Der Border Collie – Ein liebenswerter Streber
Der Border Collie – Ein liebenswerter Streber
Der Border Collie – Ein liebenswerter Streber
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Ein</strong> <strong>liebenswerter</strong> <strong>Streber</strong><br />
Es gibt wohl keine Hunderasse, die so polarisiert wie der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>. Die einen könnten nicht<br />
mehr ohne ihn leben und arbeiten. Andere stören sich an seinem schleichenden Gang und dem<br />
fixierenden Blick. <strong>Ein</strong>es ist jedoch sicher: Seine Intelligenz und sein Wille zum Arbeiten machen<br />
ihn zum unentbehrlichen Gefährten von immer mehr Viehbesitzern und Hundesportlern.<br />
Die <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s, wie wir sie heute kennen,<br />
haben ihren Ursprung Ende des 19. Jahrhunderts.<br />
Zu dieser Zeit existierten bereits in<br />
ganz Grossbritannien viele verschiedene Lokalschläge<br />
von Bauernhunden, die auf den<br />
Schaf- und Rinderfarmen ihr Futter durch Mithilfe<br />
beim Treiben des Viehs verdienten. An<br />
Volks- und anderen Festen wurden schon damals<br />
die Fähigkeiten dieser Hunde bei<br />
freundschaftlichen Schaf-Treibe-Wettbewerben,<br />
sogenannten Sheepdog-Trials, getestet.<br />
Die Besten unter ihnen wurden dann ver-<br />
38<br />
Foto: C. Steiner<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
mehrt zur Zucht eingesetzt. Diese Hunde<br />
nannte man damals einfach <strong>Collie</strong>s, was so<br />
viel wie «nützlicher Gegenstand» bedeutete.<br />
Mit dem Aufkommen von Eisenbahn und Auto<br />
wurden auch die Farmer mobiler und die<br />
<strong>Ein</strong>zugsgebiete der Sheepdog-Trials grösser.<br />
So vermischten sich lokale Hundeschläge immer<br />
mehr und die Hunde wurden in ihrer Arbeitsweise<br />
einheitlicher. Aus rein wirtschaftlichen<br />
Gründen bevorzugten die Schaffarmer<br />
Hunde, welche die Schafe in geduckter Haltung,<br />
schleichend und mit fixierend-starrem<br />
Foto: www.dogz.ch<br />
von Corinne Hartmann Boborodea<br />
Blick ruhig vorwärtsbewegen konnten. Bellende,<br />
beissende und die Schafe hetzende<br />
Hunde stressten das Vieh, was durch Fehlgeburten<br />
und Gewichtsverluste zu erheb -<br />
lichen Gewinneinbussen führte. Je wichtiger<br />
und unersetzlicher diese <strong>Collie</strong>s für die Schaffarmer<br />
Grossbritanniens wurden, desto sorgfältiger<br />
begann man sie zu züchten. 1906<br />
wurde die International Sheep Dog Society<br />
(ISDS) gegründet und ein Stammbuch eröffnet.<br />
Dies war der Beginn der Reinzucht dieser<br />
Rasse.
1915 erhielt er den Namen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>.<br />
<strong>Der</strong> Name wurde gewählt, weil zu diesem<br />
Zeitpunkt besonders viele der besten <strong>Collie</strong>-<br />
Hunde im Grenzgebiet zwischen Schottland<br />
und England, den sogenannten «<strong>Border</strong><br />
Counties», beheimatet waren. Auf Drängen<br />
der Ausstellungsliebhaber hin, wurde der<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> 1976 vom Englischen Kennel<br />
Club als offizielle Rasse anerkannt. Dies unter<br />
grossem Protest der Schafzüchter, die um<br />
die unersetzlichen Arbeitseigenschaften ihrer<br />
Hunde bangten. Nicht zu Unrecht, wie<br />
sich inzwischen herausgestellt hat. Zu den<br />
immer noch zahlreichen Zuchtlinien mit hervorragenden<br />
Hütehundeveranlagungen haben<br />
sich parallel dazu auch reine Schönheits-<br />
oder zum Beispiel spezialisierte Agility-Linien<br />
entwickelt.<br />
In der Schweiz geht die Entwicklung erfreulicherweise<br />
wieder weiter weg von den Show<br />
linien hin zu reinen Arbeitslinien. Dies wird<br />
unter anderem durch die enge Zusammenarbeit<br />
zwischen dem <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> Club<br />
Schweiz (BCCS) und dem Schweizerischen<br />
Verein für die Ausbildung von Hüte- und<br />
Herdengebrauchshunden (SSDS) erreicht.<br />
Im Gegensatz zu den Showlinien, die in der<br />
Regel gross und kräftig sind und langes,<br />
dichtes Fell haben, ist das Erscheinungsbild<br />
bei Arbeitslinien bewusst vielfältig. Dies,<br />
weil auf der ganzen Welt die Arbeitsleistung<br />
wichtiger ist als das Aussehen. Hütehunde<br />
müssen vom Körperbau her in der Lage sein,<br />
täglich und bei jeder Witterung ihre Leistung<br />
zu erbringen. <strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> aus einer Arbeitslinie<br />
ist deshalb ein normaler Hund geblieben.<br />
<strong>Ein</strong>zigartiger Arbeitsstil<br />
Ob Lang- oder Stockhaar, ob schwarzweiss,<br />
tricolor, braun-weiss, blau-weiss oder<br />
Rasseporträt<br />
Ist in der Prägungszeit nichts schiefgelaufen, mögen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s Kinder sehr gerne <strong>–</strong> und<br />
umgekehrt. Foto: C. Hartmann<br />
gar blue- und redmerle <strong>–</strong> dem <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
ist eines gemeinsam: Kaum kommt er in Arbeits<br />
stimmung, wird sein Blick starr und seine<br />
Körperhaltung verändert sich schlagartig.<br />
<strong>Der</strong> Kopf senkt sich, sodass das Kinn<br />
manchmal fast den Boden berührt, und der<br />
Hund nimmt eine geduckt-gespannte Haltung<br />
ein. Die Rute ist dabei gesenkt oder gar<br />
zwischen die Hinterläufe geklemmt. Dieser<br />
einzigartige Arbeitsstil lässt ihn zweifelsfrei<br />
von Mischlingen mit borderähnlichem Aussehen<br />
unterscheiden.<br />
Die mehr oder <strong>–</strong> bei Showlinien <strong>–</strong> weniger<br />
starke Hüteveranlagung birgt aber auch Probleme.<br />
Denn wer schon Wölfe beim Jagen<br />
einer Beute beobachten konnte, weiss, dass<br />
der Hütetrieb ähnlich ist. Mit einem Unterschied:<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> lernt, dass er das<br />
Vieh nicht reissen und fressen darf, sondern<br />
seinem Menschen zutreiben soll. <strong>Der</strong> Schritt<br />
vom ausgeprägten Hütetrieb zum Jagen ist<br />
deshalb sehr klein. Jegliche Anzeichen von<br />
Jagdverhalten müssen sofort unterbunden<br />
werden, da ein <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> sonst rasch<br />
einmal zum begeisterten Jäger wird.<br />
Doch auch das ausgeprägte Hüteverhalten<br />
muss <strong>–</strong> je nachdem, was genau er hüten will<br />
(Kinder, Autos, Jogger) <strong>–</strong> unterbunden und<br />
mit richtigem Hütetraining an Vieh oder einer<br />
Hundesportart kanalisiert werden. Auf<br />
Spaziergängen kann er mit Suchspielen gut<br />
beschäftigt werden. Doch beispielsweise<br />
Bälle oder Stöcke werfen ist mit Vorsicht zu<br />
geniessen. Denn schnell einmal ist der <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong> überstimuliert. Man denke zum<br />
Beispiel an die stöckchen- oder ballverrückten<br />
Exemplare, die völlig weggetreten nur<br />
noch ihr gehütetes Objekt anglotzen oder<br />
jeder Person fast verzweifelt irgendein Blatt<br />
oder Ästchen vor die Füsse werfen.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> ist sehr intelligent und<br />
lernt schnell. Er lernt aber nicht nur erwünschtes,<br />
sondern scheinbar noch schneller<br />
lernt er unerwünschtes Verhalten. Dies<br />
sollten sich bereits Welpenbesitzer gut einprägen.<br />
<strong>Ein</strong> Besitzer, der seinen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
richtig lenken und führen kann und ihm<br />
von Anfang an zeigt, was er darf und was<br />
nicht, wird sehr viel Freude an seinem Hund<br />
haben.<br />
Foto: Ch. Münger<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
39
Rasseporträt<br />
<strong>Ein</strong> Hund für Aktive<br />
Die Mehrzahl der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s ist sehr lebhaft,<br />
freundlich und fröhlich. Ausserdem sind<br />
sie aufgeweckt, aufmerksam und anpassungsfähig.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> ist ein «Allzeit-bereit-<br />
Hund», immer dankbar für etwas Action. Die<br />
hervorstechendste Eigenschaft jedes <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong>s ist seine sogenannte «Führerweichheit».<br />
Darunter sind seine grosse Unterordnungsbereitschaft<br />
und seine Empfindlichkeit<br />
in Bezug auf laute oder grobe Behandlung<br />
durch den Besitzer zu verstehen. Diese<br />
«Weichheit» ist unerlässlich, damit der Hund<br />
auf mehrere hundert Meter Distanz noch gehorcht.<br />
Enorme Führigkeit ist es darum auch,<br />
was den <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> bei seiner ursprüng -<br />
lichen Arbeit als Hütehund, aber auch in<br />
allen Sparten des Hundesportes und des Gebrauchshundewesens<br />
so berühmt gemacht<br />
hat. Weitere Attribute des <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s sind<br />
sein grosser Lerneifer und die unermüdliche,<br />
bis an seine Grenzen stossende Leistungsbereitschaft.<br />
Diese kurze Zusammenfassung zeigt, dass<br />
der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> sicher kein reiner Familienhund<br />
ist. Selbst stundenlange Spaziergänge<br />
reichen nicht aus, um ihm einen ausreichenden<br />
Ausgleich zu schaffen. Immer<br />
wieder landen «verrückte» <strong>Border</strong> in Tierheimen.<br />
Diese stammen meist aus Arbeitslinien<br />
und wurden zu Problemhunden, weil<br />
ihnen die (Kopf-)Arbeit fehlte.<br />
Das heisst aber nicht, dass ein <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
in einer Familie nicht glücklich wird. Im<br />
40<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
Gegenteil. Wird mit ihm ausreichend gearbeitet,<br />
fühlt er sich in einem grossen «Rudel»<br />
durchaus sehr wohl und lässt es sich nicht<br />
nehmen, mit den Kindern (Ball) zu spielen.<br />
Wobei gerade dies gut überwacht und zeitlich<br />
limitiert werden muss. <strong>Der</strong> <strong>Border</strong> würde<br />
nämlich bis zur Erschöpfung mitspielen.<br />
Wer Kinder hat, sollte sich nach einem<br />
Züchter umsehen, der die Welpen gute Erfahrungen<br />
mit Kindern jeden Alters machen<br />
lässt. Denn hat der <strong>Border</strong> einmal eine<br />
schlechte Erfahrung gemacht, bleibt dies oft<br />
jahrelang, wenn nicht ein Leben lang verankert<br />
und zeigt sich dann durch Angst(-Aggression).<br />
Enger Kontakt zu seinem Besitzer<br />
Die meisten <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s sind immer noch schwarz-weiss. Foto: C. Hartmann<br />
Braune <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s sind immer häufiger zu finden. Foto: C. Hartmann<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> war und ist seit vielen<br />
Jahrzehnten ein ständiger Begleiter der<br />
Schäfer auf ihren Kontrollgängen über die<br />
Weiden und bei den täglichen Arbeiten mit<br />
dem Vieh. <strong>Der</strong> Bauer braucht aus Zeitgründen<br />
(und Zeit ist Geld) Hunde, die immer zur<br />
Stelle sind, um bei Bedarf sofort mitzuarbeiten,<br />
ohne zuerst dazu ermuntert zu werden.<br />
Dies verlangt also einen Hund, der<br />
dauernd die Nähe seines Chefs sucht und<br />
darauf brennt, ihm helfen zu dürfen. <strong>Ein</strong> typischer<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> möchte sein Leben<br />
deshalb in enger Beziehung und möglichst<br />
ständigem Beisammensein mit seiner Bezugsperson<br />
verbringen und dabei stets das<br />
Gefühl haben, hilfreich und unentbehrlich<br />
zu sein.<br />
In welcher Umgebung er seine Tage verbringt,<br />
ist für ihn Nebensache. In unserer<br />
modernen Zivilisation, wo es den meisten<br />
von uns ständig an Zeit fehlt, ist die dauernde<br />
Befriedigung dieser hundlichen Bedürfnisse<br />
oft gar nicht mehr möglich. Trotzdem<br />
müssen wir uns alle täglich bemühen, un sere<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s nicht vereinsamen zu lassen,<br />
und sie regelmässig sowohl mit genügend<br />
Bewegung wie auch mit angemessener geistiger<br />
Beschäftigung zu fordern.<br />
Auch <strong>Border</strong>-Besitzer, deren Hunde nicht als<br />
eigentliche Arbeitshunde verwendet werden,<br />
können mit etwas Fantasie den Betätigungsdrang<br />
ihres Hundes (z. B. mit Such -<br />
spielen auf langen Spaziergängen) befriedigen.<br />
<strong>Ein</strong> Leben fast nur im Garten und<br />
rund ums Haus wäre für einen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
jedoch brutal und würde mit Sicherheit<br />
zu einigen Verhaltensproblemen führen.<br />
Zu Hause genügsam<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> als mittelgrosser Hund<br />
braucht weder im Haus noch im Auto einen<br />
grossen Liegeplatz. Vorausgesetzt, sein tägliches<br />
körperliches und geistiges «Fitness-
Katzen werden meist mit Leidenschaft gehütet. <strong>Ein</strong> Umstand, mit dem die Katze lernen muss<br />
umzugehen. Foto: C. Hartmann<br />
programm» befriedigt seine Bedürfnisse,<br />
kann von einem <strong>Border</strong> durchaus verlangt<br />
werden, dass er sich zwischenzeitlich auf<br />
einem ihm zugewiesenen Platz ruhig verhält<br />
<strong>–</strong> meist tut er dies sowieso freiwillig. Am<br />
liebs ten hat er sein Körbchen in unmittelbarer<br />
Nähe seiner Familie. Denn ein <strong>Border</strong><br />
will am liebsten «immer dabei» sein <strong>–</strong> selbst<br />
wenn er schläft.<br />
Tiere wie Katzen, Meerschweinchen oder<br />
Kaninchen werden von <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s meist<br />
mit Leidenschaft gehütet. Erstaunlicherweise<br />
erkennen die gehüteten Tiere in der Regel<br />
sehr rasch, wenn ihnen keine Gefahr droht,<br />
und vor allem Katzen geniessen diese grosse<br />
Aufmerksamkeit sogar noch. Allerdings<br />
gibt es auch <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s, bei denen die<br />
Lust zu jagen überhandnimmt und die das<br />
Tier möglicherweise sogar töten. Viele <strong>Border</strong>-Besitzer<br />
brechen das Projekt «Meerschweinchen»<br />
oder «Kaninchen» sowieso<br />
vorzeitig ab, weil der Hund zu Hause nichts<br />
mehr anderes machen kann, als die Tierchen<br />
anzuglotzen. Selbst zu Spaziergängen<br />
muss er in diesem Fall überredet werden.<br />
Diese Art von Hüten kann also zum<br />
Zwang werden, der den Hund im Kopf leer<br />
macht und nicht wünschenswert ist.<br />
Vielfältiges Erscheinungsbild<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> kommt in zwei Haarvarianten<br />
vor: Stockhaar und Langhaar. Das<br />
Fell des stockhaarigen Hundes besteht aus<br />
einer dichten Unterwolle und den diese gut<br />
überdeckenden, unterschiedlich langen und<br />
relativ rauen Deckhaaren. Die Deckhaare<br />
sollten gerade sein (nicht gewellt und gekraust)<br />
und eine gute geschlossene Decke<br />
bilden. <strong>Der</strong> Hund ist so bestens gegen alle<br />
Wettereinflüsse geschützt. Bei Regenwetter<br />
wird er natürlich oberflächlich nass und<br />
schmutzig, aber nach kurzer Zeit im Trocke-<br />
nen ist er wieder trocken und sauber. <strong>Ein</strong><br />
weiterer Vorteil dieser Fellart ist, dass sich<br />
auch bei schwerem Schnee keine Schneeklumpen<br />
im Fell festsetzen und den Hund in<br />
den Bewegungen stören können. Die Pflege<br />
ist einfach: Ausser während des Haarwechsels<br />
braucht er nicht regelmässig gebürstet<br />
oder gekämmt zu werden.<br />
Bei der langhaarigen Variante gibt es<br />
grosse Unterschiede in Haarlänge und Volumen.<br />
Vom richtigen «Flaumer» bis zum<br />
fast Kurzhaarigen <strong>–</strong> mit Ausnahme von<br />
etwas längeren Haaren um die Ohren, an<br />
der Rückseite der Gliedmassen und an der<br />
Rute <strong>–</strong> kommt fast alles vor. Auch die Langhaarigen<br />
haben eine dichte Unterwolle,<br />
aber ihre Deckhaare sind viel feiner und<br />
weicher und im Allgemeinen auch länger<br />
<strong>Ein</strong>e junge Stockhaar-Tricolor-Hündin. Foto: S. von Erlach<br />
als beim Stockhaarigen. Langhaarige <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong>s sollten einmal wöchentlich<br />
gebürstet und gekämmt werden, um ein<br />
Verfilzen der Haare vor allem hinter den<br />
Ohren, an den Hinterschenkeln und an der<br />
Rute zu verhindern.<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s wechseln zwei Mal jährlich<br />
das Fell. Die Dauer des Haarwechsels kann<br />
stark variieren und ist von mehreren Faktoren<br />
abhängig wie Geschlecht (Läufigkeit,<br />
Kastration), Haltungsart (in geheizten Räumen<br />
oder draussen) und individuelle Veranlagung.<br />
Manche Hunde werfen ihr Fell<br />
fast wie einen Pelzmantel ab und haben<br />
den Fellwechsel in wenigen Tagen hinter<br />
sich, andere wiederum scheinen das ganze<br />
Jahr über mehr oder weniger stark zu haaren.<br />
Anfällig auf Unfälle<br />
Rasseporträt<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> ist normalerweise ein sehr<br />
robuster Hund, der selten ernsthaft krank ist.<br />
Natürlich gibt es, wie bei allen Lebewesen,<br />
Anfälligere und Kerngesunde. Wenn man<br />
bei <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s von einer Anfälligkeit<br />
sprechen kann, dann ist es eher diejenige<br />
für Unfälle aller Art. Es sterben wahrscheinlich<br />
mehr <strong>Border</strong> eines unnatürlichen Todes<br />
als an einer Krankheit. Durch ihr ausgeprägtes<br />
Temperament und ihre Rücksichtslosigkeit<br />
sich selber gegenüber sind sie<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
41
Rasseporträt<br />
häufiger Opfer kleinerer oder grösserer Unfälle<br />
aller Art. Es ist deshalb als Besitzer unerlässlich,<br />
vorauszuschauen und gefähr -<br />
liche Situationen richtig einzuschätzen.<br />
Besser man ruft seinen «Kamikaze»-<strong>Border</strong><br />
einmal zu viel zurück und leint ihn an, als<br />
nach einem Unfall den Hund monatelang<br />
zu schonen, teure Tierarztrechnungen zu<br />
bezahlen oder gar seinen Tod bedauern zu<br />
müssen.<br />
Leider ist auch der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> nicht davon<br />
ausgenommen, an einigen Erbkrankheiten<br />
zu leiden. Die wichtigsten sind die<br />
HD (Hüftgelenksdysplasie) sowie die Augenkrankheiten<br />
CEA (<strong>Collie</strong> Eye-Anomalie)<br />
und PRA (progressive Retina-Atrophie =<br />
fortschreitende Netzhautdegeneration,<br />
welche zur Erblindung führt). HD (und auch<br />
OCD, eine Wachstumsstörung an der<br />
Schulter) wird durch die obligatorische<br />
Röntgenauswertung vor einer Körung «in<br />
Schach» gehalten. Die PRA muss ebenfalls<br />
vor einer Ankörung kontrolliert werden. Die<br />
CEA kann inzwischen genetisch abgeklärt<br />
und dadurch sowohl sogenannte Träger<br />
wie auch Erkrankte ermittelt und nicht zur<br />
Zucht eingesetzt werden.<br />
Unglücklicherweise kommt bei den <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong>s auch eine vererbte Form von Epilepsie<br />
vor. Inzwischen ist eine Studie angelaufen,<br />
die dereinst hoffentlich eine genetische<br />
Erkennung ermöglicht. Bis zu de-<br />
Die Farbe Redmerle ist (noch) ziemlich selten. Foto: R. Tschanz<br />
42<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
ren Abschluss werden bekannte betroffene<br />
Tiere züchterisch selektiert. Andere Krankheiten<br />
wie Gebiss-, Ruten- oder Augenlid -<br />
anoma lien kommen nur selten vor.<br />
Verträgt keinen Druck<br />
Als mittelgrosser, normal gebauter Hund<br />
hat der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> eine hohe Lebenserwartung<br />
von 12 bis 15 Jahren. Volle Leis -<br />
tungsfähigkeit als Arbeitshund darf jedoch<br />
nur bis zu einem Alter von 9 bis 10 Jahren<br />
erwartet werden. Danach beginnen ein Leis<br />
tungsabbau und eine Abnahme der<br />
Sinnesleistung, die von Hund zu Hund unterschiedlich<br />
rasch verläuft. Dennoch bleibt<br />
der <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> bis ins hohe Alter geistig<br />
fit und will entsprechend gefordert werden.<br />
Es ist für ihn sehr befriedigend, auch weiterhin<br />
angepasste Aufgaben erfüllen zu<br />
dürfen. Das Gefühl, gebraucht zu werden,<br />
sollte man ihm bis zum Schluss geben.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Border</strong> fühlt sich bei aktiven, sensiblen<br />
Menschen am wohlsten. Leute, die ganztags<br />
arbeiten, unbeherrscht reagieren, laut<br />
sind, gerne Druck auf den Hund ausüben<br />
oder einen reinen Familienhund suchen,<br />
sind mit einem <strong>Border</strong> schlecht bedient.<br />
Ob Rüde oder Hündin spielt beim <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong> keine grosse Rolle. Beide sind ihrem<br />
Besitzer gegenüber in der Regel nicht domi<br />
nant. Die Läufigkeit kann bei einer Hün-<br />
<strong>Ein</strong>e seltene blaue Langhaarhündin.<br />
Foto: C. Hartmann<br />
din dieser sensiblen Rasse etwas anstrengend<br />
werden. Viele sind einige Wochen<br />
vor, während und nach der Läufigkeit launisch,<br />
unaufmerksam oder gar depressiv<br />
und neigen zu Scheinträchtigkeiten.<br />
Gesundheit und Wesen sind wichtig<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> zählt zu den mittelgrossen<br />
Hunderassen. Aus Rücksicht auf sein<br />
uneinheitliches Aussehen wurde auch seine<br />
Grösse nicht nach unten oder oben begrenzt,<br />
sondern nur eine Idealgrösse festge<br />
legt. Diese ist für Rüden 53 cm Schulterhöhe.<br />
Für Hündinnen etwas weniger. Die<br />
Grösse kann aber durchaus zwischen<br />
40 und 60 cm variieren. Viel wichtiger als<br />
die Grösse ist für einen Arbeitshund ein<br />
harmonischer Körperbau und ein korrektes<br />
Gangwerk. Was die Fellfarbe anbelangt,<br />
sollte nur Weiss nicht vorherrschen. Aber<br />
auch das gilt in der Schweiz nicht als zuchtausschliessend.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> ist sehr temperamentvoll und<br />
bewegungsfreudig. Temperament soll aber<br />
nicht mit Nervosität verwechselt werden,<br />
die nicht erwünscht ist. Ursachen dafür können<br />
beispielsweise eine Unter-, aber auch<br />
eine Überstimulation oder ein ambivalenter<br />
Umgang mit dem Hund sein. Es gibt natürlich<br />
auch Zuchtlinien, die zu Nervosität<br />
neigen, oder solche, welche eher phlegmatisch<br />
sind. Ebenso wenig wie Nervosität,<br />
sind eine übermässige Ängstlichkeit<br />
oder gar Aggressivität erlaubt.<br />
Kauf eines <strong>Border</strong>s<br />
<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> ist kein Anfängerhund,<br />
da er mit seinem ausgeprägten Lernvermö-
Er ist vielfältig: Kipp- und Stehohr, sowie ein<br />
blaues und ein braunes Auge. Foto: C. Hartmann<br />
gen und seiner schnellen Auffassungsgabe<br />
selbst erfahrene Hundebesitzer immer wieder<br />
locker austricksen kann. Und das natürlich<br />
am liebsten mit unerwünschtem Verhalten.<br />
Inkonsequenz hat beim <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
teilweise verheerende Folgen. Zahlreiche<br />
<strong>Border</strong> landen wieder beim Züchter oder<br />
gar in Tierheimen, weil die Besitzer überfordert<br />
sind.<br />
Sportliche, aktive und erfahrene Hundebesitzer<br />
dürfen sich aber ruhig an das «Abenteuer<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>» heranwagen. Kaum einer<br />
hat dies je bereut. Bleibt nur die Wahl<br />
zwischen Arbeits-, Show- und gemischten<br />
Linien. In der Schweiz sind häufig Zuchten<br />
mit reinen Arbeitslinien oder einem geringen<br />
Anteil aus Showlinien zu finden. Zur<br />
Wahl stehen aber auch Züchter, die sich auf<br />
geeignete Hunde für Hundesportarten wie<br />
Agility oder Obedience spezialisiert haben.<br />
Reine Showlinien sind eher in Deutschland<br />
zu finden.<br />
Natürlich kann auch mit einem <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong><br />
aus einer reinen Arbeitslinie statt Hütearbeit<br />
«lediglich» Hundesport betrieben<br />
werden. Nur sind dann viele Züchter nicht<br />
bereit, einen Welpen zu verkaufen. <strong>Border</strong><br />
<strong>Collie</strong>s aus Arbeitslinien brauchen in der Regel<br />
mehr Beschäftigung, bei der sie Kopfarbeit<br />
leisten müssen, als ein <strong>Border</strong> aus einer<br />
Showlinie.<br />
In Zeitschriften wie der Tierwelt sind meist<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>s aus «wilden» Zuchten, also<br />
ohne Papiere <strong>–</strong> und somit ohne die entsprechenden<br />
Voruntersuchungen und Röntgenabklärungen<br />
<strong>–</strong> inseriert. Bei diesen wird<br />
in der Regel auch kein grosser Wert auf eine<br />
überlegte Wahl der Elterntiere und eine<br />
seriöse Aufzucht der Welpen gelegt. Dies<br />
wirkt sich bei einem Hund mit so sensiblem<br />
Wesen oft lebenslänglich negativ aus. Deshalb<br />
ist es von Vorteil, sich an die Welpenvermittlung<br />
des <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> Clubs zu wenden.<br />
Diese kann je nachdem, in welcher<br />
Sparte der künftige Besitzer mit seinem <strong>Border</strong><br />
arbeiten will, geeignete Zuchtstätten<br />
nennen.<br />
Es ist nicht ausgeschlossen, dass selbst ein<br />
<strong>Border</strong> aus einer reinen Arbeitslinie nicht<br />
gerne arbeitet. Aber das ist selten. Andererseits<br />
kann auch nicht empfohlen werden,<br />
sich einen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> aus reinen Showlinien<br />
zu kaufen, wenn er fast nur als Fami -<br />
lienhund dienen soll. Denn selbst dort kann<br />
es äusserst arbeitswütige Exemplare geben,<br />
die ohne ausreichende Beschäftigung sehr<br />
unglücklich sind.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>-Welpe kostet beim Züchter<br />
etwa 1600 Franken. Nicht anerkannte<br />
Züchter verlangen deutlich weniger. <strong>Der</strong><br />
Preis darf aber keinesfalls ein Kaufargument<br />
sein, weil ein kranker Hund oder ein<br />
Hund mit schlechtem Wesen letztlich wesentlich<br />
teurer kommt <strong>–</strong> Tierärzte und Hundepsychologen<br />
sind nicht gratis <strong>–</strong> als ein<br />
Hund aus einer sorgfältig ausgewählten<br />
Verpaarung und einer soliden Aufzucht.<br />
Zwar sind diese «verrückten» Hunde längst<br />
nicht für jeden geeignet. Aber ein halbwegs<br />
begabter, aktiver Mensch kann seinem<br />
Rasseporträt<br />
Leben durch einen <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> eine völlig<br />
neue Qualität geben. <strong>Der</strong> Spruch: «<strong>Ein</strong>mal<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> <strong>–</strong> immer <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>!»<br />
kommt nicht von ungefähr.<br />
Ausführlichere Informationen finden sich<br />
im Buch «<strong>Der</strong> <strong>Border</strong> <strong>Collie</strong>» von Daniela<br />
Gerber. Erschienen im Müller Rüschlikon<br />
Verlag, Cham. ISBN 3-275-01422-6.<br />
<strong>Border</strong> <strong>Collie</strong> Club<br />
Schweiz BCCS<br />
Homepage:<br />
www.border-collie-club.ch<br />
Präsident: Renato Wieland, Schläflistrasse 5,<br />
4566 Kriegstetten, Tel. 032 675 28 09,<br />
E-Mail: renato.wieland@bluewin.ch<br />
Welpenvermittlung: Doris Lehmann, Hübeli<br />
546, 3472 Wynigen, Tel. 034 415 12 82<br />
Swiss sheep dog society<br />
Homepage: www.ssds.ch<br />
Präsident: Urban Lanker, Langmatte, 7270<br />
Davos Frauenkirch, Tel. 081 420 06 60<br />
<strong>Ein</strong> Bluemerle-Rüde mit viel flauschigem Fell aus einer Schönheitszucht. Foto: Th. Gosteli<br />
© Schweizer Hunde Magazin 5/08<br />
43