bleibt auch noch was zu „beißen“ übrig! - Wilhelmshavener Zeitung
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Südstadt<br />
SEITE 2 DONNERSTAG, DEN 9. JUNI 2011<br />
WILHELMSHAVENER ZEITUNG<br />
Exerzieren im Trockenen und Unter<strong>was</strong>sererlebnis<br />
STADTGESCHICHTE Gebäude von Küstenmuseum und Nordsee-Welten dienten Militär und Industrie<br />
In der Südstadt finden<br />
sich etliche Gebäude, die<br />
in der Stadtgeschichte<br />
eine Rolle spielten. Oft<br />
hat sich die Nut<strong>zu</strong>ng im<br />
Laufe der Zeit gewandelt.<br />
SÜDSTADT/GB – „Torpedos,<br />
Schiffe, Perlons – Wie aus des<br />
Kaisers Marinehafen zivile Industrie<br />
wurde“: Unter diesem<br />
Titel lädt die Wilhelmshaven<br />
Touristik & Freizeit <strong>zu</strong> einem<br />
Rundgang durch Wilhelmshaven<br />
ein. Anhand einer Broschüre,<br />
die in der Tourist-Information<br />
in der Nordseepassage<br />
und im Küstenmuseum<br />
Aus dem Sanierungsgebiet Westliche Südstadt<br />
Zum Wochenende an der Jade gibt es wieder freie Fahrt<br />
JADEALLEE Erster und zweiter Bauabschnitt sind bis Ende Juni fertig – Eröffnungsveranstaltung nach Abschluss aller Arbeiten<br />
VON BIRGIT WOHLER<br />
SÜDSTADT – Die Neugestaltung<br />
der ehemaligen Jadestraße ist<br />
nun schon gut <strong>zu</strong> erkennen.<br />
Die Bauarbeiten gehen – <strong>auch</strong><br />
dank des idealen Wetters – zügig<br />
voran und liegen perfekt<br />
im geplanten Zeitrahmen.<br />
Durch geschickte Planung<br />
und Koordinierung der ausführenden<br />
Baufirmen kann<br />
die befürchtete und heiß diskutierte<br />
Vollsperrung glücklicherweise<br />
verhindert werden.<br />
Erfahrene Tiefbauer und<br />
Pflasterer, die zeitweise sogar<br />
am Wochenende arbeiten,<br />
tragen natürlich vorrangig <strong>zu</strong>r<br />
fachgerechten und zügigen<br />
Umset<strong>zu</strong>ng der Maßnahme<br />
bei.<br />
Der erste Teilbereich zwischen<br />
dem Columbia-Hotel<br />
und der Wilhelmshaven Touristik<br />
& Freizeit GmbH (WTF)<br />
ist so gut wie abgeschlossen.<br />
Arbeiten am Kreisel, an den<br />
Geh-/Radwegen sowie die<br />
kompletten Asphaltierungsarbeiten<br />
sind erfolgt,<br />
neue Straßenlaternen<br />
aufgestellt. Einige<br />
Verkehrsschilder<br />
und Fahrbahnmarkierungen<br />
werden kurzfristig<br />
ergänzt.<br />
Im zweiten Bauabschnitt,<br />
Banter Deich<br />
bis Weserstraße, sind bereits<br />
die westliche Promenade, die<br />
Fahrbahn, Lampen sowie die<br />
Anschlüsse an die Deichbrücke<br />
komplett fertiggestellt.<br />
In Kürze wird der östliche<br />
Gehweg vor dem „Havencafé“<br />
freigegeben, denn hier sollen<br />
schon bald Tische, Bänke und<br />
Sonnenschirme <strong>zu</strong>m Verweilen<br />
einladen – „Sehen und gesehen<br />
werden“ ist die Devise<br />
und immer ein Erfolgsrezept.<br />
Zurzeit wird fleißig am östlichen<br />
Gehweg gegenüber<br />
erhältlich ist, werden Selbstentdecker<br />
<strong>zu</strong> 15 Stationen geleitet,<br />
von die meisten in der<br />
Südstadt liegen. Kein Zufall,<br />
ist sie doch die historische<br />
Keimzelle der Stadt.<br />
Das Küstenmuseum an der<br />
Weserstraße 58 selbst ist wie<br />
das in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
gelegene Gebäude,<br />
in der seit einiger Zeit die<br />
Nordsee-Welten <strong>zu</strong> mehrdimensionalen<br />
Erlebnissen einladen,<br />
ein Beispiel dafür, wie<br />
eine ursprünglich militärische<br />
Nut<strong>zu</strong>ng durch zivile Industrie<br />
abgelöst wurde – und diese<br />
wiederum durch Kultur- und<br />
Unterhaltungsangebote.<br />
Als kaiserliche Exerzierhal-<br />
dem Pumpwerk gearbeitet,<br />
Leitungen verlegt, Unterbau<br />
eingebracht, anschließend gepflastert<br />
und Leuchten aufgestellt.<br />
Auch hier wird – <strong>auch</strong><br />
eine Folge der Neugestaltung<br />
– kräftig privat investiert, um<br />
gleich an der Brücke eine<br />
neue Gastronomie <strong>zu</strong> eröffnen.<br />
Ganz <strong>zu</strong>m Schluss wird die<br />
Kreu<strong>zu</strong>ng Jadeallee/Banter<br />
Deich höhenmäßig angeglichen<br />
und <strong>zu</strong>r Verkehrsberuhigung<br />
und Gestaltung mit hellem<br />
Pflaster versehen.<br />
Insgesamt entschädigt uns<br />
die gelungene Neugestaltung<br />
als Verbindung von Innenstadt<br />
<strong>zu</strong>m Wasser für einige<br />
Unwägbarkeiten wie <strong>zu</strong>m Beispiel<br />
die verkehrstechnische<br />
Umset<strong>zu</strong>ng der Planung. Auch<br />
wenn diese anfangs <strong>noch</strong> für<br />
einigen Unmut gesorgt hat<br />
(eine zeitweilig überschwemmte,<br />
et<strong>was</strong> holperige<br />
Umleitung über das Banter-<br />
Kasernen-Gelände oder die<br />
notwendige Einbahnrichtung<br />
im nördlichen<br />
Teil), so hat man sich<br />
mit der Zeit doch daran<br />
gewöhnt. Und mal ehrlich:<br />
Sind nicht die<br />
meisten Ziele in Wilhelmshaven<br />
in fünf bis<br />
zehn Minuten <strong>zu</strong> erreichen?<br />
Aber <strong>auch</strong> der Kreisel wurde<br />
kritisch betrachtet. Er ist<br />
verkehrsplanerisch exakt bemessen,<br />
nur sollen Lkw, die<br />
<strong>zu</strong>künftig von der Emsstraße<br />
kommend Richtung Südstrand<br />
fahren, den Kreisel gemächlich<br />
durchfahren. Anschließend<br />
haben sie dann<br />
wieder uneingeschränkt freie<br />
Fahrt.<br />
Richtung Norden ist langsameres<br />
Fahren angesagt, die<br />
Straße ist et<strong>was</strong> schmaler.<br />
Radfahrer sollen hier die Fahr-<br />
le wurde das heutige Museumsgebäude<br />
in den Jahren<br />
1908 bis 1910 errichtet. Die<br />
Marine wollte <strong>auch</strong> bei<br />
schlechtem Wetter exerzieren,<br />
ohne nass <strong>zu</strong> werden. Nach<br />
Ende des Ersten Weltkriegs<br />
übernahm die Erdölvertriebsgesellschaft<br />
Naphta Industrieund<br />
Tankanlagen AG die Halle.<br />
Im öffentlichen Bewusstsein<br />
geblieben ist jedoch vor<br />
allem ihre Nut<strong>zu</strong>ng als Turnhalle<br />
in den 1930er Jahren. In<br />
Erinnerung an den „Turnvater“<br />
Friedrich Ludwig Jahn erhielt<br />
sie den Namen „Jahnhalle“.<br />
Die Halle steht aber <strong>auch</strong><br />
für ein dunkles Kapitel der<br />
Das Innere der Jahnhalle, bevor das Küstenmuseum (kleines Bild) Ein<strong>zu</strong>g hielt.<br />
bahn benutzen, damit sich<br />
auf der Promenade Gastronomie/Straßencafés<br />
entwickeln<br />
können und Lkw sollen,<br />
schon jetzt wegen der Gewichtsbeschränkung<br />
der<br />
Deichbrücke, lieber die Rüstringer<br />
Brücke nutzen.<br />
Nach derzeitigem Stand<br />
wird die Fertigstellung des 1.<br />
und 2. Bauabschnitts wie vorgesehen<br />
bis Ende Juni erfolgen<br />
– also rechtzeitig <strong>zu</strong>m<br />
„Wochenende an der Jade“.<br />
Dann kann natürlich <strong>auch</strong><br />
wieder in beide Richtungen<br />
gefahren werden.<br />
Der dritte und vierte Bauabschnitt,<br />
das sind beide Seiten<br />
des Grodendammes, sollen<br />
kurzfristig anschließen.<br />
Diese Maßnahme wird zügig<br />
vorangehen können, da hier<br />
nur die Geh- und Radwege ein<br />
neues Pflaster erhalten und<br />
Straßenlaternen ausgetauscht<br />
werden.<br />
Bäume sind an dieser Stelle<br />
nicht vorgesehen, um den<br />
freien Blick über das Wasser<br />
des Großen Hafens und des<br />
Banter Sees weiterhin genießen<br />
<strong>zu</strong> können.<br />
Die Bepflan<strong>zu</strong>ng des gesamten<br />
Planungsbereiches<br />
mit Alleebäumen und Beetpflanzen<br />
wird erst <strong>zu</strong>r nächsten<br />
Pflanzperiode im Herbst<br />
möglich sein, dann wird <strong>auch</strong><br />
die Möblierung mit Bänken<br />
und Abfallbehältern abgeschlossen.<br />
Das Kreisel-Innere<br />
erhält <strong>zu</strong> einer maritimen Gestaltung<br />
<strong>auch</strong> einen so genannten<br />
Flaggenbaum als<br />
Blickpunkt. Dieser wird von<br />
der WTF gestiftet und unterhalten.<br />
Eine Eröffnungsveranstaltung<br />
ist erst nach Abschluss<br />
aller Arbeiten angedacht,<br />
wenn aus der ehemaligen Jade<br />
straße wirklich eine Allee geworden<br />
ist.<br />
Stadtgeschichte. In der Nacht<br />
des 9. November 1938 wurden<br />
die männliche jüdische Bevölkerung<br />
Wilhelmshavens in die<br />
Halle <strong>zu</strong>sammengetrieben<br />
und am nächsten Tag von dort<br />
ins Konzentrationslager Sachsenhausen<br />
deportiert,<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
wurde die Halle <strong>zu</strong>nächst<br />
von der Konservenfabrik<br />
Lübcke bezogen, ehe sie<br />
1951 von der Kammgarnspinnerei<br />
Müller & Raschig als Lager<br />
und <strong>zu</strong>r Spinnereivorbereitung<br />
in Nut<strong>zu</strong>ng genommen<br />
wurde – <strong>zu</strong>sammen mit<br />
dem Nachbargebäude am<br />
Bontekai 63, wo die Spinnerei<br />
des aus dem polnischen Lodz<br />
stammenden Unternehmens<br />
ihren Betrieb aufnahm.<br />
Diese Halle war 1917/18<br />
<strong>zu</strong>r Montage von Torpedos errichtet<br />
worden. Nach dem<br />
Ersten Weltkrieg ging es <strong>auch</strong><br />
in diesem Gebäude um Öl, als<br />
sich zwei petrochemische<br />
Unternehmen ansiedelten.<br />
1935 wurde es dann wieder<br />
militärisch genutzt: Die<br />
Kriegsmarinewerft betrieb<br />
dort eine Akkuladestation.<br />
Der Versuch der Stadt, Wilhelmshaven<br />
als Zentrum der<br />
norddeutschen Textilindustrie<br />
wirtschaftlich <strong>zu</strong> stabilisieren,<br />
scheiterte. 1993 meldete<br />
<strong>auch</strong> Müller & Raschig Konkurs<br />
an.<br />
Im Jahr 2000 brachte die<br />
Expo am Meer neues Leben in<br />
beide Gebäude. Die „Jahnhal-<br />
Von 1951 bis 1993 nutzte<br />
die Kammgarnspinnerei Müller<br />
& Raschig das ehemalige<br />
Torpedolagerhaus, im Jahr<br />
le“ diente als Ausstellungshalle.<br />
Ein Jahr später konnte das<br />
Küstenmuseum aus dem Keller<br />
des Cityhauses an die Weserstraße<br />
ziehen. Das alte Tor-<br />
2000 zog die virtuelle Unter<strong>was</strong>serwelt<br />
Oceanis (kleines<br />
Bild) in das Gebäude.<br />
FOTOS: WZ/BILDDIENST/WZ-FOTOS: KNOTHE<br />
pedolagerhaus nahm „Oceanis“<br />
auf, eine virtuelle Unter<strong>was</strong>serwelt,<br />
die deutscher Beitrag<br />
bei der Weltausstellung in<br />
Lissabon gewesen war.<br />
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Voll im Zeitplan sind die Bauarbeiten an der Jadeallee zwischen Emsstraße (unten links der<br />
Kreisel im Einmündungsbereich) und der Weserstraße (im Bild oben). WZ-FOTO: LÜBBE