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Profil zeigen VI - Gründungsservice - TU Berlin

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42Corinna PowallaModomoto78Tilman IssingPinuts46Dr. Robert Klöpper und82Dr. Martin NägeleTomasz GingoldOptoprecisionResonic50Dr. Kai-Oliver Schäfer86Dr. Claas JunghansSchulz Junghans PatentanwälteOctopus Fluids54Birgitt Claus90Dr. Jörg LüddemannInMediasP GmbHeßkultur58Jörg Muchametow94Steffen FörsterAristoseagleyard Photonics62Detlef Weidenhammer und98Christian SchramK&S Ingenieurpartnerschaft KrugWilfrid KettlerGAI NetConsult102Carsten Gertz, Jens-MartinGutsche und Jens Rümenapp66Noara Kebir und Daniel PhilippGGR PlanungMicroEnergy International106Alle bisher porträtierten70Christoph NefzgerGründerinnen und GründerStellenticket74Malte Metzing und Bastian AlbersmyBus


Foto: Le-Dung Ly


»Freie Softwareist die Basis unseres Erfolgs.«Jutta HorstmannData In Transit7Zwei Studiengänge hat Jutta Horstmann mitdem Diplom abgeschlossen – und beide prägendie Gründerin des Bonner IT-BeratungsunternehmensData In Transit bis heute. An der <strong>TU</strong><strong>Berlin</strong> studierte die gebürtige Karlsruherinbis 2005 Informatik; schon zuvor hatte sie ander Freien Universität <strong>Berlin</strong> ihr Diplom alsPolitikwissenschaftlerin abgelegt. Politik undInformatik? Nur auf den ersten Blick eine ungewöhnlicheKombination, denn beide Richtungenprägen die Firmenphilosophie ihresUnternehmens. »Ich denke IT immer auch politisch«,sagt die 36-jährige. Dafür folgt sie dreiRichtlinien: Zum einen fokussiert sie sich aufFreie Software – also auf Programme, derenQuellcode kein Geheimnis der Entwickler, sondernfür alle Nutzer zugänglich ist. Zweitensarbeitet Horstmanns Beratungsunternehmenökologisch und nachhaltig, und drittens wirktsie in Initiativen mit, die Anzahl von Frauen intechnischen Berufen zu vergrößern.beginn als einzelkämpferin Alle guten Haltungennützen natürlich wenig, wenn das Unternehmenökonomisch auf wackeligen Füßenstünde. Doch die Wahl-Rheinländerin, die DataIn Transit im Jahr 2006 noch in <strong>Berlin</strong> gründeteund dann nach Bonn umzog, hat in dieser HinsichtGutes zu vermelden. »Wir verfügen übereine attraktive Kundenstruktur und besitzeneinen guten Ruf, sodass neue Kunden häufigdirekt auf uns zukommen.«In der ersten Phase war die Gründerin nochals Einzelkämpferin aktiv, inzwischen arbeitenvier Leute für das Unternehmen – Tendenzsteigend, schließlich wachse der Markt: Immermehr Konzerne starten IT-Projekte und nutzendafür Open-Source-Software. »Das ist vorallem immer dann sinnvoll, wenn Portale mitoffenem Charakter entstehen sollen, bei denendie Kunden nicht nur Informationen bekommen,sondern auch selber welche ins Netz stellen«,erklärt Horstmann. Derzeit besondersangesagt ist die Software Drupal, ein ContentManagement System, mit dem sich lebendigeCommunities im Internet gestalten lassen. Andersals »geschlossene« Konkurrenzsoftwarelebt Drupal davon, dass die Nutzer selbst diekostenlose Software immer weiterentwickeln.»Dadurch wird das Produkt immer besser«, erklärtdie Open-Source-Expertin, die Mitglied indiversen Initiativen und Verbänden zu diesemThema ist.


8öffentliche präsenz ist wichtig Zu ihrenKunden zählt Jutta Horstmann große Unternehmenwie die Postbank, Deutsche PostDHL, den Burda Verlag oder den Kinder kanalvon ARD und ZDF. Aber ihre Firma schult undberät auch kleinere Unternehmen. Die Gründerinist als Frau in der männlich dominiertenIT-Branche in der Regel deutlich in der Minderheit.»Vor allem zu Beginn gab es schon einmalSprüche wie ›Frauen gehören an den Herd‹«,sagt Jutta Horstmann. Heute sieht sie dieSchieflage auch positiv: »Als Frau in der Branchebleibt man bei den Männern im Gedächtnis«– und diese Präsenz ist im IT-Beratungsgeschäftvon großer Bedeutung. »Wir müssenuns auch in der Öffentlichkeit <strong>zeigen</strong>«, sagt dieGründerin, »und klarmachen, dass wir die neuestenEntwicklungen und Lösungen parat haben.«Daher schreibt Jutta Horstmann regelmäßigFachbeiträge, präsentiert sich und ihrUnternehmen auf Messen oder hält auf KonferenzenVorträge zu technischen oder unternehmerischenThemen.Ihr Ziel für die Zukunft: die Verdopplung derMitarbeiterzahl bis ins Jahr 2017, dazu neueThemen wie die Entwicklung von Lösungenfür die mobile IT, in ihren Augen der Wachstumsmarktder Zukunft. Wobei die Diplom-Informatikerinden Wachstumsbegriff nicht reinökonomisch interpretiert. »Ich stelle mir unterWachstum keine Yacht vor, sondern die Möglichkeit,meinen Mitarbeitern und mir eine gesicherteExistenz zu bieten.«


zur personJutta Horstmannstudiengang(abschluss)Informatik (2005)mein rat angründungsinteressierte4 wichtige Punkte:• Kundenorientiert vorgehen,im ständigen Dialogmit dem Kunden stehen• Finanzen langfristig planen, sichzu allen buchhalterischen Themenexternen Sachverstand einholen.• Falls möglich: Zu zweit gründen.Verantwortung gemeinsam tragenund Erfolge gemeinsam feiern.• Disziplin ist zentral: Strukturiertund fokussiert arbeiten. Und dabeisich selbst nicht vernachlässigen,sondern genauso diszipliniert dieF-Wörter pflegen (Feierabend,Freizeit, Freunde, Familie).unternehmenData in Transitwww.dataintransit.combrancheInformationstechnologie,Softwareentwicklungjahr der gründung2006mitarbeiter / innenbis zu 59


Foto: <strong>TU</strong>-Gründungsservice / Dahl


»Man kann alles erreichen –man muss es nur wollen!«Reinhard MüllerEUREF AG11Für Reinhard Müller schließt sich im Jahr 2012ein Kreis. Als der gebürtige Rheinländer vor 40Jahren mit seinem Studium begann, erhielt erBAFÖG. Heute kann der Architekt etwas zurückgeben,wie er sagt: Das von ihm geplanteStadtquartier »EUREF-Campus« an der TorgauerStraße in <strong>Berlin</strong>-Schöneberg wird eingeweiht– inklusive eines eigenen Campus der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>,der sich mit dem Zukunftsthema »Stadt undEnergie« beschäftigt.5000 Menschen werden auf dem Gelände arbeiten.Geprägt ist es durch den 78 Meter hohenGasometer, aus dem zum Beispiel GüntherJauch seine Sonntagabend-Talkshow sendet.»Wir entwickeln hier die Vision einer intelligentenStadt von morgen«, sagt der 59-jährige,inklusive 100 Wohnungen, 20 Gastronomiebetriebenund nachhaltiger Energieversorgung.Der Sprung vom Studenten zum Campus-Entwicklerist riesig, in Reinhard Müllers Fall aberbeinahe folgerichtig. Als Sohn eines Konditormeistersbewarb er sich für das Architekturstudiuman der Fachhochschule Düsseldorf –17-jährig, ohne Abitur, nur mit der mittlerenReife, die er am Gymnasium erlangt hatte. »Ichhabe mich immer nur für Kunst und Architekturinteressiert und war ein eher mittelmäßigerSchüler«, erinnert er sich. Er absolvierte dieAufnahmeprüfung – künstlerisch arbeiten fielihm leichter – und wurde angenommen.berlin statt bund Als er einige Zeit späterfür die Bundeswehr gemustert werden sollte,hatte er seinen Immatrikulationsbeleg für dasdritte Semester schon in der Tasche und wurdezurückgestellt. Mit Auszeichnung bestand er1975 sein Studium nach acht Semestern – dannmeldete sich die Musterungskommission wieder.»Ich hatte mich sowieso entschieden, meinenDiplom-Ingenieur zu machen, den ich ander Fachhochschule damals noch nicht ablegenkonnte. Deswegen ging ich nach <strong>Berlin</strong> undmusste somit auch nicht zur Bundeswehr.«In der damals noch geteilten Stadt rechneteman ihm an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> die ersten vier Semesterund das Vordiplom an, so dass er schon1978 seinen Abschluss als Stadt- und Regionalplanerin der Tasche hatte.Ohne zu zögern, gründete er das ArchitekturbüroA.R.M. – ohne eigenes Kapital. »Ich konntemir nicht vorstellen, als Angestellter zu arbeiten«,erklärt er heute, »wusste aber auchnoch nicht, was ich stattdessen tun könnte.«Er erinnerte sich an eine Vorlesung, in der einProfessor seinen Studenten einbläute, dass inden <strong>Berlin</strong>er Sanierungsgebieten private Inves-


12toren Vorrang vor den großen Sanierungsträgernwie der »Neuen Heimat« hätten. »Ich habemich mit einem Freund zusammengetan, derüber ausreichend Kapital verfügte. Zusammenhaben wir Grundstücke oder Gebäude gekauft,diese saniert und anschließend wieder verkauft.«Müller legt Wert darauf, dass er fair mitden Verkäufern umgegangen ist – »das war fürmich immer ein Maßstab, wenn ich Geschäftegemacht habe.« 1985 gründete er die REMGesellschaft für Stadtbildpflege und Denkmalschutz,mit der er denkmalgeschützte Bautensanierte.stiftungsarbeit statt eigener firma Nachdem Mauerfall weitete Reinhard Müller seineGeschäfte in den Osten Deutschlands aus undführte seine beiden Firmen mit zwei anderenPartnern zum Unternehmen Wert-Konzept zusammen.Insgesamt entwickelte und initiierteer mehr als 400 Immobilien-Projekte in <strong>Berlin</strong>und den neuen Bundesländern, die Investitionenlagen bei mehr als vier Milliarden Euro.Nach 20 Jahren Selbstständigkeit erhielt er einAngebot, das Müller nicht ausschlagen konnte.»Die börsennotierte IVG Immobilien AG ausBonn wollte unsere Firma kaufen.« Er sagte ja –und es ging ihm plötzlich so gut, dass er eigentlichnicht mehr arbeiten musste. »In einersolchen Situation und mit 48 Jahren, fragtman sich dann schon, was man nun noch tunmöchte.« Müller fand mehrere Lösungen. Zunächstkonzentrierte er sich auf die für landeseigeneBaudenkmäler ausgerichtete StiftungDenkmal schutz <strong>Berlin</strong>, die er mit seiner FrauMaria, Dr. Lothar de Maizière und anderenPartnern ins Leben rief und die 20 MillionenEuro zusammenbrachte – Geld, das zum Beispielin die Sanierung des Brandenburger Torsoder des Strandbads Wannsee floss.2008 schließlich gründete er die EUREF AG, diesich einem großen Projekt widmet: dem Gasometer-Geländein Schöneberg – einem Ort, wosich für Reinhard Müller vielleicht ein weitererKreis schließen könnte. »Ich stelle mir vor, nachFertigstellung aller Objekte, hier als eine Art»Campus-Manager« herumzulaufen und daraufzu achten, dass alles läuft«, sagt er mit einemLächeln – und man nimmt ihm diese Rollesogar ab. Denn: »Gebäude und erst recht so einCampus sind wie Pflanzen – man muss sie pflegen,damit sie gut gedeihen.«


13zur personReinhard Müllerstudiengang(abschluss)Stadt- und Regionalplanung(1978)mein rat angründungsinteressierteDurchhalten und guteMitstreiter suchen!unternehmenEUREF AGwww.euref.debrancheImmobilienprojektentwicklungjahr der gründung2008mitarbeiter / innen21 – 50


Foto: <strong>TU</strong>-Gründungsservice / Dahl


»Wer schnell sein will,muss langsam gehen.Sonst stürzt man.«Jenifer und Gunnar EisenbergEisenberg Audio15Die <strong>Berlin</strong>er Musikszene trifft sich in Kreuzbergoder Neukölln, Mitte oder Prenzlauer Berg.Aber Charlottenburg? Ist für manchen Kiez-Kreativen so weit entfernt wie Potsdam. »Wirkennen diesen Vorbehalt«, lächelt Gunnar Eisenberg,der zusammen mit seiner Frau Jeniferin der Nähe des Charlottenburger Schlossparksdas Unternehmen Eisenberg Audio betreibt.Doch für die beiden gibt es gute Gründe, in dieserGegend <strong>Berlin</strong>s zu bleiben: »Zum Beispieldie Nähe zur <strong>TU</strong>, von der wir junge Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter rekrutieren.« Und sowieso:Da die angesagten Viertel in der Musikszenealle paar Jahre wechseln, kann es nichtschaden, seine unternehmerische Heimat in einemViertel zu finden, das »zwar nie richtig in,aber eben auch nie richtig out sein wird«, wieGunnar Eisenberg sagt.Das Unternehmen entwickelt eine innovativeSoftware für Musiker. »Artificial IntelligenceStudio Technology« nennt sich die Technik,kurz AIST. »Es handelt sich um einen Synthesizer,mit dem unsere Kunden sehr einfachKlänge herstellen und manipulieren können«,erklärt der 34-jährige, der an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>Elektro- und Nachrichtentechnik studierte und2008 promovierte. Das Besondere: Die Softwaresieht sehr schlank aus und lässt sich intuitivbedienen. Auf zu viele Knöpfe und unübersichtlicheFeatures hat der Entwickler bewusstverzichtet. »Wir möchten es den Musikern einfachmachen. Unsere Software soll die Kundennicht verwirren, sondern inspirieren.«musiker inspirieren statt verwirrenWenn Gunnar Eisenberg den Prototypen desSynthesizers vorstellt, wird schnell klar, waser meint. Die Oberfläche wirkt aufgeräumt:ein Keyboard, drei Drehknöpfe. Doch dahintererwartet den Nutzer eine Vielzahl von Klängenund möglichen Kombinationen. »Dabeiwar uns wichtig, dass sich eine Violine tatsächlichwie eine Violine anhört – und dass man sieauch dann noch als Violine erkennt, wenn mansie beispielsweise in einen Chor überführt.«Morphen nennt sich diese Technik: Violine undChor bilden dann eine eigene Klangwelt.Schon als Schüler und später als Werkstudentsammelte Gunnar Eisenberg als Mitarbeitervon Native Instruments, dem Marktführer fürsoftwarebasierte Synthesizer, erste Erfahrungenim digitalen Audiobereich. »Diese Zeit hatmich geprägt. Native Instruments war damalsein Pionier, und ich war dabei, als aus nichts etwasTolles entstand.« Nach der Promotion ar-


16beitete er von 2008 bis 2010 noch einmal für dasUnternehmen. »Ein guter Job«, sagt er, »aberals Angestellter beobachtete ich immer wiederVorgänge oder Entscheidungen, die ich nichtnachvollziehen konnte.« So entstand 2009 derWunsch, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen– und da trifft es sich natürlich ausgezeichnet,wenn die Ehefrau das ökonomische Know-howbeisteuern kann: Jenifer Eisenberg studierte ander <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> BWL und stammt, wie sie sagt,aus einer »traditionellen Unternehmerfamilie« .Sie übernahm nach der Gründung des gemeinsamenUnternehmens im Jahr 2010 die kaufmännischeVerantwortung.heiße phase, drei kleine kinder Derzeitarbeitet die Firma mit sechs Mitarbeitern daran,die erste kommerzielle Version des Synthesizersmarktfertig zu machen. WährendGunnar Eisenberg an den technischen Finessenfeilt, erarbeitet Jenifer Strategien fürden Verkauf und Vertrieb. »Das beginnt beider Frage, wie teuer die Software letztlichsein soll. Zudem müssen wir den Vertriebso schlagkräftig gestalten, dass die Softwarenach der Veröffentlichung überall dort zu habenist, wo wir Interessenten vermuten«, sagtdie BWL-Absolventin. Keine Frage: Im HauseEisenberg beginnt jetzt eine heiße Phase, inder jeder Tag auch gerne 48 Stunden habendürfte. Zumal die Familie zu fünft ist: Dasjüngste der drei Kinder kam Anfang 2012 zurWelt. »Trotzdem: Ich bin freitags nach einerWoche im eigenen Unternehmen nicht so erschöpftwie nach einer Arbeitswoche als Angestellter«,resümiert Gunnar Eisenberg.Viel Motivation schöpfen beide aus den Rückmeldungen,die das Gründerpaar regelmäßigerhält. »Positives Feedback von Musikernoder Gründungsexperten schafft Vertrauenin die Geschäftsidee«, sagt Jenifer Eisenberg.Und wenn es am Ende nicht reicht? »Es wäresehr hart, wenn wir scheitern würden «, sagtGunnar Eisenberg. »Aber schlimmer wäre es,eines Tages den Kindern erklären zu müssen,warum man die Chance, die man hatte, nichtergriffen hat.«


17zum teamDr.-Ing. Gunnar Eisenberg,Jenifer Eisenbergstudiengang(abschluss)Nachrichtentechnik (2003) undPromotion zum Dr.-Ing. (2008)BWL (2002)unser rat angründungsinteressierteEine Unternehmensgründungist wie Klettern. Man sollte ständigeinen guten Stand haben undkonzentriert nach dem nächstenGriff suchen.unternehmenEisenberg GmbHwww.eisenberg-audio.debrancheSoftwarejahr der gründung2012mitarbeiter / innen6 – 20preise2010 Gründerwettbewerb – MitMultimedia erfolgreich starten,2011 EXIST-Gründerstipendium,2012 Star<strong>TU</strong>p-Label


Foto: <strong>TU</strong>-Gründungsservice / Dahl


»Ausprobieren. Lernen.Verbessern.«Holger Grosse undDr. Robert Wetzkeraklamio GmbH19Wollte ein Kunde im Zeitalter vor dem Internetein Fahrrad kaufen, freuten sich die Inhabervon Zweiradgeschäften. Umso mehr, wennder Käufer anschließend das Geschäft empfahl,weil ihm die Beratung, die Qualität des Produktsoder der Preis gefielen. Auch beim Shoppenim Internet setzen viele Menschen aufEmpfehlungen von Freunden und Bekannten –der heutige e-Commerce nutzt das allerdingsnoch viel zu wenig. Das junge Unternehmenaklamio möchte das ändern, mit einer ausgefeiltenTechnologie. »Wir wollen alle drei Seiten– den Käufer, seinen Freund und den Shop –glücklich machen«, sagt Holger Grosse. »UnserGeschäftsmodell soll eine Win-Win-Win-Situationerzeugen.«Der 34-jährige hob das Start-up 2011 mit seinemKommilitonen Robert Wetzker, den eran der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> kennenlernte, aus der Taufe.Dritter im Team war der InteraktionsdesignerAndreas Thom, der in Potsdam sein Studiumabsolvierte. »Über unser Software-Tool, dasShopbetreiber mit wenigen Mausklicks in ihreSeiten einbauen können, empfehlen Kunden einenShop oder einzelne Produkte ihren Freundenauf Facebook und Twitter oder per E-Mailweiter«, erzählt Grosse. Wird einer der FreundeKunde des Shops, erhalten die Empfehler einePrämie von bis zu 20 Prozent des vermitteltenUmsatzes – das Geld können sie behalten, mitdem geworbenen Freund teilen oder als Spendeeiner wohltätigen Einrichtung zukommen lassen.Der Vorteil der Kunden liegt auf der Hand.»Und auch die Shopbetreiber profitieren, weilsie keine Entwicklungskosten für eine eigeneEmpfehlungslösung haben und mit aklamiodeutlich effektiver und billiger Neukunden gewinnenkönnen. Schließlich fallen die höchstenKosten gewöhnlich in der Neukundenakquiseund in der Kundenbindung an.«maschinen lernen lassen KomplizierteTechnologien interessierten Holger Grosseschon immer. »Ich habe als Jugendlicher vielam Computer gespielt, mich aber auch in dieBetriebssysteme und Programmierspracheneingedacht.« Sein Berufsziel: Etwas zu machen,was Praxis und Theorie verbindet. Seine Wehrdienstzeitbot ihm genug Freiraum, sich vieleHochschulen in <strong>Berlin</strong> anzuschauen. Die besteKombination seiner Wünsche sah er an der <strong>TU</strong><strong>Berlin</strong>, wo er von 1999 bis 2006 Informatik studierte.Nach dem Diplom erhielt er das Angebot,an das renommierte Institut für verteiltekünstliche Intelligenz der <strong>TU</strong> zu wechseln, woer auch schon als Student gearbeitet hatte.


20Ein Schwerpunkt der Arbeit dort lag beim »Robocup«,bei dem Roboter gegeneinander Fußballspielen. »Wir waren in der Liga tätig, in dersich verschiedene Teams in der Simulation messen.«Die »Robocup«-Turniere führten Grossebis in die USA und nach China. Sein größter Erfolgals Robo-Coach: Ein sechster Platz bei derWeltmeisterschaft.gründung aus der forschung Die Beschäftigungmit den Robotern, mit den Schnittstellenzwischen den Programmen und denAlgorithmen, die im Laufe eines Spieles dazulernen,faszinierten den technologiebegeisterten<strong>Berlin</strong>er. Er traf am Institut auf RobertWetzker, der bis 2010 dort promovierte. Auchdieser hatte sich auf lernende Maschinenspezia lisiert, schrieb seine Doktorarbeit überEmpfehlungsalgorithmen im Internet undbrachte eine Geschäftsidee mit. »Ich hatte gerademeinen ersten Job angefangen, als Robertmich fragte, ob ich mir ein eigenes Unternehmenvorstellen könnte«, erzählt Grosse.Er überlegte nicht lange und verließ seinenUni-Job. »Wir haben drei, vier Monate lang denPrototyp programmiert und dabei im Grundenur einen Fehler gemacht: Wir hätten unserProdukt zwischendurch einem potentiellenKunden <strong>zeigen</strong> sollen.« Heute läuft die Softwarezwar gut, aber die Gründer haben einigeArbeitsstunden umsonst investiert, weil dieShops bestimmte Funktionalitäten nicht benötigen.Durch die Förderung durch das Exist-Programm,das die Gründer seit der offiziellen Firmengründungseit März 2011 für ein Jahr absicherte,sind diese weich in die Selbstständigkeitgestartet. Und die Aussichten sind gut: Immermehr Shops nutzen die Tools von aklamio, womittlerweile acht Menschen arbeiten – und diepotentielle Zielgruppe für das Geschäft ist riesig,sagt Grosse: »Schon jetzt gibt es hunderttausendeShops im Netz – und es werden täglichmehr.«


21zum teamDr. Robert Wetzker,Holger Grossestudiengang(abschluss)Wirtschaftsingenieurwesen (2005)unternehmenaklamio GmbHwww.aklamio.combrancheInternetjahr der gründung2011unser rat angründungsinteressierteWeniger planen, dafür schnell ausprobierenund flexibelreagieren.mitarbeiter / innen6 – 20


Foto: aem – GmbH


»Plan A mit Leidenschaftverfolgen, Plan B für ruhigeNächte aufbewahren.«Prof. Dr. Oliver Meyeraem – GmbH23Viel Wind zu machen, liegt Oliver Meyer. Unddas ist durchaus wörtlich zu verstehen, dennAerodynamik ist seine Passion. Das Fach fasziniertihn, seit er in der elften Klasse an einemSchülerinformationstag der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> zumersten Mal einen Windkanal in Aktion erlebte.Heute steht er mit seiner Firma aem, die er zusammenmit seinen Partner Joachim Wenzkusführt, kurz davor, sich einen persönlichen Traumzu erfüllen: Den Bau eines selbst erdachten undgeplanten Windkanals.Oliver Meyer studierte von 1989 bis 1996 an der<strong>TU</strong> Luft- und Raumfahrttechnik und heuertedann beim Triebwerkshersteller BMW / Rolls-Royce an. Drei Jahre blieb er, jedoch ohne vollund ganz in seiner Tätigkeit als Ingenieur fürSondermesstechnik aufzugehen. »Die industriellenZwänge waren eher nicht mein Ding,vermut lich bin ich dazu auch irgendwie zu kantig«,sagt er. Die Offenheit und den Eigensinnwis senschaftlicher Forschung vermisste er. Ersuchte und fand einen Weg zurück an die <strong>TU</strong>:1999 wurde Oliver Meyer Lehrassistent imFach bereich Aerodynamik, vier Jahre späterpromovierte er.vertrag mit folgen Einige Zeit später erfuhrder gebürtige <strong>Berlin</strong>er von einem geplantenGroßprojekt: BMW wollte mehrere neueWindkanal-Anlagen bauen. Oliver Meyer warFeuer und Flamme und unterschrieb einenzweijäh rigen Arbeitsvertrag bei dem Autohersteller.Eine Unterschrift mit Folgen, denn dortlernte er den heute 53-Jährigen Joachim Wenzkuskennen – und schätzen. Je näher das Endedes Projekts rückte, umso konkreter wurdenihre Pläne, zu gründen.»Wir sind unterschiedliche Charaktere, die sichaber gerade deshalb gut ergänzen. Und in entscheidendenFragen sind wir fast immer einerMeinung«, sagt Oliver Meyer, der darin einenwesentlichen Grund für das Wachsen und Gedeihenvon aem sieht. Oliver Meyer, der ruhigeund überlegte Forscher-Typ, der sich gernein Fachfragen vertieft. Joachim Wenzkus, einkommunikativer Rheinländer, der im Umgangmit Kunden und Mitarbeitern erst richtig aufblüht.Mit einem über drei Jahre laufenden Projektauftragvon BMW in der Tasche, der den beidenin der Startphase Halt und Sicherheit gab,machten sie sich im März 2006 selbstständig.aem übernimmt heute für Unternehmen ausder Autoindustrie und dem Flugzeugbau alles,


29zur personJohannes Schabackstudiengang(abschluss)Informatik,Master of Science,(Shanghai Jiao Tong)(2007)mein rat angründungsinteressierteErfolg ist eine Funktion über Arbeitseinsatz,Kommunikationsstärke,Kompetenz und Geschwindigkeit.Versucht die Funktion durch Spaßund Begeisterung zum globalenMaximum zu optimieren.unternehmenVisual Meta GmbHwww.ladenzeile.dewww.visual-meta.combrancheeCommercejahr der gründung2009mitarbeiter / innen51 – 100


Foto: <strong>TU</strong> Pressestelle / Dahl


»Es hat keinen Sinn darüber nachzudenken,weshalb irgendetwasnicht geht. Es hat nur Sinn darübernachzudenken, wie etwas geht.«Claudia MeierProcedera31Ein herber Rückschlag, der andere entmutigthätte, bestärkte Claudia Meier erst recht darin,weiterhin selbstständig zu arbeiten: Sie wurdevon einem potentiellen Geschäftspartner sosehr über den Tisch gezogen, dass sie in die Insolvenzgehen musste. Heute sitzt die 47 Jahrealte <strong>Berlin</strong>erin und Gründerin vergnügt undhochkonzentriert zugleich an ihrem großenKonferenztisch, von dem sie über die Dächervon Wilmersdorf blicken kann.Wenn sie von ihren Erfahrungen erzählt,kommt die Frau mit den kurzen blonden Haarenimmer wieder auf eine Eigenschaft zusprechen, die sie antreibt. »Ich langweile michsehr schnell und brauche immer wieder neueHeraus forderungen, damit ich zufrieden bin.«Das spürte sie zum ersten Mal, als sie nach derSchule 1984 eine Lehre bei der <strong>Berlin</strong>er Bankbegann. »Die normalen Tätigkeiten und Routinenstellten mich nicht zufrieden, ich wollteimmer direkt mehr.« Auch ihre Ausbilder realisiertendie Ungeduld der jungen Frau undsetzten sie schon direkt nach der Lehre als Vertreterinvon erfahrenen Mitarbeitern in verschiedenenFilialen ein.im sondereinsatz Diese Rolle als »Feuerwehrfrau«behielt sie auch nach der Ausbildung.Claudia Meier arbeitete im »Sondereinsatz«,wie es bei der <strong>Berlin</strong>er Bank heißt. »DerJob klingt so, wie er sich auch gestaltete«, erinnertsie sich. »Ich musste zum Beispiel die Leitungeiner Zweigstelle übernehmen, weil derFilialchef verhaftet worden war.«Im Anschluss erhielt sie von der Bank das Angebot,die Kernsoftware – also das System,auf dem zum Beispiel sämtliche Buchungsvorgängelaufen – gemeinsam mit anderen Kollegenneu auszurichten. Das Problem: Die Banknutzte zu dieser Zeit rund 1600 unterschiedlicheProgramme. Als Projektleiterin mit 15 IT-Mitarbeitern macht sie sich gemeinsam mitExperten von Siemens an die Arbeit, herauszufinden,was diese Programme bewirken bis dieZusammenarbeit mit dem Konzern schließlicheingestellt wurde. »Ich beschloss, etwas Neueszu beginnen und zu studieren: Betriebswirtschaftslehrean der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>.« Die Bank jedochwollte sie behalten, um weiter von ihremKnow-how zu profitieren. Also schlug ClaudiaMeier einen Deal vor. Sie studierte – und ar-


32beitete nebenbei bei vollem Gehalt und freierZeiteinteilung für die Bank. »Nebenbei«, wie siemit einem Lächeln sagt, bekam sie zwei Kinder.Nach dem Studium begann sie wieder inTeilzeit bei der Bank, bis diese im Zuge desBanken skandals 1999 alle Projekte stoppte.Claudia Meier machte sich selbstständig undgründete eine Firma für Organisationsentwicklung.Darüber hinaus ließ das Thema Softwaredie Gründerin nicht mehr los, und als sich eineChance ergab, griff sie zu: Im Zuge der geplatztenNew-Economy-Blase ging eine Firmapleite, die ihr bisher eine wichtige Organisationssoftwaregeliefert hatte. Claudia Meier beschloss,diese aus der Konkursmasse zu kaufen.Beim Bieten lernte sie Manuel Junker kennen,der sich ebenfalls für das Unternehmen interessierte– und die beiden Gründer beschlossen,zusammenzugehen. Gemeinsam führten siedie Organisationssoftware Nautilus weiter, derKundenstamm bleibt erhalten.der geplatzte deal »Es lief wirklich hervorragend,bis ein großes Softwarehaus auf unszutrat und uns kaufen wollte.« Nach langenVerhandlungen stand der Deal vor dem Abschluss»Wir hatten alles über Monate geklärt– selbst die Frage, in welchem Büro hinterherwelcher Stuhl stehen sollte. Dann kam plötzlichein Fax, in dem es hieß, dass die Firma unsnicht mehr kaufen will.« In der Zwischenzeithatten die Gründer allerdings den Vertrieb vernachlässigt,weil sie sich auf den Kauf verlassenhatten. Das Ergebnis: »Wir mussten Insolvenzanmelden – und nachdem wir das getan hatten,stand der ehemalige Kaufinteressent wiedervor der Tür, um sich die Rosinen für einen sehrgünstigen Preis aus unserer Insolvenzmasse zupicken.« Claudia Meier hat bis heute noch nichtihren Frieden mit den Ereignissen gemacht, bewiesdamals aber auf Rat ihres Anwalts kühlenKopf.Auf den Trümmern – und einer Million EuroSchulden – baute sie gemeinsam mit ManuelJunker 2008 eine neue, 23 Mitarbeiter starkeFirma auf, Procedera, mit der sie wieder Bankenund Sparkassen berät. »Das können wir, dahaben wir Kontakte – und für das Abenteuergründen wir neue Firmen.« – wie Nouvenyozum Beispiel. Das Unternehmen unterstütztKunden, die eine spezielle SAP-Software nutzen.»So wird mir nicht langweilig.« Und das istihr noch immer besonders wichtig.


33zur personClaudia Meierstudiengang(abschluss)BWL (1996)mein rat angründungsinteressierteGründen Sie. Die Sicherheit sindSie in Ihrer Person mit IhremWissen und Können. Und es gehtimmer weiter. Egal was passiert.unternehmenProcedera Consult GmbHwww.procedera.debrancheUnternehmensberatungjahr der gründung2008mitarbeiter / innen21 – 50


Foto: <strong>TU</strong>-Gründungsservice / Dahl


»Niemals aufgeben!«Dr. Sven Ehlert und Tim Bärmanndigicare GmbH35»Wenig Stress, gute Bezahlung« – so erinnertsich Sven Ehlert an seinen Job beim FraunhoferInstitut für offene Kommunikationssysteme.Knapp fünf Jahre lang genoss der promovierteInformatiker diese Vorzüge. Dann wollte erden Wechsel. »Die Stelle hatte mich nicht mehrausgefüllt.«, sagt Ehlert. »Ich wollte mehr erreichen.Etwas Neues auf die Beine stellen.«Die zündende Idee kam seinem GründerkollegenTim Bärmann, der ebenfalls an der <strong>TU</strong><strong>Berlin</strong> Informatik studierte, als er nach Feierabendetwas für seine Fitness tun wollte, dasStudio aber bereits geschlossen hatte. Bärmannund Ehlert tüftelten an einer Lösungdes Dilemmas. Das Ergebnis: Hörsport –»ein Online-Angebot, das das komplette Wisseneines Personal-Trainers digitalisiert«, sagtEhlert, der mit Bärmann zur Realisierungdes Projekts zunächst die GmbH Hikuku gründeteund diese Anfang 2012 in Digicare umbenannte.training mit banderas Die Sache funktioniertganz einfach: Vor jeder Fitness-Einheitlädt sich der Nutzer eine individuelle Audio-Datei aus dem Netz und überspielt sie auf einenMP3-Player. Es erklingt die Stimme einesTrainers, der Übungen vorgibt und erklärt.Nach den 20- bis 45-Minuten langen Einheitengibt der Nutzer auf der Internetseite von HörsportRückmeldung: Was war zu schwer oderzu einfach? Wo hakte es, was würde man gerneverstärkt trainieren? Die Online-Software erstelltdann auf Basis dieser Daten die Übungenfürs nächste Mal. »Auf diese Weise ist sicher gestellt,dass es sich tatsächlich um Programmehandelt, die den individuellen Bedürfnissengerecht werden«, sagt Ehlert, der neben seinerZeit an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> auch in Bologna undStockholm studierte. Die technische Herausforderungliegt darin, die Audio-Dateien so zugestalten, dass sie möglichst natürlich wirken.»Unsere Kunden wollen keine Ansprachen, dieeiner Bahnhofsdurchsage ähneln.« Zur Auswahlstehen vier Stimmen. Ein besonderes Bonbonfür weibliche Kunden: Eine davon gehört BerndVollbrecht, dem deutschen Synchronsprechervon Antonio Banderas.tu als retter in notlage Obwohl Hörsportvon Beginn an großen Kundenzuspruch erhielt,geriet das unternehmerische Vorhabenim Frühjahr 2010 in eine heftige Schieflage: Inletzter Sekunde platzte eine als sicher verbuchteFörderung. »Wir hatten unsere Zukunft daraufverwettet«, erinnert sich Ehlert. Erste Hilfe


36leistete die <strong>TU</strong>: Die Hochschule stellte Raumund IT zur Verfügung, das Unternehmen konnteweiterarbeiten. »Das war eine ganz enge Bude«,erinnert sich der Gründer. Sieben Leutearbeiteten damals bereits im Team – »und wermorgens als Letzter kam, für den blieb nurnoch Platz am Katzentisch«. Im November 2010ergatterte die GmbH dann eine andere Förderungaus dem Programm Gründung Innovativdes Landes Brandenburg. »Dieses Geldkam keinen Moment zu früh«, sagt Ehlert, derbei Digicare für IT und Finanzen zuständig ist.präsentiert.« Einen ersten Erfolg hat Digicareschon zu vermelden, weitere sollen folgen. »Ichdenke, dass unser Angebot einen Nerv trifft.Schließlich wird nicht zuletzt durch den demografischenWandel die Prävention im Gesundheitsbereichimmer wichtiger.« Und dass auchältere Fitness-Freunde den Weg übers Internetzu Hörsport finden, beweist der »Senior« unterden Kunden: 70 Jahre alt – und immer nochsehr beweglich.Künftig soll das Unternehmen, das 2011 von<strong>Berlin</strong> nach Bernau zog, ohne Förderungenauskommen, wobei das derzeitige B2C-Geschäftsmodellzwar gut funktioniert, aber auchlimitiert ist. »Wir wachsen als Unternehmennicht in dem Tempo, in dem wir neue Nutzergenerieren«, hat der Gründer analysiert. Daherhat man zusammen mit einem Business-Angelein zweites Modell entwickelt: Zielgruppe sindgroße Unternehmen, die Hörsport für ihreeige nen Online-Auftritte lizensieren. »DiesesB2B - Geschäft ist für uns eine neue Herausforderung«,sagt Ehlert. »Wir mussten erst lernen,wie man Telefonate mit potenziellenKunden vorbereitet und das Angebot sinnvoll


37zum teamDr. Sven Ehlert, Tim Bärmannstudiengang(abschluss)Informatik (2009)unser rat angründungsinteressierteAuch wenn du glaubst, du bistunabkömmlich in deinemTeam – nimm mindestenseinmal Urlaub im Jahr!unternehmendigicare GmbHwww.hoersport.debrancheGesundheit, Fitness,Onlinedienstleistungenjahr der gründung2010mitarbeiter / innen6 – 20preisePreisträger Gründerwettbewerb»Mit Multimedia erfolgreichstarten« – 2009; <strong>TU</strong>-Startup Labelfür die erfolgreiche Ausgründungaus der <strong>TU</strong> – 2011; 2. Platz AOKLeonardo Preis für digitalePrävention – 2012


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»Wer an der Küste bleibt,kann keine neuen Ozeaneentdecken.« *Martin DresengeoSYS39»Mach’ was Sinnvolles«, gab Mutter Dresenihrem Sohn Martin mit auf den Weg. Und wasmacht der Filius? Studiert Geografie. »Ziemlichunsinnig, denn Ende der 90er-Jahre gab es fürGeografen eigentlich nur drei Karrierewege:Lehrer, Taxifahrer oder Barmixer.« Aber selbstdas Lehramt kam für den <strong>Berlin</strong>er, der heutedas Unternehmen geoSYS leitet, nie in Frage,denn schon früh schlummerte in ihm derWunsch, selber unternehmerisch tätig zu werden.»Ich habe schon bei meinen ersten Erfahrungenin der Arbeitswelt gemerkt, dass ichmich nur ungern in Hierarchien einfüge. Ichmöchte einfach nicht von Entscheidungen andererabhängig sein, die ich selber nicht beeinflussenkann.«letzter mohikaner an der uni Zwar verbessertedas Geografie-Studium nicht direktseine Chancen auf dem Arbeitsmarkt, aber eshalf ihm gleich auf zwei Ebenen, seinen Wegals Gründer zu finden. »Erstens interessierte ichmich tatsächlich für die Inhalte des Fachs, undzwar vor allem für die Schnittstellen zwischenGeografie und Informatik. Zweitens gab mirdie besondere Situation meines <strong>TU</strong>-Jahrgangsdie nötigen Impulse für die Gründung.« AlsGeografie-Student war Dresen an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>von 1996 bis 2000 eine Art letzter Mohikaner:Der Studiengang wurde Anfang des neuenJahrtausends eingestellt, zuletzt hatte er nurnoch sieben Kommilitonen. »Da wurden wirStudenten und die Professoren natürlich eineingeschworener Haufen«, erinnert sich Dresen,der in seiner Freizeit als Kletterer oder Taucherdie Höhen und Tiefen der Erde erkundet.Eine besonders wichtige Rolle spielte ProfessorFrithjof Voss. »Er war es, der als echte Karriere-Alternative für Geografen die Selbstständigkeitins Spiel brachte«, sagt der Gründer. »Er kamselber aus der Wirtschaft an die <strong>TU</strong> und wusste,wie das Wechselspiel aus Unternehmen undForschung funktioniert.«Sein Spezialgebiet hatte Martin Dresen zu dieserZeit schon gefunden: GIS, also Informationssysteme,mit deren Hilfe man geografischeDaten erfassen, organisieren und auswertenkann. Der Student hatte sein Studium noch garnicht abgeschlossen, da erhielt er schon die erstenProjektanfragen von Konzernen wie derTelekom oder Nokia. Und weil Dresen und seinTeam aus drei weiteren GIS-Experten diese Aufträgenicht als <strong>TU</strong>-Studenten annehmen konnten,stellte das Quartett im Jahr 2000 kurzerhanddas Unternehmen geoSYS auf die Beine.* Zitat: Fernando Magellan


40»Das ging rückblickend alles recht einfach«, erinnertsich der Gründer. »Wir verfügten überkeinen Business-Plan, benötigten keinen Kredit.Und richtig Ahnung von BWL hatte keiner.«Dresen selber hatte von 1994 bis 1996 ander <strong>TU</strong> immerhin ein paar Semester VWL studiert– »aber bewusst nicht BWL, weil ich michin diesem Umfeld nicht wohl fühlte«.schieflage in der krise Zur echten Herausforderungwurde das Unternehmertum fürMartin Dresen jedoch, als 2003 und 2004 dieNew Economy in die Krise rutschte. Plötzlichstoppte der Großkunde Telekom alle Projekte.Die Ausgaben blieben hoch, die Einnahmensanken – »diese Schieflage erkennt man auchohne BWL-Kenntnisse«, sagt der 40-jährige. EinigeMonate lang konsolidierte sich geoSYS aufniedrigem Niveau; als Lehre aus der Krise entwickeltedas Unternehmen mit Weiterbildungsangebotenein zweites Geschäftsfeld. »Hier sindwir nicht so sehr von Großkunden abhängig.«welchen Stellen es sinnvoll ist, öffentliche Telefon-Anlagenzu WLAN-Stationen umzurüsten;für den Truck-Hersteller MAN entwickelte ereine mobile IT-Lösung, damit das Unternehmenseine Flotte in einem riesigen Land wieIndien steuern kann. Und auch den Rat seinerEltern, etwas Sinnvolles zu tun, beherzigtDresen: geoSYS engagiert sich auch in der Entwicklungszusammenarbeit.Zum Beispiel inÄthiopien. Dort erfasst das Unternehmen einÖko-Reservat und schult die Mitarbeiter, sodasssie selber dafür sorgen können, dass dieNatur des Waldstücks intakt bleibt.Sein Herzblut gehört jedoch weiterhin den größerenProjekten, bei denen er und sein TeamRegionen geografisch erfassen und so analysieren,dass sich für den Kunden ein Mehrwert ergibt.Für die Telekom erkundete geoSYS, an


41zur personMartin Dresenstudiengang(abschluss)VWL, Geographie (2001)mein rat angründungsinteressierteBei einem Businessplan-Wett bewerb mitmachen und dasHandwerkszeug erlernen.unternehmengeoSYSwww.geosysnet.debrancheGeoinformationstechnologie,Webmappingjahr der gründung2000mitarbeiter / innen6 – 20net


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»Have the time of your life!«Corinna PowallaModomoto43Viele Männer gehen nicht gerne Klamotten einkaufen.Das ist nicht neu. Dass jemand diesenUmstand nutzt, um ein Unternehmen zu gründen,dagegen schon. Corinna Powalla kam dieIdee, als sie in ihrem Freundes- und Bekanntenkreisimmer wieder auf das gleiche Dilemmastieß: »Männer wollen gut aussehen. Sie wollenauch regelmäßig neue Kleidung, die zu ihremindividuellen Erscheinungsbild passt. AberShopping? Entweder haben sie darauf einfachkeine Lust, oder sie haben schlichtweg keineZeit.« Schon bald erkannte die Diplomkauffrau,die 2010 ihr BWL-Studium an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>abschloss, den Bedarf für ihre Dienstleistung:kuratiertes Shopping im Internet.Modomoto sammelt Informationen über denmännlichen Kunden – und stellt für ihn eineneue Garderobe zusammen.e-commerce trifft boutique Der Ablaufdes Geschäfts ist simpel und vereint die Vorzügedes Internetshoppings mit denen einer Boutique.Zunächst füllt der Kunde im Internet einenFragebogen aus. Gewünscht sind nebenden Angaben zur Hosengröße oder Kragenweiteauch Informationen über Lieblingsmarkenoder modische Vorlieben. Das Ganze gehtschnell. »Schließlich möchte der Mann die Zeit,die er durch uns im Kauf haus spart, nicht imVorfeld beim Ausfüllen eines Fragebogens vergeuden.«Sobald Modomoto die Daten erhält,vereinbaren eine Stylistin des <strong>Berlin</strong>er Start-upsund der Kunde einen Telefontermin für eineBeratung. »Wir versuchen im Gespräch herauszubekommen,was er wirklich will. Ob es zumBeispiel bestimmte Anlässe gibt, für die ersich neu einkleiden möchte.« In der Regel erhältdie Beraterin ein Foto des Kunden – undstartet die Einkaufstour. »Wir beziehen unsereKleidungsstücke ganz normal, wie es Boutiquenauch tun. Die Kleidungsstücke hängenbei uns aber nicht in einem Ladenlokal an derStange, sondern wir verschicken sie direkt ausunserem Lager an die Kunden «, sagt Powalla.Das Geld verdient die Firma nicht durch die Beratung,die für den Kunden kostenlos ist, sonderndurch die Gewinnmarge der Bekleidungsindustrie.männer als ideale zielgruppe Für ihreZielgruppe hat die 30-jährige nach den erstenMonaten als Chefin von Modomoto viel Lob übrig.»Einerseits möchten sie Qualität, andererseitsein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.« Damitkann mal als Betriebswirtin arbeiten. Hinzukommt, dass die Modewelt bei Männern nicht


44so facettenreich ist, wie bei den Damen. »Esist recht einfach, bestimmte modische Typenzu identifizieren und zu bedienen«, sagt CorinnaPowalla. Daher plant sie bis auf weiteres nicht,die Modomoto-Dienstleistung auch für dasweibliche Geschlecht anzubieten. »Ich befürchte,Frauen sind dafür einfach zu komplex.«Corinna Powalla gründete Modomoto imHerbst 2011. Das erste Quartal verlief sehr zufriedenstellend.»Wir haben in Magazinen undBlogs auf uns aufmerksam gemacht, die Anzahlder Kunden lag schon früh über der Tausendermarkeund wächst weiter.« Schon längst kannCorinna Powalla die Telefonate mit den Kundennicht mehr selbst erledigen; im Büro in derOranienstraße in Kreuzberg arbeiten mittlerweilesechs Berater. Für die Gründerin bestehtdie größte Herausforderung darin, bei dennächsten Schritten die nötige Geduld zu <strong>zeigen</strong>.»Schnelles Wachstum bedarf einer gutenVorbereitung«, sagt sie und berichtet von ihrerZeit bei anderen <strong>Berlin</strong>er Start-ups: »InterneStrukturen und Kooperationen mit Dienstleisternmüssen rechtzeitig aufgebaut werden,zum Beispiel mit Lieferanten.«Schwerpunkt des zweiten Halbjahres 2012 solleine dezente Marketingoffensive sein – passgenauePrint-An<strong>zeigen</strong> und lancierte PR-Geschichteninklusive. Das lohne sich in den Augender Gründerin schon deshalb, weil die Ideevon Modomoto in Männer- und Frauenkreisenstets für Gesprächsstoff sorgt: »Männer, die primaaussehen, ohne, dass man sie zum Shoppingüberreden muss – ich glaube, das ist ein Ansatz,mit dem beide Geschlechter wunderbar lebenkönnen.«


45zur personCorinna Powallastudiengang(abschluss)BWL (2010)mein rat angründungsinteressierteSich frühzeitig mit Experten inVerbindung setzen und über dieeigenen Ideen sprechen.Networken, networken,networken!unternehmenModomotowww.modomoto.debrancheCurated Shopping /Herrenbekleidungjahr der gründung2011mitarbeiter / innen6 – 20preiseStart-up des Jahres 2012


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»Beim Business geht esnicht um Leben und Tod.«Dr. Robert Klöpperund Tomasz GingoldResonic47Ein abendlicher Skype-Chat – und die Welt vonRobert Klöpper und Tomasz Gingold begannsich langsam aber sicher zu verändern. Erstererarbeitete in Japan nach seiner Promotionals Wissenschaftlicher Mitarbeiter am TokyoInstitute of Technology, letzterer in einer Unternehmensberatungin Deutschland. Die beiden<strong>Berlin</strong>er kannten sich schon 15 Jahre vomTriathlon und waren »lose in Kontakt«, wie Gingoldsagt. »Beim Skypen erzählte mir Robertbegeistert von einer Erfindung, die er gemachthatte – und war danach erst einmal wieder fürzwei Wochen im Labor verschwunden.«Diese »Erfindung« ist ein Verfahren, mit demman die vollständigen Trägheitseigenschaftenmechanischer Strukturen und damit den Zusammenhangzwischen Kräften und Bewegungenmessen kann. Klingt für Laien zunächst unverständlich,ist aber ein Quantensprung in derMesstechnik. Die Innovation ist die Geschäftsgrundlageder Firma Resonic, die heute im»Chic« – dem Charlottenburger Innovations-Centrum – in zwei Räumen und einer kleinenWerkstatt arbeitet. »Mit unseren Messständensind wir technologisch weit vorne«, erzähltRobert Klöpper, der sein Grundstudium ander <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> in Maschinenbau beendet hatund danach ein deutsch-französisches Doppeldiplomin Karlsruhe, Paris und Metz sowie seinenDoktor in Tokio gemacht hat. »Mit derbisher vorherrschenden Technologie, dem Pendelverfahren,benötigt man mehrere Tage biszu einer Woche, um die Werte zu erhalten. Wirschaffen die zehn erforderlichen Parameter in20 Sekunden: also die Masse, die drei Koordinatender Schwerpunktlage sowie den Trägheitstensor,der aus jeweils drei Trägheitsmomentenund Trägheitsprodukten besteht.«reduzierung von motorschwingungenZum besseren Verständnis hierzu ein Anwendungsbeispiel:Bei der Neuentwicklung vonMotoren müssen Autohersteller die Motoraufhängungoptimal einstellen, damit möglichstgeringe Vibrationen vom Motor auf die Karosserieübertragen werden. Für die Erhebungder hierfür benötigten Trägheitsparameter gabes bisher zwei gängige Verfahren. Die Ermittlungdieser Parameter dauert mit dem Pendelverfahrensehr lange. Mit der zweiten gängigenMethode, bei der die Zahlen aus CAD-Modellenabgeleitet werden, erhält man ungenaueWerte. Das heißt, man hatte bisher die Wahlzwischen einem hohen Arbeitsaufwand beimMessen (Pendelmethode) oder nicht optimalausgelegten Motorauf hängungen (wegen un-


48genauer Werte bei der CAD-Methode). »Mitunserer Methode sind wir nun schneller als dasPendel- und genauer als das CAD-Verfahren.«,erklärt Tomasz Gingold, der an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>Technische Informatik studierte.Dazu legen die Ingenieure den Motorblock aufeine federnd gelagerte Aluminiumplatte, diein einen weißen Stahlrahmen eingespannt ist.»Mit einer Hand stößt man den Motor leicht an,und die Schwingungen werden über die Federnund die Elektronik mit Hilfe unserer Algorithmenin einen Rechner übertragen und dort analysiert.«Die Arbeit daran startete Klöpper amTokyo Institute of Technology, das auch nocheinen Teil des Patents besitzt. Ihre Weiterentwicklungder Erfindung patentierten die beidenGründer in Deutschland. »Ich habe hier einfachdie besten Chancen gesehen, mit dem Produktan den Markt zu kommen«, begründet RobertKlöpper die Standortentscheidung. »Hier sindwir nah dran an den wichtigen Kunden. Zudemwäre es als Deutscher in Japan nicht so einfachgewesen, diesen Markt zu erobern.«preisfindung eine kunst für sich DasGeschäftsmodell der zwei Gründer entwickeltsich gerade noch. »Es ist zum Beispiel wahnsinnigschwierig, die richtigen Preise zu finden«,erzählt Gingold. »Wir dürfen ja nicht zu teuerwerden, weil dann doch wieder die alten Messtechnikenattraktiv werden – aber auch nicht zuniedrig rangehen, um die Preise nicht für dieZukunft zu verderben.« Noch führen die beidendie Firma mit sehr geringen Gehältern. Gewinnestecken sie in die Entwicklung, gleichzeitigbringen sie sehr viel Arbeitszeit ein.Drei ihrer Messgeräte stehen derzeit bei Kunden– abgerechnet wird per Einzelmessungoder Jahresflatrate. Zudem misst Resonic selbstbei den Firmen. »Da müssen wir dann für einpaar Tage mit dem Gerät hinfahren, auf bauen,messen, auswerten, abbauen.« Zwei weitereMessstände stehen dafür zur Verfügung.Für die Zukunft peilen die Gründer Kooperationenmit größeren Testcentern und eine Ausweitungins Ausland an. In Italien und Großbritannienhaben sie bereits Kunden, der nächstegrößere Schritt wird wahrscheinlich in RichtungJapan gehen.Die Vielfalt der Möglichkeiten ihrer Technologiestimmt sie optimistisch. »Wir haben bisherMotorblöcke, Rennmotorräder oder großeLkw-Reifen vermessen«, sagt Gingold, währender in der kleinen Werkstatt auf den Messstandzeigt. »Wenn wir hochskalieren, können wirganze Hubschrauber oder Lkw analysieren.«


49zum teamTomasz Gingold,Dr. Robert Klöpperstudiengang(abschluss)Technische Informatik (2006)unternehmenResonic GmbHwww.resonic.debrancheMaschinenbaujahr der gründung2011unser rat angründungsinteressierteLasst euch beraten, lernt von denGuten. Gründen kann extremeBelastungen mit sich führen,sorgt für ausreichend Ausgleich.mitarbeiter / innenbis zu 5


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»Qualität zahlt sich immer aus.«Dr. Kai-Oliver SchäferOctopus Fluids51Nach dem Studium sah es für Kai-Oliver Schäferzunächst einmal gar nicht nach einer Unternehmensgründungaus. Der gebürtige Friese studiertevon 1988 bis 1996 an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> Chemie.Anschließend promovierte er, jedoch ineinem kleinen, feinen Spezialthema, für das sichin der Industrie praktisch niemand interessiert,und erst recht kein Thema, mit dem sich ein jungerDoktor der Chemie in das Abenteuer derSelbstständigkeit stürzt.»Eigentlich schwebte mir damals eine Unikarrierevor«, sagt der heute 44-jährige. Doch die dünngesäten Stellen in der universitären Forschungsind hart umkämpft und Schäfer hatte schonbrillantere Köpfe resignieren sehen. Also wälzteder Chemiker, dessen Ehefrau zu jener Zeit einengut dotierten Job in <strong>Berlin</strong> hatte, Stellenan<strong>zeigen</strong>– und wurde fündig: die Barock-BürobedarfGmbH, einer der ältesten TintenherstellerDeutschlands, suchte einen Chemiker. Schäferbekam den Job. »Dort lernte ich im Grunde allesüber Tinte in der praktischen Arbeit. An der Unibekommt man das ja nicht vermittelt«, sagt er.Fünf Jahre ging das so, bis zum Konkurs derBarock-Bürobedarf GmbH.Worauf Gunther Lange ins Spiel kam. Langewar seit dem Jahr 2005 ein Kunde von Barock-Bürobedarf. Seine Firma, Octopus Concept,machte gute Geschäfte mit Tintenstrahldruckern,um genau zu sein, mit dem Wiederauffüllender Tintenpatronen und dem Ersetzen derrelativ teuren originalen Tintenpatronen derDruckerhersteller durch günstigere Nachbauten.Lange verkaufte Druckertinte und Refill-Zubehör vornehmlich an Großhändler, die wiederumverkauften sie im Einzelhandel – meistensin so genannten Tintentankstellen« – an die Besitzereines Tintenstrahldruckers.tintenspezialist gesucht Nach der Insolvenzvon Barock-Bürobedarf sucht Langehände ringend jemanden, der ihm Tinte herstelltund liefert, wobei die Herstellung alles andereals banal ist. »Die Tinte ist in jedem Tintenstrahldruckerein bisschen anders«, erklärtKai-Oliver Schäfer. Oberflächenspannung, Viskositätund Tinteneigenschaften variieren ständig.Also braucht man für die Herstellung einenSpezialisten, einen wie Kai-Oliver Schäfer. Langeund er kannten sich bereits einige Jahre. DieChemie zwischen den beiden stimmte. Alsobeschlossen sie im Sommer 2011, dass die Gelegenheitgünstig ist. Octopus Concept bekommtein Schwesterunternehmen: die Octopus Fluids.Seitdem stellt Octopus Fluids jene Tinte her,die Octopus Concept via Großhandel und auch


52über die eigene Webseite vertreibt. Octopus istjetzt einerseits unabhängig von der Gnade oderder Profitabilität eines Tinten-Zulieferers. Andererseitskann das Unternehmen sehr schnellreagieren, was in dem Geschäftsfeld wichtigist. »Sobald ein neuer Drucker auf den Marktkommt, geben wir Gas, um rasch eine Alternativezu den Original-Patronen am Start zuhaben«, sagt Kai Oliver Schäfer. Und noch einenVorteil hat das Ganze: Kunden, die eineganz spezifische Tinte benötigen, werden fündig,denn Schäfer kann Tinte nach individuellenWünschen herstellen – zum Beispiel extremschnell trocknende Tinte für das industrielleBedrucken von Verpackungen.Chemiker Schäfer vor sich hin – im anderenverkauft und vertreibt der Kaufmann LangeTinte und Patronen.»Eine gelungene Arbeitsteilung«, findet Kai-Oliver Schäfer, der alles Betriebswirtschaftlicheohnehin nicht zu seinen Stärken zählt, und dersich in der Selbstständigkeit, die ihm zwar vielArbeit, aber auch große Freiräume ermöglicht,sehr wohl zu fühlen scheint. Von dem derzeitigenUmsatz könne die Firma gut leben. DieAussichten sind positiv. Neben ihm gibt es nocheinen Mitarbeiter. In fünf Jahren sollen es fünfsein.50 unterschiedliche tinten Und so stehtUnternehmensgründer Schäfer jetzt quasi jedenTag in seinem Labor, das er vor einigenMonaten für gut 75.000 Euro mit seinem Partnereinrichtete. Zudem verfügt das Unternehmenüber eine moderne Produktionsanlage,mit der derzeit rund 750 kg Tinte monatlich gefertigtwerden. Rezepturen für 50 verschiedeneTinten gibt es mittlerweile, in einem Jahr sollenes dreimal so viele sein. In einem Gewerbegebietin Dresden hat Octopus seinen Sitz. In einemGebäudeteil mixt, prüft und testet der


53zur personDr. Kai-Oliver Schäferstudiengang(abschluss)Chemie (1996)unternehmenOctopus Fluids GmbH & Co. KGwww.octopus-fluids.debrancheChemiejahr der gründung2011mitarbeiter / innenbis zu 5


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»Schau’n wir mal,dann sehn wir schon!«Birgitt Clauseßkultur55Im Berufsleben geradeaus gehen? Das interessiertBirgitt Claus nicht. Sie mag die Kurvenund das Abenteuer. »Ich bin unternehmungslustig«,sagt sie. »Und viel Schlaf benötige ichauch nicht.« Beides sind wichtige Eigenschaften,wenn man ein Unternehmen leitet – erstrecht, wenn es eine Cateringfirma mit einerganz besonderen Zielsetzung wie Esskultur ist.Doch dazu später mehr.Denn eigentlich hatte Birgitt Claus zu Beginnihrer beruflichen Lauf bahn ganz andere Pläne:Krankenschwester wollte sie werden, die Ausbildungabsolvierte sie in Regensburg. Eine Anstellungam Humboldt-Krankenhaus führte sienach <strong>Berlin</strong>. Parallel zum Job schrieb sie sichan der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> für die Fächer Politik und Arbeitslehreein. Nun hatte sie das Lehramt anvisiert.»Die Aussichten waren damals nichtsehr gut«, erinnert sie sich an die Zeit Mitte der90er-Jahre. »Als ich mich nach dem Examen füreinen Referendariatsplatz bewarb, kamen 1100Bewerber auf 400 Stellen.« Birgitt Claus hatteGlück: Sie bekam einen Platz. Aber sie trat ihnnicht an. »Es war ein Risiko. Ich war als alleinstehendeMutter unterwegs, ich hatte nichtsaußer meinen Bafög-Schulden. Aber ich habemich einfach nicht als Lehrerin gesehen.«gute idee – aber damit geld verdienen?Ihr Weg ging in eine ganz andere Richtung. »JapanischeEsskultur am Beispiel der Sushi-Zubereitung«hieß ihre Abschlussarbeit an der Uni.»Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht,mich mit den Themen Essen und Kultur zu beschäftigen.«So viel Spaß, dass sie 1998 das UnternehmenEsskultur gründete. Die Geschäftsidee:Interessierten Menschen nicht nur eingutes Essen zu bieten, sondern dieses auch inden kulturgeschichtlichen Kontext einzuordnen.Vier Jahre lang hielt sich die Firma mit kleinerenKoch-und-Kultur Events bei privaten Kundenüber Wasser. Das war nicht immer einfach.Da gab es zum Beispiel den »schwarzenDonnerstag«: Innerhalb weniger Stunden brachendrei große Aufträge weg. »Wir hatten damalsschon zehn festangestellte Mitarbeiter,und plötzlich fehlten 20.000 Mark.« Über Umwegeergatterte die Gründerin einen Kredit beider GLS-Bank, für den sie sieben Bürgen findenmusste. »Ich ging Klinken putzen – und habees geschafft.« Das Unternehmen erholte sich finanziell,als schon bald erste größere Catering-Aufträge dazu kamen. »Wir erarbeiteten uns einenguten Ruf, da wir nicht nur leckeres Essenablieferten, sondern uns mit den Inhalten der


56Veranstaltungen auseinandersetzten«, berichtetdie Gründerin.Ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichtewar ein Auftrag des Ethnologischen MuseumsDahlem. In der Nacht der Museen war dort eineTango-Veranstaltung geplant. Esskultur übernahmdas Catering, es gab Arsado, die argentinischeVariante eines Barbecues.neues kantinenkonzept »Die Kantine desMuseums war in keinem guten Zustand«, erinnertsie sich. Umso interessanter war, dass dasMuseum kurze Zeit später einen neuen Pächtersuchte. »Wir haben uns beworben. MitteAugust 2001 bekamen wir die Zusage. Am1. September sollte es losgehen.« Sehr wenigZeit, wenn man noch nie eine Kantine geführthat. »Immerhin war uns eines klar: Wir möchtenes anders machen als unsere Vorgänger.«Ihr Team stellte die Kantine auf den Kopf, konzipiertesie nicht mehr als anonyme Futterstation,sondern einen freundlichen Ort, wo mangerne ist – und auch isst. »Heute ist die Kantineeigentlich immer voll, es gibt sogar eine MengeStammgäste aus der Nachbarschaft.« Nach demErfolg in Dahlem zögerte Birgitt Claus einenMoment, als sie 2010 das Angebot bekam, auchdie neue Kantine des <strong>Berlin</strong>er Tagesspiegelszu übernehmen. Doch die jahrelange gute Zusammenarbeitmit dem Verlag stimmte sie zuversichtlich– und sie nahm an. Zudem bietetdas Unternehmen weiterhin spezielle Veranstaltungen,Kochkurse sowie kulinarische Entdeckungsreisen.Das Team besteht aus 35 Mitarbeitern. »Vielmehr sollen es nicht werden, damit das persönlicheMiteinander nicht zu kurz kommt«,sagt Birgitt Claus, die für die Zukunft noch vieleneue Ideen hat, darunter auch ein Buch, dassich – ganz wie ihr Unternehmen – den ThemenKochen und Kultur widmen soll. Nur eineswird die lebenslustige Macherin nicht tun: eineigenes Restaurant eröffnen. »Sicher, das wärevielleicht lukrativ«, sagt sie. »Aber jeden Tag bisin die Nacht hinein arbeiten? Nein danke. Dafürsind mir Freunde und Familie viel zu wichtig.«


57zur personBirgitt Clausstudiengang(abschluss)Staatsexamen Lehramt (1998)mein rat angründungsinteressierteRatschläge gebe ichnicht so gerne.unternehmeneßkulturwww.esskultur-berlin.debrancheGastronomie undVeranstaltungenjahr der gründung1998mitarbeiter / innen21 – 50preiseFrauengründerpreis <strong>Berlin</strong> 1998Grünerdpreis des ZDF-magazinWISO 1998Neuköllner Gründerpreis 1999


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»Fehler sind menschlich,aber sie dürfen sich nichtwiederholen.«Jörg Muchametoweagleyard Photonics59Eine Menge Berufserfahrung und die richtigeGelegenheit gaben Jörg Muchametow den Anlass,2002 ein Unternehmen zu gründen. Heutehat die eagleyard Photonics GmbH rund 30 Mitarbeiter– und noch immer merkt man dem 54Jahre alten <strong>Berlin</strong>er die Gründerbegeisterungan, wenn er über seine Firma und ihre Produktespricht. Mit hohem Entwicklungsaufwand produziertdas Unternehmen, das im InnovationsundGründerzentrum Adlershof sitzt, 300 unterschiedlicheLaser – wobei jeder Kunde aus Branchenwie der Medizin- oder der Messtechnikeinen nach den speziellen Bedürfnissen entwickeltenLaser bezieht. Die kleinen High-tech-Produkte, die elektrische Energie in Licht wandeln,sehen zwar unscheinbar aus, kosten aberbis zu 4000 Euro pro Stück.Das Know-how für die Präzisionsgeräte sammelteJörg Muchametow, der zwei erwachseneSöhne hat und mit seiner Frau in Heiligenseeam Rande der Hauptstadt lebt, in einer ganzenReihe von Jobs – wobei er erlebte, wie sich dieComputer von schrankgroßen Rechnern zu PCsentwickelten und Laser immer leistungsfähigerwurden.studienwunsch schon in der schulzeitMuchametow begann sein Studium der Elektrotechnikan der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> im Jahr 1976. »Fernseherausschlachten, ein bisschen rumlöten, mitfischertechnik konstruieren – diese Dinge habenmich immer schon interessiert. Deswegenwar mir schon während der Schulzeit klar, dassich dieses Fach studieren möchte.« Der talentierteTechniker grinst, wenn er an seine Studienentscheidungzurückdenkt: »Damals gabes keinen Numerus Clausus für das Fach. Deswegenkonnte ich es in der Schule beim Abituretwas ruhiger angehen lassen.« Seinen Schwerpunktlegt er auf die Schnittstelle zwischenElektrotechnik und Informatik. »Das hat micheinfach am meisten interessiert.«Dass er sich in seiner Diplomarbeit mit bildgebendenVerfahren beschäftigte, war ein Grund,warum er nach dem Studium am 1.Januar 1984vom Fleck weg von einem Start-up angeworbenwurde. »Das Unternehmen hatte eineTechnologie entwickelt, mit der die Bilder einerCCD-Kamera in einen Computer geladenwurden, der diese anschließend auswertete.«Ein Einsatzgebiet: Warenausgangssystemevon Telefonherstellern, die automatisch überprüfensollten, ob beim Tastendruck auf eineNummer diese auch tatsächlich im Dis-


60play erscheint. »Die Technik war aber nichtausgereift.« Nach einem Jahr kündigte JörgMuchametow. »Mir war damals klar, dass ichzuerst in der Industrie Erfahrungen sammelnwollte«, sagt der Sohn eines Schreibwarenhändlers– wobei die Idee, später einmal selber zugründen, noch lange nicht vom Tisch war.goldene zeiten für informatiker Bis essoweit war, vergingen 20 Jahre. Jörg Muchametowwar gefragt im Job, sein Know-howpasste genau in die Zeit. »Das waren damalsgoldene Zeiten für Informatiker. Ich habesechs Bewerbungen geschrieben und ebensoviele Zusagen bekommen.« Er wechselte zuSEL, ein Unternehmen, das ein Jahr später indem französischen Alcatel-Konzern aufging.»Nach der Übernahme hätte ich nach Stuttgartgehen müssen, was ich nicht wollte.« Muchametowwechselte stattdessen zu Nixdorf, anschließend1990 als Entwicklungsingenieur fürfaseroptische Transceiver zu Siemens. Dortverantwortete er schließlich den Bereich Laserkomponenten,der weltweit einen Umsatz vonmehr als zehn Millionen Euro erzielte.Um 2000 herum bekam er das Angebot, für einStart-up-Unternehmen aus München ein <strong>Berlin</strong>erBüro und ein dazugehöriges Laserwerk aufzubauen.»Das war sehr spannend, ich bekamviel Verantwortung und hatte schnell 30 Mitarbeiter.«Allerdings machte der Zusammenbruchder New Economy der Muttergesellschaft einenStrich durch die Rechnung. Das Geld gingaus. »Das war für mich die schwierigste Zeit,weil ich die ganzen Leute entlassen musste.«Er selbst stand wieder vor der Entscheidung:»Suche ich mir wieder einen neuen Joboder mache mich nun endlich selbstständig?«Und dann kam die Gelegenheit: Muchametowpflegte einen guten Kontakt zum Ferdinand-Braun-Institut, das wiederum eng mit der <strong>TU</strong><strong>Berlin</strong> zusammenarbeitet. Das Institut suchteein Unternehmen, um spezielle Hochleistungslaserauf den Markt zu bringen, und Jörg Muchametowwar der richtige Mann dafür. Gemeinsammit seinem ehemaligen MitarbeiterDr. Thomas Laurent gründet er eagleyard Photonics– und wächst seit zehn Jahren kontinuierlich:mit Fertigungen in <strong>Berlin</strong> und zum kleinenTeil im Ausland, Kunden in der ganzenWelt und »mit viel Entscheidungs- und Gestaltungsspielräumen,die ich sehr genieße«.


61zur personJörg Muchametowstudiengang(abschluss)Elektrotechnikmein rat angründungsinteressierteDer Aufbau eines Unternehmensist eine Teamleistung und kannnur funktionieren, wenn Ziele,Aufgaben und Verantwortungklar vereinbart werden.unternehmeneagleyard Photonics GmbHwww.eagleyard.combrancheOptische Technologien /Halbleiterlaserjahr der gründung2002mitarbeiter / innen21 – 50


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»Unabhängig sein und eigeneIdeen verwirklichen.«Detlef Weidenhammer undWilfrid KettlerGAI NetConsult GmbH63Wenn die beiden Informatiker Detlef Weidenhammerund Wilfrid Kettler über die Geschichteihres gemeinsamen Unternehmens sprechen,fällt eine Vokabel besonders häufig: »Awareness«.Dabei handelt es sich nicht um einenvermeidbaren Anglizismus – es fällt schwer,einen deutschen Begriff zu finden, der genaubeschreibt, was die beiden Geschäftsführer derGAI NetConsult GmbH damit aussagen wollen.»›Awareness‹ steht für die Beachtung unddie Aufmerksamkeit, die einem Thema zuteilwird. Die Frage ist: Haben Medien, Privat leuteoder Unternehmen ihre Antennen für ein Themageöffnet – oder nicht?«, beschreibt Weidenhammer.Das Thema, mit dem sich ihre 1994 gegründeteFirma beschäftigt, ist die Sicherheit von Informationenin Firmennetzwerken und im Internet.»Ganz offen gesagt: Als wir gründeten,war die ›Awareness‹ dafür nicht besonders ausgeprägt«,gesteht Weidenhammer. Mitte der90er-Jahre blühte in der noch jungen Informationsgesellschaftder Optimismus. »Fast überallsah man Chancen. Risiken wurden recht erfolgreichverdrängt.« Ihre ersten Aufträge erhieltdie <strong>Berlin</strong>er Firma dann von Unternehmen, diesich diese Fahrlässigkeit nicht leisten wollten,vor allem aus der Bankenbranche. »Heute dagegenist Informationssicherheit fast überall einThema«, sagt Weidenhammer; zu den Kundendes Unternehmens zählen sowohl öffent licheVerwaltungen als auch mittlere und größereUnternehmen vorrangig aus den BranchenEnergieversorgung, Finanzdienstleistung, Gesundheitswesensowie Chemie und Pharma.risiken finden, lösungen bieten Die Ideeder Firma ist es, die Kunden nicht nur aufSicher heitsrisiken aufmerksam zu machen,sondern gleichzeitig auch eine Lösung der Problemezu bieten. Dabei profitiert die Firma mitSitz im Technologie- und Gründerzentrum AmBorsigturm im Nordwesten <strong>Berlin</strong>s von denzwei unterschiedlichen Expertisen der beidenGründer. »Eigentlich sind wir zwei Firmen ineiner«, sagt Wilfrid Kettler. Während er die Entwicklungvon Software abdeckt, ist sein KollegeDetlef Weidenhammer Netzwerk- und Sicherheitsspezialist.»Der eine will Sicherheitprogrammieren, der andere will sie knacken«,bringt Kettler den Unterschied auf den Punkt.Die Geschäftsidee der Firma, diese beiden Perspektivenzu kombinieren, war jedoch 1994noch kaum vermittelbar. »Also verdienten wirdas Geld erst einmal getrennt: Für einige Kundenentwickelten wir, andere berieten wir in


64Sicherheitsfragen«, sagt Detlef Weidenhammer,der wie sein Gründerkollege sein Informatikstudiuman der <strong>TU</strong> 1981 beendete. Kettler:»Wir kannten uns schon damals, gingen aberzunächst einmal eigene Wege, um dann 13 Jahrespäter die gewonnenen Erfahrungen in eingemeinsames Unternehmen einzubringen.«dialektisches denken gefragt Bei derWeiterentwicklung ihres Unternehmens bewiesendie zwei Gründer die nötige Geduld –zumal sie spürten, dass die ›Awareness‹ für ihrgemeinsames Thema stieg. »Wir beobachteten,dass immer mehr Kunden Interesse an unsererIdee zeigten, die Entwicklung und die Sicherheitvon Software zusammen zu betrachten.«Der Vorteil liegt auf der Hand: Bei GAI Net-Consult arbeiten fast 40 Mitarbeiter – darunterEntwickler und Sicherheitsexperten, die ihreArbeit gegenseitig kontrollieren und damit dieQualität steigern.viele medizinische und persönliche Daten einesPatienten abruf bar sind. »Da ist der Bedarf angeeigneten unterstützenden Informationssystemennatürlich enorm«, sagt Wilfrid Kettler.»Aber«, entgegnet sein Gründerkollege DetlefWeidenhammer, »man darf auch die Risi kennicht vergessen, die sich aus einer solchen Karteergeben.« Auf Zuruf finden die beiden weitereThemen der Zukunft – von Cyber-Anschlägenauf kritische Infrastrukturen über den bei Konsumentenund Unternehmen immer beliebterenE-Commerce bis hin zum Trend, dass inden Unternehmen immer mehr Mitarbeiterihre privaten Laptops oder Tablets ans Firmennetzwerkanschließen. Keine Frage: Um die›Awareness‹ ihres Geschäftsfeldes müssen sichdie beiden keine Sorgen mehr machen.Für Weidenhammer und Kettler kommt es besondersdarauf an, die Probleme zu verstehen,vor denen ihre Kunden stehen. Da ist dialektischesDenken gefragt. »Natürlich ist es zumBeispiel für das Gesundheitswesen attraktiv, dieneue Gesundheitskarte einzuführen, über die


65zum teamDetlef Weidenhammer,Wilfrid Kettlerstudiengang(abschluss)Informatik (1981)unternehmenGAI NetConsult GmbHwww.gai-netconsult.debrancheIT / Sicherheitjahr der gründung1994unser rat angründungsinteressierteAmbitionierte Ziele setzen, dieseaber mit Realitätssinn angehen.mitarbeiter / innen21 – 50


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»Keine Kompromisse!«Noara Kebir und Daniel PhilippMicroEnergy International67Alles begann mit einem kleinen Wettstreit.2001 suchten Noara Kebir und Daniel Philipp,Ingenieursstudenten an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>, ein Themafür ihre Diplom-Arbeit. Die beiden hattensich im Studium kennen gelernt, die Abschlussarbeitwollten sie zusammen angehen. Doch zuwelchem Thema? »Ich schlug vor, zunächst alleinezu suchen, um dann gemeinsam zu entscheiden,welches das beste ist«, erinnert sichDaniel Philipp. Einig waren sie sich beide darin,keine Diplom-Arbeit nach Schema F vorzulegen.»Wir wollten etwas Besonderes entwickeln.Eine Handlungsanleitung für einenneuen wirtschaftlichen Ansatz, die wir dannselber anwenden«, formuliert seine Kommilitonin.solarenergie für familien in afrika undasien Am Ende entschieden sich die beidendafür, »Grameen Shakti« zu untersuchen – einUnternehmen aus Bangladesch, das dort erfolgreichin Dörfern die Verbreitung von Solartechnikvorantreibt. »Unsere Forschungsfrage:Warum rechnet sich Solarenergie in einemLand wie Bangladesch, in Deutschland dagegennicht?« Die beiden <strong>Berlin</strong>er Ingenieure analysiertenden Markt und kamen zu folgendemErgebnis: »Haushalte sowie kleine und mittlereUnternehmen, die in Bangladesch über keinenoder nur eingeschränkten Zugang zum elektrischenNetz verfügen, nutzen häufig Akkumulatorenoder Kerosinlampen, die von weitherin die Orte transportiert werden müssen.Dadurch kostet eine Kilowattstunde Strom biszu 1,50 Euro – und damit weitaus mehr als inDeutschland.«Würde eine Familie auf Sonnenenergie umsteigen,hätte sie in drei Jahren die Anschaffungskostenvon rund 500 Euro wieder raus – eineRechnung, die überall dort aufgeht, wo es eineschlechte oder gar keine zentrale Energieversorgunggibt. Bleibt die Frage der Finanzierung:»Da kaum eine Familie 500 Euro auf denTisch legen kann, geht es nur über Mikrokredite«,so Noara Kebir.Die Idee, aus diesen Kenntnissen heraus einUnternehmen zu gründen, brachten Kebir undPhilipp 2002 auf den Tisch. »Wir haben langeüberlegt, wie wir uns aufstellen«, erinnertsich die Energie- und Verfahrenstechnikerin andie Gründerphase. Heute steht das Geschäftsmodellder Firma auf zwei Beinen: Sie berätFinanzinstitute, die sich auf Mikrokredite fürKleinstunternehmen und Haushalte in Afrika,Lateinamerika oder Asien spezialisieren, und


68Entwicklungsabteilungen von Technik-Konzernen,die sich für die bislang noch kaum erschlossenenMärkte in Entwicklungs- undSchwellenländern interessieren.ingenieure lassen nicht gerne los Auchim zehnten Jahr ist das Unternehmen sehr forschungsintensiv.Beide Gründer haben in denersten Jahren als Geschäftsführer zusätzlich dasPromotionskolleg »Mikroenergie-Systeme« initiiertund dort promoviert. Der Austausch mitder <strong>TU</strong> und anderen Hochschulen ist rege. »Unswar zu jeder Zeit wichtig, dass wir jeden unternehmerischenSchritt nur vornehmen, wennwir über genügend Know-how verfügen, umzu wissen, wohin er uns führt«, sagt Noara Kebir.Geholfen hat, dass sich die beiden Gründerdie Leitung des Unternehmens partnerschaftlichteilen. »Hätte einer von uns alleine gegründet,hätte er wohl weniger vorsichtig gehandelt«,sagt die zweifache Mutter. Während sie und ihrGründer kollege Daniel Philipp, der drei Kinderhat, in den ersten Jahren alle zwei Monate »imFeld waren«, wie die beiden ihre Reisen nennen,haben sich heute ihre Rollen im Unternehmenverändert. »Wir sind heute weniger unterwegsund lassen unser Team eigenverantwortlichmachen. Dafür konzentrieren wir uns in <strong>Berlin</strong>stärker auf die strategische Weiterentwicklung«,sagt Kebir.Einfach sei das den beiden nicht gefallen. »Ingenieurenfällt das Loslassen schwer«, sagt NoaraKebir. Die Gründer hatten vor allem die Befürchtung,dass die Mitarbeiter nicht mit genügendunternehmerischer Neugier unterwegs seinkönnten. »Doch das funktioniert gut«, weiß Kebirheute – auch, weil die beiden Geschäftsführerbei der Auswahl ihrer Beschäftigten daraufachten, ob ein unternehmerischer Geist erkennbarist. Wen die beiden dagegen gar nicht suchen,sind Leute mit Helfermentalität. »Dieführt häufig zur Frustration«, sagt Kebir. Zwarsei sie bei der Gründung schon dem Grundgedankengefolgt, etwas Gutes zu tun. »Aberwir nähern uns der Sache eindeutig nicht nurals Wohltäter, sondern vornehmlich als konsequenteAnalysten.«


69zum teamDaniel Philipp, Noara Kebirstudiengang(abschluss)Energie & Verfahrenstechnik(2005 bzw. 2004)unser rat angründungsinteressierteAls Unternehmensgründer hatman die Chance, seine privatenund beruflichen Wünsche zuverwirk lichen, deshalb sollte mandiese beiden Bereiche auch nichtvoneinander trennen.unternehmenMicroEnergy Internationalwww.microenergyinternational.combrancheEnergie / Finanzwesenjahr der gründung2002mitarbeiter / innen21 – 50


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»Anders, besser und einfacher.«Christoph NefzgerStellenticket71Ein Experte für Online-Jobbörsen war ChristophNefzger schon vor der Gründung seines eigenenUnternehmens. Nach seinem BWL-Abschlussan der Münchener Ludwig-Maximilians-Universitätzog es ihn über die Station Brüssel nach<strong>Berlin</strong>, wo er im Jahr 2003 an der <strong>TU</strong> eine webbasierteStellenbörse für Studierende und Graduiertean den Start brachte. »Es war ein ambitioniertesProjekt«, sagt der 48-Jährige, der zwarim ostwestfälischen Minden geboren wurde, jedochWert auf seine bajuwarische Herkunft legt.Doch nach einigen Jahren stand die Jobbörse vordem Scheideweg: Um das Angebot weiter zuverbessern, hätte die <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> Geld in die Handnehmen müssen. Das Projekt scheiterte dann jedochnicht, sondern führte in seine Selbstständigkeit.»Ich entschloss mich, Ende 2008 bei der<strong>TU</strong> zu kündigen und mich mit der Stellenbörseselbstständig zu machen.«echte tickets für online-an<strong>zeigen</strong> ChristophNefzger gründete die Firma 2009 zunächstals UG. Der Kooperationsvertrag mit der <strong>TU</strong>war ein Jahr später unterschriftsreif. 2010 wandeltesich das Unternehmen in eine GmbH. EinCo-Gründer kam an Bord, im Mai ging Stellenticketonline. Das Besondere am Online-Serviceist das Ticketsystem: Ein blaues Ticket giltfür eine Anzeige, bei der sich ein Unternehmenauf die Suche nach einem Studenten macht. Istein Graduierter gefragt, kommt ein rotes Ticketins Spiel. Dazu gibt es Coupons für besondereDienstleistungen wie Premium-An<strong>zeigen</strong> oderden Einstell-Service. »Ich bin halt ein Eisenbahnerkind«,begründet der Gründer lächelnd denTicket-Ansatz. Aber dahinter steckt mehr: DasTicketsystem sorgt für eine Zugangskontrolleund ermöglicht es den Kunden, auf Vorrat zukaufen, Rabatte zu kassieren oder Freitickets zuerhalten. Zudem weiß Christoph Nefzger, wiecharmant es sein kann, wenn sich virtuelle Servicesaus dem Internet verdinglichen – und damitgreif bar werden. »Dadurch entsteht eineWertigkeit, die sich mit reinen Web-Services nurschwer herstellen lässt.«Entscheidend ist natürlich, dass sich diese Wertigkeitin der Qualität der Stellenbörse wiederfindet.Und hier unterscheidet sich Stellenticketvon den großen Börsen wie Monster oderStepstone. »Dort zählt die Masse an Klicks.Bei uns geht es um Qualität«, sagt ChristophNefzger. »Wir möchten, dass Unternehmen undStellensuchende ohne Umwege zueinanderfinden.«Daher ist Stellenticket strikt akademischfokussiert: In der Börse finden sich nur Jobs, fürdie wirklich qualifizierte Leute gesucht werden.


72Für Restaurantketten, die günstiges studentischesAushilfspersonal suchen, ist Stellenticketdagegen nicht konzipiert. »Dieser seriöse Ansatzverschafft uns Vertrauen«, sagt er – eine wichtigeKomponente für Online-Stellenbörsen. Umder Internationalität des akademischen Stellenmarktesgerecht zu werden, gibt es das gesamteOnline-Angebot auch in englischer und französischerSprache.akquise bei den hochschulen Einen großenSchritt vollzog das Unternehmen im Oktober2011: Mit der <strong>Berlin</strong>er Humboldt-Universitätgelang es dem Team von Stellenticket, eine zweiteHochschule als Partner zu gewinnen. Seit September2012 arbeitet auch die <strong>TU</strong> Dresden mitStellenticket zusammen; ein Kooperationsvertragmit einer vierten großen deutschen Hochschuleist in Arbeit. »Es hat sich bewährt, dasswir bei unserer Akquise nicht bei den Unternehmenansetzen, die für den Umsatz sorgen, sondernbei den Hochschulen, die die Inhalte bereitstellen«,sagt Christoph Nefzger. »Wir stoßen soin eine Marktlücke, weil wir einen Weg auf<strong>zeigen</strong>,wie qualitative Stellenbörsen als Alternativezu Monster & Co. aussehen und funktionierenkönnen.«Nachdem das Unternehmen zunächst auf »niedrigemNiveau in ruhigem Fahrwasser« fuhr, befindetman sich nun auf Wachstumskurs. »Dafürbrauchen wir Personal«, sagt der Gründer.Er sucht Leute, die die Philosophie von Stellenticketverstehen und in der Lage sind, selbstständigin die richtige Richtung zu denken. So sei eszum Beispiel wichtig, stets die Balance aus Angebotund Nachfrage zu wahren. »Ein Stellensuchender,der trotz guter Qualifikationenwochenlang kein Angebot erhält, ist berechtigterweisegenauso frustriert wie ein Unternehmen,das wiederholt keine Leute findet.«


73zur personChristoph Nefzgerstudiengang(abschluss)Betriebswirtschaftslehre(LMU München)unternehmenStellenticket GmbHwww.stellenticket.debrancheIT, Dienstleistungenjahr der gründung2009mein rat angründungsinteressierteAusdauer und sich früh demRealitätscheck stellen.mitarbeiter / innenbis zu 5


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»Machen!«Malte Metzing und Bastian AlbersmyBus75Malte Metzing führt sein junges Unternehmenan einem Ort, um den viele Gründer einenweiten Bogen machen würden: in Spanien,einem Land im Bann der Schuldenkrise – Rezessionund hohe Arbeitslosigkeit inklusive.»Auch an uns geht die Krise nicht spurlos vorbei«,sagt der 32-jährige – zumal seine FirmamyBus von öffentlichen Auftraggebern lebt.Allen voran von Kommunen. Und die sind zumeistklamm.Aber Pessimismus passt nicht zum Wirtschaftsingenieur,der die <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> 2006 mit demDiplom in der Tasche verließ. »Für unsere Geschäftsideeergeben sich aus der schlechtenwirtschaftlichen Lage durchaus auch Chancen.«Mit myBus möchten Metzing und seinedrei Geschäftspartner den öffentlichen Busverkehrverbessern. Pünktlicher sollen die Bussefahren und mehr Komfort bieten. Und dieKunden sollen jederzeit informiert darübersein, wann ein Bus kommt – oder warum einBus eben noch nicht kommt.Eine Idee, die in schwierigen Zeiten einen besonderenCharme hat. »In Spanien haben immerweniger Leute Geld für ein eigenes Auto.Sie steigen auf den öffentlichen Personennahverkehrum. Und mit unseren Produkten habendie Kommunen und Anbieter die Chance,ihnen einen deutlich verbesserten Busservicezu bieten.«idee in sofia Die Idee zur Gründung hatteMalte Metzing, der seine berufliche Laufbahnnach der <strong>TU</strong> in der freien Wirtschaft beiAccenture und Seat begann, in den Ferien: Stattan den Strand treibt es den reiselustigen Wirtschaftsingenieurhäufig in die großen Städte,weil ihn Themen wie Urbanität und Stadtentwicklunginteressieren. »In Sofia sah ich, wieeine Menge Straßenbahnen und Busse kreuzund quer durch die Stadt fuhren. Offenbar gabes ein weitreichendes Netz – doch wohin dieBusse und Bahnen fuhren, das blieb mir schleierhaft.«Und schon war die Idee geboren: eineSoftware zu entwickeln, die den kompliziertenöffentlichen Nahverkehr in Städten und Regionenvereinfacht. »Dann«, so Metzing, »werdenBusse auch eine ernsthafte Alternative zumAutoverkehr.«Bei den ersten Überlegungen zur Gründungwurde Metzing und seinen Partnern schnellklar, dass nichts ohne ein Pilotprojekt funktionierenwird. »Man kann lange und viel reden.Aber wirklich spannend wird es, wenn manetwas vorführen kann.« Also machte sich der


76Gründer auf die Suche nach einer Kommune,die Interesse haben könnte, sich auf myBus einzulassen.Der erste Blick ging nach Deutschland,aber schon bald fokussierte sich Metzingauf Spanien und konkret auf die Region Barcelona.In der Metropole hatte der <strong>Berlin</strong>er einigeMonate als Student verbracht. Ihm gefielenLand und Sprache – und der Gedanke, mit my-Bus in Spanien an den Start zu gehen. »Entwickelthaben wir das System in unseren Arbeitsräumenan der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>, aber als Ort für dasPilotprojekt haben wir dann Vic gewinnen können.«Die Stadt im Nordosten Spaniens hatrund 40.000 Einwohner – und bislang ein Bussystem,das für die Fahrgäste viele Fragen offenließ. Das hat sich nun geändert: myBus installierteMonitore und Applikationen, sodass manin Vic heute wesentlich informierter und komfortablerunterwegs ist.neuer fokus auf marketing und vertrieb»Der Pilot hat gezeigt: Es funktioniert«, sagtMetzing. »Wir hielten uns zu Beginn zwar finanziellganz gut über Wasser, auch durch Förderungen.Aber der große Durchbruch bliebaus.« Den möchte das junge Unternehmen nunmit einem leicht angepassten Geschäftsmodellerzielen, mit denen andere Städte – ob in Spanienoder Deutschland – von myBus überzeugtwerden sollen. »Die Idee ist, unser System gratiszu installieren und zum Selbstkostenpreis zuwarten. Das Geld wollen wir dann mit der Vermarktungvon Werbeflächen verdienen.« Dasfunktioniert so: Ein Bus fährt durch eine belebteGeschäftsstraße, passiert einen Supermarkt –und schon leuchten auf den Monitoren imBus die Sonderangebote auf. Fährt der Bus ander Oper vorbei, erscheinen die Vorstellungender nächsten Tage. »Dass das technisch funktioniert,haben wir in Vic schon gezeigt«, sagtMetzing. Investieren müsse myBus nun in dieBereiche Vertrieb und Marketing. Schließlichgeht es für den jungen Gründer auch darum,ein Ziel zu verwirklichen, dass er von Beginnan vor Augen hatte: »Den Busverkehr in einemganzen Bundesland verbessern. Zum Beispielin Mecklenburg-Vorpommern, von Schwerinbis an die Ostsee.«


77zum teamMalte Metzing, Bastian Albersstudiengang(abschluss)Wirtschaftsingenieurwesen(2006)unternehmenmyBus GmbHwww.mybuslive.combrancheTelekommunikationjahr der gründung2010unser rat angründungsinteressierteSchaut vom ersten Momentdarauf, wie kann ich dasGeschäftsmodell einem potentiellenInvestor erklären. DennIhr werdet viel Geld brauchen ;)mitarbeiter / innenbis zu 5preiseHauptpreis beim Gründerwettbewerbdes VDI »Mit Multimediaerfolgreich starten« (2010)


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Tilman IssingPinuts79Als Tilman Issing seinen ersten Auftrag annahm,war er noch als Student der TechnischenInformatik an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> eingeschrieben.17 Jahre ist das her und auch heute ist der39-jährige <strong>Berlin</strong>er immer noch Unternehmer:Mit seiner Firma Pinuts, die sich erfolgreich alsMultimedia-Agentur am Markt behauptet, beschäftigter 25 Menschen. Issing und sein Teamhaben reichlich zu tun. In den Büros im sechstenStock in der Charlottenstraße in <strong>Berlin</strong>-Mitteunweit der Friedrichstraße entwickelt PinutsSoftware für Unternehmen, mit denen diese ihreInternetseiten und Kundenbeziehungen pflegenkönnen.Gestartet ist Pinuts mit einem Auftrag für die<strong>Berlin</strong>er Investitionsbank, die jemanden suchte,der für sie ein E-Learning-Programm konzipierteund umsetzte. Über einen Kontaktwurde das Institut auf Tilman Issing aufmerksam.»Die Bank wollte einen damals noch ungewöhnlichenWeg gehen und ihren Mitarbeiterndie Einführung einer neuen Software direkt amComputer vermitteln.«erster auftrag mit studententeamIssing stellte ein kleines Team mit einem Informatik-Kommilitonensowie zwei Studenten derGesellschafts- und Wirtschaftskommunikationder Hochschule der Künste zusammen, die er ineiner interdisziplinären Studenteninitiative kennengelernthatte. Die Kooperation verschiedenerFachrichtungen, die bis heute sein Unternehmenprägt, ist erfolgreich: »Als wir das Projektbeendet hatten, wollte die Bank direkt weitermit uns arbeiten.«Der Haken an der Sache: »Damit die Auftraggeberuns überhaupt beschäftigen konnten,mussten wir eine GmbH werden.« Mit dem Honorarfür den ersten Job gründeten die jungenLeute 1996 das Unternehmen, das schon im Namenauf zwei Richtungen hinweist. »Das ›Pi‹,das wir wie die griechische Zahl schreiben, weistauf unsere Perfektion und Präzision hin. Das›nuts‹, englisch für ›verrückt‹, symbolisiert dieKreativität, die wir einbringen.«Der Name blieb, doch die Jobs änderten sich.Nach mehreren Aufträgen für die Bank wurdeCoca-Cola auf die Gründer aufmerksam. Fürden Konzern setzte Pinuts ein Programm um,mit dessen Hilfe Jugendliche, die eigene Cafés inihren Schulen betreiben, die Produkte des amerikanischenSoftdrink-Herstellers bestellen, verwaltenund abrechnen können. Mit diesen gutenReferenzen im Rücken – »die sind für einenGründer enorm wichtig« – machte das Unternehmenweiter.


80ein eigenes produkt als erfolgsfaktorIm Laufe der Jahre wuchs es kontinuierlich ausden eigenen Umsätzen, »ohne Kredite oderVenture Capital«, wie Issing stolz sagt. EinenQuantensprung machte die Firma, als das SeereiseunternehmenAida eine Software suchte,die es ihm ermöglichte, Newsletter für potentielleund aktuelle Kunden zu verschicken. »Wirwaren damit sehr früh am Markt und merkten,dass das Programm auch für andere Firmen interessantist.« Der Auftraggeber erhielt seineSoftware, und Pinuts entwickelte diese parallelund im Anschluss zu einem eigenen Produktweiter. »Wir haben das Aida von Anfang an gesagtund sind damit sehr gut gefahren«, erklärtIssing, der auf langdauernde Partnerschaftenmit den Kunden setzt.»Universal Messenger« heißt das Programmheute und wird von zig Unternehmen eingesetzt.Aus einem einfachen Newsletter-Dienstist ein kampagnenfähiges Werkzeug geworden,das mit vielen Möglichkeiten der Kundenakquiseund -bindung ausgestattet ist. »Wenn eineFirma zum Beispiel einen Newsletter verschickenund die Rückmeldungen der Kundenauswerten und darstellen möchte, können wirebenso helfen, wie mit Modulen für Direktmarketingoder Callcenter.« Die Zweigleisigkeitaus einem eigenen Produkt und Auftragsarbeitenfür Kunden spielen für den Erfolg desUnternehmens eine große Rolle, sagt Issing.»In beiden Bereichen können wir genau dasumsetzen, was wir für besonders wichtig halten:Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mitden Kunden.«


81zur personTilman Issingstudiengang(abschluss)Technische Informatikmein rat angründungsinteressierteChancen nutzen.unternehmenPinuts media+scienceMultimedia-Agentur GmbHwww.pinuts.debrancheInternet-Systemhausjahr der gründung1996mitarbeiter / innen21 – 50media+ science


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»Hightech auf Basisvon solidem Handwerk.«Dr. Martin NägeleOptoprecision832003 war kein einfaches Jahr für Martin Nägele.Im Rückblick aber doch irgendwie ein wertvolles,jedenfalls ein lehrreiches. Damals sammelteder an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> ausgebildete Festkörperphysikereinige seiner prägendstenErfahrungen als Unternehmer. Nägeles Firmaplatzte aus allen Nähten, ein neues Firmengebäudemusste her. Der Gründer ging das Themamit Feuereifer an, irgendwann hatte er nurnoch Augen für den Neubau. Doch beinahewäre der Traum von der schnell wachsendenFirma zum Alptraum einer gescheitertenFirma geworden.»Ich hatte mich vergaloppiert«, sagt Martin Nägelerückblickend, und das gleich in mehrfacherHinsicht: Das neue Gebäude wurde immerteurer, die Bankkredite voluminöser, dasFirmenrating schlechter. Zudem verlor derheute 46-jährige Kerngeschäft und Kunden ausdem Blick. »Das neue Gebäude und der bevorstehendeUmzug waren ein so großer Schritt,dass diese Dinge all meine Aufmerksamkeit aufsich zogen.« Was er daraus gelernt hat? »Je größereine Veränderung im Unternehmen ist,umso mehr Planung und Zeit muss man sichgeben. Und egal, um was es dabei geht: Dasoperative Geschäft und die Kunden müssen immeran erster Stelle stehen.«ehrlich und konsequent Die Krise ist heuteGeschichte und Martin Nägele führt eine,wie er sagt, wachsende und gesunde Unternehmensgruppein Bremen mit 55 Mitarbeitern, inder sich fast alles ums Sehen dreht. Optoprecisionist auf die Entwicklung, Konstruktion undFertigung von Objektiven, Kameras oder Lasernfür die Mess-, Überwachungs- und Steuerungstechnikspezialisiert. So benutzt zum Beispieldie Küstenwache ein System, um dichtenNebel zu »durchblicken«. Nägeles Firma Nr. 2,Opto Precision Security Systems, vertreibt optischeSicherheitstechnik vor allem an Sondereinsatzkommandosder Polizei, Sicherheitsbehördenund das Militär, aber auch in Form vonFahrerassistenzsystemen an die Autoindustrie.Nägele Feinwerktechnik schließlich bietetDienstleistungen in den Bereichen CNC,Fräsen und Drehen an, etwa für die Luft- undRaumfahrt, die optische Industrie und den Maschinenbau.Nach seinem Studium an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> hatteNägele zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiteran die Uni Bremen gewechselt und promoviert.Dort lernte er den Werkstattleiter desFachbereichs Physik kennen. Beide mochtenund schätzten sich, und vor allem einte sie derWunsch, die Bereiche Forschung und Technik


84zusammenzubringen, um somit optische Hightech-Geräteauf Basis soliden Handwerks zuentwickeln, zu bauen und zu verkaufen. Mit einemgrößeren, über mehrere Jahre laufendenPilotauftrag eines Kunden in der Tasche erfülltensie sich ihren Wunsch. Im Mai 1995 gründetensie.indien im blick Sieben Jahre später kaufte Nägeleseinem Partner die Anteile ab und ist seitdemalleiniger Eigner von Optoprecision. »Wirhatten unterschiedliche Vorstellungen darüber,wohin sich die Firma entwickeln soll.« Natürlichgehe so etwas nicht völlig reibungslos ab,sagt der gebürtige Badener. »Aber letztlich warenwir offen und ehrlich zueinander, und wirlieferten uns keine Schlammschlacht.« Ein Rat,den jeder Firmengründer beherzigen sollte, findeter. »So kontrovers unsere Diskussionen damalsauch waren: Uns war immer klar, dass wireine glasklare Lösung brauchen, und dass nurSachlichkeit und Respekt voreinander dorthinführen.« Alles andere mache einen kaputt – unddie Firma erst recht.Und darüber hinaus? Was hat er noch gelernt inden vergangenen Jahren, wenn es um die Selbstständigkeitgeht? »Zum Beispiel, dass sich wachsendeUnternehmen nicht scheuen dürfen,ihre Prozesse und ihre Organisation zu ändern,wenn es nötig wird.« Besteht eine Firma nuraus fünf Mitarbeitern, sei die Arbeitsteilungmeist nicht sehr ausgeprägt. Jeder kann meistensalles, vieles funktioniere auf Zuruf. »Mit15 Personen klappt das nicht mehr«, so Nägele.Spätestens dann benötige die Firma eine professionelle,softwaregestützte Dokumentation. Ab30 Mitarbeitern werde zudem ein Warenwirtschaftssystemund auch die Bildung von Abteilungenund Hierarchien sinnvoll. Zumindest,wenn man weiter wachsen will. So wie Nägele,der bereits Märkte wie Indien im Blick hat.


85zur personDr. Martin Nägelestudiengang(abschluss)Physik (1991)mein rat angründungsinteressierteUmfangreich beraten lassen, ambesten von Personen/Institutionendie kein finanzielles Interessehaben. Nur gründen, wenneine klare Vision besteht und dieGründer bereit sind zu kämpfen …unternehmenOptoPrecision GmbHwww.optoprecision.debrancheOptik / Feinwerktechnikjahr der gründung1995mitarbeiter / innen21 – 50


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»Mühe wird belohnt.«Dr. Claas JunghansSchulz Junghans Patentanwälte87Das Büro von Claas Junghans bestätigt auf denersten Blick nicht die Vorurteile, die man gegenüberPatentanwälten hegen könnte. Statt gediegenendunkelbraunen Vollholztischen undschwer beladenen Aktenschränken herrschenweiße Ikea-Möbel vor. Anstelle des Porsches vorder Tür steht an ein Regal gelehnt ein orangesFahrrad. Junghans trägt an diesem Tag keinenAnzug in gedeckten Farben, sondern ein Leinenhemdund eine Cordhose. Aber auch auf denzweiten Blick und abseits der Äußerlichkeiten unterscheidetsich der 47 Jahre alte <strong>Berlin</strong>er von seinenKollegen: Seine Karriere hat sich zwar sehrerfolgreich, aber doch ungewöhnlich entwickelt.»Ich habe mir vor jedem beruflichen Schritt einZiel gesetzt: Ich wollte Freude an meiner Arbeithaben«, sagt der Vater eines Sohnes und einerTochter. Tischler wollte er als Jugendlicherwerden, mit den Händen arbeiten, etwas schaffen.Als Schüler wechselte sein Berufswunschdann durch einen Nebenjob bei Schering, <strong>Berlin</strong>sgrößtem Chemiekonzern der Vorwendezeit.»Ich musste Fässer mit Chemikalien rollen undandere Hilfstätigkeiten verrichten, was bei mirzweierlei bewirkte«, erinnert sich Junghans. »Ichwollte erstens einen Beruf, bei dem ich nicht imSchichtdienst arbeiten musste und mehr Verantwortunghatte. Und ich wollte zweitens tatsächlichbegreifen, womit ich mich bei dem Job zubeschäftigen habe.«freiheit in der forschung Junghans beganndas Studium der Chemie an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>und machte 1990 sein Diplom in organischerSynthesechemie. Nach dem Abschluss wechselteer zur Freien Universität <strong>Berlin</strong>, um in medizinischerMolekularbiologie zu promovieren.Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiterim Arbeitskreis des renommierten MolekularbiologenBurghardt Wittig. »Das war eine wunderbareZeit: Ich verdiente Geld, aber konnteim Grunde machen, was ich wollte.« Sechs Jahrelang ließ der Professor ihn und die Kollegenforschen.Während dieser Zeit entstanden die ersten Patente,die schließlich zu einem in den 90er-Jahrennicht unüblichen Schritt führten. Junghanswar Mitgründer eines eigenen Unternehmens.»Es gab damals eine riesige Gründerwelle«, sagter. Viele junge Unternehmen entstanden – undgingen direkt an die Börse. Als Geschäftsführerder Mologen AG, die Professor Wittig als Vorstandführte, betreute Junghans ab 1998 Kooperationenund Forschungsvorhaben in denBereichen Vektorentwicklung, molekulare Immunologieund Impfstoffentwicklung.


88Zum Höhepunkt kurz vor dem Zerplatzen derDotcom-Blase war die Mologen AG schließlich500 Millionen D-Mark wert – »unvorstellbaraus heutiger Sicht.« Junghans verkaufte schließlichseine Anteile und wurde, wie er es heuteformuliert, »für einige Zeit unabhängig vomnächsten Gehalt«. Er stieg aus und suchte sichneue Herausforderungen.patentanwalt oder geschäftsführer?Beruflich fuhr er fortan zweigleisig. Weil erschon bei Mologen die Patente betreut hatte,sah er einen Weg als Patentanwalt vor sich undabsolvierte berufsbegleitend die Prüfung zumEuropean Patent Attorney. Parallel ging er fürein Jahr als Geschäftsführer der Crystax Pharmaceuticalsnach Barcelona, die sich mit denMethoden der pharmazeutischen Wirkstoff-Struktursuche beschäftigte.Die Entscheidung fiel schließlich für den Berufdes Patentanwalts. Trotz Studium, Promotionund vielen Jahren Berufserfahrung stand eineweitere Ausbildung an: Zwei Jahre arbeiteteJunghans in einer Kanzlei, danach lernte erein Jahr lang am Deutschen Patentamt in München.»Ich war bei einer renommierten Patentanwaltskanzlei,deren sehr konservative Arbeitsweisemich stark beeinflusst hat: Ich wolltemit meinem eigenen Büro vieles anders machen,vor allem eine mehr auf die unternehmerischenZiele unserer Mandanten ausgerichteteBetreuung bieten.«Heute arbeiten Junghans und sein MitgründerBen Jesko Schulz, der mit ihm die Ausbildung absolvierte,in <strong>Berlin</strong>-Mitte, unweit der Torstraße.Kunden sind vor allem Hochschulen und Forschungseinrichtungenaus Deutschland und derSchweiz, aber auch Start-ups. »Uns kommt esdarauf an, den Wissenschaftlern in den Einrichtungenund den jungen Gründern den Weg zuebnen«, sagt Claas Junghans, der wie sein Partnermit einem vergleichsweise geringen Gehaltnach Hause geht und die Gewinne in die Kanzleisteckt. Die soll nämlich wachsen, um dasPortfolio dauerhaft zu erweitern: Zwei Partnersteigen bis Ende 2012 mit ein, weitere Räumesind schon dazu gemietet. »Uns macht eseinfach Spaß, die Wissenschaft und Forschungmit voranzutreiben, indem wir die Ergebnisseschützen«, sagt Junghans.


89zur personDr. Claas Junghansstudiengang(abschluss)Chemie (1990)mein rat angründungsinteressierteGut überlegen, warum man das macht.Dann machen.unternehmenSchulz JunghansPatent- und Rechtsanwältewww.mittepatent.debrancheRechtsberatung,Unternehmensberatungjahr der gründung2009mitarbeiter / innen6 – 20


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»Wer will, der kann …«Dr. Jörg LüddemannInMediasP GmbH91Der Unternehmer Jörg Lüddemann mag es,wenn Dinge sehr komplex werden. Schließlichist sein Unternehmen, die InMediasP GmbHmit Sitz im brandenburgischen Hennigsdorf,immer dann zur Stelle, wenn andere den Überblickverlieren. »Die IT-Werkzeuge verbesserndie Produktentwicklung unserer Kunden«,so definiert er die Geschäftsidee. »Und dabeikommt es heutzutage vor allem darauf an, dieKomplexität fassbar zu machen.« Um das zuverdeutlichen, wählt Lüddemann ein Beispielaus der Automobilbranche. »Die Hersteller bietenheute Fahrzeuge in einer kaum zu überblickendenVielzahl von Varianten an«, sagt er.Vom Komfort der Autositze über die Art derScheinwerfer bis hin zur Kühlung: Der Kundehat die Wahl – und die Autobauer stehen vorder Herausforderung, Modelle für die vielenBedürfnisse zu entwickeln und trotzdem effizientzu produzieren. »Wir managen die Varianten«,so beschreibt Lüddemann das Know-how,das sein Unternehmen anbietet.gründung aus vernunft Zum Gründerteamgehören neben Jörg Lüddemann, der inAachen, im amerikanischen Michigan sowie ander <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> studierte, die beiden <strong>TU</strong>-AbsolventenVolker Kleinhans und Armin Ulbrich.Die drei arbeiteten erstmals Mitte der 90er-Jahream Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb(IWF) sowie am Fraunhofer Institutfür Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik(IPK) in <strong>Berlin</strong> zusammen und promoviertendort. Im Jahr 1998 erfolgte dann dieGründung des eigenen Unternehmens InMediasP– und zwar nicht aus Abenteuergeist, sondernaus wirtschaftlicher Vernunft. »Um ein großesIndustrie-Projekt verwirklichen zu können,mussten wir zunächst ein Unternehmen auf dieBeine stellen. So gründeten wir kurzerhand eineGmbH«, erinnert sich Lüddemann.Über ökonomisches Fachwissen verfügten diedrei Ingenieure kaum. Ein großes Problem seidas nicht gewesen, sagt Lüddemann: »Entscheidendist, dass man vernünftig mit den Finanzenumgeht. Wir haben uns nicht übernommenund sind gut klargekommen, wobei wir diesekonservative Grundhaltung bis heute beibehaltenhaben.« Das Geschäftsmodell stand zuBeginn auf zwei Säulen: erstens Projekte ausder Industrie, zweitens Aufträge aus der Forschung.»Wir investierten bereits in der Frühphasein Projekte aus Forschung und Entwicklung,zudem war es wichtig und beruhigend,dass wir in diesem Bereich konstant gut zu tun


92hatten. Heute hat sich das Verhältnis längst verschoben:Die gut dotierten Aufträge aus der Industriehaben die Oberhand gewonnen.Auf der Kundenliste stehen namhafte deutscheAutomobilhersteller wie BMW, Daimler oderVolkswagen, aber auch Konzerne wie Siemensoder Bombardier. Den Standort Hennigsdorfkurz hinter der Stadtgrenze von <strong>Berlin</strong> beurteiltLüddemann positiv. »Die gesamte Technikbrancheleidet unter einem Mangel an Fachkräften.Uns bietet Hennigsdorf den Vorteil, dass wir –gerade wegen der Nähe und des noch immerguten Kontakts zur <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> – leichter guteNachwuchskräfte rekrutieren können, weil derWettbewerb der Arbeitgeber hier nicht so hartist wie zum Beispiel in Baden-Württemberg.«beirat hinterfragt und inspiriert Schonin der Frühphase des Unternehmens entschiedensich die drei Gründer, einen Beirat zu installieren.»Dort sitzen externe Senior-Experten,die unsere Entscheidungen und Strategien hinterfragen,ihre Erfahrung zur Verfügung stellenund uns mit eigenen Ideen inspirieren«, findetLüddemann lobende Worte für das Gremium.Die Befürchtung, dass ein solcher Beirat die unternehmerischeFreiheit einengt, hatte Lüddemannnie, der im Team der drei Gründer fürdie Geschäftsentwicklung verantwortlich ist.»Uns war es von Beginn an wichtig, der Gefahrzu entgehen, ausschließlich im eigenen Saft zuschmoren.« So setzt InMediasP auch intern aufinterdisziplinäre Teams, in denen IT-Expertenund Ingenieure zusammen an den optimalenLösungen für die Kunden arbeiten. »In diesenTeams wird viel und offen kommuniziert – eineBeobachtung, die ich in Gruppen, in denennur Informatiker oder Maschinenbauer sitzen,nicht immer machen kann.«


93zur personDr. Jörg Lüddemannstudiengang(abschluss)Maschinenbau (1986)mein rat angründungsinteressierteRat hören, seinem Gefühl folgen.unternehmenInMediasP GmbH –Gesellschaft für innovativeProduktent wicklung undInformations technik mbHwww.inmediasp.debrancheConsulting,IT Services – Softwarejahr der gründung1998mitarbeiter / innen51 – 100


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»Der Kunde ist unser Kaptial.«Steffen Försteraristos95Manche Gründer gründen, weil sie in ihrem Lebenals Angestellte etwas verändern wollen. BeiSteffen Förster war das anders: Der studierteMaschinenbauer gründete, damit zunächst einmalalles so blieb, wie es war. Nach seinem Studiuman der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> startete der Freund vonReisen in weit entfernte Länder seinen Berufswegzunächst in der Leipziger Niederlassungdes amerikanischen Software-UnternehmensPTC. Die Spezialität der Firma: Softwareprodukte,mit denen mittelständische Unternehmenihre Produktionsprozesse optimieren können.»Mich hat schon im Studium die Arbeit mitCAD-Software fasziniert, die computergesteuertesZeichnen ermöglicht«, sagt der heute42-jährige. Sein Job bei PTC, den er 1998 antrat,war daher genau der richtige. Gründungsgedanken?»Klar, die kamen immer mal wiederauf – zumal, wenn man spürte, dass man beiPTC nur einer von 5000 Mitarbeitern war; angesiedeltin Leipzig und weit weg von der Zentrale.«Aber, deswegen eine eigene Firma gründen?»Dafür war ich einfach zu sehr mit demStatus quo zufrieden.«rückzug als startschuss Försters Zufriedenheiterhielt einen erheblichen Dämpfer, alsan einem Werktag im Jahr 2003 das Telefonklingelte und die Firmenleitung in den USA inder Leitung war. »Es war einer dieser Anrufeunter dem Motto: ›Wie lange sind Sie eigentlichschon bei uns – morgen nicht mitgerechnet?‹«Heute kann Steffen Förster darüber lachen.Damals wurde ihm mulmig: PTC standvor einer Neuorganisation der europäischenGeschäftstätigkeiten und wollte sich »aus derFläche zurückziehen«, wie es in der Unternehmersprachehieß. Konsequenz für Förster: DieLeipziger Niederlassung wurde von heute aufmorgen geschlossen.Der Diplom-Ingenieur sondierte den Arbeitsmarkt,schrieb Bewerbungen, lernte andereUnternehmen kennen. »Ich hätte einen neuenJob bekommen, keine Frage«, sagt er. »Aber ichspürte zugleich, dass ich eigentlich gar nichtwoanders arbeiten möchte.« Beim Einblick indie anderen Firmen merkte der ausdauerstarkeFreizeitsportler, dass die Freiheiten, die er undseine Kollegen bei PTC genossen hatten, anderswokeineswegs üblich waren.Daher gründete Steffen Förster 2004 sein eigenesUnternehmen aristos – damit alles bleibt,wie es war. Da PTC mit seiner Leistung stetszufrieden war, einigte man sich schnell auf einenPartnerschaftsvertrag, sodass der Leipzigerdie PTC-Produkte weiterhin vertreiben und sei-


96ne alten Kunden mit ins neue Unternehmeneinbringen durfte. »Das Geld wollte ich aber eigentlichnicht mit dem Verkauf von Software,sondern mit Beratungsleistungen verdienen.«Doch die Idee ging zunächst nicht auf. »Erst seitdrei Jahren hat dieser Bereich einen ernstzunehmendenAnteil am Gesamtumsatz«, sagt er.geschäftsmodell auf drei beinen Gut also,dass aristos – das ist griechisch und steht für»das Beste« – zu Beginn auf zwei weiterenStandbeinen stand. Zum einen brachte der Vertriebder PTC-Software mehr ein, als Förstergeglaubt hatte. Zum zweiten etablierte er erfolgreichWorkshops, bei denen er für seineKunden aus dem Mittelstand die Mitarbeiterschulte. »Es war wichtig, dass wir auf dieseWeise Umsätze generieren konnten. Aber diepermanenten Beratungsaufträge, die wir seiteinigen Jahren haben, passen letztlich besserzur Firmenphilosophie«, beschreibt der Gründerdie Entwicklung seines Unternehmens, fürdas derzeit sieben Leute arbeiten.Auch um die Zukunft macht sich Förster keineSorgen: PTC ist weiterhin stark im Markt positioniert.Und Themen gibt es sowieso genug.»Für die Unternehmen wird es immer wichtiger,die Daten zu managen, die sie erheben. Alsodafür zu sorgen, dass alle, die mit den Datenetwas anfangen können, auch den Einblick erhalten.«Hier will aristos helfen – und SteffenFörster freut sich auf die kommenden Herausforderungen.Dass PTC vor neun Jahren seineNiederlassung in Leipzig dichtmachte, hat erlängst überwunden. »Nach und nach fallen einemdann die Sachen ein, die man weniger gutfand«, sagt er. Zum Beispiel die vielen Reports,die er verfassen musste. »Das waren echte Zeitbanditen.«


zur personSteffen FörsterunternehmenaristosENGINEERING SER<strong>VI</strong>CES &SOLUTIONS GmbHwww.aristos-online.de97studiengang(abschluss)Maschinenbau (1997)mein rat angründungsinteressierte• Neben der Expertise im Fachsind Kenntnisse in Betriebswirtschaft,Marketing und Personalführungentscheidend.• Für den Erfolg der Gründungist Bekanntheit alles.• Richtet Euch auf Durststreckenein und bewahrt dann einenkühlen Kopf und den Überblick.brancheITjahr der gründung2003mitarbeiter / innen6 – 20preisePTC Partnernetzwerk:»Excellence Award 2007«PTC Windchill Preferred Partner2012


Foto: Krug & Schram


»Wenn ich an eine Idee glaube,dann werden es die anderen auch!«Christian SchramK&S IngenieurpartnerschaftKrug & Schram und Windsens99Warum eigentlich gründen? Was treibt einenan? Christian Schram wiegt den Kopf hin undher, überlegt ein paar Sekunden. »Vermutlicheine Mischung«, sagt er. »Aus Selbstvertrauenund Eitelkeit. Ein Schuss Naivität und Mut gehörenauch dazu. Am Ende muss man sich abereinfach trauen.« Ein Lächeln huscht über seinGesicht. »Na ja, fest steht auch, dass man immererst hinterher schlauer ist.«Christian Schram gründete in den vergangenenvier Jahren drei Mal. Mit unterschiedlichem Erfolg.Unterm Strich hat er es nicht bereut. ImGegenteil: Jemals wieder in einem großen Industrieunternehmenzu arbeiten, kann er sichnicht mehr vorstellen. Schram ist Selbstständigeraus Überzeugung.gründen? weit weg! Das war nicht immerso. Es gab eine Zeit, da war das Thema Gründenweit weg. Christian Schram wurde am Bodenseegroß, »total auf dem Land«, wie er sagt.Seine Eltern schätzten Kunst und Ökologie, allesTechnische sahen sie kritisch, wenn nichtgar als etwas Bedrohliches. Den Sohn dagegenfaszinierte das Thema. Als Kind wollte er Pilotwerden. Technik kann doch auch gut sein, sagteer sich. Nach der Waldorfschule besuchte erein technisches Gymnasium, dann zieht es ihnin die große Stadt: von 1992 bis 2000 studierteder heute 42-jährige an der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> EnergieundVerfahrenstechnik.In den folgenden Jahren wird aus ihm ein Fachmannfür Erneuerbare Energien. Enron Wind,General Electric, Shell Solar und Renerco lautendie Stationen seiner bis 2007 währenden Industriekarriere,die ihn zwischenzeitlich nach Spanienund schließlich nach München führt.Schram wird Experte für Systemtechnik. Einer,der sich mit Schnittstellen auskennt, der Vermittlungs-,Anpassungs- und Übersetzerarbeitleistet, wo sich verschiedene technische Komponentenund Systeme berühren. Und auch beijenen Fragen, wo Unternehmensbereiche miteinanderTuchfühlung aufnehmen: Forschungund Entwicklung, Engineering, Vertrieb.Im Sommer 2007 gründet er gemeinsam mitzwei Partnern das auf faseroptische Messungenspezialisierte Unternehme INFAP. »Wir hatteneine tolle technische Lösung gefunden und warenwie berauscht davon«, sagt er rückblickend.Und irgendwie kam auch ein gehöriger SchussEitelkeit dazu. »Klar klingt das gut: CEO einerFirma. Das schmeichelte mir.« Und es hinderteihn auch daran, den Businessplan mit kühlemKopf konsequent zu Ende zu rechnen. DasEquipment das INFAP benötigte, war weitaus


100teurer als gedacht, die Verkaufsmarge der eigenenProdukte geringer. Mehr Kapital war nötig.Neue Kredite standen an – und ein weitaushöheres Risiko. Schram war es zu hoch, nachsechs Monaten stieg er aus.dienstleistung als anker Einige Zeit späterhatte er eine neue Idee: ein neuartiges Sensorsystemfür Windkraftanalagen, deshalb gründeter die Firma Windsens. Anders als bei INFAPlagerte Schram die Entwicklung und Fertigungaus, um die eigenen Kosten niedrig zu halten.Entwickler wurden auf Provisionsbasis entlohnt.Kunden zeigten Interesse, aber dannschlug die Finanzkrise von 2008 zu. GeplanteWindkraftanlagen wurden zuhauf auf Eis gelegt.»Windsens wurde jäh gestoppt, bevor esrichtig losgehen konnte«, sagt Schram. Davonhat sich das Unternehmen bis heute nicht völligerholt, die Geschäfte köcheln auf sehr kleinerFlamme.Für Schram machte sich damals bezahlt, dasser schon längere Zeit zweigleisig fuhr, dass erneben den Gründungen parallel immer auchals technischer Berater tätig war. Dieses zweiteStandbein wurde Zug um Zug immer wichtiger.So wichtig, dass er gemeinsam mit FlorianKrug eine Ingenieurpartnerschaft gründeteund diese im Mai 2012 in die »K&S IngenieurpartnerschaftKrug & Schram« umfirmierte.Das Team der beiden Ingenieure berät und prüftfür Projektbeteiligte, wenn es um technischeAngelegenheiten von Photovoltaik- und Windenergieanlagen oder um Projekte rund umEner gieeffizienz geht. Die Auftragslage ist gut,sagt Christian Schram. Und vielleicht blühtWindsens ja irgendwann doch noch einmal auf.Ein paar Ideen hat der Gründer jedenfalls noch.


101zur personChristian Schramstudiengang(abschluss)Energietechnik (2000)mein rat angründungsinteressierteMachen! Klappen kann es nurwenn Du anfängst!unternehmenK&S IngenieurpartnerschaftKrug & Schramwww.krugundschram.debrancheEnergiejahr der gründung2009 / Umfirmierung 2012mitarbeiter / innen6 – 20


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Carsten Gertz,Jens-Martin Gutsche,Jens RümenappGGR Planung103Demografischer Wandel, neue Mobilitätsformen,Verkehrsprobleme in den Städten: JensRümenapp ist dran an den wichtigsten Themender Gesellschaft. Unweit des Kudammsführt der 40-jährige in einem Hinterhof das<strong>Berlin</strong>er Büro GGR Planung, das sich zum Beispielmit Projekten wie Verkehrsentwicklungvon Regionen wie Hannover oder Kassel oderder Entwicklung der Bevölkerung und der öffentlichenInfrastrukturen in Westmecklenburgbeschäftigt. Wenige Beispiele für einen gut gefülltenTerminkalender des gebürtigen Göttingers.»Wir haben immer gut zu tun«, sagt JensRümenapp, der gemeinsam mit Carsten Gertzund Jens-Martin Gutsche 2003 gründete.»Es kommt sogar vor, dass wir uns freuen,wenn das Telefon mal nicht klingelt«, fügt derVater eines Sohnes hinzu. »Schließlich müssenwir bei der guten Auftragslage manchmaldarauf achten, dass wir uns nicht übernehmen.«Städte, Kreise, Regionen oder auchAbteilungen des Bundesverkehrsministeriumsgehören zu den Auftraggebern, für die dieGründer und ihre momentan vier MitarbeiterVerkehrs- und Stadtentwicklungen analysierenund bewerten, Fußgänger-, Rad-, Auto und öffentlichenVerkehr planen, Klimafolgen des Autoverkehrsaufweisen sowie Entwicklungen fürdie Zukunft simulieren.ein breiter ansatz Die Vielseitigkeit des Bürosist beabsichtigt: »Wir haben immer schoneinen eher generalistischen Ansatz verfolgt.«Dieser zeigte sich auch in der Wahl des Studiumsan der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>, in dem sich Rümenappund Gutsche als Studenten kennenlerntenund an dem Gertz als wissenschaftlicher Mitarbeiteram Lehrstuhl für Verkehrsplanung tätigwar. »Der Studiengang war sehr breit angelegt.«Rümenapp begann das Studium 1993und beendete es 2000 als Diplom-Ingenieur.In der Zwischenzeit absolvierte er eine ganzeReihe von Praktika, etwa bei den Verkehrsforschernvon Daimler oder in öffentlichen Verwaltungen.»Diese intensive Beschäftigung mitganz unterschiedlichen Themen war sehr wichtigfür meine Entwicklung«, sagt Rümenapp.»Genau diese Vielfalt fehlt mir heute manchmalbei den jüngeren Leuten, die uns bei Projektenbegegnen: Sie sind fachlich gut, aber es mangeltan Lebenserfahrung. Sie schauen oft zu wenignach rechts und links.«Das eigene Unternehmen entstand über einenUmweg. Gemeinsam arbeiteten die dreispäteren Gründer am Lehrstuhl für Verkehrsplanungvon Professor Eckard Kutter. »Als erim Jahr 2000 ein großes Projekt an Land zog,wechselte er – und wir gleich mit – an die <strong>TU</strong>


104Hamburg-Harburg.« Das Team erforschte dortden Mobilitätswandel in Dresden und die Wirkungenund Potenziale von Pendlerpools, besserenAnzeige- und damit Steuerungssystemenfür den Öffentlichen Personennahverkehr oderbetrieblichem Mobilitätsmanagement. Als ihrProfessor emeritierte, wussten die drei nicht,was sie an der Hochschule in Hamburg erwartenwürde. »Und da wir Projektanfragen hattensowie durch die Arbeit über sehr viele Kontakteverfügten, haben wir den Schritt in die Selbstständigkeitgewagt.«schlank organisiertes arbeiten Die Strukturdes kleinen Büros, das 2010 Max Bohnetals weiteren Gesellschafter dazu nahm, hat sichseitdem nie verändert. Zwar ist Rümenapp ausprivaten Gründen zurück nach <strong>Berlin</strong> gezogen.Der Arbeit aber schadet das nicht, sagt er. »Ich fahreein - bis zwei Mal die Woche nach Hamburg zuden Kollegen, das ist in der Regel ausreichend.«Dabei profitiert er von der Projektorientierungder Firma. Wer von den vier Geschäftsführern einenKunden akquiriert, über nimmt auch die Verantwortung.»Das funktioniert, weil wir jeweilsunterschiedliche Interessen und Schwerpunktehaben und uns zugleich, wenn es ein Auftrag erfordert,direkt zusammenschließen können.«Diese Flexibilität ist für das ganze Team einesder Hauptargumente für die Selbstständigkeit,wie Rümenapp ausführt. »Carsten Gertz arbeitetmittlerweile als Professor an der <strong>TU</strong> Hamburg-Harburgund kann weiterhin Projekte machen,um in der Praxis zu bleiben. Ich dagegenkonzentriere mich vollständig auf das Büro,konnte mich jedoch, als unser Sohn noch nichtin der Kinderbetreuung war, ein Jahr lang gutauf die Familienzeit einstellen.«Und die Beweglichkeit in der Unternehmensformgeht sogar noch weiter. »Wir haben damalsunseren GbR-Vertrag so einfach wie möglichgehalten«, sagt Rümenapp. »Dazu gehörtauch, dass jeder von uns jederzeit aussteigenkann, wenn er sich beruflich oder privat verändernmöchte. Das hat in den neun Jahren nochkeiner gemacht – aber zu wissen, dass man eskönnte, ist ein gutes Gefühl.«


105zum teamCarsten Gertz,Jens-Martin Gutsche,Jens Rümenappstudiengang(abschluss)Verkehrswesen(Carsten Gertz: 1992,Jens-Martin Gutsche: 1998,Jens Rümenapp: 2000)unser rat angründungsinteressierte• Nicht verbiegen (lassen)• eigene Unternehmensidentitätentwickeln• ausreichend Zeit für organisatorischeArbeiten einplanenunternehmenGertz Gutsche Rümenapp –Stadtentwicklung undMobilität GbRwww.ggr-planung.debrancheIngenieurbürojahr der gründung2003mitarbeiter / innen6 – 20GERTZ GUTSCHE RÜMENAPPStadtentwicklung und M obilitätPlanung Berat ung For schung GbR


alle bisher porträtierten gründerinnen und gründer#ABCD[phase eins]. Benjamin Hossbach band iv4flow AG Kai Althoff, Jörg Biermann, Dr. Stefan Wolff band ii30°-SOLAR GmbH Sebastian Preuß und Thomas Simeon band vaap Implantate AG / NTS GmbH Uwe Ahrens band IIIABITZ.COM GmbH Dieu Hao Abitz band iAbleton AG Gerhard Behles und Jan Bohl band vadisoft systems GmbH & Co. KG Dr. Jörg Hahn band vAeroix GmbH Dr.-Ing. Alexander Bormann band ivamiando AG Dennis von Ferenczy band iiiAmpere AG Dr. Arndt Rottenbacher band iAperto AG Dirk Buddensiek band iATLAS.ti Scientific Software Development GmbH Thomas Muhr band iiATN Automatisierungstechnik Niemeier GmbH Dr.-Ing. Jörg Niemeier band ivavanion GmbH Dr.-Ing.Yasmina Bock band iiiBEACHFACTORY <strong>Berlin</strong> GmbH & Co. KG / TeamVenture Dr.-Ing. Janet Nagel band iBertsch Architekten Sonja Bertsch, Alexander Bertsch band ivbiotronix GmbH Dr. Alexander Angersbach band iiBlue On Shop GmbH Hakan Coskun band ivcelares GmbH Dr. Frank Leenders band iiCelon AG Dr.-Ing. Kai Desinger band icenterra AG / econauten Iris Rabener band iiCFX <strong>Berlin</strong> Software GmbH Petra Maier band iiChocri GmbH Franz Duge band iiiChristoph Miethke GmbH&Co. KG Christoph Miethke band iiclipflakes.tv GmbH Jens Mutschke band ivcompetitionline Verlagsgesellschaft mbH Angelika Fittkau-Blank band iiConiuGo Gesellschaft für Telekommunikation mbH Dr.-Ing. Ulrich Pilz band vContag GmbH Andreas Contag band vCONTECS Engineering Services GmbH Dr.-Ing. Frank Wölfle, Thomas Kauf hold,Dr.-Ing. Rasoul Mirkheshti band iicpm architekten GmbH Britt Eckelmann band iCryoSnow GmbH Felix Elbing band iiDeta-Med Kulturspezifische Hauskrankenpflege Nare Yesilyurt-Karakurt band iv


Dr. Valentin EnergieSoftware GmbH Dr. Gerhard Valentin band ivDrNice GbR Simone Schulz band iEFGHIKEANTC AG Gabriele Schrenk band iEnergynautics GmbH Dr. Thomas Ackermann band venprobe GmbH Wieland Mann band iiEschenbräu Martin Eschenbrenner band ivESCON Engineering Services and Consulting GmbH Oliver Tzschätzsch band iiEvoLogics GmbH Dr. Rudolf Bannasch band ivexcentos GmbH Nikolaus Kühn, Dr.-Ing. Ole Tangermann band iveye yquare GmbH Michael Schiessl band iFirst Sensor Technology GmbH Thomas Diepold band iFRIENDSHIP SYSTEMS GmbH Claus Abt, Dr.-Ing. Stefan Harries,Prof. Dr.-Ing. Karsten Hochkirch band iiiGameDuell GmbH Kai Bolik band iiGETEMED Medizin- und Informationstechnik AG Dr.-Ing. Herwig Freiherr von Nettelhorst band iiiGRA<strong>VI</strong>S AG Archibald Horlitz band vGreenDeltaTC GmbH Dr.-Ing. Andreas Ciroth band vGUT Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme mbHDr.-Ing. Jan Uwe Lieback band iiiHFC Human-Factors-Consult GmbH Prof. Dr.-Ing. Thomas Jürgensohn,Dr. Harald Kolrep-Rometsch band ivHIGHYAG Lesertechnologie GmbH Dr.-Ing. Björn Wedel band ivHiSolutions AG Timo Kob band iihww CMS Unternehmensberatung GmbH Dr. Lutz Mackebrandt band iiIDENCOM AG Qiu-Ping Zeng band vimc Meßsysteme GmbH Prof. Dr.-Ing.Klaus Metzger band iimcube labs GmbH Dr. Sebastian Knorr, Dr. Matthias Kunter band iiiinteractive scape GmbH Ulrich Mangold band vIVU GmbH Dr. Olaf Schemczyk band ivKahlfeldt Architekten Prof. Petra Kahlfeldt band iiiKiwa MPA Bautest Dr. Roland Hüttl band vkomoot GmbH Jonas Spengler band vKörber GmbH Präzisionstechnik Peter Körber band ii


KLMNOPQRKunstmatrix GbR Hartwig Bentele, Christoph Lauterbach band ivLAR Process Analysers AG Dr. Werner Arts band iiiLaserAnimation Sollinger GmbH Michael Sollinger band vLayTec AG Dr. J.-Thomas Zettler band iiLuceo Technologies GmbH Stephan Mannshardt und Jens Schneider band vLUP – Luftbild Umwelt Planung GmbH Gregor Weyer band vLichtVision Design & Engineering GmbH Dr. Karsten Ehling band iMediber GmbH Christoph Hornung band iiMeuser Architekten GmbH / DOM publishers Natascha Meuser band iiiMOO<strong>VI</strong>E – the art of entertainment GmbH Oliver Berben band ivnavtec GmbH Prof. Dr.-Ing. Anselm Fabig band ivneofonie GmbH Nurhan Yildirim band iiNiche Art & Architecture Tours <strong>Berlin</strong> Katharina Beckmann band vNIE GESEHENE GÄRTEN Beate Harembski-Henning band iiiNOVEDAS Holding AG Rainer Raupach band vORGANOBALANCE GmbH Prof. Dr. Christine Lang band iPahl IndustrieSoftware Carsten Pahl band iiipanta rhei systems GmbH Volker Hermsmeier band ipasos Tanja Köhler band iiPBC Lasers GmbH Prof. Dr. Dieter Bimberg band vPentacom GmbH Michael Schröter band iiiPHORMS Management AG Béa Beste band iPI Photovoltaik-Institut <strong>Berlin</strong> AG Prof. Dr.-Ing.Stefan Krauter band iiiPINNOW & Partner GmbH Carsten J. Pinnow band iPRC Krochmann Zeynep Özver-Krochmann band ivprobicon GmbH Jürgen Marx, Florian Massinger band iiiPromess Montage- und Prüfsysteme GmbH Dr.-Ing. Gerhard Lechler band vProteome Factory AG Dr. Christian Scheler band iiiPumacy Technologies AG Dr. Toralf Kahlert band ivquo connect management consulting GmbH Dr. Marc Bockshecker,Dr. Sven Gembrys, Dr. Christian Steffens band iiirealities:united GmbH Tim Edler band i


ds energies GmbH Eva-Catrin Reinhardt band vRug Star <strong>Berlin</strong> Jürgen Dahlmanns band iS<strong>TU</strong>VWXYSARROS GmbH Oliver Sargatzky band iSchneedorf GmbH Prof. Dr. Alexander Klaußner band ivServiva GmbH Dr.-Ing. Raphael Jung, Dr.-Ing. Lars Zanzig band iisMeet Communications GmbH Daniel Bülhoff band ivSOFHA GmbH Heinz-Walter Leuchter band iiiSOLARC Innovative Solarprodukte GmbH Dr. Oliver Lang band iSOLON SE Dr. Lars Podlowski band iiSpreadshirt (sprd.net AG) Matthias Spieß band ivSTEMME AG Dr. Reiner Stemme band ivStepMap GmbH Ole Brandenburg band iiiSunbeam GmbH German Lewizki band ivSunCoal Industries GmbH Tobias Wittmann band iiiSYNCING.NET Technologies GmbH Matthias Kandeler band iTELES AG Informationstechnologien Prof. Dr.-Ing. Sigram Schindler band iiteltarif.de Onlineverlag GmbH Kai Petzke band iiTesting Technologies IST GmbH Theofanis Vassiliou-Gioles band iiiTIGRIS Elektronik GmbH Guido Kuhlmann, Henry Westphal band iiiTOPSTAR Limousines e.K. Andreas Ellerholz band iu.e.c. <strong>Berlin</strong> GmbH Rüdiger Oetjen-Dehne band iiiUnique Light GmbH Dr. Christian Fricke band vUwe Struck Unternehmensberatung Uwe Struck band vu2t Photonics AG Andreas Umbach band i<strong>VI</strong>A Beratende Ingenieure Kai Lorenz band iiiVirtenio GmbH Torsten Hüter, Dr. Henri Kretschmer und Stefan Ziegler band vVisality Consulting GmbH / GÖK Consulting AG Dr.-Ing. Jörg Risse band iWega Informatik AG Ursula Mohaupt band vWeltWeitBau GmbH Daniela Ilieva band iiWerk 5 GmbH Hauke Helmer band ixx-well.com AG Thilo Veil band ivYOUSE GmbH Dr. Sebastian Glende und Dr. Christoph Nedopil band v


15 Jahre Technologie Coaching CenterDas Technologie Coaching Center (TCC) feiert in diesem Jahr sein 15-jährigesBestehen. 1997 gegründet, wurden seither mehr als 2.000 innovative undtechnologieorientierte Unternehmen von den professionellen TCC-Coaches erfolgreichbei der Lösung betriebswirtschaftlicher Fragen unterstützt.Anlässlich des Jubiläums präsentiert dasTCC eine Jubiläumsbroschüre, die stellvertretendfür jedes erfolgreiche Jahrseines Bestehens ein gefördertes Unternehmenmit dem dazugehörigen Coachvorstellt. Diese 15 spannenden Geschichtenmachen die Arbeit des TCC greifbarund sollen Existenzgründer/-innen undUnternehmer/-innen dazu anregen, dieprofessionelle Unterstützung und Förderungdes TCC in Anspruch zu nehmen.Zur Jubiläumsfeier, die am 10. September2012 am Wannsee stattfand, stellten sichvier dieser ehemaligen TCC-gefördertenUnternehmen vor. In einer anregendenPodiumsrunde gaben die erfolgreichen<strong>Berlin</strong>er Unternehmer/-innen Prof. Dr.Christine Lang (Organobalance GmbH),Markus Becker (EcoIntense GmbH), Dr.Jörg Niemeier (ATN AutomatisierungstechnikNiemeier GmbH) und BartoszKosmecki (Scopis GmbH) den zahlreicherschienenen Gästen Auskunft über ihrepersönlichen unternehmerischen Erfahrungenin der Gründungs- und Wachstumsphasesowie imCoaching-Prozess.Nachzulesen sind ihreGeschichten hier:Das TCC wird auch weiterhin seinemMotto „Hilfe zur Selbsthilfe“ treu bleibenund Gründer/-innen wie Unternehmer/-innen aus dem innovativen und technologieorientiertenBereich sowohl in derIdeen- und Gründungsphase als auch inspäteren WachstumsundUmstrukturierungsphasendurchgefördertes Coachingbegleiten.Markus Becker, Dr. Jörg Niemeier, Prof. Dr. Christine Lang, Bartosz Kosmecki undModerator Jens Holtkamp (v.l.n.r.)(Foto: Daniel Seiffert)Erfahren Sie mehr:IBB Business Team GmbHTechnologie CoachingCenter (TCC)Tel.: 030 / 46 78 28-0info@tcc-berlin.dewww.tcc-berlin.de


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idee und konzeption<strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> | GründungsserviceUmsetzung: André BreskekooperationNationales Alumniprogramm der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>texteMarc-Stefan Andres andres@diverse-dinge.deAndré Boße bosse@diverse-dinge.dePeter Gaide gaide@diverse-dinge.degestaltung1 sans serif, <strong>Berlin</strong> | www.sans-serif.dedruckMedialis, <strong>Berlin</strong> | www.medialis.orgausstellungGestaltung: Henrik Schrat | www.henrikschrat.deProduktion: <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> | Abteilung IVTeam DienstleistungspoolverlagUniversitätsverlag der <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> | www.univerlag.tu-berlin.deGRÜNDUNGSSER<strong>VI</strong>CEgruendung.tu-berlin.de<strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong> |GründungsserviceHardenbergstraße 3810623 <strong>Berlin</strong>www.gruendung.tu-berlin.deISBN-Nr. 978-3-7983-2472-5Stand: November 2012, Schutzgebühr 15 Euro

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