong>de</strong>mografischbedingtem hohem Bevölkerungsrückgang.Die Ausweisung neuer Gewerbe- o<strong>de</strong>r Wohngebietesowie die Entwicklung <strong>de</strong>r Infrastruktur in <strong>de</strong>nBallungsräumen gefähr<strong>de</strong>n die Existenz historischgewachsener Kulturlandschaften und ihrer Elementeebenso wie <strong>de</strong>r Siedlungsrückbau im Verlauf <strong>de</strong>rnächsten Jahrzehnte in <strong>de</strong>n Passivräumen. Bei<strong>de</strong>ssind Beispiele für räumliche Verän<strong>de</strong>rungen, dieoftmals ohne Bezugnahme auf das kulturelle Erbeablaufen. Erstmals seit Jahrhun<strong>de</strong>rten befin<strong>de</strong>n sichTeile Mitteleuropas wie<strong>de</strong>r in einer Wüstungsphase.Demografischer Wan<strong>de</strong>l sowie unterschiedlicheSchallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus291


Wan<strong>de</strong>rungsbewegungen von Bevölkerungsteilenstellen Gesellschaft und Politik daher vor Herausfor<strong>de</strong>rungen,die in weitreichen<strong>de</strong>r Weise auch dieLan<strong>de</strong>sarchäologie und ihre Belange sowie die historischeKulturlandschaft betreffen.Anpassungsprozesse in <strong>de</strong>r Landwirtschaft wieauch die verstärkte Ausrichtung <strong>de</strong>r Energiepolitikauf regenerative Energien haben direkte Konsequenzenfür die Kulturlandschaft. Sowohl <strong>de</strong>rAusbau <strong>de</strong>r Windkraftnutzung einschließlich <strong>de</strong>sBedarfs neuer Stromtrassen als auch <strong>de</strong>r steigen<strong>de</strong>Anbau von nachwachsen<strong>de</strong>n Rohstoffen schlagensich nicht nur im Bild <strong>de</strong>r aktuellen Kulturlandschaftnie<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>rn führen mitunter auch <strong>zum</strong>Verlust historischer Kulturlandschaften o<strong>de</strong>r vonTeilen <strong>de</strong>rselben. Es ist daher zu begrüßen, dass dieFachöffentlichkeit und die Wissenschaft einen Diskussionsprozessangestoßen haben, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bundund die Län<strong>de</strong>r zunehmend veranlasst, die Zukunft<strong>de</strong>r Kulturlandschaft verstärkt in <strong>de</strong>n Blickpunkt zunehmen. Allerdings sind auch die aktuelle Finanzkrise,ihre mittelfristigen Folgen sowie die grundgesetzlichverankerte Schul<strong>de</strong>nbremse nicht außerAcht zu lassen.Ein neues Instrument ist das digitale Kulturlandschafts-InformationssystemKuLaDig, ein einheitlicher,hessenweiter Ansatz, <strong>de</strong>r in Zusammenarbeitmit <strong>de</strong>m LVR in Köln – und künftig auch <strong>de</strong>mRheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz– auch über die Grenzen <strong>de</strong>s eigenenBun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s hinaus betrieben wird. Neben <strong>de</strong>rErfassung von archäologischen Kulturlandschaftselementenwer<strong>de</strong>n in großem Umfang auch Datenan<strong>de</strong>rer Fachsichten in das System aufgenommenund miteinan<strong>de</strong>r verschnitten. Auf diese Weise gelingtein umfassen<strong>de</strong>r Blick auf die aktuelle Kulturlandschaftmitsamt ihren historischen Elementen.Auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r erhobenen Daten wird dann einManagementplan <strong>zum</strong> künftigen Umgang mit <strong>de</strong>rhistorisch gewachsenen Kulturlandschaft mit <strong>de</strong>nzuständigen Gremien <strong>de</strong>r Kreise abzustimmen sein.Für <strong>de</strong>n Rheingau-Taunus-Kreis wur<strong>de</strong> dies bereitsmit För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r DBU <strong>zum</strong> 31.03.2011 erstmalsrealisiert.Es ist zu hinterfragen, was <strong>de</strong>r Aufbau eines Informationssystemszur Kulturlandschaft für unserSelbstverständnis und für unsere Arbeitsweise be<strong>de</strong>utetund welchen Einfluss solche Arbeiten auf diekünftige Ausrichtung unseres Faches haben. Wiepositionieren wir uns in diesem von vielen verschie<strong>de</strong>nenFachrichtungen und Verwaltungen bearbeitetenThemenfeld? Inwieweit sind wir in <strong>de</strong>r Lage,mit unseren Arbeiten einen Beitrag zu gesellschaftspolitischrelevanten Fragestellungen zu liefern? Wiekönnte ein solcher aussehen?Kulturlandschaft war und wird immer einemWan<strong>de</strong>l unterworfen sein. Ziel sollte es sein, diesenWan<strong>de</strong>l so zu gestalten, dass er nachvollziehbarbleibt und historische Zustän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r aktuellenLandschaft auch künftig noch abgelesen wer<strong>de</strong>nkönnen. Kulturlandschaft ist daher immer auch einI<strong>de</strong>ntität stiften<strong>de</strong>s Element. In diesem Zusammenhangsind auch die bemerkenswerten Ansätze <strong>de</strong>rEuropäischen Landschaftskonvention zu beachten 23 .Im Rahmen <strong>de</strong>s durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>lverursachten Siedlungsrückgangs ist zu berücksichtigen,dass es zu einem strukturverträglichenRückbau kommt. Die Archäologie überblickt Wüstungsphasenund kann daher Mo<strong>de</strong>lle vorstellen, diebei ähnlichen Prozessen in <strong>de</strong>r Vergangenheit erfolgreichwaren und heute für die Kulturlandschaftim gesamtgesellschaftlichen Rahmen Beispiele gebenkönnen.Die archäologische Denkmalpflege muss daherfrühzeitig in zu erstellen<strong>de</strong> Konzepte zur Gestaltungvon Kulturlandschaft einbezogen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nnes wird ihre Aufgabe sein, aufgrund <strong>de</strong>r erhobenenDaten allen Beteiligten Handlungsvorschläge füreine gelenkte Entwicklung <strong>de</strong>r Landschaft an dieHand zu geben.Lan<strong>de</strong>sarchäologie und WissenschaftDer wissenschaftliche Anspruch und die verwaltungsorganisatorischeZuständigkeit <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologiein ihrer <strong>de</strong>rzeitigen Verfasstheit alsTeil <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Hessischen Denkmalschutzgesetzgeschaffenen Denkmalfachbehör<strong>de</strong> ist vorstehendbereits ausgeführt wor<strong>de</strong>n. Der wissenschaftlichebzw. Forschungsanspruch (§ 4 Abs. 1, 5 HDSchG)ist begrün<strong>de</strong>t, da <strong>de</strong>r Sachverstand <strong>de</strong>s Wissenschaftlersbei <strong>de</strong>r Erfüllung <strong>de</strong>r vielfältigen, imHessischen Denkmalschutzgesetz nur auszugsweisebzw. beispielhaft genannten Aufgaben unbedingtvorauszusetzen ist. Gera<strong>de</strong> die Mitwirkung <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegeim Vollzug öffentlich-rechtlicherwie auch privater Planungen (Bau-, Regional- undLan<strong>de</strong>splanung) und <strong>de</strong>s Raumordnungsrechts erfor<strong>de</strong>rtbereits auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Bezirksarchäologie und-paläontologie wissenschaftlichen Sachverstand, <strong>de</strong>rsich in <strong>de</strong>r Bewertung von Fun<strong>de</strong>n, Befun<strong>de</strong>n undkomplexen Fundzusammenhängen (bis hin zur Beurteilungvon Fundlandschaften) tagtäglich bewährenmuss. Dies ist allerdings nur eine Facette von„Lan<strong>de</strong>sarchäologie und Wissenschaft“. Eine weitereliegt darin, dass die Lan<strong>de</strong>sarchäologie unterEinbeziehung <strong>de</strong>r Paläontologie als Instanz selbstforschend tätig wird, hier einen beachtlichen Erkenntnistransferaus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>nkmalpflegerischen Praxisin die Wissenschaft leistet und damit selbst dieGrundlagenwissenschaft bereichert. Dies geschiehtbereits in erheblichem Umfang. Zu berücksichtigenist <strong>de</strong>s Weiteren, dass es darüber hinaus auch <strong>zum</strong>Erkenntnistransfer aus <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie in diebreite Öffentlichkeit kommt.Dieser Anspruch erfor<strong>de</strong>rt eine kontinuierlichePositionierung innerhalb <strong>de</strong>s lan<strong>de</strong>s- und bun<strong>de</strong>sweitenDreiklangs von archäologischen Lan<strong>de</strong>sämtern,entsprechen<strong>de</strong>n Universitätsinstituten undsonstigen archäologischen Forschungseinrichtungen.Insofern ist auch das Hessische Ministeriumfür Wissenschaft und Kunst als Oberste Denkmalschutzbehör<strong>de</strong><strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s bestrebt, <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologietätigen Wissenschaftlerinnen und292 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


18 Außerschulischer LernortMosbach-San<strong>de</strong> im StadtgebietWiesba<strong>de</strong>n (Foto:A. San<strong>de</strong>r, LfDH).Wissenschaftlern Forschungsmöglichkeiten zu eröffnen.Dabei sind die im Behör<strong>de</strong>nalltag mitunterauftreten<strong>de</strong>n verwaltungstechnischen Herausfor<strong>de</strong>rungenzu bewältigen. Die sichtbaren Erfolgearchäologischer Lan<strong>de</strong>sforschung dienen als Träger<strong>de</strong>r erweiterten Botschaft: Die Lan<strong>de</strong>sarchäologieführt nicht nur Grabungen durch, sie wertet dieseauch im Rahmen <strong>de</strong>r gesetzlichen Möglichkeitenwissenschaftlich aus und präsentiert sie <strong>de</strong>r Öffentlichkeitin verständlichen Vermittlungsmodulen.Eine flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Bezirksarchäologie istzur Kenntnis <strong>de</strong>r Kulturlandschaft mit all ihrenAspekten unverzichtbar, wenngleich ausgewählteLandschaften einer intensiveren Betreuung und Forschungzugeführt wer<strong>de</strong>n können.Arbeiten in <strong>de</strong>r archäologischen Denkmalpflegeheißt wissenschaftlich zu arbeiten. Inventarisation,Dokumentation, Ansprache und Einordnung <strong>de</strong>rFun<strong>de</strong> und Befun<strong>de</strong> sowie <strong>de</strong>ren anschließen<strong>de</strong> Publikationsind elementare Bestandteile <strong>de</strong>r archäologischenLan<strong>de</strong>sforschung. Es ist zu bedauern, dassarchäologische Lan<strong>de</strong>sforschung mit einem ausgesprochenen<strong>Hessen</strong>-Bezug von lan<strong>de</strong>seigenen Universitätennur noch in Einzelfällen betrieben wird.Mit <strong>de</strong>r Übernahme einer nicht zu eng gezogenen,aktualisierten und mo<strong>de</strong>rnen Lan<strong>de</strong>sforschung hatsich nach <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>s Instituts <strong>de</strong>r KAL <strong>zum</strong>En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 2002 für die hessenARCHÄO-LOGIE eine beson<strong>de</strong>re Chance geboten, sich wissenschaftlichweiter zu profilieren. Den erreichtenStandard gilt es zu erhalten und durch Verstärkung<strong>de</strong>r personellen und finanziellen Ressourcen zu verbessern!Die hessenARCHÄOLOGIE ist bestrebt, Forschungenmit Universitäten gemeinsam erfolgreichdurchzuführen. Aus wissenschaftlichen Erwägungenwie auch zur Befriedigung <strong>de</strong>s öffentlichen Interessesan <strong>de</strong>r Archäologie, das erkanntermaßen großist, ist die zeitnahe wissenschaftliche Bearbeitungvon Grabungen und Fundmaterial sowie die anschließen<strong>de</strong>Präsentation bzw. Publikation erfor<strong>de</strong>rlich.Hier zeigt sich aber nun, dass es aufgrund <strong>de</strong>rverän<strong>de</strong>rten Studienbedingungen im Rahmen <strong>de</strong>rUmsetzung <strong>de</strong>s Bologna-Prozesses und <strong>de</strong>r damiteinhergehen<strong>de</strong>n starken Verschulung <strong>de</strong>s Hochschulstudiumszu Engpässen bei <strong>de</strong>r Aufarbeitungarchäologischer Grabungen durch angehen<strong>de</strong> Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler kommt.Hieraus erwachsen zunehmend neue Herausfor<strong>de</strong>rungenfür die archäologischen Wissenschaften unddamit auch für die Lan<strong>de</strong>sarchäologie. Der archäologischenLan<strong>de</strong>sforschung verpflichtet sind neben<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie ebenso die Forschungsinstituteim Römerkastell Saalburg und in <strong>de</strong>r Keltenweltam Glauberg. Gera<strong>de</strong> an letztgenannter Einrichtunghat die Hessische Lan<strong>de</strong>sregierung erstjüngst <strong>de</strong>n Aufbau einer neuen Forschungsstelleermöglicht, <strong>de</strong>r zukünftig auch die notwendigenräumlichen Möglichkeiten zur Weiterentwicklunggeboten wer<strong>de</strong>n sollen.Vermittlung <strong>de</strong>r Arbeit in allen TeilbereichenAußerschulische Lernorte leisten einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nBeitrag zur Entwicklung historischer Kompetenzbei jungen Menschen. Die mitunter – auchdurch Einflussnahme Dritter – vorurteilsbehaftetehistorische Perspektive von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichenwird mit <strong>de</strong>m Wissen von Fachleuten konfrontiert,dadurch erweitert und korrigiert und somit einSchallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus293


19 Limespatenschaften <strong>de</strong>rhessenArchäologie:Mit großer Begeisterungübernehmen Schülerinnenund Schüler die Reinigung undPflege „ihrer“ Limesanlagen(Foto: E. Grönke).20 Planskizze für ein ArchäologischesFreilichtmuseum imMarburger Land (Grafik:ASV Marburg; VorlageB. Starossek/A. Thiedmann).Reflexionswissen erworben, das unsere Gesellschaftdringend benötigt. Das Interesse für die Vergangenheit<strong>de</strong>r eigenen Region för<strong>de</strong>rt die I<strong>de</strong>ntifikationmit <strong>de</strong>r Heimat, die nicht zuletzt bürgerschaftlichesEngagement und damit bewusste Übernahme vonVerantwortung für unsere Gesellschaft anregt. Dadurchlassen sich weitere Kernkompetenzen entwickelnwie z. B. ein Bewusstsein für <strong>de</strong>n Kulturgüterschutz.Im Rahmen von Schulprojekttagen bietet die paläontologischeDenkmalpflege themenorientierteFührungen zu erdgeschichtlichen Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälernan (Abb. 18). Die hessenARCHÄOLOGIEstellt Schülerinnen und Schülern sowohl in <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegeals auch am Römerkastell Saalburgund <strong>de</strong>r Keltenwelt am Glauberg Plätze zurTeilnahme an zwei- bis dreiwöchigen Praktika zurVerfügung. Auch auf <strong>de</strong>n Ausgrabungen sind – nachAbsprache mit <strong>de</strong>r zuständigen örtlichen Grabungsleitung– Führungen für Schulklassen möglich 24 .Des Weiteren vergibt die Lan<strong>de</strong>sarchäologie Patenschaftenüber einen Abschnitt o<strong>de</strong>r eine Wachtturmstelle<strong>de</strong>s UNESCO-Welterbe Limes an in <strong>de</strong>rNähe gelegene Schulen (Abb. 19). Die Schüler sollendurch regelmäßige Besuche und eine fortlaufen<strong>de</strong>Dokumentation <strong>de</strong>s betreffen<strong>de</strong>n Denkmalszur Überwachung <strong>de</strong>s Objektzustan<strong>de</strong>s beitragen.Im Rahmen <strong>de</strong>r Möglichkeiten <strong>de</strong>r Schulen wer<strong>de</strong>nauch Pflegemaßnahmen übernommen.Das Römerkastell Saalburg und die Keltenweltam Glauberg sind außerschulische Lernorte <strong>de</strong>rArchäologie von hohem Rang. Als Schaufenster indie Vergangenheit führen sie junge Menschen andie Geschichte unseres Lan<strong>de</strong>s heran. Bei<strong>de</strong> Institutionenbieten ergänzen<strong>de</strong> Lehrerfortbildungenan. In diesem Zusammenhang wird an dieser Stelleeine interministerielle Kontaktgruppe zwischen<strong>de</strong>m Hessischen Ministerium für Wissenschaft undKunst und <strong>de</strong>m Hessischen Kultusministerium angeregt,um nach Wegen zu suchen, ob und wie dieArchäologie und <strong>de</strong>r Kulturgüterschutz als gesellschaftsrelevanteInhalte künftig in <strong>de</strong>n Lehrplänen<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s verankert wer<strong>de</strong>n können.Bei <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r öffentlichkeitswirksamenVermittlung <strong>de</strong>nkmalpflegerischer Arbeit spieltselbstverständlich das Dezentrale ArchäologischeLan<strong>de</strong>smuseum eine beson<strong>de</strong>re Rolle: Es sollte umweitere Module ergänzt wer<strong>de</strong>n, um die Epochen<strong>de</strong>r Vor- und Frühgeschichte an geeigneten undauthentischen Standorten zu vermitteln. KonkretePlanungen und erste Umsetzungen bestehen bereitsfür die „Zeiteninsel – Archäologisches Freilichtmuseumim Marburger Land (AFML)“ in unmittelbarerNähe zur Universitätsstadt Marburg (Abb. 20).Hier, mitten im Lahntal, wur<strong>de</strong>n beim Kiesabbauumfangreiche Spuren prähistorischer Besiedlungent<strong>de</strong>ckt und von <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologieüber einen längeren Zeitraum untersucht. Dieaußeror<strong>de</strong>ntlich gute Überlieferung dieser Siedlungszeugnisseaus rund 9.000 Jahren Kulturgeschichteregte zu <strong>de</strong>r Projekti<strong>de</strong>e AFML an. DasMuseum soll in einem Kooperationsmo<strong>de</strong>ll getragenwer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Weimar, <strong>de</strong>m LandkreisMarburg-Bie<strong>de</strong>nkopf und <strong>de</strong>m Land <strong>Hessen</strong>;eine 2009 durchgeführte Machbarkeitsstudie bescheinigt<strong>de</strong>m Projekt das entsprechen<strong>de</strong> Realisierungspotenzial.Das Konzept sieht in für <strong>Hessen</strong>einmaliger Weise vor, aus fünf Epochen mo<strong>de</strong>llhaftKulturlandschaften und darin eingepasste Gebäu<strong>de</strong>(Lebensräume) in Originalgröße wie<strong>de</strong>rerstehen zulassen 25 . In chronologischer Reihenfolge sind diesdie „Zeitstationen“:●●Lagerplatz mesolithischer Jäger und Sammler(etwa 9000 v. Chr.),●●Langhaus <strong>de</strong>r mittleren Jungsteinzeit (etwa 4500v. Chr.),●●bronzezeitliche Hofsiedlung (etwa 1000 v. Chr.),●●Weiler <strong>de</strong>r jüngeren Eisenzeit (etwa 500 v. Chr.),●●germanisches Gehöft <strong>de</strong>r frühen Römischen Kaiserzeit(um Chr. Geb.).294 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


Diese Stationen sollen Bil<strong>de</strong>r vergangener Lebenswelten<strong>de</strong>r Menschen in dieser Region zeigenund zugleich auch die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Landschaftim Allgemeinen, nicht zuletzt auch durch <strong>de</strong>nmenschlichen Einfluss thematisieren. Das AFMLwird für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen einOrt <strong>de</strong>r Bildung und <strong>de</strong>r Erholung sein. An diesemaußerschulischen Lernort sollen die Besucher mitallen Sinnen erfahren, wie anschaulich Geschichtesein kann: Vorführungen und eigenes Ausprobierenalter Techniken und Arbeitsweisen in nachempfun<strong>de</strong>nerzeitgenössischer Umgebung vermögen eineVorstellung vom bisweilen mühsamen Leben und<strong>de</strong>m harten Alltag <strong>de</strong>r Vorfahren zu vermitteln. Einerseitswer<strong>de</strong>n auf diese Weise wissenschaftlicheGrabungsergebnisse für <strong>de</strong>n Besucher anschaulichund leicht verständlich präsentiert, an<strong>de</strong>rerseitsfin<strong>de</strong>t hier auch die „Experimentelle Archäologie“optimale Möglichkeiten, ihren Fragestellungen zurÜberprüfung wissenschaftlicher Theorien etwazu archäotechnischen Fragen im Hausbau o<strong>de</strong>r zuHandwerks- und Rohstoffverarbeitungstechniken,zur Werkzeugeignung und <strong>de</strong>ren praktischer Anwendungnachzugehen.Für die Paläontologie bietet sich mit <strong>de</strong>r KorbacherSpalte und ihren wichtigen Fun<strong>de</strong>n zur Stammesgeschichte<strong>de</strong>r Säugetierähnlichen Reptilien einbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Standort zur Vermittlung <strong>de</strong>r erd- undnaturgeschichtlichen Einzelheiten unseres Lan<strong>de</strong>san. Der Geopark GrenzWelten in Wal<strong>de</strong>ck-Frankenberghat bereits Voraussetzungen dazu geschaffen.Für die Altsteinzeit in <strong>Hessen</strong> bietet sich mit Buhlen(G<strong>de</strong>. E<strong>de</strong>rtal, Lkr. Kassel) ein weiterer authentischerStandort für die museale Präsentation vonimmerhin 1 Million Jahren Menschheitsgeschichtein <strong>Hessen</strong> mit Schwerpunkt auf <strong>de</strong>n Nean<strong>de</strong>rtalernund das Auftreten <strong>de</strong>s frühen homo sapiens sapiensan. Die Errichtung eines Museums <strong>de</strong>r Altsteinzeitwäre zugleich eine strukturpolitische Maßnahme fürdie Region.Im Bereich <strong>de</strong>r Mittelalterarchäologie wäre dasWelterbe Lorsch ein guter Standort, die Archäologieund Geschichte <strong>de</strong>r Merowinger- und Karolingerzeitdarzustellen. Zwar besteht bereits ein Museumszentrum,in <strong>de</strong>m auch die Archäologie und Baugeschichte<strong>de</strong>s Klosters thematisiert wer<strong>de</strong>n, doch sollten dieErforschung <strong>de</strong>s ehemaligen Klosters und <strong>de</strong>ssenöffentlichkeitswirksame Präsentation durch die behutsameFortschreibung archäologischer Forschungenüber das <strong>de</strong>rzeitige Programm hinaus unterstütztwer<strong>de</strong>n. Das wissenschaftliche Ansinnen <strong>de</strong>rArchäologie kann hier zugleich <strong>zum</strong> Standortvorteilbeitragen, wenn ein schlüssiges Gesamtkonzept mitallen Beteiligten im Rahmen eines adäquaten Welterbemanagementplansentwickelt wird.Für die Industriearchäologie ist noch ein Standortan einem authentischen Platz zu fin<strong>de</strong>n. GuteVoraussetzungen dazu böten sich etwa im Rhein-Main-Gebiet (Route <strong>de</strong>r Industriekultur!) o<strong>de</strong>r auchim Raum Kassel.Das Konzept „Dezentrales Archäologisches Lan<strong>de</strong>smuseum“hat in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit Akzeptanzgefun<strong>de</strong>n! Die Besucherzahlen <strong>de</strong>r beteiligten Museenbelegen dies seit Jahren. Die Saalburg wirdalljährlich von rund 150.000 Besuchern angesteuert;die Keltenwelt am Glauberg wur<strong>de</strong> im ersten Bestandsjahrbereits von mehr als 90.000 Menschenbesucht. Dennoch bleibt ein Zentrales ArchäologischesLan<strong>de</strong>smuseum als übergreifen<strong>de</strong>s Schaufenster<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie weiterhin ein Desi<strong>de</strong>rat.Möglicherweise wäre ein solches im Zusammenhangmit <strong>de</strong>n weiter unten vorgestellten Überlegungenhinsichtlich eines Gläsernen ArchäologischenFundarchivs (GAF) realisierbar.Die Bedingungen für bürgerschaftliches Engagementund I<strong>de</strong>ntifikation mit <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichteund <strong>de</strong>r Region können durch geeignete Initiativenneu geschaffen bzw. Bestehen<strong>de</strong>s verbessert wer<strong>de</strong>n.Mit Pressearbeit sowie gezielter, flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>rÖffentlichkeitsarbeit in Schulen (Projekte<strong>zum</strong> Geschichtsunterricht), durch museale Präsentationenund (Wan<strong>de</strong>r-)Ausstellungen, Lehrgrabungensowie fach- und populärwissenschaftlichePublikationen kann dieses Engagement im Sinneeiner sozialen Bildungskultur geweckt und nachhaltiggeför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.In <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE21. wer<strong>de</strong>narchäologische Denkmalpflege, Forschung undmuseale Vermittlung öffentlichkeitswirksam dargestelltund ihre wissenschaftlichen Erkenntnissein eingängiger Weise einer breiten Öffentlichkeitnäher gebracht. Es gelingt ihr dadurch zunehmend,mit ihrem Anliegen in <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Wirklichkeitdieses Lan<strong>de</strong>s präsent zu sein. Dies erfolgtdurch die dauerhafte Betreuung <strong>de</strong>r Medien, <strong>de</strong>rpolitischen Entscheidungsträger und Institutionenin <strong>de</strong>r persönlichen und kontinuierlichen Ansprache.21 Die Logos <strong>de</strong>r hessen­ARCHÄOLOGIE (a), <strong>de</strong>sRömerkastells Saalburg (b)und <strong>de</strong>r Keltenwelt am Glauberg(c) (© LfDH; Gestaltung:[a] G. Preuß, Wachenheim; [b]J. Hartmann, E. Okeke, B. Tarsoly;[c] Büro Kaiser MatthiesGbR, Berlin).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus295


Die Pflege einer Corporate I<strong>de</strong>ntity (CI) und diedamit einhergehen<strong>de</strong> Außendarstellung (Abb. 21)sowie das Knüpfen von Beziehungsnetzen, die u. a.auch auf persönlichen Kontakten grün<strong>de</strong>n, sindlangjährige Prozesse, die Kontinuität in <strong>de</strong>m dafürverantwortlichen Personenkreis und <strong>de</strong>r finanziellenAusstattung erfor<strong>de</strong>rn. Die Be<strong>de</strong>utung dieser Arbeitzeigt sich <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>r Resonanz, die die von <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIE organisierten Tagungenund Vortragsveranstaltungen, Tage <strong>de</strong>s offenenDenkmals, Tage <strong>de</strong>r offenen Grabung sowie (Wan<strong>de</strong>r-)Ausstellungenetc. (Abb. 22) in <strong>de</strong>r breiten Öffentlichkeitfin<strong>de</strong>n. Dazu zählt auch die Präsenz aufVeranstaltungen wie beispielsweise <strong>de</strong>m <strong>Hessen</strong>tag.Es ist daher anzustreben, die Öffentlichkeitsarbeitin <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE dauerhaft strategischzu verankern. Dabei ist <strong>de</strong>r hohen öffentlichkeitswirksamenPräsenz <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflegeselbst wie auch <strong>de</strong>r einzelnen Häuser <strong>de</strong>s DezentralenArchäologischen Lan<strong>de</strong>smuseums Rechnung zutragen. In diesen Bereichen kann die Lan<strong>de</strong>sarchäologiedurch regelmäßige Stellungnahmen zu gesellschaftsrelevantenThemen in Erscheinung treten undzur öffentlichen Meinungsbildung beitragen.Be<strong>de</strong>utung und Funktion vonDienstleistungen im Rahmen <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIEEin weiterer wichtiger Aspekt ist: Im Sinne <strong>de</strong>rallgemeinen Volkswirtschaftslehre erbringt auchdie hessenARCHÄOLOGIE Dienstleistungen.Potenziell unentbehrlich sind solche Dienstleistungen,die vom Empfänger aus eigener Kraftnicht geleistet wer<strong>de</strong>n können, weil die Mittel, dasfachliche Spezialwissen, die technische Fachausstattungo<strong>de</strong>r die Arbeitskräfte fehlen. Insofernsind die Dienstleistungen <strong>de</strong>r hessenARCHÄO-LOGIE gesellschaftlich – und vor <strong>de</strong>m Hintergrund<strong>de</strong>r Einwerbung von zusätzlichen Mittelnauch in wirtschaftlicher Hinsicht – unentbehrlich.Der Bedarf mit Blick auf die Gesellschaft ist allerdingswan<strong>de</strong>lbar und unterliegt wirtschaftlichen undpolitisch-i<strong>de</strong>ologischen Einflüssen. Das HessischeDenkmalschutzgesetz bil<strong>de</strong>t vor diesem Hintergrund<strong>de</strong>n notwendigen rechtlichen Rahmen und garantiertdie Kontinuität innerhalb <strong>de</strong>sselben.Für die hessenARCHÄOLOGIE stellt sich indiesem Zusammenhang die Frage nach <strong>de</strong>m <strong>de</strong>rzeitigenund künftigen gesellschaftlichen Bedarf und<strong>de</strong>m Leistungspotenzial <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarchäologie alsBestandteil <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalpflege. Es ist die gesetzlichfestgeschriebene Aufgabe <strong>de</strong>r hessischenDenkmalpflege, Kultur<strong>de</strong>nkmäler als Quellen undZeugnisse menschlicher Geschichte und Entwicklungzu schützen und zu erhalten. Von beson<strong>de</strong>rergesellschaftlicher Relevanz sind dabei die wissenschaftlicheUntersuchung und Inventarisation <strong>de</strong>rpaläontologischen und archäologischen Kultur<strong>de</strong>nkmälerals Beitrag zur Erforschung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichte.In diesem Zusammenhang ist zu hinterfragen,inwieweit verstärkt betriebswirtschaftlicheKomponenten in die hessenARCHÄOLOGIEeingebracht wer<strong>de</strong>n können und inwieweit dadurchfinanzielle Ressourcen gesichert o<strong>de</strong>r zusätzlich erschlossenwer<strong>de</strong>n können.Die politisch als Zukunftsvision gefor<strong>de</strong>rte „aktiveBürgergesellschaft“ kann nur auf <strong>de</strong>r Basis einernachhaltig positiven Motivation entstehen. Hiervermag die Denkmalpflege einen wichtigen Beitragzu leisten. Sie sollte diese Kernkompetenz daherin Zukunft fortentwickeln und ausbauen. Eine entsprechen<strong>de</strong>kulturelle Bildungsarbeit wird von <strong>de</strong>nUniversitäten <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Regel nicht wahrgenommen,da dort die Erforschung <strong>de</strong>r archäologischenLan<strong>de</strong>sgeschichte <strong>Hessen</strong>s nicht zwingendvorgeschrieben ist. So wird diese heute nur in wenigenindividuellen Ausnahmefällen an hessischenHochschulen betrieben. Berührungspunkte ergebensich hingegen im Bereich <strong>de</strong>r Archäologie <strong>de</strong>sMittelalters und <strong>de</strong>r Neuzeit mit <strong>de</strong>m räumlich an<strong>de</strong>r Philipps-Universität Marburg angesie<strong>de</strong>lten,aber eigenständigen Hessischen Lan<strong>de</strong>samt für geschichtlicheLan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> im Geschäftsbereich <strong>de</strong>sHMWK.Eine gezielte Nachwuchsför<strong>de</strong>rung sollte weiterhindurch Volontariate und Teilnahme an Programmenwie <strong>de</strong>m Freiwilligen Jahr in <strong>de</strong>r Denkmalpflegeo<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n „Jungen Archäologen“gewährleistet wer<strong>de</strong>n 26 . Darüber hinaus sind Schulpraktikaund universitäre Lehrveranstaltungen indiesem Kontext unverzichtbar. Bei Bereitstellungvon fachspezifischen Geräten und Sachausstattungenist eine Betreuung durch die Fachbehör<strong>de</strong> vomGrundsatz her möglich. Schulungen <strong>de</strong>r ehrenamtlichTätigen durch Fachpersonal sowie Mittel fürAufwandsentschädigungen sind dabei vorauszusetzen.Allerdings – und das muss an dieser Stellebetont wer<strong>de</strong>n – kann eine erfolgreiche BildungsundÖffentlichkeitsarbeit nur durch die Bereitstellung<strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>n Personals gewährleistetwer<strong>de</strong>n.Eine weitere Herausfor<strong>de</strong>rung stellt die lan<strong>de</strong>sweiteVernetzung von Fachinformationen dar.Gemäß gesetzlichem Auftrag ist die hessen­ARCHÄOLOGIE zunächst bemüht, eine zentralepaläontologische und archäologische Informationserhebungund -vernetzung (Stichwort: FundstellenundFund-Inventarisation) auf digitaler Basis zu bewerkstelligen.Parallel dazu geht es um die Nutzungvon Daten Dritter.Die Lan<strong>de</strong>sarchäologie hat daher damit begonnen,ihr Datenmanagement grundlegend umzustellen.In <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>n Jahren wur<strong>de</strong>, wiebereits ausgeführt, damit begonnen, <strong>de</strong>n analogenDatenbestand in eine digitale Form zu überführen.Ziel ist letztlich die interaktiv nutzbare digitaleAkte. In erster Linie wer<strong>de</strong>n dazu alle Fundplatzdatenin <strong>de</strong>m GIS-gestützten DatenbanksystemPGIS erfasst, das in Kooperation mit <strong>de</strong>r GeneraldirektionKulturelles Erbe Rheinland-Pfalz betriebenwird. Zu<strong>de</strong>m erfolgt seit 2011 eine INSPIREkonformeDatenbereitstellung im bereits erwähntenKulturlandschafts- Informationssystem KuLaDig.296 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


Darüber hinaus wer<strong>de</strong>n archäobotanische Daten in<strong>de</strong>r Datenbank ArboDat erfasst, einem System, daszwischenzeitlich von mehreren europäischen Kooperationspartnernverwandt wird. Des Weiteren imAufbau befindlich ist die zentrale digitale Erfassung<strong>de</strong>s paläontologischen Datenarchivs.I<strong>de</strong>al wäre in diesem Zusammenhang auch diemittel- bis langfristige Einbindung aller hessischenarchäologisch o<strong>de</strong>r paläontologisch orientierten Institutionen,Sammlungen und Museen. Motivieren<strong>de</strong>rVorteil für die Partner eines solchen hessenweitenProjektes könnte etwa <strong>de</strong>r gleichberechtigte Zugriffauf die Daten sein, zur Vorbereitung von Publikationen,Examensarbeiten und Forschungsprojekten.Das Kulturlandschafts-Informationssystem KuLa-Dig kann überdies <strong>de</strong>m Tourismus- und Eventmanagementdienen.Nicht übersehen wer<strong>de</strong>n darf dabei, dass im Zuge<strong>de</strong>r Dateneingabe erhebliche Mittel für Hilfskräftesowie die fachwissenschaftliche Kontrolle aufgebrachtwer<strong>de</strong>n müssen. Für die erfor<strong>de</strong>rliche zentralewissenschaftliche Betreuung dieser Abläufe isteine ausgewiesene Fachkraft im Bereich <strong>de</strong>s Datenbank-Supervisingsunabdingbare Voraussetzung.Dringend erfor<strong>de</strong>rlich ist zu<strong>de</strong>m ein „GläsernesArchäologisches Fundarchiv (GAF)“ für paläontologischeund archäologische Fun<strong>de</strong>. NachhaltigeRestaurierung und Konservierung paläontologischerund archäologischer Fun<strong>de</strong> sichern <strong>de</strong>n Fortbestandvon Kunst- und Kulturgütern, die einen unersetzlichengesellschaftlich-historischen und darüber hinauseinen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wertdarstellen, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sbilanz veranlagt wird.Eine an die Fundgattung angepasste adäquate, sachgerechteLagerung von Kulturgütern ist daher einewesentliche Aufgabe <strong>de</strong>r Zukunft und zugleich eineInvestition in diese. Eine solche ist langfristig nur inprofessionellen Labor- und Depoträumen gewährleistet,in <strong>de</strong>nen die Kulturgüter von ausgewiesenemFachpersonal betreut wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r Erstversorgungsind eine fortlaufen<strong>de</strong> Kontrolle <strong>de</strong>s Erhaltungszustan<strong>de</strong>ssowie ggf. notwendige Nacharbeitenkontinuierlich vorzusehen. Hinzu kommen dieErfassung <strong>de</strong>s Neuzugangs, die Vorbereitung vonLeihvorgängen für Bestän<strong>de</strong>, die Betreuung vor Ortforschen<strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>r und Wissenschaftler etc.All diese Vorgänge können nur durch Fachpersonalgeleistet wer<strong>de</strong>n. Erst wenn dies gewährleistet ist,sind auch Erhalt und Zugang zu diesem Inventar fürkünftige Generationen gesichert.Die <strong>de</strong>rzeitige, durch die gesetzlich geregeltenEigentumsverhältnisse bedingte Zerglie<strong>de</strong>rungin räumlich (teils weit) auseinan<strong>de</strong>r liegen<strong>de</strong> undmehr o<strong>de</strong>r weniger provisorische Aufbewahrungsorteist arbeitsökonomisch völlig ineffektiv. Nurein Zentral<strong>de</strong>pot garantiert die sachgerechte Pflege,Erfassung und Fachbetreuung <strong>de</strong>r Fun<strong>de</strong> in einerHand. Bei Gewährung von eigentümerspezifischenZugriffsrechten könnte dies darüber hinaus auchein attraktives Leistungsangebot für Sammlungsbestän<strong>de</strong>im Besitz öffentlicher Einrichtungen wieMuseen, aber auch von Privatleuten sein.Die mo<strong>de</strong>rne, sachgerechte Umgehensweise mitKultur<strong>de</strong>nkmälern – von <strong>de</strong>r Restaurierung undKonservierung bis hin zu entsprechen<strong>de</strong>r Lagertechnikund Logistik – sowie das Funktionieren einesZentral<strong>de</strong>pots sind erfahrungsgemäß durchaus vonöffentlichem Interesse und könnten daher in Formvon Führungen in das Bildungsangebot <strong>de</strong>r hessen-ARCHÄOLOGIE integriert wer<strong>de</strong>n (Stichwort„Gläsernes Archäologisches Fundarchiv“). Nur diesachgerechte Nutzung und öffentliche Präsentationvon Kultur<strong>de</strong>nkmälern legitimiert <strong>de</strong>n mit ihremErhalt verbun<strong>de</strong>nen Aufwand gegenüber <strong>de</strong>r Allgemeinheitwie auch öffentlichen Funktionsträgern undGremien.Darüber hinaus ist die Denkmalfachbehör<strong>de</strong> fachlichausgewiesen und gesetzlich beauftragt, Eigentümerund Besitzer von Kultur<strong>de</strong>nkmälern bei Pflege,Unterhalt und Wie<strong>de</strong>rherstellung allumfassend undauf neuestem Stand zu beraten und zu unterstützen.Dies gilt gleichermaßen für die Beratung an<strong>de</strong>rerVerwaltungseinheiten <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>Hessen</strong> und seinerEinrichtungen bis hinunter auf die kommunaleEbene im Rahmen von Planvorhaben.Eine weitere Kernkompetenz <strong>de</strong>r hessen­ARCHÄOLOGIE ist die Beratung von ehrenamtlichTätigen und an<strong>de</strong>ren Nicht-Fachleuten im Umgangmit <strong>de</strong>n Kultur<strong>de</strong>nkmälern (vom Einzel fund bis<strong>zum</strong> Gelän<strong>de</strong><strong>de</strong>nkmal). Die Qualität dieser Fachberatungkann bei einer Verstärkung <strong>de</strong>r personellen Ausstattungerheblich verbessert wer<strong>de</strong>n. Eine begleiten<strong>de</strong>Öffentlichkeitsarbeit kann in <strong>de</strong>r Bevölkerung dasnotwendige Verständnis zusätzlich beför<strong>de</strong>rn. Je<strong>de</strong>söffentlich sichtbare, gelungen restaurierte o<strong>de</strong>r rekonstruierteKultur<strong>de</strong>nkmal ist eine wirkungsvolleWerbung für die hessen ARCHÄOLOGIE.Strukturelle AufstellungZur Erfüllung <strong>de</strong>r ihr gesetzlich übertragenen wissenschaftlichenwie auch <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Auf-22 Kein „Elfenbeinturm“:Gespannt lässt sich eineSchulklasse <strong>de</strong>n Aufbau einesrömischen Wachtturms erläutern.Wan<strong>de</strong>rausstellung <strong>zum</strong>Limes im HMWK (Foto:S. Münch, HMWK).Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus297


gaben ist eine geeignete strukturelle Aufstellung <strong>de</strong>rhessenARCHÄOLOGIE von größter Wichtigkeit.Nachfolgend wer<strong>de</strong>n eine „Innere Struktur“und eine „Äußere Struktur“ vorgeschlagen:Innere Struktur●●Archäologische Denkmalpflege1) Bezirksarchäologie2) Großprojekte3) Prospektion4) Inventarisation5) Gläsernes Archäologisches Fundarchiv●●Paläontologische Denkmalpflege1) Lan<strong>de</strong>spaläontologie2) Prospektion3) Inventarisation4) Präparation5) Gläsernes Archäologisches Fundarchiv●●Unterstützen<strong>de</strong> Disziplinen1) Anthropologie2) Archäozoologie3) Archäobotanik4) Dendrochronologie5) Numismatik6) Sonstige Analyse- und Datierungsverfahren●●Dezentrales Archäologisches Lan<strong>de</strong>smuseum1) Korbacher Spalte (Paläontologie)2) Buhlen (Altsteinzeit)3) Keltenwelt am Glauberg4) Römerkastell Saalburg5) Kloster Lorsch (Frühmittelalter)6) AFML (Mittelalter-/Neuzeitarchäologie)7) NN (Industriearchäologie)●●Archäologieservice1) Grabungstechnik2) Restaurierung (zusätzlich: Holzkonservierung)3) Archäologischer Zeichendienst4) EDV5) Recht6) Wissenschaftliches Lektorat7) Öffentlichkeitsarbeit8) VerwaltungÄußere Struktur●●Darstellung als kompetenter Partner für Kommunenund Kreise, Planungsbüros, an<strong>de</strong>re Forschungseinrichtungenund Museen; Schulen undUniversitäten (Lehrbetrieb), Volkshochschulen,●●Schärfung <strong>de</strong>s Profils als die Institution fürarchäologische Lan<strong>de</strong>sforschung,●●Schwerpunkte in <strong>de</strong>r Ausrichtung bei <strong>de</strong>r Bewusstmachung<strong>de</strong>s archäologischen Erbes alsTeil <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichte (= Menschheitsgeschichte)und Behebung <strong>de</strong>r Defizite in <strong>de</strong>rAkzeptanz einheimischer Monumente; Vermittlungund Darstellung unserer Ergebnisse in<strong>de</strong>r Öffentlichkeit; Publikationen (fachwissenschaftlicheund populärwissenschaftliche Veröffentlichungen);Bildungsauftrag für alle Altersgruppen,●●Internetportal zu Themen für Studieren<strong>de</strong> (Doktorarbeiten,Masterarbeiten etc.); Betreuung undErfassung von Bestän<strong>de</strong>n und Sammlungen in<strong>de</strong>n Heimatmuseen (siehe bayerisches Mo<strong>de</strong>ll;Betreuung nichtstaatlicher Museen; Betreuungehrenamtlicher Museumsmitarbeiter) und vonEhrenamtlichen,●●grundsätzlich wünschenswert wäre zu<strong>de</strong>m eineAufstockung <strong>de</strong>r Außenstellen (neue Standorte inNord- und Osthessen) zur Stärkung <strong>de</strong>r Präsenzund Betreuung vor Ort.FazitIn <strong>de</strong>n letzten zehn Jahren hat die hessen­ARCHÄOLOGIE eine beträchtliche Entwicklunggenommen. Dies belegen die Darstellungen<strong>zum</strong> status quo <strong>de</strong>s hier gegebenen Leitfa<strong>de</strong>ns, dieauf <strong>de</strong>r Grundlage eines intensiv geführten Diskussionsprozesseswährend <strong>de</strong>r Strategietagung vom3./4. Mai 2010 in Weilburg von <strong>de</strong>m versammeltenKollegenkreis erarbeitet wur<strong>de</strong>n. Die inzwischenerreichte gesamtgesellschaftliche Relevanz <strong>de</strong>rHessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologie hat sich dabei <strong>de</strong>utlichgezeigt. Augenfällig wird dies dadurch, dasssie überall in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit auf eine großartigeResonanz und auf die Akzeptanz <strong>de</strong>r Bürgerinnenund Bürger unseres Lan<strong>de</strong>s trifft. Dieser Umstandlässt sich darauf zurückführen, dass die Arbeitpragmatisch und effektiv ausgeführt, öffentlichkeitswirksamdargestellt, die wissenschaftlichenErkenntnisse in eingängiger Weise einer breitenÖffentlichkeit nähergebracht und damit ihr „Gegenstand“in die gesellschaftliche Wirklichkeit diesesLan<strong>de</strong>s eingebracht wird. Sie hat sich nicht nurals ein starker Partner im <strong>de</strong>nkmalpflegerischen,wissenschaftlichen und musealen Bereich etabliert,son<strong>de</strong>rn ist auch in überaus fruchtbaren Kooperationeninnerhalb <strong>de</strong>r Regional- und Strukturpolitiksowie <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung von Wirtschaft und Tourismusverankert.Den gegenwärtig erreichten Status gilt es dahernicht nur zu erhalten, son<strong>de</strong>rn auch unter <strong>de</strong>n Gesichtspunktenneuer gesellschaftlicher Herausfor<strong>de</strong>rungenin Zukunft weiterzuentwickeln. So kommt<strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIE im Hinblick auf dieErfassung, Beschreibung, Deutung und Weiterentwicklung<strong>de</strong>r Kulturlandschaft unseres Lan<strong>de</strong>s auchvor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>s zunehmen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mografischenWan<strong>de</strong>ls eine beson<strong>de</strong>re Rolle zu, dies vorallem in Bezug auf politische und gesellschaftlicheEntscheidungen. Um diese Herausfor<strong>de</strong>rungen bewältigenzu können, müssen die eingeschränktenPersonal- und Sachmittelressourcen allerdings<strong>de</strong>utlich erweitert wer<strong>de</strong>n. In einer Zeit, in <strong>de</strong>r dieGesellschaft Problemlösungen zunehmend unter<strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit bewertet, kann dieArchäologie mit ihren Erkenntnissen, die Vergangenheitsaussagenüber die ungeheure Vielfalt <strong>de</strong>rhistorischen Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Menschheit erlauben,zukunftsorientierte Wegweisungen bieten.Somit wird sie zu einem Instrument und Impuls-298 Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus


geber für eine erfolgreiche politische Arbeit in gesamtgesellschaftlichemAuftrag.GlossarELK – Europäische Landschaftskonvention; Konvention <strong>de</strong>sEuroparats auf Initiative <strong>de</strong>s Congress of Local and RegionalAuthorities of the Council of Europe (CLRAE) – Florenz 2000.Inkrafttreten: 01.03.2004. Ziel: Europaweite Zusammenarbeit beiFör<strong>de</strong>rung, Schutz, Pflege und Gestaltung <strong>de</strong>r europäischen Landschaftenund <strong>de</strong>s landschaftlichen kulturellen Erbes. Die Konventionist, wenn auch bislang von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschlandnicht gezeichnet, eine <strong>de</strong>r wichtigsten Grundlagen für <strong>de</strong>n Kulturlandschaftsschutzauf europäischer Ebene (<strong>de</strong>utschsprachigerText <strong>de</strong>r Konvention unter: http://conventions.coe.int/Treaty/GER/Treaties/Html/176.htm [Stand: November 2011]).EUREK – Europäisches Raumentwicklungskonzept; Übereinkommen<strong>de</strong>s informellen Raumordnungsministerrates, Potsdam 1999;Inkrafttreten: 11.05.1999. Ziel: Raumordnerisches Gesamtkonzeptauf europäischer Ebene (<strong>de</strong>utschsprachiger Text <strong>de</strong>s Übereinkommensunter: http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docoffic/official/reports/pdf/sum_<strong>de</strong>.pdf [Stand: November 2011]).INSPIRE – INfrastructure for SPatial InfoRmation in Europe; Richtlinie2007/2/EG <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments und <strong>de</strong>s Rates,Straßburg 2007; Inkrafttreten: 14.03.2007, Umsetzung in nationales<strong>de</strong>utsches Recht: April 2008 (Geodaten-InfrastrukturgesetzGDIG). Ziel: Schaffung einer einheitlichen Geodateninfrastruktur in<strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaft (<strong>de</strong>utschsprachiger Text <strong>de</strong>r Konventionunter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:108:0001:0014:DE:<strong>PDF</strong> [Stand: November 2011]).KuLaDig – Kultur.Landschaft.Digital. Digitales Kulturlandschafts-Informationssystem, das vom Landschaftsverband Rheinland (LVR)und <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>samt für Denkmalpflege <strong>Hessen</strong> (LfDH) betriebenwird. Ziel: Informationsbereitstellung über historische Kulturlandschaftenund das landschaftliche kulturelle Erbe. Online-Plattform(www. kuladig.<strong>de</strong>) für interessierte Bürgerinnen und Bürger.Anmerkungen1 Am 3./4. Mai 2010 fand eine „Archäologische Fachtagung –Strategiegespräch“ in Weilburg statt, an <strong>de</strong>m alle Sachgebietsleiterund Wissenschaftler <strong>de</strong>r hessenARCHÄOLOGIEteilnahmen. In verschie<strong>de</strong>nen Arbeitsgruppen wur<strong>de</strong>n Schwerpunktthemendiskutiert und die Ergebnisse protokolliert. Dasvorliegen<strong>de</strong> Strategiepapier beruht auf <strong>de</strong>n dort erarbeitetenErgebnissen, die für diesen Beitrag erweitert und aktualisiertwur<strong>de</strong>n. Allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen –Dr. Carsten Amrhein, Dr. Ines Balzer, Thomas Becker M. A.,Claus Bergmann M. A., Frank Bodis, Dr. Holger Göldner,Dr. Eveline Grönke, Ralf Klausmann, Prof. Dr. Angela Kreuz,Katharina von Kurzynski M. A., Thomas Lessig-Weller M. A.,Dr. Christa Meiborg, Dr. Udo Recker, Dr. Sabine Scha<strong>de</strong>-Lindig, Dr. Guntram Schwitalla, Dr. Klaus Sippel, Dr. VeraRupp, Dr. Andreas Thiedmann und Dr. Stefan Thörle – ist andieser Stelle für ihre Mitarbeit, ihre Diskussionsbereitschaftund ihr Engagement sehr herzlich zu danken.2 J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Han<strong>de</strong>ln(Frankfurt a. M. 1983) 146.3 R. Wagner, Archäologische Denkmalpflege als Aufgabe <strong>de</strong>rLan<strong>de</strong>spolitik – Zehn Thesen. Arch. Nachrichtenbl. 9, H. 2,2004, 112.4 Die Gültigkeit <strong>de</strong>s Gesetzes in <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Form ist bis<strong>zum</strong> 31.12.2014 befristet. Zu Gesetz und Kommentar vgl.J. N. Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht – Kommentar.3., neu bearb. Aufl. Kommunale Schr. <strong>Hessen</strong> (Stuttgart 2007).5 Viebrock (Anm. 4) 232.6 Zum Abrücken von Festlegungen zur Epochengrenze vgl.ausführlich Viebrock (Anm. 4) 231 f.7 Die Europäische Landschaftskonvention wur<strong>de</strong> zwar von <strong>de</strong>rBun<strong>de</strong>srepublik Deutschland bislang nicht ratifiziert, dochentfalten die Konvention und das darin <strong>zum</strong> Ausdruck gebrachteGedankengut zunehmend ihre Wirkung.8 Vgl. Beitrag von E. Schallmayer, S. 17 Abb. 10.9 Light Detection And Ranging (LIDAR) bzw. ALS AirborneLaserscanning = Gelän<strong>de</strong>abtastung durch ein in einem Flugzeugmontierten Laser. Die exakte Verortung und Erzeugungvon hochaufgelösten, entzerrten Reliefbil<strong>de</strong>rn wird durchGPS-Positionsberechnung möglich.10 Die Aufgaben wur<strong>de</strong>n bis <strong>zum</strong> 30.09.2011 von einem Archäologenim Rahmen einer 75%-Stelle, seit Anfang 2012 im Rahmeneiner 50%-Stelle wahrgenommen. .11 E. Grönke, Drei Jahre UNESCO-Welterbe in <strong>Hessen</strong> – eineBilanz. Denkmalpflege u. Kulturgesch. 2008, H. 3, 21–27. –Vgl. auch <strong>de</strong>n Beitrag von Th. Becker, S. 78 – 86.12 Vgl. Beitrag von Th. Becker, S. 51 – 57.13 Der Limesentwicklungsplan für <strong>Hessen</strong> ist im Internet freizugänglich (http://www.<strong>de</strong>nkmalpflege-hessen.<strong>de</strong>/<strong>Download</strong>/limes.pdf).14 Zu <strong>de</strong>r Tagung 2005 erschien ein Tagungsband als Band 33<strong>de</strong>r „Zeitschrift für Archäologie <strong>de</strong>s Mittelalters“.15 Vgl. dazu V. Denzer/J. Hasse/K.-D. Kleefeld/U. Recker(Hrsg.), Kulturlandschaft. Wahrnehmung – Inventarisation– Regionale Beispiele. Fundber. <strong>Hessen</strong>, Beih. 4 = Kulturlandschaft14, 2004 (Wiesba<strong>de</strong>n 2005).16 K. Sippel/U. Stiehl, Archäologie im Wald. Erkennen undSchützen von Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern. Hrsg. von Lan<strong>de</strong>sbetrieb<strong>Hessen</strong>-Forst (Kassel 2005) 3.17 Zu dieser Problematik vgl. etwa E. Schallmayer, Raubgräbereiund Lan<strong>de</strong>sarchäologie – Sichtweise und Praxis. Denkmalpflegeu. Kulturgesch. 2008, H. 3, 2 – 9.18 http://www.saalburgmuseum.<strong>de</strong>/foer<strong>de</strong>rverein/fv08.htm (Recherchevom 27.10.2011).19 http://www.keltenwelt-glauberg.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/foer<strong>de</strong>rverein/ (Recherchevom 27.10.2011).20 Vgl. hierzu <strong>de</strong>n Beitrag von St. Thörle/E. Löhnig, S. 92 – 100.21 E. Schallmayer, Fabrica, Streifenhäuser und Bauhof – NachundNeubauten im Römerkastell Saalburg – ArchäologischerPark. Denkmalpflege u. Kulturgesch. 2009, H. 3, 19 – 26.22 Den Mandanten Historisches Erbe bil<strong>de</strong>n das Lan<strong>de</strong>samt fürDenkmalpflege <strong>Hessen</strong>, das Museum Wiesba<strong>de</strong>n, das HessischeLan<strong>de</strong>smuseum Darmstadt, die Museumslandschaft<strong>Hessen</strong>-Kassel und die Verwaltung <strong>de</strong>r Staatlichen Schlösserund Gärten.23 Im Internet: http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Treaties/Html/176.htm (Recherche vom 20.10.2011).24 E. Grönke, Außerschulische Lernorte in <strong>de</strong>r Hessischen Lan<strong>de</strong>sarchäologie.Denkmalpflege u. Kulturgesch. 2009, H. 3,33 – 38.25 Vgl. A. Thiedmann, Eine „Zeiteninsel“ an <strong>de</strong>r Lahn. Von <strong>de</strong>rEnt<strong>de</strong>ckung einer prähistorischen Siedlungslandschaft zur Rekonstruktionim archäologischen Freilichtmuseum. Denkmalpflegeu. Kulturgesch. 2010, H. 3, 25 – 30. – Projektskizze imInternet unter http://www.zeiteninsel.<strong>de</strong>/Informationen_files/Projektskizze.pdf (Recherche vom 20.10.2011).26 Vgl. dazu V. Rupp/C. Kwa<strong>de</strong>/D. Fleschner, Nachwuchsför<strong>de</strong>rung<strong>de</strong>r hessenArchäologie. Das Projekt „JungeArchäologen in <strong>Hessen</strong>“ <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>samtes für Denkmalpflege<strong>Hessen</strong>. Denkmalpflege u. Kulturgesch. 2011, H. 3, 36 – 38.Schallmayer, hessenARCHÄOLOGIE21.plus299

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