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Berliner Ärzte Oktober 2013

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BERLINER10 / <strong>2013</strong> 50.JahrgangÄRZTEDie offizielle Zeit schrift der<strong>Ärzte</strong>kammer BerlinArbeitsmedizinEin Fachgebiet mit vielfältigen Möglichkeitenfür junge Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>


B U C H B E S P R E C H U N GB U C H B E S P R E C H U N GWo ist der Beweis?Gerd Antes, der Direktor des FreiburgerCochrane Zentrums hat diedeutsche Herausgabe des internationalenBestsellers „Testing Treatments“übernommen. Das erstmals 2006 inEnglisch erschienene Buch besteht ausBeiträgen von vier Autoren mit derimmer wiederkehrenden Frage: „Woherwissen Sie das?“.Antes, der nicht müde wird, der deutschen<strong>Ärzte</strong>schaft und ihren Patientendie Bedeutung der Evidenz nahe zu bringen,unterstützt die Zweifel der Autorenan angeblich gesichertem medizinischenWissen. Diese stellen mit alltäglichenund berühmten Beispielen klar, dass vieles,was als ärztliches Wissen allgemeingültigzu sein scheint, in Wirklichkeit unbewieseseneBehauptung, Aberglaubenoder tradiertes Unwissen ist.In seinem Geleitwort äußert Antesdie Hoffnung, dass Patienten und Betroffenendie Regeln verständlich gemachtwerden können, mit deren Hilfeverlässliche Informationen über nützlicheund nutzlose Angebote der modernenMedizin erlangt werden können.Man wünscht sich sehr, dass dieses gelingenmöge, denn gegen keinen Grundsatzärztlichen Handelns wird durch dasliberalisierte Berufsverständnis zu oftverstoßen wie gegen das „nihil nocere!“.Ben Goldcare, einer der Autoren,schreibt in seinem Geleitwort„Dieses Buch gehört in jede Schule undalle ärztlichen Wartezimmer….“Dieses scheint mir sehr hoch gegriffen,denn erstens wünsche ich keinemPatienten einen so langen Aufenthalt imWartezimmer eines Arztes, dass er auchnur ein Kapitel zur Gänze lesen könnteund zweitens müsste eine Schule, in derdas Buch Lehrstoff sein könnte, einNiveau höher als eine Hochschule haben.Es wäre schon ein großer Gewinn,wenn der Inhalt dieses Buches Studierendender Medizin vermittelt werdenwürde; denn das, was die Autoren zuverhindern versuchen, wird durch ärztli­che Entscheidung oder Duldung befördert.Der medizinische Laie sieht nach derLektüre voller Zweifel und Misstrauenauf das überquellende Angebot an diagnostischenund therapeutischenLeistungen und hofft, dass er niemals indie Situation kommt, mit seinem ArztNutzen und Nachteile von Verfahren erörternzu müssen, die für ihn – z.B. imFall eines Schlaganfalles oder einesHerzinfarktes – zur Verfügung stehen.Für den, der glaubt, das Buch nur überfliegenzu müssen, ist das Ergebnis einschwerwiegendes Vertrauensdefizit indie medizinische Wissenschaft, in die<strong>Ärzte</strong> und in das System. Dieser Verlustan Vertrauen ist aber allein der Oberflächlichkeitgeschuldet. Man muss diesesBuch gründlich lesen und am bestenzweimal (und nicht nur im Wartezimmerdurchblättern!).Für wen ist es geschrieben? Die Autorenwollen ausdrücklich Laien- und Fachleseransprechen, allerdings finde ich, derNormalbürger sollte mindestens Abitur,ein gewisses Zahlenverständnis undüberdurchschnittliches Interesse an sozialenund medizinischen Fragen besitzen,sonst dürfte ihm die zweite Hälfte desBuches Verdruss bereiten.Für den Laien ist es beispielsweiseschwer zu verstehen, dass einerseitsempfohlen wird, sich bei einem Arzt ineinem Zentrum behandeln zu lassen,das sich an Studien beteiligt, andererseitszu erfahren, dass das Gesundheitsministeriumganz aktuell Anwendungsbeo bachtungen im Antikorruptionsgesetzunter strengere Beobachtungstellt. So wichtig und richtig der Hinweisist, dass eine durch Studien begleiteteUntersuchung oder Behandlung sowohlfür den Einzelnen als auch für alle (Patienten)von unvergleichlich höheremNutzen ist, so illusionär kann der Hinweissein, sich für eine Studie nur zurVerfügung zu stellen, wenn Registrierung,Publikation und korrektes Designgesichert sind. Dieses sind Gesichtspunkte,die sich in der Regel dem Interesseeines wirklich kranken Menschenentziehen. Da kaum ein Patient jemalsalle Informationen darüber hat, ob eineDiagnostik oder eine Therapie unter„fairen“ Bedingungen erprobt wurde,ist das Vertrauen in den behandelndenArzt, die ungestörte Arzt-Patienten-Beziehung, das Entscheidende.Man kann sicher einem Patienten in einervertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung ohne evidenz-basierteTherapie helfen, aber kaum bei einergestörten Beziehung mit einer evidenzbasiertenTherapie etwas Wesentlicheserreichen.Die Übersetzung aus dem Englischenvon Karin Beifuss erweckt anfangs Lustzum Weiterlesen. In den letzten Kapitelnjedoch wird die Sprache holperig, dieAnglizismen häufen sich – fast glaubtman Ermüdung zu spüren. Der wiederholteGebrauch des Wortes „fair“ zurKennzeichnung eines unter korrektenBedingungen stattfindenden Vorgangesist ungewohnt, wahrscheinlich, weil sichin unserer Alltagssprache dieser Begriffim Sport verbraucht hat.Ein ausführliches, beispielhaft genauesLiteraturverzeichnis und ein zusätzlichesQuellenverzeichnis zeichnet die Ausgabebesonders aus.Diesem Buch ist zu wünschen, dass esvon möglichst vielen <strong>Ärzte</strong>n gelesenwird. So selten, wie absolute Wahrheitenin der Medizin sind, sind in diesemBuch Gebote und Verbote. Es enthältEmpfehlungen zu vernünftigemHandeln, deren Berücksichtigung hilft,Leid und Kosten zu vermeiden.Prof. Dr. med. Harald MauWo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierteMedizin. Von Imogen Evans,Hazel Thornton, lain Chalmers, PaulGlasziou; Dt. Ausgabe, herausgegebenund mit einem Geleitwort von Prof. GerdAntes, Hans Huber-Verlag, ISBN-10:3456852452, broschiert, 260 S., 24,95 Euro.BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 4


DIE OFFIZIELLE ZEITSCHRIFT DER ÄRZTEKAMMER BERLINBERLINER50. JAHRGANGÄRZTENR 10/<strong>2013</strong>TITELTHEMA........................ARBEITSMEDIZINEin Gebiet mit großer ZukunftVon Ulrike Pohling....................................14Wenn aus einerVernunftsehe Liebe wirdVon Eugenie Ankowitsch.........................17FORTBILDUNG...............EDITORIAL........................Wahlkampf und diearmen Kinder in BerlinVon Rolf-Jürgen Kühnelt.............................3BERLINER ÄRZTE aktuell........................6BERUFS- UND GESUND -HEITSPOLITIK...................Delegierten diskutieren intensivüber Facharzt für NotfallmedizinBericht von der Delegiertenversammlungam 28. August <strong>2013</strong>Von Sascha Rudat.....................................26Die Masern sind los!Infektionsschutzbericht fürdas 1. Halbjahr <strong>2013</strong>Von Jörg Bätzing-Feigenbaum.................30Der Veranstaltungskalender der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin........................ 24CIRS Berlin: Der aktuelle Fall.......35PERSONALIEN................Bestandene FacharztprüfungenJuli/August <strong>2013</strong>.................................28Ein Anatom wird Gesundheitsforscher.....................................................32BUCHBESPRECHUNG........„Wo ist der Beweis?“,von Imogen Evans et. al..................4FEUILLETON..................Naturforscher Georg BüchnerVon Rosemarie Stein .................................36BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 5


BERLINERÄRZTE aktuellHumanitärer KongressKein Zugang zuPatienten!Wen interessiert’s?Der XV. Humanitäre Kongressthematisiert vom 25. - 27. <strong>Oktober</strong><strong>2013</strong> den Zugang humanitärerHilfsorganisationen zu Menschenin Not. Unter dem Titel „NoAccess! Who Cares? How to reachpeople in need“ führt der Kongressmehr als 70 Experten ausWissenschaft, Medizin, Politik undMedien sowie eine Vielzahl vonStudenten unterschiedlichsterFachbereiche in mehr als 20Panels, Vorträgen und Workshopszusammen. Sie diskutieren zuThemen wie Flüchtlinge undInternally Displaced Persons,Gesundheitsrisiken und Vergiftungendurch die Rohstoffindustrie,multiresistente Tuberkulose,Satelliten und Drohnen zurInformationsgewinnung in Krisenoder über neue Akteure undWerte in der humanitären Hilfe.Desweiteren gibt es Workshopszu medizinischen Themen wieCommunity Based Health Care,Meningitis und Mutter-Kind-Gesundheit.ANZEIGEIm sozialwissenschaftlichenBereich wird über die Herausforderungendes humanitärenZugangs und über Strategienzum Schutz der Zivilbevölkerungdiskutiert.Am Freitag, 25.10., wird es eineöffentliche Abendveranstaltungzum Thema Distant Suffering –Visual Access to the War Zonegeben.Der Kongress wird veranstaltetvon <strong>Ärzte</strong> ohne Grenzen, <strong>Ärzte</strong>der Welt, dem Deutschen RotenKreuz, der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlinund der Charité.XV. Humanitärer Kongress BerlinTitel der Veranstaltung:„No Access! Who Cares?How to reach people in need“Ort: Berlin-Wedding,Virchow-KlinikumDatum: 25. - 27. <strong>Oktober</strong> <strong>2013</strong>Anmeldung undInformationen unter:www.humanitarian-congressberlin.org,www.facebook.com/humanitarian.congress.berlinDer Kongress findet in englischerSprache statt.Chefarztwechsel undneue StrukturenAus <strong>Berliner</strong> Krankenhäusernwurden uns folgende Änderungengemeldet:GemeinschaftskrankenhausHavelhöheDr. med. Roland Magerstädt,Arzt für Innere Medizin,Geriatrie und Palliativmedizin,übernimmt zum 1. <strong>Oktober</strong> <strong>2013</strong> die Leitung der neu in denKrankenhausplan aufgenommenen Abteilung Geriatrie imGemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe.Dr. Magerstädt ist bereits seit Juli 2012 in Havelhöhe tätig.Davor war er als Oberarzt im Vivantes Klinikum Spandau tätig.Vivantes Klinikum am UrbanPD Dr. med. Christian Scholz,ehemals Oberarzt an derCharité, ist seit dem 1. September <strong>2013</strong> neuer Chefarzt der Klinikfür Innere Medizin – Hämatologie und Onkologie im Klinikumam Urban. Er löste Prof. Dr. med. Jörg Beyer ab, der das Klinikumauf eigenen Wunsch verlassen hat.Bitte informieren Sie uns über Veränderungen beiChefarztpositionen und Abteilungsstrukturen in Ihrem Hause.Tel. 40 80 6-4100/-4101, Fax: -4199,E-Mail: e.piotter@aekb.de oder s.rudat@aekb.deBER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 6


N A C H R I C H T E NKurseÄrztliche Führung – ein praxisorientiertes Intensivprogrammnach dem Curriculum der BundesärztekammerÄRZTLICHE FÜHRUNG 2014Ob Sie nun eine Station, eineAbteilung, eine Klinik, eine Praxisoder ein MVZ führen: Für jedeÄrztin und jeden Arzt ist Führungein selbstverständlicher Bestandteilder täglichen Arbeit. Nebendem anspruchsvollen medizinischen„Kerngeschäft“ forderndabei vielfältige, oft widersprüchlichenicht-medizinische InteressenAufmerksamkeit, Zeit undEnergie.Aber: Wie vereint man Arzt- und„Manager“-Sein? Wie könnenärztliche Überzeugungen undorganisationsrelevante Anforderungenmiteinander in Einklanggebracht und die eigenenAnsprüche als Führungskraftwirkungsvoll umgesetzt werden?Das Führungsseminar der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin setzt an diesemPunkt an: Im Mittelpunkt steht dieFührungsperson selbst. DennFührung bedeutet mehr als einbloßes Plus an Aufgaben. Siefordert die ganze Person mit ihrenKompetenzen, Werten undHaltungen. Das Seminar erweitertIhre Führungskompetenzen.Es vermittelt konzeptionellesWissen, um Organisationenwerte-, ziel- und mitarbeiterorientiertzu steuern, erfolgreich mitMitarbeitern, Kollegen undVerhandlungspartnern gerade inschwierigen Situationen zu kommunizierenund zu interagieren.Die erfolgskritischen Dimensionenärztlicher Führung werden aufgezeigtund die Gelegenheit geboten,die eigenen Kompetenzen zustärken und ein persönlichesFührungskonzept zu entwickeln.In <strong>2013</strong> wird das Führungsseminarder <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin bereits imvierten Jahr durchgeführt. DasSeminar verfolgt mit seinen vierModulen, die sich auf drei Quartaleerstrecken, bewusst einen prozess-und praxisorientiertenAnsatz.Bei abendlichen Kamingesprächenwerden zusätzlich zum Tagesprogrammaktuelle Fragestellungender Führung aus ungewohntenBlickwinkeln diskutiert.Das Seminar richtet sich vor alleman Oberärztinnen und Oberärzteaus Krankenhäusern sowie anÄrztinnen und <strong>Ärzte</strong> mit leitenderFunktion in anderen größerenEinrichtungen der Patientenversorgungwie z. B. MVZ.Termine:Modul 1Die Praxis des FührensDo. 08.05. – 10.05.2014Modul 2Führen als interaktiver ProzessDo. 26.06. – 28.06.2014Modul 3Veränderungsprozesse managen;gesundheitspolitischer Rahmen;betriebswirtschaftl. Steuerung;Do. 11.09. – 13.09.2014Modul 4Transfer: Sicherung deseigenen KonzeptsFr. 12.12. 2014Veranstalter:<strong>Ärzte</strong>kammer BerlinEin praxisorientiertes Intensivprogrammder <strong>Ärzte</strong>kammer Berlinnach dem Curriculum der BundesärztekammerProgramm Ärztliche Führung 2014Kursleitung:Priv.-Doz. Dr. med. Peter BerchtoldOrt: Evangelische Bildungsstätteauf Schwanenwerder/BerlinAnsprechpartnerinnen:Anke Andresen-LangholzTel.: 030 - 40806-1301Organisation und UnterlagenDr. med. Henning SchaeferTel.: 030 - 40806-1200Fragen zum InhaltE-Mail:aerztliche-fuehrung@aekb.deANZEIGE


N A C H R I C H T E NKonferenzÖGD Berlin als Teil der regionalen psychiatrischen PflichtversorgungPsychische Erkrankungen sindTeil des Lebens vieler Menschen.Im Rahmen der gesetzlichenVersorgungspflicht des ÖffentlichenGesundheitsdienstes(ÖGD) werden in Berlin für psychischerkrankte und suchtkrankeMenschen individuelle,lebensfeldbezogene, personenzentrierteHilfen in denBezirken verwirklicht.Für Betroffene existiert einhochqualifiziertes, wohnortnahesBehandlungs- und Unterstützungssystem.Der ÖGDnimmt dabei eine zentraleRolle ein.Allerdings ist ein Umbruch in diesemkomplexen Systems zubeobachten. Beispielsweiseändern sich die Krankheitsbilderder Betroffenen. Ein zunehmenderKostendruck führt zu verkürzterVerweildauer in der allgemeinpsychiatrischenKlinikbehandlungund damit zu einererhöhten Forensifizierung.Aufgrund veränderter Bedarfeweist die VersorgungslandschaftLücken auf. Diese bedenklichenTrends sollen bei der Konferenzgemeinsam mit Vertreterinnenund Vertretern der Landesregierung,der Bezirke, den Wohl-fahrtsverbänden, Krankenhäusernund niedergelassenen Ärztinnenund <strong>Ärzte</strong>n sowie Psychologinnenund Psychologen analysiertwerden.Datum: Mittwoch, 20. November<strong>2013</strong>, 09:00 bis 16:00 UhrOrt: Willy-Brandt-Saal,Rathaus SchönebergJohn-F.-Kennedy-Platz10825 BerlinDie Konferenz ist eine gemeinsameVeranstaltung der <strong>Berliner</strong>Gesundheitsämter, der Organisationseinheiten„Qualitätsentwicklung,Planung und Koordinationdes öffentlichenGesundheitsdienstes“ und derSenatsverwaltung für Gesundheitund Soziales.Unterstützt wird sie vom Verbandder <strong>Ärzte</strong> des öffentlichenGesundheitsdienstes, der BerlinSchool of Public Health und der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin.Weitere Informationen undAnmeldemöglichkeiten unter:www.berlin.de/sen/gesundheit/gesundheitspolitik/oegd/veranstaltungen/index.htmlANZEIGE


N A C H R I C H T E NRezension„Patient meines Lebens – Von <strong>Ärzte</strong>n, die alles wagen“„<strong>Ärzte</strong> sind es gewohnt zugehorchen. Kaum ein Beruf wirdso beherrscht von Vorschriften,die sich andere ausgedachthaben, und von Wissen, das entwedernicht oder nur punktuellmit sehr viel Aufwand hinterfragbarist.“Mit diesem Zitat beginnt dasVorwort eines Buches mit einemeigentlich eher abschreckendenTitel. „Patient meines Lebens –Von <strong>Ärzte</strong>n, die alles wagen“klingt eher nach Heldenverehrungals nach kluger Unterhaltungund Aufklärung. Und dochist dieses Buch in jeder Hinsichtlesenswert.Der Autor Bernhard Albrecht,selbst Arzt und Sohn einesArztes, beschreibt neun Patientengeschichten,bei denen einzelne<strong>Ärzte</strong> die „Therapie amKrankenbett erfinden“ und mitgroßem ärztlichen Einsatz, Einfühlungsvermögenund Könnenspektakuläre Heilungserfolgeerzielen. Sie gehorcheneben nicht, sondern übernehmeneigenständig Verantwortungfür ihre Patienten. Diesalles geschieht in einer freundlichenund zurückhaltendenSprache.Das eigentlich Sensationelleder ärztlichen Kunst, die hierbeschrieben wird, ist sehr subtilgeschildert, die Bilder werdennicht auf das Papier geschrieben,sondern entstehen – geradebei Menschen, die selbst vomFach sind – im Kopf.Das jüngste FrühgeboreneEuropas ist genauso in derErzählung wie ein jungerMann, der nach einem winterlichenUnfall mit 17 Grad Körpertemperaturaufgefunden unddennoch geheilt wird. DiesesBuch macht Mut. Es zeigt, wofürÄrztinnen und <strong>Ärzte</strong> eigentlichda sind und was wirin vieler Hinsicht können.Natürlich sind spektakuläreEinzelfälle kein Maßstab für denAlltag in Klinik und Praxis.Gleichwohl heben sie den Blicküber diesen Alltag hinweg aufdas Wesentliche und Besondereunseres Berufes, der Hingebung,des Könnens und der Fähigkeit,an der einen oder anderenStelle über sich hinauswachsenzu können.Dr. Günther JonitzDDR-VergangenheitChirurgen ehren Ex-Stasi-MitarbeiterDie <strong>Berliner</strong> Chirurgische Gesellschafthat Helmut Wolff zuihrem Ehrenmitglied ernannt.Der Vorstand votierte einstimmigdafür.Er ignorierte damit den früherenProtest seiner – diesmal nichtgefragten – Mitgliederversammlung.Sie hatte sich entschiedendagegen ausgesprochen. DennWolff war unter dem Decknamen„Becher“ inoffiziellerMitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes,wie bereits seitseinem Ausscheiden aus derCharité im Jahr 1993 bekanntwar. Die Chirurgen haben invorbildlicher Weise damitbegonnen, ihre Nazi-Vergangenheitaufzuarbeiten. DieBemühungen ihres Dachverbandes,der Deutschen Gesellschaftfür Chirurgie (Forschungsauftragan Historiker,Buchveröffentlichungen,Gedenkveranstaltung) fandenhohe Anerkennung.Auch wenn die kriminellenDimensionen der beiden deutschenDiktaturen des 20. Jahrhundertsnicht vergleichbar sind:Es nimmt doch wunder, das dieChirurgen ausgerechnet inBerlin, wo die DDR-Erinnerungnoch am ehesten gegenwärtigist, auf einem Auge blind sind.ANZEIGEBBER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 10


N A C H R I C H T E NPharmaSoll nicht mehr Arzt sein, wer Arzneimittelstudien schönt?Mit zunehmender Dringlichkeitwird auch in Deutschlandgefordert, alle Daten klinischerStudien offenzulegen. Die<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin weistimmer wieder daraufhin, dassein selektives Publizieren vonArzneimittelstudien oder ihrerErgebnisse zu völlig falschenBewertungen von Nutzen undSchaden neuer Medikamenteführt. Auch KammerpräsidentGedenkenGünther Jonitz unterzeichnete2012 die „<strong>Berliner</strong> Erklärung“mit dem Ziel, das EuropäischeParlament und alle Regierungenzu gesetzlichen Rahmenbedingungenzu veranlassen,die Transparenz schaffen. Jetztpreschen die britischen <strong>Ärzte</strong>mit großer Radikalität vor:„Die British Medical Association(BMA) hat beschlossen, dieUnterdrückung von unvorteilhaftenStudienergebnissenals ‚wissenschaftliches Fehlverhalten’zu klassifizieren“,meldet der „Pharma-Brief“(6/<strong>2013</strong> S. 8). Bei <strong>Ärzte</strong>n, diesich daran beteiligen, soll derGeneral Medical Council prüfen,„ob sie noch geeignetsind, Patienten zu behandelnoder ob Ihnen die Zulassungentzogen werden muss“.R. St.Verfolgte <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong> im NationalsozialismusZum Themenjahr <strong>2013</strong> „ZerstörteVielfalt“ wurde von der <strong>Berliner</strong>Medizinischen Gesellschaftdas Buch „<strong>Ärzte</strong> unter demHakenkreuz – Die <strong>Berliner</strong>Medizinische Gesellschaft imNationalsozialismus“ herausgegeben.Hier zeigt sich dasBild einer wissenschaftlichenGesellschaft, in der sich schonfrüh rassenideologischesGedankengut festsetzen konnteund die ab 1933 tief gespaltenwar: Opfern von Berufsverboten,Ausschluss und Verfolgungstehen Opportunistenund Profiteuren der NS-Politikgegenüber. Zum Gedenken anverfolgten <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong> veranstaltendie <strong>Berliner</strong> MedizinischeGesellschaft, das InstitutLebertransplantationÜberprüfung der Charité ohne TadelDer Bericht über die Erstprüfungen der 24deutschen Leberzentren ist Anfang Septemberder Öffentlichkeit vorgestellt worden. In Anwesenheitvon Bundesgesundheitsminister DanielBahr (FDP) erläuterten die Überwachungskommissionund Prüfungskommission (nach demTransplantationsgesetz) die Ergebnisse.Schwere Richtlinienverstöße hatten die Prüferin der Universitätsklinik Göttingen und Leipzigsowie in München rechts der Isar und Münsterfestgestellt. Diese Verstöße hatten zur Folge,dass für bestimmte Patienten der so genanntefür Geschichte der Medizin –Charité UniversitätsmedizinBerlin und die Stiftung Denkmalfür die ermordeten JudenEuropas eine Lesung.Dienstag, 29.10.<strong>2013</strong>, 19:00 UhrDenkmal für die ermordetenJuden EuropasCora-<strong>Berliner</strong>-Straße 110117 BerlinVorsitz und Moderation:Dr. Ulrich Baumann, stellv.Direktor Stiftung Denkmal fürdie ermordeten Juden EuropasEinladende:<strong>Berliner</strong> Medizinischen Gesellschaft,Prof. Dr. Helmut Hahn,Vorsitzender Stiftung Denkmalfür die ermordeten Juden Europas,Dr. Uwe Neumärker, DirektorInstitut für Geschichte derMedizin – Charité UniversitätsmedizinBerlin,Dr. Thomas BeddiesMitwirkende:Dr. Susanne Doetz undDr. Christoph Kopke, Institutfür Geschichte der Medizin,Charité-UniversitätsmedizinBerlinDr. Roman Skoblo, JüdischeGemeinde BerlinDr. Elmar Wille, Vizepräsidentder <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinDr. Hella Conrad, Dr. EberhardNeumann-Redlin von Medingu. Prof. Helmut Hahn als Autorenbzw. Herausgeber des o.g.Buches.MELD-Score veränderte wurde und sie damitauf der Warteliste weiter nach vorne rücken.Die Überprüfung der Klinik für Allgemein-, Viszeral-und Transplantationschirurgie der Charitéergab keinerlei Auffälligkeiten und Anzeichenfür Manipulationen oder Richtlinienverstöße.Bundesärztekammerpräsident Frank UlrichMontgomery betonte, dass die Prüfungen, dieTeil des neuen Kontrollsystems nach dem Transplantationsskandalim Sommer 2012, Erfolgzeigten. Dies sei im Sinne von mehr Transparenznotwendig, um die Spendenbereitschaft in derBevölkerung wieder zu erhöhen. srdBER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 11


ÄRZTEKAMMER aktuellCIRS … bitte melden!<strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>versorgungDas Netzwerk CIRS-Berlin gehtin die 3. ProjektphaseDas im Jahr 2008 von der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin und dem ÄrztlichenZentrum für Qualität inder Medizin initiierte NetzwerkCritical-Incident-Reporting-System-Berlin ist am 1. September<strong>2013</strong> in seine inzwischendritte Projektphase getreten.Die aktuell teilnehmenden 19<strong>Berliner</strong> Kliniken stellen Berichtezu in ihren Einrichtungenaufgetretenen Beinahe-Schädenin anonymisierter Form inden Berichtepool des einrichtungsübergreifendenFehlerberichts-und Lernsystems ein. Inden regelmäßig stattfindendenAnwenderforen analysierenVertreter der Einrichtungenaktuelle Fälle, um gemeinsamStrategien zur Beseitigung derFehlerquellen zu entwickeln.Diese werden den Einrichtungen,wo möglich mit Hintergrundinformationenwissenschaftlichunterlegt, zur Verfügunggestellt. Alle zwei Monatewird auch in BERLINER ÄRZTEein „Aktueller Fall“ dargestellt(s. S.35). Der persönliche Erfahrungs-und Wissensaustauschist das Besondere am NetzwerkCIRS-Berlin. Der treibendeGedanke des gemeinsamenLernens aus Fehlern wirddadurch intensiv gelebt.Zum Start der neuen Projektphaseöffnet sich das NetzwerkCIRS-Berlin ausdrücklich fürweitere <strong>Berliner</strong> und nun auchBrandenburger Klinken.Bereits heute decken die amNetzwerk CIRS-Berlin teilnehmenden<strong>Berliner</strong> Kliniken über50% der vollstationären Fälleder Bundeshauptstadt ab (Basis:Daten aus 2010). CIR-Systemehaben sich inzwischen zu einemverbreiteten Instrument desRisikomanagements entwickelt,was durch das zunehmendeInteresse am Netzwerk CIRS-Berlin belegt wird. Und dasPatientenrechtegesetz wird inZukunft die Teilnahme an einrichtungsübergreifendenCIRSstärken, indem die Klinikendafür finanzielle Zuschlägeerhalten werden.In Kürze wird das NetzwerkCIRS-Berlin weitere neueTeilnehmer aufnehmen, diedas Netzwerk mit Ihren Erfahrungenund Ideen bereichernwerden!Ihre Ansprechpartnerin inder <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin:Dr. med. Barbara Hoffmann, MPHTel. 030. 40806-1400,E-Mail: b.hoffmann@aekb.deDorothea Spring neuesMitglied des AufsichtsausschussesNachdem Peter Bobbert (Marburger) in denVorstand der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin gewähltworden war, war sein Platz im Aufsichtsausschussder <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>versorgung (BÄV)vakant geworden. Beide Ämter zu belegen,ist nach dem <strong>Berliner</strong> Kammergesetz nichtmöglich. Die Vertreterversammlung der BÄV hatte deshalb in ihrer Sitzungam 29. August <strong>2013</strong> die Aufgabe, ein neues Aufsichtsausschuss-Mitglied zu wählen. Einzige Kandidatin war Dorothea Spring (MarburgerBund). Sie erhielt alle Stimmen der neun anwesenden VV-Mitglieder.Sie war zwar nicht persönlich anwesend, hatte aber bereits zuvor verkündet,dass sie ggf. die Wahl annehmen werde. Neu in der Vertreterversammlungist Andreas Grüneisen, der für Volker Pickerodt (beide FraktionGesundheit) nachgerückt ist. Pickerodt hatte sein Mandat aus gesundheitlichenGründen niedergelegt. VV-Vorsitzender Elmar Wille (Allianz)dankte ihm für seine langjährige, konstruktive Arbeit.Nach der Wahl informierte Martin Reiss, Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaftfür Versorgungswerke mbH (VGV), über Auswirkungender aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Befreiungvon Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>n von der gesetzlichen Rentenversicherungspflichtdurch die Deutschen Rentenversicherung (DRV). Er erläuterte dieFolgen für die betroffenen <strong>Ärzte</strong> sowie ihre Arbeitgeber und beschriebden daraus erwachsenen Verwaltungs- und Beratungsmehraufwand inder <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>versorgung. Insbesondere ging er auf die unterschiedlichenDefinitionen der ärztlichen Tätigkeit, die von der DRV und der BÄVverwendet werden, und die daraus erwachsende Rechtsunsicherheit, ein.Reiss erläuterte, dass es für berufsspezifische Tätigkeiten Vertrauensschutzfür Tätigkeitswechsel vor dem 31.12.2012 gebe.Anschließend stellte Marcel Priefert, VGV-Abteilungsleiter, die Unterschiedezwischen dem bis zum Jahr 2009 praktizierten Kapitalanlagekonzeptund dem danach neu eingeführten Masterfondskonzept vor.Dabei ging er besonders auf die Bilanzierungspraxis ein und hob dieVorteile des Masterfondskonzeptes hervor.srdKursWeiterbildungskursPädiatrie der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlinzum Facharzt fürAllgemeinmedizinDer Kurs Pädiatrie kann in Verbindungmit einem 6-monatigenWeiterbildungsabschnitt inGebieten der unmittelbarenPatientenversorgung denlt. Weiterbildungsordnung zuerbringenden Abschnitt in derKinder- und Jugendmedizinersetzen und besteht ausfolgenden drei Teilen:1. 9 Stunden Theoriekurs2. 40 Stunden Hospitation ineiner Kinderarztpraxis3. 60 Stunden Teilnahme amkinderärztlichen Notfall- undBereitschaftsdienst der KVTermine 9 StundenTheoriekurs:jeweils Donnerstag19.00 – 21.15 Uhr19.09.<strong>2013</strong>, 31.10.<strong>2013</strong>und 07.11.<strong>2013</strong>Ort: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin,Seminarraum, Friedrichstr. 16,10969 BerlinGesamtgebühr: 550 Euro,9 FortbildungspunkteInformation undAnmeldung:Telefon: 030/40806-1203;E-Mail: a.hellert@aekb.deBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> 10/<strong>2013</strong> S. 12S. 12


NACHRICHTENSymposium2. Fortbildungskongress der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlinin Kooperation mit der Arzneimittelkommission der deutschen <strong>Ärzte</strong>schaftTermin: Samstag, 23. November <strong>2013</strong>, 9.00 – 16:40 UhrOrt: <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinDer 2. Fortbildungskongress der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin in Kooperationmit der Arzneimittelkommission der deutschen <strong>Ärzte</strong>schaft(AkdÄ) ist die Fortsetzung des erstmals im Dezember 2012 mitdurchweg positiver Resonanz durchgeführten 1. Fortbildungskongresses,der sich explizit mit dem Thema „Sauberes Wissen in derMedizin“ befasst hat. Ziel des diesjährigen Kongresses ist es, denTeilnehmern ein Update zu ausgewählten Themen zu geben unddie Fragen: „Was gibt es Neues? Welche neuen Therapiekonzepteleiten sich daraus ab?“ zu beantworten. Wir möchten Ihnen wiederdie Möglichkeit geben, sich frei von wirtschaftlichen InteressenDritter, auf höchstem Niveau und in ansprechender Weise überEntwicklungen und den aktuellen Stand der gesicherten medizinischenund ärztlichen Erkenntnis zu Problemen der Patientenversorgungzu informieren und auszutauschen.Der Kongress beginnt mit Vorträgen von Prof. Ludwig zum Thema„Unabhängige Arzneimittelinformation“ sowie von Prof. Donner-Banzhoff zum Thema „Methodenkompetenz“. In den vier sich anschließendenparallelen Workshops mit den Schwerpunktthemen• Therapeutisches Team in der Praxis• Diabetes mellitus Typ 2• ADHS – vom Schulkind bis ins Erwachsenenalter – Medikalisierungsozialen Verhaltens oder leitliniengestützte Therapie?• Rationale Antibiotika-Therapiesteht die Erarbeitung und Beantwortung der Frage im Vordergrund„Was muss man wissen, damit man „sicher“ entscheiden kann, obeine bestimmte Therapie oder ein bestimmtes Medikament für denPatienten geeignet ist?“Im abschließenden Vortrag wird Dr. Blank als niedergelassenerAllgemeinmediziner das Praxis-Projekt „Lebensqualität im Alter“vorstellen.Wir freuen uns auf Ihre Voranmeldung unterfortbildungskongress@aekb.de (Tel. 030 – 40806-1205).Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.KongressleitungDr. med. Günther Jonitz, Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig,Dr. med. Matthias Brockstedt, Stephan BernhardtKongressorganisation<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Abteilung Fortbildung / QualitätssicherungDr. med. Henning Schaefer, Andrea HofmannTeilnehmerentgelt45 € Kammermitglieder, 65 € Nichtkammermitglieder,9 FortbildungspunkteNS-ZeitEine Gedenktafel für vertriebene Psychoanalytiker…… erinnert an über 130 <strong>Berliner</strong>Psychoanalytiker und Kandidatenin Ausbildung, die zurEmigration gezwungen wurden,meist durch die nationalsozialistischenRassegesetze. Zweikamen in Konzentrationslagernums Leben, zwei begingenSuizid. Deutschland verlor zweiAnalytikergenerationen. DieGedenktafel – gesponsert vonVertretern und Freunden derPsychoanalyse – befindet sichdort, wo früher das <strong>Berliner</strong>Psychoanalytische Institutseinen Sitz hatte: in Tiergarten,Wichmannstraße 1.Bei einer kleinen Feier wurdendie Namen aller Vertriebenenverlesen. Ludgar Hermannszitierte in seiner AnspracheHannah Arendt: Das persönlicheProblem sei nicht gewesen,„was unsere Feinde taten, sondern,was unsere Freunde taten…Das war, als ob sich ein leererRaum um einen bildete.“R. St.SymposiumTödlich trotz Hightech-Medizin –Infektionskrankheiten im21. JahrhundertWeltweit sind die Infektionskrankheitendie häufigsteTodesursache und auch in denIndustrienationen (wieder) einernst zu nehmendes Problem.Hauptursache ist die zunehmendeResistenzentwicklung derErreger, sodass keine kausaleTherapie möglich ist. Wo durchmedizinischen Fortschritt undHochleistungsmedizin fast allesmachbar zu sein scheint, entstehenvor dem inneren Augeplötzlich Bilderwelten „alterSeuchen“, und wir fühlen unszurückgeworfen in die Zeit vorder mikrobiologischen Ära.Die Evangelischen Akademienzu Berlin und Sachsen-Anhaltsowie die Akkon-Hochschule fürHumanwissenschaften ladenherzlich ein zu einem interdisziplinärenSymposium zuraktuellen Situation der Infektionskrankheiten.In Vorträgenund Diskussionen sollengrundlegende Positionen vonMedizin, Public Health, Gesundheitspolitiksowie sozialethische,historische und kulturwissenschaftlicheReflexioneneinander ergänzen und einebreite Perspektive auf zukünftigeHerausforderungen und ihreBegegnungen ermöglichen.Wissenschaftliche Leitung:Prof. Dr. Dr. Timo UlrichsTermin: 02. und 03. Dezember <strong>2013</strong>Ort: Evangelische Bildungsstätteauf Schwanenwerder, Inselstraße27-28, 14129 BerlinAnmeldung: EvangelischeAkademie Sachsen-Anhalt,E-Mail:info@ev-akademie-wittenberg.de,Tel.: 03491-498840Tagungsbeitrag: 90 €, erm. 70 €;13 FortbildungspunkteBERLINER BERLINER ÄRZTE ÄRZTE 10/<strong>2013</strong>S. S.13


A R B E I T S M E D I Z I NWenn aus einer Vernunftehe Liebe wirdVon Eugenie AnkowitschArbeitsmedizin ist für viele Medizinstudierende und<strong>Ärzte</strong> nicht die erste Wahl. Wer aber fern des stressigenKlinikalltags und der Budgetzwänge in der Praxis arbeitenwill, findet in der Arbeitsmedizin eine echte Alternative.Aber nicht nur deswegen ist sie attraktiv: DerBeruf ist außerdem äußerst vielfältig, abwechslungsreichund bietet viel Raum für Selbstständigkeit undKreativität. Denn Betriebs- und Arbeitsmediziner sindlängst nicht mehr nur für Betriebsuntersuchungenzuständig, sie sind Gesundheitsmanager geworden.Foto: E. AnkowitschSeit elf Jahren betreut Stefanie Seele als leitende Betriebsärztin die rund 5.400 Mitarbeiter der <strong>Berliner</strong> Stadtreinigung.Morgens um sechs auf einemBetriebshof der <strong>Berliner</strong> Stadtreinigung(BSR): Dienstbeginn nicht nur fürdie Müllwerker, sondern auch für dieBetriebsärztin Dr. Stefanie Seele. Es istwichtig, Präsenz zu zeigen: Die Männerin Orange wissen das zu schätzen. „Siehaben das Gefühl, ich interessiere michfür das, was sie tun, und kann zumindestteilweise nachvollziehen, wie dieArbeitsbedingungen sind“, sagt sie. AmMittwoch und Freitag gibt es die sogenannteFrühsprechstunde beim betriebsärztlichenDienst der BSR. Denn vorallem im Gespräch mit den Kollegenerfährt Seele, wo der Schuh drückt undwas sich verbessern lässt. Die Fachärztinfür Arbeitsmedizin ist Leiterin desbetriebsärztlichen Dienstes der BSR undmit zwei weiteren Betriebsärzten für dieGesundheit der rund 5.400 Beschäftigtenzuständig.Um die Arbeitsbedingungen ihrer Patientenkennenzulernen, zieht sie gelegentlichdie orange Arbeitskleidung anund fährt eine Schicht auf dem Müllautomit, schaut sich die Arbeitsbedingungenauf einem Wertstoff- und Betriebshofoder aber auch in der BSR-Verwaltungan. Sie prüft, ob Computerarbeitsplätzeergonomisch eingerichtet sind und zeigtMitarbeitern, wie man schweren Sperrmüllrückenschonend trägt – damit dieArbeit nicht krank macht. Und die Arbeitder Müllwerker ist hart. Im Akkord schiebenund tragen sie Tonnen und Container,und das bei Wind und Wetter.Ihr Medizinstudium begann StefanieSeele allerdings nicht mit dem Ziel, fürein Unternehmen zu arbeiten. ImGegenteil: Über das Fach Arbeitsmedizinhatte sie eine denkbar schlechteMeinung. Nach dem Studium ging esfür Seele als Anästhesistin in eine Notaufnahme.Anschließend entschied sichdie Ärztin dann doch für Allgemeinmedizin.Den Facharzt in der Tascheging es in eine große Hausarztpraxisin die niedersächsische Provinz: engenPatientenkontakt und viele Hausbesucheinklusive. „Zunächst hat es vielSpaß gemacht. Dann habe ichBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 17B E R L I N E R Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S.17


T I T E L T H E M Alassen, ob sie dazu noch in der Lagesind. Seele führt aber auch Vorsorgeunter-suchungenbei Angestellten durch,die mit gefährlichen Stoffen arbeitenoder überprüft, ob schwangere Mitarbeiterinnenweiter ihren Aufgabennachgehen können. Oft kommen Mitarbeitermit Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Aber auch Herz- undKreislauf-erkrankungen sind an derTagesordnung.Auch auf dem Speiseplan der BSR-Kantine hat sich in den vergangenen Jahren einiges geändert.Ausgewogene Mahlzeiten sind mit einem grünen Apfel gekennzeichnet.allerdings immer mehr gemerkt, dassman als Arzt zunehmend fremdbestimmtarbeitet. Andere Institutionen,wie z.B. die Krankenkassen, haben mirim Prinzip vorschreiben wollen, welcheMedizin ich zu machen habe“, erklärtSeele. Eine untragbare Situation für diejunge Ärztin. Die Arbeit im Krankenhausmit seinen Hierarchien war für sie ebenfallskeine echte Alternative. So kamSeele zur Arbeitsmedizin.Gestaltungsfreiheit stattFremdbestimmungBereut hat sie das nie. Nur manchmalvermisse sie es, dass sie keine Krankheitentherapieren darf. „Das sind aber nurkurze Momente“, betont die Betriebsärztin.Unter dem Strich genieße sie es,präventiv tätig zu sein, also die Krankheitenerst gar nicht entstehen zu lassen.Und da wäre ja auch noch dieGestaltungsfreiheit: „Ich bestimmteselbst, wie ich die Kontakte mit Menschengestalte, welche Schwerpunkteich setze, welche Strategien ich entwickle“,berichtet Seele. Denn als Betriebsarztkann man tatsächlich einige positiveVeränderungen für die Beschäftigtenbewirken. So konnte die Betriebsärztinzusammen mit ihren Kollegen von derArbeitssicherheit die Unternehmensleitungüberzeugen, sogenannteNiederflurfahrzeuge anzuschaffen.Bei diesen speziellen Müllfahrzeugenmüssen die Müllwerker keine Stufensteigen, um in das Führerhaus zu gelangen.„Das hört sich nicht spektakulär an,ist aber eine große Erleichterung für dieKollegen“, sagt sie.Selbstverständlich ist das nicht, da diesebesonderen Fahrzeuge deutlich teurerals herkömmliche sind. Deshalb mussSeele in Besprechungen und Meetingsdie Unternehmensleitung immer wiederüberzeugen, dass der höhere finanzielleAufwand sich tatsächlich lohnt. „Dasgelingt natürlich nicht immer“, gibt dieBetriebsärztin zu. Ans Aufgeben denktsie aber nicht. Soziale Kompetenz,Kommunikationstalent sowie Konfliktaberauch Kompromissfähigkeit hältSeele neben medizinischem Fachwissenfür die wichtigsten Eigenschaften vonArbeitsmedizinern.Vorsicht bei Entscheidungenüber die berufliche ZukunftIn den Frühsprechstunden kann Seeleaber auch ihre ärztliche Seite ausleben.Dann stehen zahlreiche Untersuchungenauf dem Programm. So müssen sich beispielsweisealle Fahrer der BSR-Betriebsfahrzeugeregelmäßig untersuchenManchmal muss Stefanie Seele Entscheidungentreffen, die das Leben derMitarbeiter auf den Kopf stellen können.Darf zum Beispiel ein Mitarbeiternach einer Lebertransplantation weiterin der Straßenreinigung tätig sein?Oder aber viel alltäglicher: Kann einMüllwerker mit mehreren Bandscheibenvorfällenoder kaputten Knien nochals Müllwerker arbeiten? „Da stehenganze Existenzen auf dem Spiel“,berichtet die Betriebsärztin. In solchenFällen untersucht Seele die Mitarbeiter,beurteilt die Befunde, schaut sich dieDie Arbeit der Müllwerker ist hart. Deshalbist es besonders wichtig, rückenschonendeArbeitstechniken zu beachten. Anderenfallskann auf spät oder lang ein Bandscheibenvorfalldrohen, weiß Stefanie Seele.BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 18B E R L I N E R Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S.18


A R B E I T S M E D I Z I NMedikation an und muss schließlichentscheiden, ob derjenige seine Arbeitnoch machen kann. „Man muss indiesen Fällen als Betriebsarzt dahersehr vorsichtig und nicht zu restriktivhandeln“, warnt sie.Betriebsärztin bei der BSR ist alles andereals ein ruhiger Job. Denn jeder Betriebhat seine eigene Kultur. Bei der BSR, woüberwiegend Männer arbeiten, ist derTon oft ruppig und kernig, es ist manchmalschmuddelig und es stinkt hier undda. „Ich mag das. Es ist ehrlich undgeradeaus. Ich kann mir zum Beispielnicht vorstellen, in einem Unternehmenzu arbeiten, wo es geschniegelt undgestriegelt zugeht“, sagt Seele.Und manchmalwird es wildAm Arbeitsplatz von Dr. BernwardSiebert kann es ganz schön wildzugehen. Hier brüllt der Löwe, dort trötendie Elefanten, nur paar Meter weitertollen die unermüdlichen Schimpansen.Denn einer der Einsatzorte des Arbeitsmedizinersist der <strong>Berliner</strong> Zoo. Dortbetreut er die 240 Mitarbeiter, darunterWissenschaftler, Handwerker, aber vorallem Tierpfleger.Die Arbeit der Tierpfleger ist alles andereals leicht. Von morgens bis abends giltes, die Tiere zu versorgen und zu pflegen.Außerdem müssen die Gehegegesäubert werden – egal bei welchemWetter. Und es fällt eine ganze MengeMist an. Anders als man das von denFernsehsendungen her kennt, machenTierpfleger die meiste Zeit des Tagessauber.Siebert, sie für die Risiken ihres Arbeitsplatzeszu sensibilisieren und Präventionim Betrieb voranzutreiben. Nicht immerist es einfach. Da ärgert sich Siebertschon mal, wenn ein Pfleger trotz besserenWissens eine volle Karre mit halb leerenReifen durch die Gegend schiebt undsich so unnötigen Belastungen aussetzt.Das Besondere der Arbeit im Zoo: DieMitarbeiter, die Siebert betreut, arbeitenmit wilden Tieren und manchmal ist dieArbeit auch nicht ganz ungefährlich.Immer wieder ist von Tierpflegern zulesen, die von Tieren angegriffen oderunabsichtlich verletzt wurden. Das kannder Stachel eines Stachelschweines sein,den man aus Versehen abbekommt.Manchmal kommt es aber zu lebensgefährlichenVerletzungen oder gar Todesfällen.Erst vor einem Jahr wurde einePflegerin bei Reinigungsarbeiten imInnengehege des Kölner Zoos von einemSibirischen Tiger zu Tode gebissen. Die43-Jährige hat wohl vergessen, einSicherheitstor zu schließen. „Deshalb istes extrem wichtig, sich die Gefahrenbewusst zu machen und nicht nachlässigzu werden“, erklärt Siebert. Aus diesemGrund bekommt jeder Auszubildendegleich am Anfang seiner Ausbildung sehrausführliche Anweisungen für den richtigenUmgang mit den besonderen Gefahrenam Arbeitsplatz Zoo.Dr. Bernward Siebert schaut genau hin, obdie Tierpfleger ihre schwere Arbeit möglichstRücken- und Gelenke schonend machen.Viel Abwechslung beimüberbetrieblichen DienstAngestellt ist Siebert allerdings nichtbeim Zoo, sondern bei den ArbeitsmedizinischenDiensten (AMD), einer Spartevon TÜV Rheinland, die von 66 Standortendeutschlandweit Unternehmen inSachen Gesundheit, Prävention undArbeitsschutz berät. Denn nach demArbeitssicherheitsgesetz ist jederSolche Arbeit kann körperlich ganzschnell anstrengend werden. „Da dieTierpfleger viel mit Schaufeln und Karrenarbeiten, ist die Belastung doch sehreinseitig“, erklärt Siebert. Die Mitarbeiterunterschätzten oft, wie wichtig schonendeArbeitstechniken für die Erhaltungihrer Gesundheit sind. Es ist eineder wichtigsten Aufgaben vonImmer wieder ist von Tierpflegern zu lesen, die von Tieren angegriffen oder unabsichtlich verletztwurden. Deshalb ist es wichtig, dass immer eine Barriere, z.B. ein Gitter zwischen Mensch undTier vorhanden ist.BERLINER B E R L I N E R ÄRZTE Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. S. 19


T I T E L T H E M AFür Dr. Bernward Siebert ist es besonders wichtig, die Tierpfleger an ihren Arbeitsplätzen zu besuchen. Da bleibt auch der Kontakt mit Tieren nichtaus. Auch wenn Flusspferde seine Lieblingstiere sind, ist es nicht minder außergewöhnlich einem Spitzmaulnashorn nahe zu kommen.Betrieb verpflichtet, schon ab einemangestellten Mitarbeiter einenBetriebsarzt für Vorsorgeuntersuchungenund betriebsärztliche Beratung hinzuzuziehen.Zu dessen Aufgaben zählenauch die Beratung und Unterstützungdes Arbeitgebers in Fragen des Arbeitsschutzesund der Unfallverhütung. Dasich ein eigener Betriebsarzt für kleineFirmen nicht lohnt, „leihen“ sie sich ihreBetriebsärzte stundenweise – je nachAnzahl der Beschäftigten und Gefährdungsanalyse– bei sogenannten überbetrieblichenDiensten, wie beispielweiseden AMD.Die Arbeitsmediziner bei einem überbetrieblichenDienst betreuen daher mehrereFirmen parallel. Je nach Bedarf sinddie Betriebsärzte in manchen Betriebenwöchentlich oder monatlich vor Ort, inanderen nur einmal im Jahr, je nachBedarf. Bernward Siebert ist in derRegel alle 14 Tage im <strong>Berliner</strong> Zoo.Daneben betreut er als Betriebsarzteine Pharmafirma, ein großes Hotel undeinen Softwareentwickler.Langeweile im Job – das kenne er nicht,sagt Siebert. „Durch meine Tätigkeit alsBetriebsarzt beim überbetrieblichenDienst hatte ich die Gelegenheit, unterschiedlichsteBranchen und Firmenkulturenkennenzulernen und arbeitetemit verschiedensten Menschen zusammen“,erklärt er. Außerdem koordiniertder Arbeitsmediziner die fachlicheBetreuung großer bundesweiter Kundender AMD mit jeweils mehr als 2.500Mitarbeitern.Siebert ist unter Arbeitsmedizinern eineAusnahmeerscheinung. Während viele<strong>Ärzte</strong> eher per Zufall zur Arbeitsmedizinkommen, hat Siebert das Medizinstudiumeinzig und allein mit der Absichtbegonnen, Arbeitsmediziner zu werden.Zuvor hat er als Chemielaborant ineinem großen <strong>Berliner</strong> Biochemielaborgearbeitet. In dieser Zeit habe er gesehen,dass Betriebsärzte sehr viel für dieBeschäftigten bewirken können. Daswollte er auch und hat über den zweitenBildungsweg zunächst das Abiturnachgeholt und dann Medizin studiert.Betriebsarzt als Beraterund Case-ManagerFür Siebert ist der Betriebsarzt in ersterLinie ein unverzichtbarer Berater derFührungskräfte und Projektmanagerfür die Gesundheit im Unternehmen:Er arbeitet an der Schnittstelle vonArbeitsplatz und Beschäftigtem, kannErkrankungen und Gefährdungen frühzeitigerkennen und dabei sowohl aufdie Verhältnisse als auch das Verhaltenim Sinne einer ganzheitlichen Therapieeinwirken. Außerdem fungiert derBetriebsarzt als „Case-Manager“, wennes um Rehabilitation oder beruflicheWiedereingliederung geht.Seit über 20 Jahren ist Siebert bereitsBetriebsarzt im <strong>Berliner</strong> Zoo. Da bleibtes nicht aus, dass er fast jeden Mitarbeiterund seine komplette Lebensgeschichtesehr gut kennt. „Das ist wieeine Familie. Die Kollegen kommen vertrauensvoll,wenn sie einen ärztlichenRat brauchen, auch wenn es nichtzwingend etwas mit der Arbeit zu tunhat“, erklärt Siebert.BBERLINER E R L I N E R Ä RÄRZTE Z T E 10/<strong>2013</strong> 10/<strong>2013</strong> S.2020


A R B E I T S M E D I Z I NSein Lieblingstier ist übrigens dasFlusspferd. Nicht verwunderlich, dassdas Flusspferdhaus sich ebenfallseiner großen Beliebtheit beimArbeitsmediziner erfreut. So feierteer sogar seinen 50. Geburtstag imlichtdurchfluteten Bau.Keine Lust auf„5-Minuten-Medizin“Auch für Dr. Genia Diner war dieArbeitsmedizin keine Liebe auf denersten Blick. „Vielmehr war es zunächsteine Vernunftehe“, sagt sie und lacht.Da die Arbeit mit Menschen für sie aberschon immer im Vordergrund stand,entschied sie sich nach dem Medizinstudiumzunächst für die Innere Medizin.Nach dem Facharzt und einigen Jahrenin der Nephrologie und der Kardiologietauchte die Frage auf: „Was nun?“ EineKarriere im Krankenhaus anstreben oderdoch eine Niederlassung?Die Antwort auf diese Frage war überraschend:Gleichgültig, für welchen Wegsie sich entscheiden würde, sie würde jadoch immer nur dann ins Spiel kommen,wenn Menschen bereits erkranktsind. „Nach neun Jahren in der InnerenMedizin habe ich festgestellt, dass esmir schlicht keinen großen Spaß macht,am Ende des Reparaturvorgangs zusein“, erzählt Diner. Vielmehr hat sichdie agile Ärztin dafür interessiert, welcheRessourcen der Mensch braucht, umgesund zu bleiben. Ihre Begeisterung fürpräventive und rehabilitative Fachrichtungenwurde immer größer.In der Zeit, als Diner Praxisvertretungenmachte, hat sie außerdem die Erfahrunggemacht, dass es im Praxisalltag kaummöglich ist, jedem Patienten die nötigeZeit zu widmen. „Ich konnte mir einfachnicht vorstellen, immer diese‚5-Minuten-Medizin‘ zu betreiben“,berichtet Diner. Der Wunsch der Ärztinwar, mit Menschen ins Gespräch zukommen, etwas über ihr Leben, ihreFamilie und ihre Arbeit zu erfahren, umanschließend gemeinsam zu überlegen,wie der Mensch gesund wird und bleibt.FamilienfreundlicheArbeitszeitenAuch privat haben sich bei Diner inzwischeneinige Änderungen ergeben: Siehat während ihrer Facharztausbildungeine Tochter bekommen. Nun stand dieEntscheidung an, wie es beruflich weitergeht.An diesem Scheideweg haben Freundeund Kollegen der jungen Ärztin geraten,sich doch mal etwas eingehender mitder Arbeitsmedizin zu beschäftigen. „Siehaben mich neugierig darauf gemacht,die Arbeitswelt kennenzulernen, dieArbeitsbedingungen zu analysieren, zuschauen, wo es die Schnittstellen zwischender Arbeitswelt und der Gesundheitgibt und welche Wechselwirkungensie haben“, erinnert sich Diner.Hinzu kam, dass die Arbeitszeiten in derArbeitsmedizin in der Regel familienfreundlichsind. Arbeitsmediziner müssenauch keine Wochenend- und Nachtschichtenschieben: Für junge Mütterhat das nicht zu unterschätzende Vorteile.Und mittlerweile sind rund zweiDrittel der Medizinstudierenden inDeutschland weiblich.Betriebsärzte habenentscheidendesMitspracherechtNach zwei Jahren Weiterbildung zurArbeitsmedizinerin trat Diner ihre ersteStelle als Betriebsärztin an der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinikin Berlin an. Erstjetzt offenbarte sich ihr ein ganzerMikrokosmos der Arbeitswelt einesKrankenhauses. Denn eine Klinik bieteteine Fülle an Berufsbildern: Nebenmedizinischem Personal, wie <strong>Ärzte</strong>n undPflegefachkräften, sollte sie Mitarbeiterder hauseigenen Wäscherei, Gärtnerei,Tischlerei, Schlosserei, einer Fahrradreparaturwerkstatt,Elektriker, Transport,Reinigung und Mitarbeiter aus derKüche und der Verwaltung betreuen.Und all diese Mitarbeiter haben spezifischeBelastungen, sind anderen Gefah-Dr. Genia Diner führt sie als leitendeBetriebsärztin zusammen mit einemSicherheitsingenieur das Institut fürbetrieblichen Gesundheitsschutz desVivantes-Konzerns in Berlin und ist für dieGesundheit von rund 14.000 Mitarbeiternverantwortlich.Foto: privatren ausgesetzt und brauchen aucheinen individuellen Zugang seitens derBetriebsärzte. Seitdem sind 20 Jahrevergangen. Aus der Vernunftehe ist nuneine Liebe geworden, sagt Diner. Mittlerweileführt sie als Leitende Betriebsärztinzusammen mit einem Sicherheitsingenieurdas Institut für betrieblichenGesundheitsschutz des kommunalenVivantes-Konzerns in Berlin und ist zusammenmit ihrem Team für die Gesundheit vonrund 14.000 Mitarbeitern verantwortlich.Eine der wichtigsten Aufgabe von Dinerals Leitende Betriebsärztin ist es, denGedanken des Arbeits- und Gesundheitsschutzesin die Unternehmensstrategieund die Qualitätsmanagementsystemezu integrieren. Gelingtdas, steigt die Mitarbeiterzufriedenheitund somit die Arbeitgeberattraktivität.Außerdem: Nur ein gesunder und motivierterMitarbeiter ist ein Leistungsträger,gibt Diner zu bedenken.Die Beratung der Unternehmensleitungist daher eine der Hauptaufgaben derBetriebsärzte. Und die Themenpaletteist lang und bunt: Gesunde Führung,Schichtdienstgestaltung, altersgemischteTeams, demografischer Wandel,Familienfreundlichkeit, psychischeBERLINER B E R L I N E R ÄRZTE Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. S. 21


T I T E L T H E M ABelastungen in der Arbeitswelt undUmgang mit psychischen Erkrankungenim Betrieb, Berufskrankheiten, Arbeitsunfälleund vieles mehr. Ob Bauvorhabenoder die Einführung neuer Berufsbekleidung,die Betriebsärzte haben beivielen wichtigen Vorgängen in einemBetrieb mitunter entscheidendes Mitspracherecht.Wenn <strong>Ärzte</strong> zuPatienten werdenDas Besondere an der Arbeit desBetriebsarztes in einem Klinikkonzern:Man betreut eine Berufsgruppe, die sicheigentlich sehr gut mit Krankheitenauskennt – nämlich <strong>Ärzte</strong>. „<strong>Ärzte</strong>, aberauch die Pflegekräfte, haben einenanderen Zugang zu ihrer Gesundheitals viele andere Berufsgruppen“,berichtet Diner. Ausgerechnet Medizinerachten nur unzureichend auf ihreGesundheit und ignorieren eigeneBelastungsgrenzen. Oft denken sie inerster Linie an ihre Patienten und vergessendabei, auf die eigene Gesundheitzu achten. So rauchen viele <strong>Ärzte</strong>,obwohl sie genau wissen, welche Folgendas hat. „Deshalb braucht man daals Betriebsarzt auch nicht mit irgendwelchenStatistiken über die Risikenankommen“, sagt Diner. „Es ist zielführender,statt über die ihnen bekanntenGefahren des Rauchens zu dozieren,eher etwas an den Arbeitsbedingungenzu ändern und zum Beispiel andereAchtsamkeits- und Entspannungstechnikenals Alternative zu bieten“, erklärtdie Betriebsärztin.Besonders stolz ist Diner deshalb aufdas Führungskräfte-Programm „GesundesFühren“. „Wenn jeder Verantwortlichebegriffen hat, was eine gute undgesunde Führung ausmacht, dann profitiertjeder einzelne Mitarbeiter vor Ort“,davon ist die Betriebsärztin überzeugt.Ihr Team unterstützt auch Maßnahmenzur besseren Vereinbarkeit von Berufund Familie, das von der Vivantes-Stabsstelle Changemanagement federführendgesteuert wird. Es gibt außerdemAngebote wie Bewegungs- undEine der zahlreichen Aufgaben der Betriebsärztin Dr. Genia Diner ist es, darauf zu achten, dass derArbeitsplatz der Vivantes-Mitarbeiter ergonomischen Standards entspricht.Entspannungskurse, Stressbewältigungs-und Achtsamkeitsseminaresowie Seminare zum Thema „GesundLeben – Gesund Arbeiten“.Probleme rechtzeitigerkennen und richtigeAntworten findenTrotz einiger Erfolge gibt es für GeniaDiner noch viel zu tun. Neue Entwicklungenim Arbeitsleben stellen auch dieBetriebsärztin vor immer neue Herausforderungen.„Ich habe noch nie so vieldazugelernt wie in der Arbeitsmedizin“,sagt sie. So musste Diner sich im Laufeihres Berufslebens als Betriebsärztinzusätzliche Spezialkenntnisse, zum Beispielin der Orthopädie, Dermatologie,in der Psychosomatik, der Sportmedizin,Reisemedizin und der Sozialmedizin,aneignen. Aber auch solche Problemewie der demografische Wandel und dessenAuswirkungen auf die Arbeitswelt,verlangen von den Betriebsärzten Antworten.„Man bleibt nie stehen, sondernentwickelt sich ständig weiter, je nachdem,mit welchen gesellschaftlichenAnforderungen man konfrontiert wird“,sagt Diner. In den vergangenen Jahrenhaben sich nach Angaben der Betrieb-särztin die Fragestellungen vor allem inRichtung psychische Erkrankungen verlagert.Deshalb hat Diner für ihrBetriebsärzte-Team mehrere Fortbildungenund Workshops organisiert, die sichmit dem Belastungs-Beanspruchungskonzept,der Diagnostik von psychischenLeiden, dem Umgang mit psychosomatischenErkrankungen und mit derEingliederung psychisch kranke Mitarbeiterin die Arbeitswelt beschäftigten.Auch Forscher kommennicht zu kurzDie Erkrankungsschwerpunktehaben sich deutlich verändert –das bestätigt auch Dr. Geraldine Preuß.Die Fachärztin für Arbeitsmedizin istam Institut für Arbeitsmedizin der <strong>Berliner</strong>Charité im Bereich Wissenschaft,Forschung und Lehre beschäftigt unduntersucht Fragestellungen aus derArbeitswelt. Vor allem ist der Sachverstandder Arbeitsmediziner danngefragt, wenn es um Untersuchungenvon Belastungen und Beanspruchungenam Arbeitsplatz, die Entwicklung vonPräventionsmaßnahmen sowie dieEvaluierung durchgeführter Maßnahmengeht.BBERLINER E R L I N E R Ä RÄRZTE Z T E 10/<strong>2013</strong> 10/<strong>2013</strong> S.2222


A R B E I T S M E D I Z I NInsbesondere diejenigen, die an Forschunginteressiert sind, kommen in derArbeitsmedizin also nicht zu kurz. ImGegenteil: Gerade die Arbeitsmedizinbietet spannende Möglichkeiten. Denndie Bereiche, die man erforschen kann,sind genauso vielfältig wie die Arbeitsweltselbst. Am Institut für Arbeitsmedizinbeschäftigen sich die Wissenschaftlerzurzeit mit physischen und psychischenBelastungen bei Physiotherapeutenund <strong>Ärzte</strong>n, der Evaluierung gesundheitspräventiverMaßnahmen, Forschungsprojektenüber Asbest- undanderen Atemwegserkrankungen, Tanzmedizinsowie Verkehrsmedizin. Undder Stoff geht nie aus: Denn es gibtimmer wieder neue Entwicklungen imArbeitsleben und bei den Arbeitsbedingungen.„Was mir besonders gut gefällt ist, dassForschungsthemen sich oftmals direktaus dem Berufsalltag ergeben und sichwissenschaftliche Erkenntnisse umgekehrtunmittelbar in die Praxis umsetztenlassen“, sagt Preuß. Wie wirken sichbestimmte neue Technologien und Produktionsverfahrenauf die Gesundheitder Mitarbeiter aus? Welche Folgen hatder Rückgang traditioneller „lebenslanger“Beschäftigungsverhältnisse amklassischen „festen“ Arbeitsplatz mitZunahme von temporärer Projektarbeit,Teilzeitarbeit, Heimarbeit, Arbeitslosigkeit?Aber auch abseits solcher großen,auch gesamtgesellschaftlich richtungsweisendenFragestellungen hat arbeitsmedizinischeForschung höchste praktischeRelevanz: In einem ihrer aktuellenForschungsprojekte evaluiert Preuß beispielsweise,ob und wie sich konkretegesundheitsfördernde Maßnahmen ineinem Großbetrieb auf die Gesundheit,das Gesundheitsbewusstsein und dasWohlbefinden der Beschäftigtenauswirken.Den berufsbedingtenGefahren auf der SpurEin weiteres Betätigungsfeld bieten wissenschaftlichearbeitsmedizinischeFachgutachten in Berufskrankheitenverfahren.Was sich zunächst nicht besondersspannend anhört, kann sich zurwahren Detektivarbeit entwickeln. Aneinen solchen Fall erinnert sich die Wissenschaftlerinnoch sehr gut. WegenGedächtnisstörungen, zitteriger Schriftund extremer Kopfschmerzen stellte sichein Patient in der Rettungsstelle vor. DieUntersuchungen zeigten deutliche Veränderungenim Blutbild, für die die <strong>Ärzte</strong>keine Erklärung hatten. „Wir wurdenhinzugezogen, um ggf. Expositionen ausdem Arbeitsumfeld zu eruieren. Anamnestischberichtete der Patient nur überseine Arbeit in einer Flughalle“, erinnertsich Preuß. Es folgten Messungen amArbeitsplatz, mit auffällig hoher Konzentrationverschiedener Substanzen. DerGrund: Gelagerte Fässer im hinteren, nurwenig belüfteten Teil der Halle, ausdenen giftige Dämpfe entwichen. NachDer Sachverstand der Arbeitsmedizinerin undForscherin Dr. Geraldine Preuß ist besondersgefragt, wenn es um wissenschaftliche Studienzu Belastungen bei der Arbeit oder auch umdie Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitund die Entwicklung von Präventionsmaßnahmengeht.Analyse der Inhaltsstoffe konnten dieSymptome und Blutbildveränderungenzugeordnet und der Mann adäquatbehandelt werden. „Es macht einfachSpaß, wenn sich am Ende der Recherchendie mitunter kleinen Puzzleteilezusammenfinden“, sagt Preuß.Arbeitsmedizin ist überallEin großer Bestandteil der Arbeit vonGeraldine Preuß am Institut für Arbeitsmedizinist die Lehre. So wie auch in derArbeitsmedizin selbst, hat sich in derLehre an der Charité in den vergangenenJahren vieles verändert. „Im neuenModellstudiengang gibt es kein separatesFach Arbeitsmedizin mehr.Jetzt werden die Aspekte der Arbeitsmedizinin verschiedenen Semesternz.T. auch interdisziplinär behandelt“,erklärt sie. Im ersten Semester beispielsweiselernen die Studierendenetwas über Prävention und „Selfcare“,d.h. wie sie sich selbst vor Gefahren inihrem späteren Berufsalltag schützenkönnen.In einem höheren Semester werdenzum Beispiel berufsbedingte Atemwegserkrankungenthematisiert. „UnserZiel ist es, zu zeigen, dass arbeitsmedizinischeAspekte in allen Bereichen derMedizin eine wichtige Rolle spielen“, soPreuß. Sie hofft auch, dass ein solcherZugang bei den MedizinstudierendenInteresse für die Arbeitsmedizin weckt,die zu Unrecht oft „als langweilig in dieEcke gestellt“ wird.Denn ob im Zoo oder bei der Stadtreinigung,in Pharmaunternehmen oder beiden großen Automobilherstellern – anall diesen Arbeitsstätten werden dringendjunge engagierte Betriebsärztegesucht. Denn die Arbeitsmediziner tragenentscheidend dazu bei, dass dieGesundheit der Beschäftigten als Voraussetzungfür den Unternehmenserfolgerhalten bleibt. Auch innerhalb derHumanmedizin wird die Arbeitsmedizinaufgrund ihres präventiven Ansatzeseine immer stärkere Gewichtung erfahren,darin sind sich viele Experten einig.Verfasserin:Eugenie AnkowitschBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 23B E R L I N E R Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 23


Allgemeiner HinweisVERANSTALTUNGENDie Ankündigungen auf diesen beiden Seiten geben einen Überblicküber die ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen, die in der nächstenZeit von der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin veranstaltet werden oder inKooperation mit ihr stattfinden. Einen vollständigen Überblick überunsere Veranstaltungen erhalten Sie auf unserer Homepage www.aerztekammer-berlin.de <strong>Ärzte</strong> Fortbildung Fort bildun gen derÄKB. Alle weiteren Fortbildungsveranstaltungen, die von der ÄKB zertifiziertwurden und Fortbildungspunkte erhalten haben, können imOnline-Fortbildungskalender unter www.aerztekammer-berlin.de <strong>Ärzte</strong> Fortbildung Fortbildungskalender recherchiert werden. DerFortbildungskalender ermöglicht eine Recherche nach Terminen, Fachgebietenoder auch nach freien Suchbegriffen. Damit bietet der Kalenderin Abhängigkeit von der gewählten Suchstrategie sowohl einenumfassenden Überblick über sämtliche Fortbildungs ver anstaltungenin Berlin als auch eine an den individuellen Inte ressen schwerpunktenorientierte Veranstaltungsauswahl weit im Voraus.Termine Thema / Referenten Veranstaltungsort Information / Gebühr Fortbildungspunkte 19.09. / 31.10. / 07.11.<strong>2013</strong> Weiterbildungskurs Pädiatriezum Facharzt für Allgemeinmedizin(weitere Informationen s. S. 12)<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1203;E-Mail: a.hellert@aekb.deGesamtgebühr: 550 €9 P 04.11.-13.11.<strong>2013</strong> (Kursteil B1)13.11.-22.11.<strong>2013</strong> (Kursteil B2)Weiterbildungskurs Arbeitsmedizin /Betriebsmedizin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTN-gebühr: Kurs B: 990 €Kursteile B1, B2: 495 €60 P pro Kursteil 23.11.<strong>2013</strong> 2. Fortbildungskongress der<strong>Ärzte</strong>kammer Berlinin Kooperation mit der Arzneimittelkommissionder deutschen <strong>Ärzte</strong>schaft(weitere Informationen s. S. 13)<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation: Tel. 40806-1205Dr. med. H. Schaefer, Andrea HofmannE-Mail: fortbildungskongress@aekb.deTeilnehmerentgelt:45 € Kammermitglieder65 € Nichtkammermitglieder9 P 25.11.<strong>2013</strong> Wissenskontrolle zum Erwerb derQualifikation zur fachgebundenen genetischenBeratung nach demGendiagnostikgesetz<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinInformation: Tel.: 40806-1209E-Mail: s.zippel@aekb.deAnmeldung erforderlichTeilnehmergebühr: kostenloskeineFoto: S. Rudat 29.11.<strong>2013</strong> Spezialkurs im Strahlenschutz bei CT <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 Berlin 09.12.-11.12.<strong>2013</strong> Grundkurs im Strahlenschutz <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 Berlin 11.12.-13.12.<strong>2013</strong> Spezialkurs im Strahlenschutz bei derRöntgendiagnostik 06.01.–15.01.2014 (Kursteil C1)15.01.–24.01.2014 (Kursteil C2) 21.02. - 22.02.201421.03. - 22.03.201425.04. - 26.04.201423.05. - 24.05.2014Weiterbildungskurs Arbeitsmedizin /BetriebsmedizinKurs SuchtmedizinischeGrundversorgung zum Erwerb derZusatzweiterbildung „SuchtmedizinischeGrundversorgung“ in vier Modulen 21.03.2014 Untersuchung des Kontrast- undDämmerungssehens /Gesichtsfeldbefundungbei Untersuchungen gemäßFahrerlaubnisverordnung 21.03.-22.03.2014 Verkehrsmedizinische Begutachtung –Qualifizierung gemäßFahrerlaubnisverordnung 08.05.-10.05.2014 (Modul 1)26.06.-28.06.2014 (Modul 2)11.09.-13.09.2014 (Modul 3)12.12.2014 (Modul 4)<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 Berlin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 BerlinDRK Kliniken MitteHaus EDrontheimer Str. 39-4013359 Berlin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 1610969 Berlin<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Fort- undWeiterbildungszentrumFriedrichstr. 16, 10969 BerlinÄrztliche Führung -Evangelische Bildungsstätte aufein praxisorientiertes Intensivprogramm Schwanenwerder(weitere Informationen s. S. 7)Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTN-gebühr: jeweils155 €Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 270 €Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1215E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 240 €Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1215, E-Mail: fb-aag@aekb.deTN-gebühr: Kurs C: 990 €Kursteile C1, C2: 495 €Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1301 /-1303E-Mail: fb-aag@aekb.de160 € je KursteilInformation und Anmeldung:Tel.: 40806-1215, E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 60 €Kombipreis mit „Verkehrsmed.Begutachtung“: 290 €Information und Anmeldung:Tel.: 40806-1215, E-Mail: fb-aag@aekb.deTeilnehmergebühr: 250 €Information und Anmeldung:40806 -1405 / -1301E-Mail: aerztliche-fuehrung@aekb.dejeweils 9 P21 P20 P60 P pro Kursteil12 P pro Kursteil5 P16 P80 PBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 24


DER ÄRZTEKAMMER BERLIN <strong>Oktober</strong> 13Patientensicherheit: Intensivseminar FallanalyseWie entstehen Fehler? Welche beitragenden Faktoren bewirken, dass Unfälle undschwere Zwischenfälle entstehen? Wie kann die Wahrscheinlichkeit, dass sichsolche Fälle wiederholen, reduziert werden?Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit bietet die <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin dieses Seminar an. Dessen Ziel ist es, ein systemisches Verständnis zurEntstehung von Fehlerereignissen sowie praktische Fertigkeiten zur Fallanalysenach schweren Zwischenfällen zu vermitteln.Die theoretischen Grundlagen werden in Kurzvorträgen dargestellt. Über Fallbeispielewird das relevante Wissen konkretisiert und in praktischen Übungen zurFallanalyse vertieft. Konzepte der Fehlerentstehung, Sicherheitskultur undSystemanalyse werden praxisnah diskutiert.Das Intensivseminar richtet sich an Angehörige aller Berufsgruppen im Gesundheitswesenund ist spezifisch auf den Krankenhausbereich ausgerichtet.Termin: Das Seminar wird in drei Modulen durchgeführt:Online-Modul: 01.03. – 27.03.2014Präsenzseminare: 28.03. – 29.03.2014 und 09.05. – 10.05.2014(jeweils Freitag 12-18 Uhr und Samstag 9-14 Uhr)Ort: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstraße 16, 10969 BerlinDie Teilnehmerzahl ist auf 25 begrenzt.Anmeldung erforderlich: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Tel. 40806-1206, Dörte BünningE-Mail : d.buenning@aekb.deTeilnehmergebühr: 550 EUR, 37 FortbildungspunkteTransfusionsmedizinisches Peer ReviewFür die Durchführung des Peer Review-Verfahrens in der Transfusionsmedizin inden transfundierenden <strong>Berliner</strong> Kliniken und Praxen sucht die <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin dringend neue Peer Reviewer. Qualitätsbeauftragte, Transfusionsverantwortlicheund Transfusionsbeauftragte, die Interesse an einer Ausbildung zumPeer Reviewer haben, bitten wir um kurze Rückmeldung. Die Fortbildung nachdem Curriculum „Ärztliches Peer Review“ der Bundesärztekammer findet am7. /8. November <strong>2013</strong> statt. Die Kosten trägt die <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin.Anmeldung richten Sie bitte an Frau Regina Drendel, Email: r.drendel@aekb.de,Tel. 030 / 40806-1401<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin in Kooperation mit derCharité – Universitätsmedizin BerlinKurs Qualitätsmanagement (200 Std.)Der 200 Stunden- Kurs Qualitätsmanagement nach dem Curriculum „ÄrztlichesQualitätsmanagement“ der Bundesärztekammer wird von der <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin in Kooperation mit der Charité im Frühjahr 2014 als Kompaktkurs innerhalbvon knapp vier Monaten veranstaltet. Die drei Wochen der Präsenzphasewerden durch eine 50-stündige Phase des Selbststudiums ergänzt. <strong>Ärzte</strong> habendie Möglichkeit, durch die Teilnahme an diesem Weiterbildungskurs und an eineranschließend erfolgreich abgelegten Prüfung vor der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlindie Zusatzbezeichnung „Ärztliches Qualitätsmanagement“ zu erwerben.Termine: Präsenzwoche 1: 10.03. – 15.03.2014 / Woche 2: 05.05. – 10.05.2014 /Woche 3: 16.06. – 21.06.2014 (jeweils montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr undsamstags von 9 bis 16 Uhr))Veranstaltungsort: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstr. 16, 10969 BerlinWeitere Informationen: Tel.: 030 / 40806-1402 (Organisation),Tel.: 030 / 40806-1207 (Inhalte) oder per E-Mail: QM-Kurs<strong>2013</strong>@aekb.deGewalt gegen Patienten mit tödlichem Ausgang –das Risiko bedenken und wirksam vorsorgenFortbildungsveranstaltung der <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinTötungen in Krankenhäusern und Heimen sind ein Tabuthema, leider jedoch keineEinzelfälle; vielmehr ist eine hohe Dunkelziffer zu bedenken. In seinem Buch„Krankentötungen in Kliniken und Heimen – Aufdecken und Verhindern“ (Lambertus-Verlag,2011) widmet sich Prof. Dr. med. Karl H. Beine über 35 Tötungsserienmit mehr als 300 gerichtlich nachgewiesenen Tötungen durch <strong>Ärzte</strong> undPflegende; dabei zeigt er auf, dass es im Vorfeld aller referierten Fälle Warnhinweisegegeben hat: Dazu zählen beispielsweise bestimmte Persönlichkeitsstrukturender Täter, eine Häufung unerwarteter Todesfälle, unklareMedikamentendefizite oder Verdachtsmomente im Team. In einigen Fällen hättenTodesfälle durch ein schnelleres Eingreifen vermieden werden können.Das Fortbildungsangebot möchte dafür sensibilisieren, dass Gewalttaten gegenüberPatientinnen und Patienten in jeder Einrichtung vorkommen können. ImWeiteren soll die Veranstaltung dazu dienen, dass <strong>Ärzte</strong> und alle an der PflegeBeteiligten sich über dieses Thema informieren und untereinander austauschenkönnen sowie wirksame Präventionsmaßnahmen und Strategien zur Vermeidungkennenlernen.Referent: Prof. Dr. med. Karl H. Beine, Facharzt für Nervenheilkunde undPsychotherapeutische Medizin; Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapieund Psychosomatik / St. Marien-Hospital Hamm; Fakultät für Gesundheit –Department für Humanmedizin / Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Psychiatrie undPsychotherapieDatum und Uhrzeit: Mittwoch, 27. November <strong>2013</strong>, 18:30 – 20:00 UhrOrt: <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstraße 16, 10969 BerlinAnmeldung / Kontakt: Die Teilnahme ist kostenlos. Eine persönliche Anmeldungist unbedingt erforderlich. Anmeldung per Telefon: 030 / 40806-14 02 oder perE-Mail: fb-veranstaltungen@aekb.deDie Veranstaltung ist mit 2 Fortbildungspunkten anerkannt.„Grundlagen der medizinischen Begutachtung“Ein Kurs in drei ModulenBasierend auf dem 40-stündigem Curriculum der Bundesärztekammer bietet die<strong>Ärzte</strong>kammer Berlin ab Mai 2014 für alle in Weiterbildung befindlichen Kolleginnenund Kollegen und für Interessierte aus Klinik und Praxis erneut den Kurs„Grundlagen der medizinischen Begutachtung“ an. Allgemeine Grundlagen zurBegutachtung und Anforderungen an Gutachten sowie spezielle Fragestellungender Versicherungs- und Sozialleistungsträger bilden Schwerpunkte des Curriculums.Dabei werden nicht nur medizinisch-fachliche Fragen, sondern auch juristische,sozialversicherungsrechtliche und rechtsmedizinische Aspekte der Begutachtungin deren Grundlagen behandelt. Anhand von Fallvorstellungen diskutierenausgewiesene Experten fachspezifische Fragen der Begutachtung. In denfreien Intervallen zwischen den Präsenzveranstaltungen erstellen die Teilnehmerzwei Gutachten, deren Ergebnisse im Plenum zusammengefasst werden.Wiss. Leitung: Prof. Dr. P. Marx (ehemals Neurologische Klinik, Charité – CampusBenjamin Franklin, Berlin)Termine: Modul I: 09./10.05.2014 / Modul II: 23./24.05.2014 /Modul III: 27./28.06.2014(freitags jeweils 13.00-19.30 Uhr; samstags jeweils 08.00-14.00 Uhr)Ort: Konferenzsaal der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin, Friedrichstr. 16, 10969 BerlinTeilnahmegebühr für die Module I - III: 400 Euro/45 Fortbildungspunkte(15 pro Modul)Informationen und Anmeldung per E-Mail unter: begutachtung@aekb.deTel: 030/40806-1203BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 25


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KDelegierte diskutieren intensivüber Facharzt für NotfallmedizinBericht von der Delegiertenversammlung am 28. August <strong>2013</strong>Trotz einer kompakten Tagesordnung gab es bei der ersten Delegiertenversammlungnach der Sommerpause viel Diskussionsbedarf. Neben der geplanten Novellierung derMuster-Weiterbildungsordnung sorgte insbesondere das Für und Wider eines eigenständigenFacharztes für Notfallmedizin für hohen Gesprächsbedarf. Dabei bot die Diskussionein hohes inhaltliches Niveau und machte die verschiedenen Blickwinkel auf die Problemein der Notfallmedizin deutlich.Von Sascha RudatBevor Vorstandsmitglied WernerWyr wich den Sachstand der Novellierungder Muster-Weiterbildungsordnung(MWbO) vortrug, erklärte Kammer präsidentGünther Jonitz (beide MarburgerBund), dass die Bundesärztekammer zweiTage zuvor mitgeteilt habe, den Landesärztekammern mehr Zeit einzuräumen.Aus diesem Grund seien die für Novemberund Dezember <strong>2013</strong> geplanten Klausursitzungenvon Ausschuss und StändigerKonferenz „Ärztliche Weiterbildung“ abgesagtworden.Wyrwich stellte in seiner Präsentationzunächst die Grundlagen der geplantenNovellierung vor. Demnach soll eine neueWeiterbildungsordnung vor allem folgendenProblemen bei der Weiterbildung, dieman erkannt hatte, entgegentreten: Inhaltliche Überfrachtung Überhöhte Richtzahlen Mangelnde Kontinuität durchArbeitszeitgesetze Hohe Arbeitsbelastung durchArbeitszeitverdichtung Eingeschränktes Leistungsspektrumdurch SpezialisierungDie geplante Novellierung soll daherprimär folgende Ziele verfolgen: Strukturierung der Weiterbildungnach Kompetenzen Definition vorrangig über Inhalte,weniger über Zeiten Berufs- und Sozialrecht in Einklangbringen Stärkung der ambulantenWeiterbildung Schaffung von berufsbegleitendenWeiterbildungsmöglichkeitenIm Anschluss ging Wyrwich näher auf dender Novelle zugrunde liegenden Kompetenzbegriffbzw. die verschiedenenKompetenzebenen ein. Abschließend erläuterteer den ursprünglichen Zeitplan,der immer schwerer zu halten sein wird.In der anschließenden Diskussion kritisierteJulian Veelken (Fraktion Gesundheit),dass viele Fachgesellschaften in ihrenStellungnahmen bei der Bundesärztekammerdie gleichen Inhalte wie bisher indie vier neuen Kompetenzebenen hineingepressthätten. Dies sei enttäuschend,dabei sei die Anästhesie eine zu lobendeAusnahme. Daneben bemängelte er dieRichtzahlen, die eigentlich nichts überKompetenzen des Weiterzubildenden aussagenwürden. Die Praxis zeige aber, dassnoch immer das Logbuch ausschlaggebendsei, um eine Prüfungszulassung zuerhalten. Zustimmung erhielt Veelken hinsichtlichder Richtlinien-Problematik vonKlaus Thierse (Marburger Bund).Matthias David (Marburger Bund) betonte,dass man wesentlich mehr Ausbilderbrauche, um dem angestrebten Konzeptgerecht werden zu können. Es sei kaummöglich, diese anspruchsvolle Weiterbildungin der Praxis durchzuführen: „Dazuwäre ein Train-the-Trainer-Programm notwendig.“Kammerpräsdient Jonitz schlug vor, die genanntenKritikpunkte in Form eines Antragesder Delegierten der <strong>Ärzte</strong> kam merBerlin auf dem nächsten Deutschen <strong>Ärzte</strong>tageinzubringen. Zudem sei notwendig,die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern.Die Ausfinanzierung der Weiterbildungmüsse per Gesetz in den Abrechnungssystemender Patienten versorgungsichergestellt werden, forderte Jonitz.Für und Wider einen neuenFacharztIm Anschluss stellte Werner Wyrwich denDelegierten die Tätigkeit des „Arbeitskreisesinterdisziplinäre Notaufnahmenund Notfallmedizin“ vor. Wyrwich, der denArbeitskreis seit seiner Gründung 2011 leitet,begrüßte dazu zwei weitere Mitglieder,Dr. Stefan Poloczek (Ärztlicher Leiterdes Rettungsdienstes der <strong>Berliner</strong> Feuerwehr)und Prof. Dr. Rajan Somasun daram(Leiter der Rettungsstelle am UKBF), alsGäste und erläuterte die unterschiedlichenSektoren der Notfallversor gung mit denverschiedenen Leistungser bringern.Danach schilderte Wyrwich den Auftragdes Kammervorstandes, ein Kon zept zuerarbeiten, wie die <strong>Ärzte</strong>kammer Berlindie Qualifikation der in der Notfall versorgungtätigen Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>nachhaltig und dauerhaft verbessernkann. Dabei wurden drei Problemfelderidentifiziert: Mangelnde Fachkompetenz Patientensicherheit und Haftungsrisiko Fehlende berufliche Perspektiven fürÄrztinnen und <strong>Ärzte</strong> in der NotfallmedizinAus Sicht des Arbeitskreises gibt es demnachdrei Optionen, eine Situationsverbesserungzu erreichen:1. Standardisierter Kurs mit überwiegendorganisatorischen Inhalten2. Zusatzweiterbildung, vergleichbar mitder „Speziellen Intensivmedizin“3. Eigener Facharzt „Notfallmedizin“Bei der Bewertung der Optionen sei manzu dem Schluss gekommen, dass derFacharzt für Notfallmedizin die größteAnzahl von Positivkriterien in sich vereinigt.Der Arbeitskreis habe daraufhin imFrühjahr 2012 dem Gemeinsamen Weiterbildungsausschuss(GWbA) und demVorstand der Kammer die Ergebnisse vorgestellt.Der GWbA forderte darauf dieErarbeitung von Umsetzungsmodellen dervorgeschlagenen Facharztweiterbildung.BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 26


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KNachdem diese dem GWbA vorgestelltworden waren, forderte dieser, ein Weiterbildungs­Curriculumunter Einbeziehungvon Vertretern der Fachgebiete aus denWeiterbildungsausschüssen und demKrankenhausausschuss zu diskutieren.Im Frühjahr <strong>2013</strong> trat der Arbeitskreis inden direkten Dialog mit den Ausschüssen,deren Positionen zur Einführung einesFacharztes für Notfallmedizin sehr unterschiedlichausfielen.Diese Heterogenität wurde auch in der anschließendenDiskussion unter den Delegiertendeutlich. Hans­Peter Hoffert(Hausärzte) erklärte, er sehe beim Notfallgeschehenin Berlin eher ein Strukturproblemder ambulanten Versorgung, fürdas die KV Berlin zuständig sei. Aus seinerSicht gibt es bereits einen Facharzt, derüber das geforderte breite Spektrum anKompetenzen verfüge: den Facharzt fürAllgemeinmedizin. Die Fälle in denRettungsstellen seien absolut identischmit denen in den Hausarztpraxen. Die<strong>Berliner</strong> Rettungsstellen seien wenigerRettungsstellen, sondern vielmehr Ambulatorien.Er stellte fest, dass sich derWei terbildungsausschuss II (Allgemeinmedizin,Kinder­ und Jugend medizin) mitNach druck gegen die Einführung einesFach arztes für Notfallmedizin ausgesprochenhat.KV­Vorstand Burkhard Bratzke (Allianz)forderte eine stärkere Differenzierung derNotfälle. Für rund die Hälfte der Fälle seider Facharzt für Notfallmedizin gedacht,den er allerdings skeptisch betrachte.Unterstützung bekam er von Eva Müller­Dannecker und Julian Veelken (beide FraktionGesundheit), die zu einer Zusatzweiterbildung tendierte. Zurückhaltungkam auch von Harald Mau (Allianz).Im Anschluss erhielt ArbeitskreismitgliedRajan Somasundaram das Wort. Er habeseine Arbeit mit der Überzeugung begonnen,dass eine Zusatzqualifikation ausreichendsei, um eine Verbesserung derQualität in der Notfallmedizin zu erreichen.Dazu gehöre auch, dass Kolleginnenund Kollegen längerfristig in der Notfallmedizinarbeiteten. Ein Chirurg oder einAnästhesist, der diese Zusatzbezeichnungerwirbt, werde aber höchstwahrscheinlichnicht längerfristig in der Notfallmedizintätig sein. Daher sei er zu der Überzeugunggelangt, dass eine entsprechendeFacharztausbildung sinnvoller sei als eineZusatzqualifikation.Danach erhielt Stefan Poloczek, ebenfallsAK­Mitglied, das Wort. Er stellte klar, dassder Facharzt für Notfallmedizin kein„Überarzt“ sein soll. Er solle lediglich dererste Kontakt für den Patienten sein, umfachgemäß und zeitnah festzustellen, inwelches Fachgebiet der jeweilige Notfallgehöre. Gleichzeitig betonte Poloczek,dass sich die strukturellen Defizite auchdurch die Einführung eines neuen Facharztesnicht ändern würden. Der Auftragdes Arbeitskreises sei aber vielmehr, herauszuarbeiten,was die <strong>Ärzte</strong>kammerBerlin mit eigenen Mitteln tun könne, umzu einer Verbesserung der Versorgung beizutragen.Die Diskussionen in den Ausschüssen undFachgruppen über das Für und Wider einesFacharztes für Notfallmedizin dürften damitalso noch lange nicht am Ende sein.Neben diesen beiden diskussionswürdigenTagesordnungspunkten stimmten dieDelegierten noch über zwei Drucksachenab. So galt es, einen Vertrauensmann unddessen Stellvertreter für den Wahlausschussder ehrenamtlichen Richterinnenund Richter beim Berufsgericht und Berufsobergericht am Verwaltungsgericht/Oberverwaltungsgericht zu benennen sowiedie Vorschlagslisten der DV für dieBenennung der ehrenamtlichen Richterinnenund Richter zu verabschieden.Beide Drucksachen wurden einstimmigverabschiedet.srdDie nächste Delegiertenversammlungfindet am 20. November <strong>2013</strong> um20 Uhr in der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin statt.BER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 27


P E R S O N A L I E NHerzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung!Bestandene Facharztprüfungen Juli bis August <strong>2013</strong> *Name AntragstellerWbO BeschreibungPrüfungs-/EntscheidungsdatumAyoub Abedzadeh FA Radiologie 14.08.13Maria del Mar Amador Ruiz FA Neurologie 06.08.13Ilker-Akgün Aydin FA Allgemeinmedizin 13.08.13Name AntragstellerWbO BeschreibungPrüfungs-/EntscheidungsdatumDr. med. Larissa Khodai FA Allgemeinmedizin 13.08.13Yoo-Ri Kim FA Anästhesiologie 01.07.13Alpay Kizir FA Innere Medizin 31.07.13Samira BaharlouFA Haut- und Geschlechtskrankheiten21.08.13Dr. med. Amelie KlambeckFA Psychosomatische Medizin undPsychotherapie20.08.13Dr. med. Alexander Berger FA Innere Medizin 28.08.13Dr. med. Annikki Bertolini FA Kinder- und Jugendmedizin 24.07.13Dr. med. Eva Bobrich FA Orthopädie und Unfallchirurgie 29.07.13Alexander Bode FA Anästhesiologie 08.08.13Dr. med. Mischa Braun FA Neurologie 23.07.13Dr. med. Georg Brinkhaus FA Radiologie 14.08.13Kirstin Burgwald FA Psychiatrie und Psychotherapie 02.07.13Katharina Dietrich FA Psychiatrie und Psychotherapie 13.08.13Natalia Dittloff FA Allgemeinmedizin 13.08.13Dr. med. Axel Köhler FA Innere Medizin 07.08.13Dr. med. Felix Kork FA Anästhesiologie 01.08.13Dr. med. Philipp Tibor Krauser FA Innere Medizin 24.07.13Dr. med. Benedikt Kreiner FA Urologie 10.07.13Dr. med. Hagen Kunte FA Nervenheilkunde 13.08.13Dr. med. Hagen Kunte FA Neurologie 20.08.13Ursi Laaser FA Anästhesiologie 14.08.13Josefine Landsbeck FA Psychiatrie und Psychotherapie 16.07.13Dr. med. Luu Le FA Chirurgie 04.07.13Jörn Eckardt FA Innere Medizin 31.07.13Dr. med. Lydia Eichler FA Neurologie 09.07.13Dr. med. Max LieblFA Physikalische und RehabilitativeMedizin06.08.13Dr. med. Dorothea Eisenmann FA Anästhesiologie 14.08.13Hussein El-Osta FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13Dr. med. Judith Enderwitz FA Innere Medizin 17.07.13Dr. med. Dennis Eurich FA Allgemeine Chirurgie 04.07.13Priv.-Doz. Dr. med. Jens Fielitz FA Innere Medizin und Kardiologie 21.08.13Angelika Fink FA Allgemeinmedizin 16.07.13Kerstin Gabbert FA Psychiatrie und Psychotherapie 30.07.13Igor Gagarkin FA Viszeralchirurgie 04.07.13Dr. med. Verena Gaus FA Neurologie 23.07.13Dr. med. Annette Geißler FA Allgemeinmedizin 16.07.13Dr. med. Kirsten Gleaves FA Psychiatrie und Psychotherapie 27.08.13Dr. med. Peter Linke FA Neurologie 20.08.13Anatoli Logoyda FA Urologie 10.07.13Dr. med. Marcus Makowski FA Radiologie 14.08.13Ulf Marrek FA Neurologie 23.07.13Daniela Melzer FA Innere Medizin 24.07.13Filis Metin FA Innere Medizin 28.08.13Dr. med. Marko Meyer FA Allgemeine Chirurgie 30.07.13Dr. med. Stephan Miessen FA Orthopädie und Unfallchirurgie 15.07.13Ulrich Müller FA Innere Medizin 17.07.13Dimitri Natochen FA Psychiatrie und Psychotherapie 02.07.13Dr. med. Hendrik Nogai FA Innere Medizin 31.07.13Hannah Gorriahn-MaiterthFA Haut- und Geschlechtskrankheiten21.08.13Frank Nöther FA Anästhesiologie 14.08.13Dr. med. Abdul Shokor Parwani FA Innere Medizin und Kardiologie 21.08.13Dr. med. Frank Habermann FA Allgemeinmedizin 16.07.13Dr. med. Christian Heck FA Chirurgie 04.07.13Dr. med. Christian Petz FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13Dr. med. Daniel Johannes Peukert FA Orthopädie und Unfallchirurgie 29.07.13Dr. med. Oliver HenkeFA Innere Medizin und Hämatologieund Onkologie28.08.13Dr. med. Alexander Matthias Pohl FA Allgemeine Chirurgie 04.07.13Sven Reiners FA Psychiatrie und Psychotherapie 16.07.13Johannes Hertel FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13Dr. med. Gerhard Hunold FA Allgemeine Chirurgie 06.08.13Dr. med. Rafed Arne Jalali FA Anästhesiologie 01.08.13Dr. med. Dimitrios Repantis FA Psychiatrie und Psychotherapie 30.07.13Uta Richter FA Allgemeinmedizin 16.07.13Jürgen Rittinghausen FA Orthopädie und Unfallchirurgie 15.07.13Dr. med. Martin KaiserFA Innere Medizin und Hämatologieund Onkologie28.08.13Michael Rittweger FA Innere Medizin 24.07.13Jobst Röhmel FA Kinder- und Jugendmedizin 24.07.13Guy Oscar Kamga Wambo FA Innere Medizin 07.08.13Adrian Dawid Rosada FA Innere Medizin 17.07.13BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 28


P E R S O N A L I E NName AntragstellerWbO BeschreibungPrüfungs-/EntscheidungsdatumName AntragstellerWbO BeschreibungPrüfungs-/EntscheidungsdatumJuliane Rudolph FA Anästhesiologie 08.08.13Dr. med. Alexandra Sachs FA Innere Medizin 24.07.13Dr. med. Ionela Cristina VolzFA Frauenheilkunde und Geburtshilfe07.08.13Dr. (Univ. Genua) Monica SchäferFA Innere Medizin und Hämatologieund Onkologie28.08.13Dr. med. Jan Vonhoegen FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13Dr. med. Bettina Wächter FA Neurologie 09.07.13Bianca Scharf FA Kinderchirurgie 06.08.13Volker Schmieskors FA Anästhesiologie 14.08.13Dr. med. Kerstin Schnapauff FA Innere Medizin 07.08.13Kirsten Schneider FA Chirurgie 06.08.13Dr. med. Christina Schulz FA Anästhesiologie 01.07.13Dr. med. Ina Maria Schwager FA Anästhesiologie 01.08.13Anke Wendt FA Kinder- und Jugendmedizin 24.07.13Dr. med. Marion Zucker FA Anästhesiologie 08.08.13Stefan Zug FA Allgemeinmedizin 13.08.13* Die Liste ist nicht vollständig. Nur die Namen der Ärztinnen und <strong>Ärzte</strong>, die uns eine schriftlicheEinverständniserklärung für den Abdruck gegeben haben, werden in BBERLINER ÄRZTEpubliziert. Das Kürzel FA ist geschlechtsneutral zu verstehen, auf die Ergänzung desgeschlechtsspezifischen Kürzels FÄ wurde verzichtet.Dr. med. Annika Sonntag FA Chirurgie 06.08.13Dr. med. Corinna Spieler FA Innere Medizin 31.07.13Dr. med. Romana Melanie Stahn FA Orthopädie und Unfallchirurgie 15.07.13ANZEIGENBirgit Stein FA Nuklearmedizin 07.08.13Dr. med. Adrian Steinmetz FA Innere Medizin 07.08.13Dr. med. Annette Sternberg FA Arbeitsmedizin 27.08.13Dr. med. Marc Swierzy FA Allgemeine Chirurgie 06.08.13Dr. med. Tanja Szymanski FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13MUDr. Lydie Tauchenová FA Innere Medizin 31.07.13Kathi Thiele FA Orthopädie und Unfallchirurgie 06.08.13Dr. med. Johannes Tummuseit FA Orthopädie und Unfallchirurgie 27.08.13Dr. med. Anneke Verlohren FA Innere Medizin 28.08.13Michael Voigt FA Arbeitsmedizin 27.08.13BER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 29


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I KInfektionsschutzberichtfür das 1. Halbjahr <strong>2013</strong>Die Masern sind los!Übersicht über das Infektionsgeschehen im Land BerlinTabelle 1 - Gemäß IfSG meldepflichtige Erreger / KrankheitenStand: 17.07.<strong>2013</strong> 1. Halbjahr <strong>2013</strong> 1. Halbjahr 2012Berlin Deutschland BerlinMeldekategorie Rang Anzahl Inzidenz** Inzidenz** Rang Anzahl Inzidenz**Norovirus * 1 3.258 93,9 1 4.908 142,6klinisch-labordiagnostischeFälle1.472 42,4 69,0 2.494 72,5klinisch-epidemiologischeFälle ohne Labornachweis1.786 51,5 2.414 70,1Influenza 2 3.257 93,9 85,3 4 363 10,5Rotavirus 3 1.762 50,8 49,5 2 1.638 47,6Campylobacter 4 1.078 31,1 28,2 3 1.259 36,6Masern 5 407 11,7 1,3 20 16 0,5Hepatitis C 6 259 7,5 3,0 6 290 8,4Salmonellose 7 236 6,8 10,0 5 291 8,5E.-coli-Enteritidis 8 232 6,7 3,1 10 142 4,1Giardiasis 9 206 5,9 2,4 7 219 6,4Tuberkulose 10 180 5,2 2,6 8 172 5,0* bei Noroviren werden bundesweit seit Anfang 2011 ausschließlich laborbestätigte Fälle übermittelt; im Land Berlin werden zusätzlichauch im Rahmen von Ausbruchsgeschehen klinisch- epidemiologische Fälle übermittelt; seit August 2011 sind außerdem nosokomialeAusbrüche nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) bundesweit meldepflichtig** Inzidenz = Fallzahl pro 100.000 Einwohner; folgende Einwohnerzahlen bilden die Berechnungsgrundlage der Inzidenzen: Berlin, <strong>2013</strong> -3.469.621 (Amt für Statistik Berlin Brandenburg; Stand 31.12.2012); Berlin, 2012 - 3.442.001 (Amt für Statistik Berlin Brandenburg; Stand30.06.2012); Deutschland, <strong>2013</strong> – 81.843.743 (Statistisches Bundesamt; Stand 31.12.2011)Im Land Berlin wurden im ersten Halbjahr<strong>2013</strong> gemäß Infektionsschutzgesetz(IfSG) insgesamt 11.768 Erkrankungsfällegemeldet, im Vergleichszeitraum 2012waren es 9.800. Insbesondere die Zahl dersaisonalen Influenzafälle war in <strong>2013</strong> auffällighoch. In Tabelle 1 werden die zehnhäufigsten Infektionserreger aufgeführt,von denen sechs Erreger gastrointestinaleErkrankungen verursachen. Die Halb jahresinzidenzen lagen bei Norovirusinfektionen(bundesweite Vergleichsdaten liegennur für klinisch-laborbestätigte Fällevor) und Salmonellosen in Berlin niedriger,bei Campylobacteriosen, E. coli-Enteritiden,Giardiasis, Hepatitis C, Influenza,MRSA, Rotavirusinfektionen und Tuberkulosehöher als im bundesweiten Durchschnitt(Tabelle 1). Die Masern sind durchden aktuellen Ausbruch erstmalig unterden „ersten Zehn“ vertreten (sieheBesondere Infektionsgeschehen).Die Fallzahlen der Hepatitis C waren im1. Halbjahr <strong>2013</strong> um 11% niedriger als im1. Halbjahr 2012. Die Inzidenz lag in Berlinjedoch weiterhin deutlich höher als im gesamtenBundesgebiet.Besondere Infektionsgeschehenim Land Berlin(1) Seit Ende Februar <strong>2013</strong> wird in Berlin einstarker Anstieg der Masernfallzahlen in einembisher nicht gekannten Ausmaß beobachtet.Im ersten Halbjahr <strong>2013</strong> wurden407 Fälle im Vergleich zu 16 im erstenHalbjahr 2012 gemeldet. Die Erkrankungenbreiteten sich diffus im gesamten Stadtgebietaus. Betroffen sind inzwischen allezwölf Bezirke. Die höchsten Fallzahlenweisen Mitte, Friedrichshain-Kreuzbergund Neukölln auf. In Marzahn-Hellersdorf,einem Bezirk mit hoher Durchimpfungsrate,wurden bisher aber nur zwei Fälle gemeldet.Gekennzeichnet ist dieses aktuellnoch anhaltende Ausbruchsgeschehendurch einen großen Anteil erkrankter,noch ungeimpfter Säuglinge (9%; MMR-Impfung gemäß STIKO-Empfehlung ab11. Monat) sowie älterer Jugendlicher undErwachsener (52% der Erkrankten älter als16 Jahre). Der Großteil der Erkrankten warungeimpft (91%) oder hatte bisher nur eineMasernimpfung erhalten (6%).Ein Drittel der Erkrankten mussten stationärbehandelt werden. Dieser Anteil warmit etwa 40% bei den Säuglingen sowiebei Personen älter als 16 Jahre deutlichhöher als im Altersbereich der Kinder undJugendlichen zwischen 1 und 16 Jahren.Häufungen traten überwiegend in Familienauf, wurden u. a. aber auch in Asylbewerberunterkünften,in Kitas, in Ausbildungsstättenund arbeitsplatzbezogen(z. B. Hotel) beobachtet. In einem großenTeil der Fälle konnte durch spezielle Genotypsierungsuntersuchungenim NationalenReferenzzentrum für Masern - Mumps- Röteln (NRZ-MMR) am Robert Koch-Institut(RKI) eine bestimmte Variante des MasernwildtypsD8 nachgewiesen werden.Seit Beginn der Sommerfeien im LandBerlin wird ein Rückgang der Fallzahlen gesehen.Die Senatsverwaltung für Gesundheitund Soziales hat früh und intensiv dieSchließung von Impflücken in der <strong>Berliner</strong>Bevölkerung entsprechend der aktuellenSTIKO-Empfehlungen propagiert. Darüberhinaus hat sie aufgrund der demografischepidemiologischenAuffälligkeiten diesesAusbruchs die Impfempfehlung desLandes Berlin auf alle Personen, die vor1970 geborene wurden, ausgeweitet.BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 30


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I K(2) Im Mai <strong>2013</strong> wurden in Berlin zwei Fälleinvasiver Meningokokkeninfektionenvom Typ C bekannt, bei denen ein epidemiologischerZusammenhang bestand. Eshandelte sich in beiden Fällen um Männerdie Sex mit Männern haben (MSM). Die retrospektiveAuswertung erbrachte zweiweitere Fälle von MSM mit dem identischenSequenztyp. Alle Erkrankten warenim Alter zwischen 20 und 29 Jahren. Damitwurde der Schwellenwert der STIKO fürein regional gehäuftes Auftreten überschritten(10 Fälle pro 100.000 Einwohnerder betroffenen Bevölkerungsgruppe).Erschwerend kam hinzu, dass in derGruppe der MSM bei zusätzlicher Be trachtungdes IV. Quartals 2012 von insgesamtfünf Infektionen durch Meningokokkendes Typs C drei Männer verstarben.Der <strong>Berliner</strong> Impfbeirat hat deshalb am17.07.<strong>2013</strong> eine Erweiterung der öffentlichenImpfempfehlung des Landes Berlinbeschlossen, wonach sich MSM gegenMeningokokken­Erkrankungen impfenlassen sollten. Die Regelung wird voraussichtlicham 27. Juli <strong>2013</strong> nach Veröffentlichungim Amtsblatt Berlin in Kraft treten.Unabhängig davon hatte die STIKOdie Impfung bereits vor mehreren Jahrenfür alle Kinder sowie für Personen mitImmundefekten (z. B. HIV­Infektion) oderauch für Reisende in bestimmte Länderempfohlen.Tabelle 2 - Nosokomiale Ausbrüche Berlin – 1. Halbjahr <strong>2013</strong>Stand: 17.07.<strong>2013</strong>ErregerZahl derAusbrücheFallzahlen proAusbruchGesamtfallzahlaller AusbrücheClostridium difficile 6 2 - 5 22Enterococcus faecium, Vancomycin-resistent (VRE) 2 3 6Escherichia coli 1 2 2Klebsiella pneumoniae, Carbapenem-resistent(OXA-48, Genotyp B)1 15 15Klebsiella pneumoniae, 4-MRGN-Resistenz (OXA-48) 1 9 9Klebsiella spp. 1 3 3MRSA 2 2 - 8 10Norovirus (Altenpflegeheim, Rehabilitation) 13 2 - 80 328Norovirus (Krankenhaus) 93 2 - 99 1.050Parainfluenzavirus 1 2 2Rotavirus 18 2 - 63 197RS-Virus 2 2 - 5 7Scabies 1 3 3Staphylococcus aureus 1 3 3Gesamtsumme / -spanne 143 2 - 99 1.657Link zur Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Gesundheit und SozialesBerlin:http://www.berlin.de/sen/gessoz/presse/archiv/<strong>2013</strong>0718.1630.387129.htmlNosokomiale Ausbrüche gemäߧ§ 6,11 IfSGDie Übermittlungspflicht für nosokomialeAusbrüche wurde im August 2011 im IfSGgesetzlich verankert. Die Meldung gemäßIfSG erfolgt von der betroffenen Einrichtungohne Angabe von Patientennamenan das für die Einrichtung zuständigeGesundheitsamt.Im ersten Halbjahr 2012 wurden in Berlin143 nosokomiale Ausbrüche gemeldet (imVorjahreszeitraum 87 Ausbrüche). Amhäufigsten waren Ausbrüche durch Norovirus(106). Weitere im Zusammenhangmit nosokomialen Häufungen gemeldeteANZEIGEBER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 31


B E R U F S - U N D G E S U N D H E I T S P O L I T I K / P E R S O N A L I E NErreger waren insbesondere Rotavirus,Clostridium difficile, Klebsiella, MRSA,VRE und RS-Virus (Tabelle 2). Geschehendurch Norovirus und Rotavirus machteninsgesamt 87% aller nosokomialenAusbrüche aus.Die regelmäßig erscheinenden, aktuelleninfektionsepidemiologischen WochenberichteEpiInfo des LAGeSo können überden Praxisservice von der Homepage derKassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB)über folgenden Link abgerufen werden:http://www.kvberlin.de/20praxis/80service/87lageso_infos/index.htmlDer Epidemiologische Jahresbericht 2011kann über die Homepage des LAGeSo abgerufenwerden:http://www.berlin.de/imperia/md/content/lageso/gesundheit/infektionsschutz/epijahresbericht<strong>2013</strong>.pdf?start&ts=1362563651&file=epijahresbericht<strong>2013</strong>.pdfAnsprechpartner:Dr. med. Jörg Bätzing-FeigenbaumMPH DTM&PFacharzt für AllgemeinmedizinRettungsmedizin, Infektiologie,TropenmedizinLandesamt für Gesundheitund Soziales Berlin (LAGeSo)Fachgruppe Infektionsepidemiologieund UmweltbezogenerGesundheitsschutzTurmstr. 21 / Haus A10559 BerlinTel. 030-90229-2434E-Mail: infektionsschutz@lageso.berlin.deEin Anatom wirdGesund heitssystem forscherMichael Arnolds „anstößiger <strong>Berliner</strong> Ehrendoktor“<strong>Ärzte</strong>, die neben dem Hauptberuf noch etwas ganz Besonderes vorzuweisen haben,nicht nur als Hobby: Eine zweite, nicht-medizinische Ausbildung zum Beispiel; denAufbau eines neuen Fachgebiets; kontinuierliche und bedeutsame soziale oder kulturelleAktivitäten... Über solche in mehreren Sätteln gerechte Kolleginnen undKollegen berichtet BERLINER ÄRZTE in loser Folge immer wieder mal. Nachdem es inHeft 10/2012 um Claus Köppel („Chemie, Musik und Medizin“) ging, steht dieses MalMichael Arnold im Mittelpunkt. Er hat sich um die Erhaltung der Charité höchst verdientgemacht und wechselte von der Anatomie zur Gesundheitssystemforschung.Von Rosemarie SteinDas Ereignis war unerhört und einmalig.„Ereignis“ im Sinne der schwerenunerwünschten Wirkung eines Arzneimittels.Aber hier war es ein Grußwort,das sich als toxisch erwies. Es gehörte zueinem akademischen Festakt im Senatssaalder Hum boldt-Universität.Der frühere <strong>Berliner</strong> WissenschaftssenatorManfred Erhardt erhielt die Ehrenmedailleder Charité, und zwei Medizinprofessoren,Kurt Kochsiek (Würzburg) und MichaelArnold (Tübingen), wurde 1996 die medizinischeEhrendoktorwürde verliehen. Alledrei hatten sich mit großem Engagementfür die Erhaltung und Erneuerung derCharité eingesetzt. Ebendies veranlassteden Dekan der Medizinischen FakultätRudolf Virchow, Jürgen Bier, zu so wüstenBeschimpfungen in seinem „Grußwort“,dass ein großer Teil der Festversammlungden Saal türenschlagend verließ, an derSpitze Erhardt und HU-Präsidentin Dürkop.Der Kern von Biers Ausfällen: DieCharité habe schon über hundert neueHochschullehrer berufen, ohne die Bedürfnisseder Virchow-Fakultät vor der nun anstehendenFusion zu berücksichtigen.Engagement für die Charité1Diesem leider nur in kleiner Auflage als Privatdruckerschienenen Buch, „Rückblicke & Einsichten– Die Geschichte eines bewegten Lebens“,verdankt dieser Beitrag viel.Foto: privatJahrelang hatten die beiden FU-FakultätenSteglitz und Virchow aus eigener Existenzangstdie „Abwicklung“ der Charité betrieben.Die frischgebackenen EhrendoktorenKochsiek und Arnold hingegen hatten zuden bundesdeutschen Wissenschaftlerngehört, die ehrenamtlich in sechs „Struktur-und Berufungskommissionen“ engmit Charité-Kollegen zusammenarbeiteten.Fünf Kommissionen hatten die verschiedenenFachgruppen zu durchforsten,die wichtigste, die von Kochsiek geleitetesechste, „die Struktur der ganzen Charitézu evaluieren, zukunftsweisende neueEinrichtungen zu konzipieren und entsprechendeBerufungen vorzunehmen“. So beschreibtArnold die Aufgaben diesesGremiums in seinen Lebenserinnerungen. 1Zu den Konferenzen flog Arnold etwa 25Mal von Stuttgart nach Berlin, und nichtnur das. Während Kochsiek (sehr erfahrenin Hochschulpolitik, u.a. als Vorsitzenderdes Wissenschaftsrats) eher im Hintergrundagierte und gut durchdachte Kon­BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 32


P E R S O N A L I E Nzepte ausarbeitete, ging Arnold auch andie Öffentlichkeit, die fachliche und die allgemeine.Sein Vortrag „Die Zukunft derCharité“ (im großen Hochhaus­Hörsaal,März 1991) 2 wies zunächst auf die sehrähnlichen Probleme der Hochschulmedizinin Ost und West hin, „So die Beeinträchtigungvon Lehre und Forschung durch dieMaximalversorgung, einen hohenInvestitionsbedarf, zu hohe Bettenzahlen“,heißt es in Arnolds Lebenserinnerungen.Für die Zukunft der Charité aber werde esbedeutsam sein, ob es ihr gelingen werde,„aus eigener Kraft die notwendige personelleBereinigung vorzunehmen. Die Folgefür die Charité könnte sein, dass am Endeein wesentlich besserer Lehrkörper vorhandenist und sich daraus Wettbewerbsvorteileergeben, die ihr schon bald eineführende Position in Deutschland verschaffenwerden“.2Publiziert in den Charité­Annalen, Neue Folge,Bd II, 1991, S. 68­77, Akademie­Verlag, Berlin 1992Zum Ärger der Konkurrenz war der Charitédie personelle Erneuerung fünf Jahre spätergelungen – durch den unermüdlichenEinsatz des Nach­Wende­Dekans HaraldMau und die Arbeit der sechs Kommissionen.Dennoch wurde die Zukunft derCharité immer wieder in Frage gestellt.Arnold erinnert sich: „Mein Engagementfür die Charité ging über die intensiveArbeit in den sechs Struktur­ und Be rufungskommissionenhinaus. So nahm ich,ein­ und erstmalig in meinem Leben, an einemProtestmarsch gegen die Abbauplänedes Senats von der Charité über die Straße,Unter den Linden’ zum Hauptgebäude derHumboldt­Universität teil“.Ein kreativer GrenzgängerWer ist eigentlich dieser Professor Arnoldmit seiner seltsamen Metamorphose vomAnatomen zum Gesundheitssystem forscher?Ein ungewöhnlich kreativer Kopf;ein origineller Quer­, Selber­ und Weiterdenkermit scharfem Intellekt, mit Weitblicktrotz Detailgenauigkeit und einemimmensen Gedächtnis, wie seine farbigund spannend geschriebenen Erinnerungenzeigen. Was er in seinem nun fast85­jährigen Leben an Themen und Problemenanpackte, das packte er gründlich an:Er geht den Dingen auf den Grund, professionell,nicht als Dilettant. Ein ziemlichsperriger Skeptiker mit Talent zur Satire,kein Parteigänger, sondern Grenz­ undEinzelgänger, der zu keiner Gruppe gehörenwill, ausgenommen Familie, Freunde,Schüler, Mitarbeiter und Studenten.Jahrgang 1928, also Kriegskindheit und­jugend: Kinderlandverschickung, Luftwaffenhelfer mit 15 (den Teddy noch imBett), Soldat mit 17. AusgebombtesDüsseldorfer Elternhaus, Gefangenschaft,Ruhr, Läuse, Hunger, der auch in derNachkriegszeit nicht aufhörte. Wieder aufdie Schulbank, absurd! Sehr gegensätzlichefrühe Begegnungen mit der vonKindesbeinen an ersehnten Medizin:Praktisch im Lazarett und später alsWerkstudent bei Mannesmann in derSanitätsstube, theoretisch durch zufälligergatterte Fachbücher wie drei Bände„Differentialblutbild“.Flucht aus der Forschungzur AnatomieWelch ein Glück! Zulassung zum Medizinstudiumin Göttingen (später Freiburg undDüsseldorf) noch vorm Abitur 1950. Aberbei den angehenden <strong>Ärzte</strong>n entstand derBER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 33


P E R S O N A L I E NEindruck, die Medizin sei dabei, sich zu einerexakten Naturwissenschaft zu entwickeln.Als Antidot gab’s in Göttingen einPflicht-Studium generale. Der philosophischund psychologisch interessierteArnold hörte bei Nicolai Hartmann Logikund las in den Ferien Freud. Im Zeitraffernun die Etappen seiner Medizinerlaufbahn:Nach der Approbation 1957 dreiJahre in der Medizinischen Forschungsanstaltder Max Planck-Gesellschaft inGöttingen. Sein Fazit: „Das wissenschaftlicheArbeiten führt nur ganz selten zu demGefühl, etwas zustande gebracht zu haben.Man nähert sich dem erhofftenErgebnis vielmehr in kleinen, unspektakulärenSchritten, vieles ist Routine, anderesführt zu keiner Befriedigung.“So griff er zu, als eine Assistentenstellewinkte. Eher zufällig kam er zur Anatomie,erst in Gießen, dann, seinem Lehrer Graumannfolgend, in Tübingen, wo sie dasInstitut reorganisierten und wo er 1972Ordinarius wurde. Er publizierte viel überdas Hauptgebiet seines wissenschaftlichenInteresses, die Histochemie, und alsakademischer Lehrer entwarf er ein neuesCurriculum – der Beginn seines Engagementsfür die als dringend notwendig erkannteReform der Medizinerausbildung.Außermedizinische Einflüsseauf die Versorgung erforschtMedizinische Seminare für den Deutschenakademischen Auslandsdienst in Ägyptenzeigten ihm, wie fruchtbar der Vergleichverschiedener Gesundheitssysteme ist.Nur durch solche Vergleiche könne manzum Beispiel zu einem Urteil über die Angemessenheitmedizinischer Leistungen,den Einfluss des Vergütungsmodus aufArt und Umfang dieser Leistungen, die Bestimmungsfaktorender Ausgaben fürsGesundheitswesen kommen, erkannte er.Der Wechsel zum neuen Fachgebiet geschahauf mehreren Ebenen. Noch in ersterLinie Anatom, konnte Arnold zusammenmit engagierten Mitarbeitern schonEnde der 70er Jahre in der vorlesungsfreienZeit Studien über die Gesundheitsversorgunganderer Länder erarbeiten. Undim eigenen Ländle gewann er als Baubeauftragterseiner Fakultät bei der Neuplanungeines fächerintegrierendenKlinikums zum einen „ein beträchtlichesWissen von der finanziellen Dimensionder medizinischen Ver sorgung in ihrerGe samt heit“, zum anderen aber eine bittereErfahrung: Eine rationale Lösung vonPro blemen des Gesund heitswesens „kannim politischen Raum nur zum Tragen kommen,wenn die ganz anders begründetenEigeninteressen der handelnden undbetroffenen Personen damit im Einklangstehen“.Ein wichtiges Forum für seine „Grenzüberschreitungen“fand Arnold bei der RobertBosch-Stiftung. Der Leiter des ReferatsGesundheit, Hans-Jürgen Firnkorn, veranstaltetehochrangige Colloquien und Seminarezu vielen Themen, die Universitätenund <strong>Ärzte</strong>gremien noch ignorierten,von der Gesundheitsökonomie bis zurQualitätssicherung. In welchem Maße außermedizinischeEinflüsse unser Versorgungssystembestimmen, wurde Arnoldimmer deutlicher. Aber darüber erfuhrenangehende <strong>Ärzte</strong> gar nichts, wie überhauptdie Medizinerausbildung der Versorgungsrealitätrecht fern stand. DasErgebnis vieler Bosch-Colloquien inMurrhardt bei Stuttgart zu diesem Themawar schließlich der stark beachtete Berichtsband„Das Arztbild der Zukunft“,dessen dritte, vollständig überarbeiteteAuflage noch heute lesenswert ist. 3 DiesesBuch bildete die wissenschaftliche Basisfür den <strong>Berliner</strong> Reformstudiengang.Erste deutsche Professur fürGesundheitssystemforschungIm Laufe der Jahre hatte sich Arnold einhohes Renommee als kompetenterKenner und Kritiker des Gesundheitswesenserworben. Seine Stimme wurde(nicht immer ohne Widerspruch) gehört,zum Bespiel in Gremien wie dem wissenschaftlichenBeirat der Bundesärzte kammerund dem Sachverständigenrat für diekonzertierte Aktion im Gesundheitswesen,wie auch in informellen Arbeitskreisen.3Murrhardter Kreis: Das Arztbild der Zukunft.Beiträge zur Gesundheitsökonomie 26; Schriftenreiheder Robert Bosch-Stiftung. Bleicher-VerlagGerlingen, 3. Aufl. 1995Aber bei all den intensiven „paraanatomischen“Aktivitäten, die Kollegen und Mitarbeiterihm bereitwillig ermöglichten,war Arnold noch immer Direktor desTübinger Anatomischen Instituts.Der Absprung kam mit 60: Die erste deutscheProfessur für Gesundheitssystemforschung,eingerichtet in Tübingen alsStiftungsprofessur für vorläufig fünf Jahre,gegen mancherlei Widerstände, aber vielfachauch befürwortet und gefördert, vorallem wieder von der Bosch-Stiftung.Sofort entwickelten sich rege Aktivitätenund Kooperationen, beispielsweise Workshopsmit amerikanischen Universitätenwie Harvard, Symposien, Dissertationenund Publikationen zu einem weitenSpektrum von Themen, darunter Geriatrieund Pflege. Das sicherte der neuenInstitution auch eine hohe öffentlicheAufmerksamkeit.Dennoch wurde sie nach fünf Jahren nichtweitergeführt. Die Fakultät erkannte anscheinendnicht deren Bedeutung. Oder,vermutet Arnold, „es gab eine instinktiveAblehnung einer Einrichtung, die sich zumZiel setzte, mehr Transparenz in das medizinischeLeistungsgeschehen zu bringen“.Der Prophet gilt nichts in seinem Lande,konstatierte Arnold. Aber er konnte an vielenThemen seines neuen Fachs auch nachder Emeritierung weiterarbeiten.Als die Mauer fiel, war Arnold nochAnatomie-Chef. Aber nun wollte die medizinischeVersorgung einer neuen Regionstudiert werden. Rasch erwarb er sichauch hier so viel Expertise, dass sein Urteilgefragt war. Als er im <strong>Oktober</strong> 1991 zu einerAnhörung über die Zukunft der dreiUniversitätsklinika ins <strong>Berliner</strong> Abgeordnetenhauseingeladen wurde, sprach ersich für die Erhaltung aller drei aus undverwies auf die viel stärkere Ballung vonKliniken in Boston, dem heutigen Mekkader Medizin. (Einst war dies Berlin.)Das Ende lesen Sie am Anfang, und wasaus der von Arnold verteidigten Eigenständigkeitder Charité geworden ist, wissenwir ja: Der gesamten fusionierten<strong>Berliner</strong> Universitätsmedizin wurde dasprestigeträchtige Traditionsetikett„Charité“ aufgeklebt.R. St.BERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 34


F O R T B I L D U N GCIRS Berlin: Der aktuelle FallVerwechslung eines wässrigen und einesalkoholischen AntiseptikumsWas ist das Netzwerk CIRS-Berlin?Das Netzwerk CIRS-Berlin (www.cirs-berlin.de) ist ein regionales, einrichtungsübergreifendesFehlerberichts- und Lernsystem. Hier arbeiten derzeit 20 <strong>Berliner</strong> Krankenhäusergemeinsam mit der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin (ÄKB) und dem Ärztlichen Zentrumfür Qualität in der Medizin (ÄZQ) daran, die Sicherheit ihrer Patienten weiter zu verbessern.Dazu betreiben die Kliniken nicht nur intern ein Fehlerberichts- und Lernsystem,sondern berichten aus ihrem internen in das regionale CIRS (Critical IncidentReporting System): In anonymisierter Form werden im Netzwerk CIRS-Berlin Berichteüber kritische Er eig nisse und Beinahe-Schäden gesammelt. Ziel ist es, das gemeinsameLernen aus Fehlern zu fördern und beim Lernen nicht an Klinikgrenzen halt zumachen. Insbesondere praktische Hinweise und bewährte Maßnahmen zur Vermeidungvon unerwünschten Ereignissen und Beinahe-Schäden werden im Anwender-Forum des Netzwerks ausgetauscht. Damit andere von den teilnehmenden Klinikenlernen können, werden aktuelle Fälle auch in „BERLINER ÄRZTE“ veröffentlicht.Aus der Intensivmedizin wird derfolgende Fall berichtet:Verwechslung eines wässrigen Schleimhaut-Antiseptikumsmit einem alkoholischenOctenidin-Präparat beim Legen eineszentralen Venenkatheters (ZVK) aufgrundder ähnlichen Handelsnamen. Diesführte zu einer unzureichenden Haut-Antiseptik vor dem Legen eines zentralenVenenkathe ters. Der Patient kam jedochnicht zu Schaden. Die/der Berichtendenennt als beitragenden Faktor zu diesemetwa monatlich auftretenden Ereignis dieuneinheitliche und verwirrende Namensgebungdurch verschiedene Hersteller.Kommentar und Hinweise desAnwender-Forums des NetzwerkCIRS-Berlin:Die Zusammensetzung der Antiseptika istwichtig für ihre Wirksamkeit, Einwirkzeitund Schleimhaut- bzw. Hautverträg lichkeit.Wegen des Fettgehalts der Haut sindHautantiseptika meist auf Alkoholbasisaufgebaut (während Alkohol bei derSchleimhaut- oder Wundantiseptik zu erheblichenReizungen führen kann).Wässrige Antiseptika sind daher auf derHaut allenfalls Mittel der zweiten Wahl. Inden Fällen, in denen man sie dennoch fürdie Hautantiseptik einsetzen muss (z. B.bei Frühgeborenen), ist i. d. R. eine deutlichlängere Einwirkzeit zu beachten.Eine Verwechslung der Antiseptika wirdoft zusätzlich noch dadurch erleichtert,dass in vielen Kliniken mehrere Haut- undSchleimhautantiseptika genutzt werden.So benutzen operative Fächer gerne alkoholischeund nicht alkoholische Jodlösungen,bei denen die Unterscheidung derFlaschen z. T. sehr schwer ist. Es gibt jedochauch Hersteller, die die Flaschen fürdie antiseptischen Lösungen für Schleimhautund Wunden (alkoholfrei, wässrig)und für die Haut (alkoholisch) unterschiedlichfarblich gestalten (Z. B. werden unterschiedlicheFarben des Deckels verwendet:Den hat man ja buchstäblich in der Hand,wenn man das Antiseptikum anwendenmöchte). So treten weniger Verwechslungenauf.Für die Bevorzugung einzelner Präpara tetypengibt es folgende Evidenz: Zur Anlageeines zentralen Venenkatheters bestehtdie Empfehlung (Grad 1 A) der US-amerikanischenHealthcare Infection ControlPractices Advisory Committee (HICPAC) zurHautantiseptik mit Chlorhexidin + Alkohol(http://www.cdc.gov/hicpac/BSI/05-bsibackground-info-2011.html#sp)bzw. auseiner deutschen Studie für Octenidin +Alkohol (Dettenkofer et al. Clin MicrobiolInfect. 2010 Jun;16(6):600-6. doi: 10.1111/j).Wichtige Empfehlungen aus diesemEreignis:Klinikweit sollte je ein passendesAntiseptikum standardisiert nur für dieHaut- (Alkohol) und ein anderes nur fürdie Schleimhautantiseptik (kein Alkohol,auf wässriger Basis) verwendet werden.Bei der Wahl der Antiseptika im Einkaufsollte darauf geachtet werden, dass eineVerwechslung durch eine auffällige unterschiedlicheGestaltung der Flaschen (z. B.Größe, Farbe) erschwert wird.Nutzer können bei vielen Herstellern inder Benennung der Produkte einen schnellenHinweis auf den EinsatzzweckHautantiseptik finden, da diese Produkteoft das lateinische (cutis) oder griechische(derma) Wort für Haut im Namen tragen.Bei Fragen der Desinfektion und Antiseptikhilft zudem oft ein kurzer Blick aufden Desinfektionsplan, der in allen Krankenhäusernverfügbar ist.Diesen Fall können Sie auch unter derNummer 35906 unter www.cirs-berlin.denachlesen.Kontakt:Dr. med. Barbara Hoffmann, MPHb.hoffmann@aekb.deAbteilung Fortbildung /Qualitätssicherung <strong>Ärzte</strong>kammer BerlinBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 35


Naturforscher Georg Büchner„Kunstfest“ im WestendKunst im Westend“ heißt der höchst„ aktive Förderverein der DRK-Kliniken, ständig präsent durch 36Figuren im Krankenhauspark und durchmehrere Ausstellungen gleichzeitig.(Noch bis <strong>Oktober</strong> Baselitz, s. BERLINERÄRZTE 7/<strong>2013</strong>.) Als Vorsitzender erinnerteder Radiologe Bernd Frericks anden Ursprung des „Kunstfests“, das allepaar Jahre zu Ehren eines Schriftsteller-Arztes stattfindet. Gottfried Benn, derhier als junger Pathologe arbeitete, warder erste, dann Alfred Döblin, <strong>Berliner</strong>Kassenarzt und Romancier („BerlinAlexanderplatz“) und der amerikanischeHausarzt und Lyriker William CarlosWilliams.Nun Georg Büchner, dessen 200. Ge burt s­tag am 17. <strong>Oktober</strong> ist, und der doch somodern wirkt. Dies hier war eigentlichein Symposion (samt Speis und Trank),denn man konnte viel lernen, zumBeispiel, dass Büchner gar kein Arzt war.Nicht, weil er mit 23 schon starb (anTyphus), sondern, weil er gar keiner werdenwollte, wie sein Vater, selbst Arzt, essich wünschte. Der Medizinstudentwandte sich mehr und mehr der Naturwissenschaftund der Philosophie zu,bemühte sich mit Erfolg um eine Privatdozenturan der neuen Zürcher Universität,musste aber vorher rasch promovieren.Seine Dissertation „Sur le système nerveuxde la Barbeau“ wurde von derPhilosophischen Fakultät Zürich akzeptiert.Die Flussbarben kaufte Büchner aufdem Markt in Straßburg (dem Exil desverfolgten Vormärz-Revolutionärs, dessenStreitschrift mit dem harmlosen Titel„Der hessische Landbote“ als Auftakt verlesenwurde. Der Aufruf zur Revolte„Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ist bis heute berühmt.) Die Fischnervenpräparierte Büchner in seiner Studentenbudemit einer Lupe unter Wasser.„Es muss furchtbar gestunken haben“,sagte der Münchner LiteraturprofessorFrericks: Bücher im ZentrumFoto: „Kunst im Westend“Gideon Stinning. Dessen gerade erscheinendeHabilitationsschrift heißt „Wissenund Literatur – eine Studie zu den scientifischen,politischen und literarischenSchriften Georg Büchners“.Dr. phil. Georg Büchner aber habilitiertesich in Zürich nach einer Probevorlesung„Über Schädelnerven“, die seine Fischnervenstudieerweiterte und naturphilosophischauflud. Zootomie war auch daserste Vorlesungsthema des jungenPrivatdozenten. Was er eigentlich lesenwollte, deutsche Philosophie, schaffte ernicht mehr vor seinem frühen Tod.Zwei Experten auf dem Podium hatte dieKuratorin und Moderatorin Anne MarieFreybourg gefragt, ob denn BüchnersForschung heute noch eine Bedeutunghabe. Das verneinte der NeurowissenschaftlerThomas Picht (Straßburg). Er beneidetBüchner aber um die Freiheit, dieNaturforscher damals hatten. Heute seialles als spekulativ verpönt, was nicht exakteund enge Detailforschung sei. „Dieklassische Anatomie nützt uns nichtsmehr.“ Selbst die moderne Kartographiedes Gehirns ändere sich ständig, sagtePicht, dessen Spezialgebiet die Analysevon Hirnfunktionsarealen ist. KeinemAreal könne man eindeutig bestimmteFunktionen oder Eigenschaften zuordnen.Psychochirurgie ist also endgültig out.Büchner selbst schuf zwar in erstaunlichkurzer Zeit Weltliteratur, sah sich abervor allem als Wissenschaftler, sagteStinning. In der berühmt-berüchtigtenDoktor szene des „Woyzeck“ spürt manden Dichter, den Wissenschaftler undden Sozialkritiker. Büchner hat sie demauf eine wahre Begebenheit zurückgehendenStoff hinzugefügt, aber nichtganz frei erfunden. Justus von Liebig (dermit 21 Jahren Chemieprofessor in Gießenwurde, als Büchner dort Medizin studierte)erfand nicht nur „Liebigs Fleischextrakt“,sondern machte auch Ernährungsexperimente mit Hülsenfrüchten.Und in Frankreich fanden in den 1830erJahren ähnliche Versuchsreihen mit demZiel einer besseren Armenfürsorge statt.Der Doktor im „Woyzeck“, der die Noncompliance seines Probanden beklagt,stand auf der Höhe der Forschung seinerZeit, und das Experiment hatte humanitäreMotive, meinte Stinning. „Nur dieunzumutbaren Umstände machten esinhuman.“ Aber Regeln für medizinischeVer suche gab es noch nicht, einenRechts staat auch nicht. Büchner hatübrigens nach französischem Vorbildeine geheime Gesellschaft für Menschenrechte gegründet.Dies war ein sehr gelungener Büchner-Tag im Westend; nur leider (obwohlGäste eigentlich willkommen waren) fastso geheim wie die konspirativen Treffendes steckbrieflich gesuchten Revolutionärs:Keinerlei Hinweis aufs Kunstfest,weder am Eingang zum weitläufigenKlinikkomplex noch vorm gewohntenVortragssaal. Besucher irrten umher undfragten nach dem abgelegenen „Kochhaus“.Die Wahl des alten, noch nicht fertigrenovierten Küchenbaus war ein Missgriff.Die Halle hallte derart, dass die Berichterstatterinam Ende vor einem volltönendenMimenorgan samt E-Gitarrefloh. Schade um die verpasste dramatisch-musikalischeBüchner-Collage!Rosemarie SteinBERLINER ÄRZTE 10/<strong>2013</strong> S. 36


I M P R E S S U MBERLINERÄRZTE10/<strong>2013</strong> 50. JAHRGANGDie offizielle Zeitschrift der <strong>Ärzte</strong>kammer Berlin,Körperschaft des öffentlichen Rechts.Herausgeber:<strong>Ärzte</strong>kammer BerlinFriedrichstraße 16, 10969 BerlinTelefon 030 40806­0E­Mail: presse@aekb.deRedaktion:Dipl.­Jour. Sascha Rudat (v.i.S.d.P.)Michaela Peeters, M. A.Eveline Piotter (Redaktionsassistentin)Redaktionsbeirat:Dr. med. Svea KellerUniv. Prof. Dr. Harald MauDr. med. Bernd MüllerDr. med. Gabriela StemporJulian VeelkenDr. med. Thomas WernerDr. med. Elmar WilleAnschrift der Redaktion:Friedrichstraße 16, 10969 BerlinTelefon 030 40806­4100/­4101, FAX ­4199Titelgestaltung: Sehstern unter Verwendung von Eky Chanund werbefoto­burger.ch, Fotolia.comIllustration S. 14 und Inhalt unter Verwendung von T. Michel,Fotolia.comFür die Richtigkeit der Darstellung der auf den vorstehenden Seiten veröffentlichenZuschriften wissenschaftlicher und standespolitischer Artkann die Redaktion keine Verantwortung übernehmen. Die darin ge äußerten Ansichten decken sich nicht immer mit denen der Herausge ber derZeit schrift. Sie dienen dem freien Meinungsaustausch unter der <strong>Ärzte</strong>schaftund ihr nahestehender Kreise. Nachdruck nur mit Genehmi gung.Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungensind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zuläs sigenFälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.Verlag, Anzeigenverwaltung und Vertrieb:Leipziger Verlagsanstalt GmbHPaul­Gruner­Straße 62, 04107 LeipzigTelefon 0341 710039­90, FAX ­99Internet: www.l­va.de, E­Mail: mb@l­va.deVerlagsleitung: Dr. Rainer StumpeAnzeigendisposition: Melanie BölsdorffAnzeigenverwaltung Berlin/Brandenburg:Götz & Klaus Kneiseler, Uhlandstraße 161, 10719 BerlinTelefon 030 88682873, Telefax o30 88682874Druck und Weiterverarbeitung: Brühlsche UniversitätsdruckereiGmbH & Co. KG, Am Urnenfeld 12, 35396 GießenDie Zeitschrift erscheint 12mal im Jahr jeweils am 1. des Monats. Sie wirdvon allen <strong>Berliner</strong> <strong>Ärzte</strong>n im Rahmen ihrer Mitglied schaft zur Ärz te kammerbezogen. Der Bezugspreis ist mit dem Mit gliedspreis ab ge gol ten.Nichtmitglieder können die Zeitschrift beim Verlag abonnieren. Der Jahresbezugspreis(12 Ausgaben) beträgt im Inland E 81,00 inkl. Versandkosten,Patenschaftsabo Berlin­Branden burg E 54,50 inkl. Versandkosten,im Ausland E 81,00 (zzgl. Porto) . Die Kündigung des Abonnements istnur schrift lich an den Verlag mit einer Frist von 2 Monaten zum Ablaufmöglich. Einzelheftpreis E 5,55 zzgl. E 2,50 Versandkosten.Z. Z. gilt die Anzeigenpreisliste <strong>2013</strong> vom 01.01.<strong>2013</strong>.ISSN: 0939­5784BER L INER Ä R Z T E 10/<strong>2013</strong> S. 42

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