12.07.2015 Aufrufe

SFT 2/84 - Science Fiction Times

SFT 2/84 - Science Fiction Times

SFT 2/84 - Science Fiction Times

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

24 <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 2/19<strong>84</strong> <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 2/19<strong>84</strong>25Robert A. HeinleinFREITAG(Friday)München 1983, Heyne 4030Deutsch von Thomas SchlückDas Retortenmädchen Freitag arbeitetals Agentin für eine private Geheimorganisation(deren Nutzen niemand kenntund die folgerichtig aufgelöst wird, alsder Chef stirbt). Bei der Rückkehr voneinem Geheimauftrag wird Freitag überfallen,gefoltert und schließlich von ihrenKollegen befreit. Soweit die erstendreißig Seiten des Romans. Die nächstendreihundert verbringt die Titelheidin damit,ihre Großfamilie zu besuchen, dortan die Luft gesetzt zu werden, einenSchwung neuer Partner zu finden undauch von diesen wieder getrennt zu werden.Auf den letzten Seiten des Buchesübernimmt sie einen Auftrag als Kurier,soll umgebracht werden, flüchtet aufeinen Kolonialplaneten, auf dem sich –rein zufällig – auch gerade ihre diversenmännlichen und weiblichen Liebhaberansiedeln wollen. Und wenn sie nichtgestorben ist ...Es ist müßig, über Heinlein nochviel zu sagen: seine politischen Ansichtensind konfus-reaktionär wie eh undje, statt einer Handlung beschreibt erin höchst geschwätziger Manier banaleFamiliendramen. Bemerkenswert andem Buch sind lediglich zwei Dinge:für die Rechte an dem Roman erhielter eine Million Dollar (wenn dies BeispielSchule macht, wird die Welt baldvon schlechten, aber schwerreichen SF-Autoren wimmeln), und FREITAG istum zweihundert Seiten kürzer als seinVorgänger, DIE ZAHL DES TIERS –hoffen wir also, daß sich letzterer Trendfortsetzt.Harald PuschElizabeth A. LynnSARDONYXNETZ(The Sardonyx Net)Deutsch von Roland FleissnerMünchen 1983, Heyne TB 4033Wenn der Klappentext behauptet, ElizabethA. Lynn beweise mit diesem Roman,daß sie auch hervorragende <strong>Science</strong><strong>Fiction</strong> schreiben könne, ist das nur mitEinschränkungen richtig. In Wahrheitist SARDONYXNETZ eine dickleibigeFamiliensaga mit female touch. Zwar istsie kräftig mit SF-Versatzstücken angereichert,könnte aber, ohne daß sich inhaltlichwesentliches änderte, beispielsweisegenausogut in Australien spielen.Die obligatorischen Raumschiffe wärenleicht durch normale Schiffe zu ersetzen,der Hyperraum durch den Pazifik.Starcaptain Dana Ikoro gerät wegenDrogenschmuggels auf dem StrafplanetenChabad in Sklaverei bei der FamilieYago, die gewissermaßen die „EhrenwerteGesellschaft“ des Planeten bildet.Das Gesellschaftssystem ist feudalistisch;es basiert auf der Ausbeutung desPlaneten durch die Arbeitskraft zeitweiseversklavter Menschen, deren Los durchDorazin erträglich gemacht wird; eineDroge, die überall außer auf Chabad illegalist und importiert werden muß. Einsadistisch veranlagter Hyperraumpolizistschneidet Chabad vom Dorazinimport abund will damit den Zusammenbruch derSklavenhaltergesellschaft herbeiführen.In dieser für Chabad mißlichen Situationerweist sich die Tatsache, daß der Polizistauch zu illegalen Mitteln greift, alsSchwäche, die die Domna der FamilieYago instinktsicher ausnutzt, um den Polizistenauszuschalten und nebenbei auchnoch das Herstellungsgeheimnis für Dorazinkäuflich zu erwerben. Die Gesellschaftauf Chabad bleibt also stabil.Hauptfiguren sind die größtenteilstüchtigen Frauen auf und um Chabad;die Männer sind mehr oder wenigerschwächlich, dümmlich oder perversund bringen die Dinge in Unordnung.Eine große Rolle spielen natürlich auchKleidung, Eßgewohnheiten, Schwangerschaftsgelüste,die Com-Maschine (mitDatenanschluß gekoppeltes Fernsehtelefon),hübsche Häuser, Katzen, Zuchttierchenfür die Erzeugung von Luxuspelzenund – last not least – Sex, wie ihn Frauenmögen.Die Handlung wird größtenteils einsträngiggeführt. Man (frau) kann dasBuch also getrost für einige Zeit beiseitelegen,ohne befürchten zu müssen, denFaden zu verlieren. Die Lektüre empfiehltsich vorzugsweise am Dienstagoder Mittwoch (statt Dallas oder Denver-Clan),andernfalls beim Friseur. Diesehr sorgfältige Übersetzung wäre einesbesseren Stoffes wert gewesen.Berthold GieseMervyn WallDER UNHEILIGE FURSEY(The Unfortunate Fursey)Köln 1983, Diederichs FantasyDeutsch von Harry RowohltMit Entsetzen Scherz zu treiben ist keineleichte Kunst, eine, zu der es – um imZeitbild zu bleiben – einer spitzen Federbedarf. Der Ire Mervyn Wall, 1908in Dublin geboren, beherrscht sie; seinInstrumentarium ist das des Schreckens,des Unheiligen, es fehlen weder derTeufel selbst noch Dämonen, Vampire,Werwölfe oder Basilisken. Und dochist dieser im Irland des 11. Jahrhundertsspielende Roman keine Horror Erzählung,sondern ein Schelmenroman, eineaberwitzige, Kapriolen schlagende Satireum den Laienmönch Fursey, den derTeufel selbst versucht, ohne allerdingsin den Besitz seiner Seele zu gelangen.Wall entwickelt anhand der seltsamenAbenteuer Furseys ein Sittenbild seinesLandes zu dieser Zeit, zwar nicht unbedingthistorisch exakt, aber um so amüsanter;Fursey wird schließlich nicht nurzum Ehemann einer Hexe, zum Witwerund mehr oder weniger erfolglosen Hexenmeister,er stellt die Moralauffassungeines jeden rechten Exorzisten auf denKopf, bevor er, mit seiner Angebetetenhinter sich auf dem Besenstiel, vor denKonventionen nach Britannien flieht –„der erste von vielen Verbannten, denenihr eigenes Land ein anständiges Lebenversagt“.Womit der Schelmenroman plötzlichwieder einen sehr ernsthaften Hintergrundbekommen hat.Uwe AntonJerry SohlDAS VERTAUSCHTE ICH(The Altered Ego)Berlin 1983, Ullstein-TB 31 060Deutsch von Klaus WeidemannDer Wissenschaftler Bradley Kemptonwird ermordet – ein scheinbar sinnlosesVerbrechen, denn er gehört zu jenen Privilegierten,denen eine Revitalisierungzusteht, die also nach ihrem Tod wiederzum Leben erweckt werden. Sein SohnCarl merkt jedoch bald, daß in Kemptonsrestauriertem Körper eine fremdePersönlichkeit „wohnt“. Gemeinsam mitseiner Freundin beginnt Carl Nachforschungenanzustellen, die ihm auf dieSpur einer Verschwörung bringen – undin Lebensgefahr ...Das Bemerkenswerteste an diesemSF-Krimi – eine Ausgrabung aus demJahr 1954 und gekürzt schon als TER-RA-SONDERBAND 10 erschienen – istdie Idee, den Bewußtseinsinhalt einerPerson aufzuzeichnen und im Todesfallauf ihren wiederhergestellten oder neuerschaffenen Körper zu übertragen. Dasgleiche Konzept wurde zwei Jahrzehntespäter von John Varley aufgegriffen (z.B. in „Das Phantom von Kansas“ undin seinem enttäuschenden DebütromanDER HEISSE DRAHT NACH OPHlU-CHI); während aber in Varleys zukünftigerGesellschaft jeder in den Genuß derQuasi-Unsterblichkeit kommt – ein Faktum,das für den Autor spricht -, bleibtsie in DAS VERTAUSCHTE ICH einerrelativ kleinen Elite vorbehalten. JerrySohl zeigt in diesem Roman keine anderenAmbitionen, als seine Leser mit einerspannenden Handlung zu unterhalten.Wenn man keine allzu hohen Ansprüchestellt, gelingt ihm das auch einigermaßen.Günter ZettlRobert Anton WilsonMASKEN DER ILLUMINATEN(Masks of the llluminati)Basel 1983, Sphinx-VerlagDeutsch von PociaoDie Illuminaten legen Maske an, Einstein;Joyce und Crowley führen irgendwoim Jenseits oder auch nur inder Phantasie des Autors tiefsinnigeGespräche, und Sir John kommt einerominösen Selbstmordwelle auf die Spur.Der Grundtenor ist bekannt und unterscheidetsich kaum von dem diverserbilliger Horrorschinken: Nicht wir, diebewußt denkenden Menschen, sind es,die unsere Erde beherrschen, auch nichtunsere Politiker oder die Konzernchefs,nein, die Geheimgesellschaften, die demSchicksal nachhelfen und die unwissendebreite Bevölkerung manipulieren wiedie typischen, altbekannten Puppen, anderen Fäden andere ziehen. Rosenkreuzler,Freimaurer, die ominösen Männer inSchwarz (mittlerweile Stars in deutschenSF-Romanen oder angeblichen Sachbüchern,die auch nicht mehr sind als besondersschlechte SF-Romane) – und,nicht zu vergessen, der Kult um AlistairCrowley spielen ihr Spiel, das wir Normalsterblicheniemals durchschauenwerden. Dämonen sind real.Doch Illuminatenautor Wilson hälteinige tiefgreifende Informationen überNaturgeschichte und Philosophie für deninteressierten Leser bereit (vielleicht alsTrostpflaster?): „Der Mann ist Raum,und die Frau ist Zeit, aber das Universumselbst ist natürlich bisexuell.“ (S. 111)Oder: „Kein Mensch ist Solipsist, wenner auf dem Bürgersteig steht und versucht,sich die (Hunde-)Scheiße von denSchuhen zu kratzen.“ (S. 21) Wenn derVerlag dann noch auf dem Klappentextvon „längst nicht mehr so unglaubwürdigenVerschwörungstheorien rund um dielegendäre Geheimgesellschaft der Illuminaten“spricht, wird aus einem durchausflott und mit einigen interessanten,dem Medium Film nachempfundenenTechniken geschriebenen „literarischenUlk“ (ebenfalls Klappentext) allerdingssehr schnell penetrante Paranoiamacheund Volksverdummung.Uwe AntonDieter Hasselblatt (Hrsg.)ORWELLS JAHR – IST DIE ZU-KUNFT VON GESTERN DIE GE-GENWART VON HEUTE?Frankfurt/Berlin/Wien 1983, UllsteinVerlag19<strong>84</strong> bricht an/aus – und wie zu erwartenund vorausgesagt war, ist im Schweifvon Orwells 1948 entstandenem Romaneine ganze Reihe von Sekundärmaterialauf den Markt gekommen, etwa RobertPlanks psychologische Studie „19<strong>84</strong>“bei Suhrkamp oder Werner Meyer-LarsensBuch DER ORWELL-STAAT 19<strong>84</strong>bei Rowohlt. Großes Engagement zeigtauch der Ullstein-Verlag: Dort erscheintnicht nur eine neu übersetzte Ausgabevon Orwells Roman, sondern auch eine25 „Ozeanische Bibliothek 19<strong>84</strong>“ mitausgesprochenen Antiutopien.Dieter Hasselblatts vorliegendes Sammelwerkversucht, das Phänomen 19<strong>84</strong>in größtmöglichem Rahmen zu erfassen;ein recht schwieriges, wenn nicht sogarunmögliches Unterfangen. So führt derHerausgeber in seinem Vorwort wohlweislichan, daß seine Sammlung „einBuch mit Lücken“ ist. FünfundzwanzigAutoren geben mit Artikeln , Gedichtenund Kurzgeschichten-Impressionen ihreGedanken zu „19<strong>84</strong>“ wieder. Orwellwird als Schriftsteller, „19<strong>84</strong>“ als Romanin der SF eingegrenzt, die in „19<strong>84</strong>“beschriebene Welt wird mit unserer Realitätverglichen, hauptsächlich mit denpolitischen Systemen des Ostblocks,während die Tendenzen der westlichenWelt – Verkabelung, totale Überwachung,Computerdateien etc. kaum odernur bescheiden naiv mit Orwells Buch inKontrast gesetzt werden und ein lapidarerBegriff wie „wildwuchernde Technologie“als größte Bedrohung unsererDemokratie hingestellt wird. Beantwortetwird die Frage des Untertitels, „Istdie Zukunft von gestern die Gegenwartvon heute?“ – gleichzeitig eine der Lieblingsfragendes Herausgebers zur SF,die er auch schon in anderem Zusammenhanggestellt hat – mit einem klarenNein. Orwells Buch, 1948 geschriebenaus Ent· täuschung über damals schonverschenkte Möglichkeiten des Kommunismusund unter dem Eindruck derNazi-Diktatur, ist von der Wirklichkeitlängst einge- oder überholt; es bleibt,mag es auch noch so schlecht geschriebensein, als Spiegel seiner Zeit beste-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!