12.07.2015 Aufrufe

Cover Skript Vertikale Vedichtung 2011-12.indd - Wohnbau - TU Wien

Cover Skript Vertikale Vedichtung 2011-12.indd - Wohnbau - TU Wien

Cover Skript Vertikale Vedichtung 2011-12.indd - Wohnbau - TU Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

e253.2<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformenim <strong>Wohnbau</strong>Vorlesung Wintersemester 2012/13GEORG BÖHM


Gelitin: „Percutaneous Delights“ im PS1 in New York, 1998Photo: Gelitin0. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise5


0. Intro0.1. <strong>Skript</strong>um:Dieses <strong>Skript</strong>um ist eine Ergänzung und ein Nachschlagewerkzur Vorlesung „<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen im <strong>Wohnbau</strong>“,die ein Kernfach des <strong>Wohnbau</strong>-Moduls ist und seit demSommersemester 2002 jährlich abgehalten wird.Le Corbusier: aus Eisenbeton bestehendes Rahmenwerk1918Das <strong>Skript</strong>um folgt inhaltlich dem Ablauf der Vorlesung, inder das Thema von möglichst vielen, teils widersprüchlichenPositionen erläutert wird. Es ist ein Anliegen der Vorlesung, dasssich die StudentInnen kritisch mit dem Stoff auseinandersetzen,und dabei eine eigene Haltung zum Thema finden und ausdrücken.„<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen im <strong>Wohnbau</strong>“ ist ein äußerstkomplexes Thema, das sowohl im Studium, in der Praxis,als auch in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens vonBedeutung ist. Für uns ArchitektInnen stellt es ein immer wiederkehrendesThema dar.Rem Koolhaas: delrious New York 1978,theorem von 1909Die Vorlesung bildet einen Ausgangspunkt, und dient alsDiskussionsgrundlage. Die Vorlesung ist chronologisch aufgebaut,und erläutert die Geschichte der Geschosswohnbauten,zeigt phantasievolle, utopische Projekte ebenso wie dieAufarbeitung von Typologien der Gebäude und Wohnungenanhand bedeutender, notorischer, umstrittener und gelungenerProjekte.Gastkommentare und Gastvorträge finden auch in diesem<strong>Skript</strong>um eine Plattform und zeigen die weitreichendenAuswirkungen vertikaler Dichte in unseren Lebensräumen undGesellschaften.Kowloon, the walled City. Hong Kong - 1994Aus einer Sammlung von Bildern, Texten und Erfahrungen entstehendie Vorlesungsteile.0.2. Einführung:„<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen im <strong>Wohnbau</strong>“ beschäftigtsich mit allen Aspekten die zur Schaffung mehrgeschossiger<strong>Wohnbau</strong>ten zählen.Mehrgeschossige <strong>Wohnbau</strong>ten treten speziell in urbanenGebieten, verteilt über den ganzen Globus, in verschiedenenErscheinungsformen auf; z.B. als sogenannte punktförmige,als scheibenförmige, oder terrassenartige Hochhäuser undGebäude.Typologien der Geschosswohnbauten6


Termitenhügel, verschiedene Abbildungen0. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise9


1. Historischer Überblick1.1. Zusammenfassung der zeitlichen Abschnitte:1.1.1 Antikes Rom:Insulae in Ostia, 4.Jhdt. v. Chr.Abb. Benevolo, Geschichte der Stadt, s. 235Zur Zeit der Römer gab es wohl die ersten bewußten vertikalenVerdichtungen zu Wohnzwecken, die sogenannten Insulae.Ostia, von Rom aus im 4. Jahrhundert vor Christus an derTibermündung gegründet, entwickelte sich zum wichtigstenVersorgungshafen der Hauptstadt des Imperium Romanum.Um eine ständig wachsende Bevölkerung unterzubringen, wurden,ähnlich wie in Rom, regelrechte Mietskasernen gebaut.Vom introvertierten römischen Atriumhaus unterscheiden sichdiese erheblich: Es sind mehrgeschossige <strong>Wohnbau</strong>ten, häufigmit Läden und Werkstätten in den Erdgeschossen. DerVerteilerraum der einzelnen Wohnungen, um den sich die übrigenRäume gruppieren, öffnet sich mit einer Reihe von Fensternzur Straße hin.Die Insulae sind in Schottenbauweise errichtet, die eine flexibleNutzung der einzelnen Abschnitte als Laden oder alsWohnung gestattet. Die Wände bestehen aus “opus testaceum”,einem Gussmörtelwerk in verlorener Ziegelschalung. DerSchematismus der Schotten, die Verwendung vorproduzierterZiegel sowie einige Konstruktionsdetails, wie Wandstärken undMauertechnik, lassen erkennen, dass Bauprozess und -konstruktionbemerkenswert standardisiert waren.Insulae in Ostia, Geschäftszone. 4.Jhdt. v. Chr.“Die homogen wirkenden Baukörper sind offensichtlich in mehrerenBauabschnitten errichtet worden, an denen unterschiedlicheBautrupps tätig waren. Darüber hinaus lässt sich aus denZiegelstempeln ersehen, dass die Ziegelhersteller mit dem römischenKaiserhaus eng verflochten waren.Die weitverbreitete Assoziation von Insulae mit bewohnerfreundlichenMietskasernen beruht vorrangig auf den antikenSchriftquellen, die sich dieser Wohnform sehr viel ausgiebigerwidmen als der Domus. In den Quellen wird das Wohnen in denInsulae meist als sehr unkonfortabel und unsicher beschrieben,da die fünf bis sechsstöckigen Häuser häufig einstürztenoder Feuersbrünsten zum Opfer fielen, die durch die offenenFeuerstellen und die zur Innenraumbeleuchtung verwendetenÖllampen verursacht wurden.In den Insulae waren Mitglieder aller Bevölkerungsschichtenverschiedener Berufsstände und mit unterschiedlichem Bildungsniveauvertreten”.(N. Bauers, Die insulae „dell´Ercole bambino“ und „del sofitto dipinto“ in Ostia/ Italien)10


1.1.2 Mittelalter:Erst um 1000 und 1100, also im frühen Mittelalter, ist inMitteleuropa wieder städtisches Wachstum zu spüren. DasAufkommen der Handwerkszünfte ist ein Merkmal einer entstehendeneuropäischen Gesellschaft.Die frühe mittelalterliche Stadt und somit auch das Wohnhaussind in ihrer Ausprägung sehr vielgestaltig. Entscheidend sinddas Einwirken lokaler Bautraditionen und die stark regional bezogeneAnlehnung an die Gebäude der ländlichen Siedlungen.Denn zunächst dienen die Bauernhäuser als Vorbild und werdender Situation der Stadt angepaßt.Blockbau und Fachwerkhaus überwiegen. Kennzeichnend istder durch die Schutzfunktion bedingte Platzmangel innerhalbder Stadtmauern. So stehen die Häuser mit der Giebelseite zurStraße, dh. mit der im Grundriß als Rechteck erscheinenden kürzerenSeite.Vorherrschendes Baumaterial ist Holz und Lehm. Das Fachwerkist tonangebende Konstruktion, da Holz in Mitteleuropa ja inreichlichem Maße zur Verfügung stand und auch auf eineBautradition zurückgeblickt werden konnte. Bauten aus Steinverlangten ein hohes Maß an Fachwissen und an organisatorischenFähigkeiten, welche noch weitgehend fehlten. Holzhäuserwaren außerdem billiger.Dürerhaus in Nürnberg 15.JhdtAbb. Benevolo, die Geschichte der Stadt, s.466Die frühen Mittelalterlichen Städte kann man sich als wirrgewachsene chaotische Orte vorstellen, die teilweise auf denRuinen früherer Besiedlungen oder rund um Klöster entstandensind.“Die mittelalterlichen Handwerker waren Steinmetze undTischler, keine Philosophen. Als Christen wussten sie nursäkulare, also weltliche Räume müssen anders aussehen alssakrale oder heilige Räume. Und so passierte es, dass, währendweltliche Gebäude, also <strong>Wohnbau</strong>ten und Arbeitsstätten in denStädten durcheinanderwuchsen, Standorte von Kirchen vorsichtiggewählt wurden. Deren Konstruktion war präzise und ihrAussehen aufwendig kalkuliert”.(Richard Sennett, The conscious of the eye, 1990)Turmhäuser Florenz 12 – 14. JhdtAbb. Benevolo, die Geschichte der Stadt, s.447,Langsam nur verändert sich die Bautradition, was <strong>Wohnbau</strong>tenbetrifft, während Gotik und Renaissance, aber durch dieSteinmetzkunst und die geschulte Kenntnis, Naturstein zu verarbeiten,gewinnt der Massivbau an Bedeutung. Überall erlangenüberregionale Bautraditionen mehr Einfluß, sodass es teilweisezu einer Mischung lokaler Stilelemente kommt.11


1.1.3 Barock:Der Bedarf an Wohnraum steigt mit der Bevölkerungsexpansionder Städte. In den Altstädten werden die letzten Freiflächenbebaut, sodass zum Teil aus der gewachsenen Altstadt desMittelalters hinausgegangen werden muss.Eine Trennung von Wohnen und Arbeiten im Stadthaus manifestiertsich. Und wir sehen den Beginn des Mietshauses.Fassaden von Häuserreihen an der Herrengracht,Amsterdam 18. JhdtAuch im Barock dominiert das Giebelhaus weiter, da es in derAusrichtung zur Hauptstraße Platz spart. Die oft sehr engeAneinanderreihung der Gebäude macht die Errichtung vonFeuerschutzvorrichtungen notwendig, da Feuer viel schnellerübergreifen konnten und zu katastrophalen Stadtbränden führte.Hier scheint es verständlich, dass der Steinbau eher denVorschriften entspricht und der Holzbau weiter zurückgedrängtwird.Stadtplanerische Entscheidungen prägen in höchstem Maßedie Gestalt, Größe und Position der Geschosswohnbauten. DieParzellenstruktur ist ein weiterer Parameter für das Enstehen derverschiedenen Bebauungsformen.<strong>Wien</strong>, Innere Stadt, die barocke Stadt<strong>Wien</strong>:“Nach der siegreich abgewehrten Türkenbelagerung von 1683erlebte das befreite <strong>Wien</strong> einen gewaltigen Aufschwung, der inder barocken Baukunst seinen vollendeten Ausdruck fand undder die mittelalterliche Gestalt der Stadt nachträglich umformte”.(Zitat Dehio)<strong>Wien</strong>, barocke FassadeDie alten Giebelhäuser werden abgebrochen, und an ihrer Stelleentstehen bürgerliche Stadthäuser, mehrgeschossig, teilweisemit zweiläufigen Treppen, reich verzierte Stuckfassaden undInnenhöfen.Innerhalb des Linienwalls entstehen mehrgeschossigeMietobjekte, der Grundtyp des barocken Vorstadthauses mitzwei bis dreigeschossigem Straßentrakt und zwei schmale langgestreckteHoftrakte mit Werkstätten und darüber Unterkünfte fürArbeiter.12


1.1.4 Industrielle Revolution:In der zweiten Hälfte des 18. Jhdt begann die industrielleRevolution den Verlauf der Geschichte zu verändern, zunächst inEngland und dann auf der ganzen Welt.Die wichtigsten Faktoren, die den Charakter der Städte und derübrigen Umwelt und damit auch die <strong>Wohnbau</strong>ten bestimmten:1. Das durch das Sinken der Sterblichkeitsratebewirkte Bevölkerungswachstum.2. Das Anwachsen der von der Landwirtschaft,der Industrie und der im tertiärenBereich produzierten Güter und Dienstleistungenaufgrund des technischenFortschritts und des allgemeinen wirtschaftlichenAufschwungs.3. Die Umverteilung der Bevölkerung innerhalbder einzelnen Länder als Folge desBevölkerungswachstums undder Veränderung der Produktivkräfte.4. Die Entwicklung der Verkehrsmittel und-wege.5. Die Schnelligkeit und Vorläufigkeit dieserVeränderung.6. Die neuen Strömungen im politischenDenken.London 1830-1960, Armenviertel Zeichnung vonGustave Doré, 1872“Die industrielle Revolution, die plötzliche Produktionssteigerung,die im 18. Jahrhundert durch die Einführung des Fabriksystemsund der Maschine ausgelöst wurde, änderte das gesamte Bildder Welt gründlicher als die soziale Revolution in Frankreich.Ihre Auswirkung auf Denken und Gefühl war so groß, dass wirauch heute noch nicht zu ermessen vermögen, wie tief sie indas Innerste der Menschen gedrungen ist, und was für großeVeränderungen sie dort hervorrief. Niemand konnte diesen Auswirkungenentgehen, denn die industrielle Revolution war nichteine politische Umwälzung, die in ihren Konsequenzen begrenztist. Vielmehr nahm sie Besitz vom ganzen Menschen und seinerganzen Welt. Auch enden politische Revolutionen nach einergewissen Zeit in einem neuen sozialen Gleichgewicht; dasGleichgewicht hingegen, das dem menschlichen Leben mit derindustriellen Revolution verlorenging, wurde bis heute nicht wiederhergestellt.Die Zerstörung der inneren Ruhe und Sicherheit des Menschenbleibt die auffallendste Folge der industriellen Revolution. DasIndividuum geht unter in dem Drang nach Produktion; es wirdvon ihm verzehrt”.(S. Gideon, Raum Zeit Architektur)London 1851, Monumentale Bauten, Häuser undBetriebe werden zu einem unübersichtlichen GewirrEnglischer Industriekomplex, 1830Skizze Karl Friedrich Schinkel13


1.1.5 Gründerzeit:Gründerzeitraster <strong>Wien</strong> 1870Als Antwort auf die neu entstandenen Probleme gilt die verstärkteBauphase der Gründerzeit, die um ca. 1840 begann und bisca. 1900 andauerte. Große stadtplanerische Programme wurdenverwirklicht, und Verkehrslösungen gefunden; es fand eineriesige Umwelzung von Menschen und Gütern statt.In <strong>Wien</strong> z.B.: die Regulierung der Donau, der Bau derRingstraße, Entstehen des sogenannten Gründerzeitrasters.“Aus dem mauerumschlossenen Idyll des Biedermaiers entwächstdas moderne <strong>Wien</strong>. Nachdem 1850 die Vorstädterechtlich mit <strong>Wien</strong> vereinigt worden waren, befahl im Jahre1857 Kaiser Franz Josef die Schleifung der Befestigung unddie Anlage einer Prachtstraße an ihrer Stelle. Die 1865 feierlicheröffnete Ringstraße ist nicht nur ein hervorragendes Beispielder Stadtplanung des 19. Jahrhunderts, sondern stellt darüberhinaus ein glänzendes Gesamtkunstwerk des Historismus undZeugnis der gesellschaftlich als Gründerzeit bezeichnetenEpoche dar”. (Zitat Dehio)Es sind im wesentlichen drei sozial bedingte Haupttypen desgründerzeitlichen Miethauses im Hinblick auf Lage, Größe undAusstattung der Wohnungen vorherrschend.a- das Nobelmiethaus, prunkvoll gestaltete Wohnungen,Lage rund um die Ringstraßeb- das bürgerliche Miethaus, in den Vorstädten,Wasser und WC schon in der Wohnungc- das Arbeitermiethaus (auch Zinskaserne),Massenquartier in den Außenbezirken (fabriksnah)Gründerzeitfassade <strong>Wien</strong>, 1870In dieser Zeit wuchs die Bevölkerung <strong>Wien</strong>s von 440 000 aufüber 2 Millionen an. Industrialisierung und Landflucht warendie Ursache. Wohnungsbau wurde in dieser Zeit ausschließlichdurch die Privatwirtschaft betrieben, da eine sozialeGesetzgebung fehlte. Die Grundstückspreise waren außerordentlichhoch und die geltende Bauordnung führte zu einerAusnützung der Grundstücke bis zu 85%. Die auf diese Weiseentstandenen und behördlich sanktionierten Lichthöfe vermochtenkaum die auf sie gerichteten zahlreichen Räume ausreichendzu belichten und zu belüften. Die stark überbelegten Wohnungenbestanden in der Mehrzahl aus zwei bis drei Räumen, wobei dieKüche oft über den Gang belichtet war. In dieser Zeit ensteht dersogenannte Bassenatyp. Bassena nennt man in <strong>Wien</strong> das amGang befindliche Wasserbecken, das - wie drei oder vier WCs -von mehreren Familien gemeinsam benutzt wird. Wasser in derWohnung ist in dieser Zeit weitgehend unbekannt. Der einzigeLuxus, der über diese minimale Ausstattung hinausgeht ist dieschablonisiert hergestellte historische Fassadenverzierung derStraßenfront.14


In Paris die Neugestaltung durch Haussmann:“Immer und immer wieder bildete Paris das Zentrum von Europa.Der Geist jeder Epoche ist kristallisiert in ihren Monumentenvon der Saint Chapelle bis zur Rue de Rivoli. Aber dieses glänzendeErbe lag mitten in einer desorganisierten Stadt, und dieMonumente waren umgeben und isoliert durch ein Gewirr vonStraßen. Die herkulischen Anstrengungen von Georges EugeneHaussmann (1809 - 1891) Präfekt des Seinedepartments unterNapoleon III., änderten diesen Zustand drastisch. Es war seinWunsch, für die große Pariser Tradition einen würdigen Rahmenzu schaffen. Gleichzeitig wollte er auch aus Paris die ersteGroßstadt machen, die mit dem Industriezeitalter im Einklangstand”.(S. Gideon Raum Zeit Architektur)Haussmanns Paris, Layout der BoulevardsDie Grundsätze dieses Vorhabens kann man folgendermaßenzusammenfassen:- Platz schaffen für Festmärsche und zurBekämpfung von Aufständen;- Mit den katastrophalen sanitären Zuständenaufräumen;- Breite Straßen schaffen, öffentliche Ruhezonenund Zirkulation für Luft und Licht, aberauch Aufmarschstraßen für das Militär;- Lösung des Verkehrproblems;Typisches Pariser Haus, 1858Das Mietshaus zur Zeit Haussmanns:“...ein Mietshaus des normalen Typs mit Geschäftenim Erdgeschoss, Mezzanin, drei Stockwerken und zweiDachgeschossen. Die drei Hauptstockwerke haben den gleichenGrundriss. Wohnungen für den oberen Mittelstand.Die engen Lichthöfe sind ein übles Merkmal des kontinentalenWohnhauses dieser Zeit und ebenso der nachfolgenden Jahre.Die Dachgeschosse sind die am dichtest bewohnten Teiledes Hauses. Bett steht an Bett auf engstem Raum, um dieDienerschaft, Untermieter und die ärmere Klasse unterzubringen.Die uniforme Fassade dieses Hauses von 1860 umfaßteine lebendige Einheit, in der die verschiedensten Funktionendes täglichen Lebens miteinander vermischt werden. DasGeschäft im Erdgeschoss dehnte sich oft ins Mezzanin aus,in das die Arbeitsräume der Gewerbebetriebe verlegt wurden.Die drei Hauptgeschosse gehören den Wohlhabenden. DieDachgeschosse sind überfüllte Slums”.(S. Gideon Raum Zeit Architektur)Querschnitt durch Pariser Haus,185315


1.1.6 die Moderne:Die “Moderne Architektur” hat viele Anfänge. Die Erfindung desAufzugs ist eine davon.Otis präsentiert den ersten Aufzug,New York, ca 1870“Im Zeitalter der Treppe galten alle Stockwerke oberhalb desersten als für kommerzielle Zwecke ungeeignet und alle überdem vierten Stock als unbewohnbar. Mit Beginn der siebzigerJahre des 19. Jahrhunderts wird der Aufzug in Manhatten zumgroßen Emanzipator aller horizontaler Flächen oberhalb desErdgeschosses. Otis Erfindung macht die unzähligen Ebenennutzbar, die in der dünnen Luft der Spekulation geschwebthaben, und offenbart ihre Überlegenheit durch ein metropolitanesParadoxon: Je größer die Entfernung von der Erde, destointensiver der Kontakt zur noch verbleibenden Natur (dh. zu Lichtund Luft).Der Aufzug stellt auch eine direkte Beziehung zwischenRepetition und architektonischer Qualität her: je mehrStockwerke um seinen Schacht herum übereinandergeschichtetwerden, desto problemloser verschmelzen diese zu einer einzigenForm. Der Aufzug erzeugt die erste Ästhetik, die auf derAbwesenheit der Artikulation beruht.Zu Beginn der achziger Jahre trifft der Aufzug auf dasStahlskelett, das die soeben entdeckten Territorien tragen kann,ohne selbst Platz zu beanspruchen.”(Rem Koolhaas, Delirious New York, Die Vervielfachung der Welt, 1978)Auguste Perret, Haus Rue Franklin in Paris, 1903Das 1903 von Auguste Perret geplante Haus in der RueFranklin in Paris ist eines der ersten Stahlbetonwohnhäuser,allerdings noch sehr dem 19. Jahrhundert oder vielleicht einfachdem Ornament verhaftet (siehe Fassadengestaltung).Bei seinem Appartementgebäude in der Rue Franklin 25 in Parisnutzte Perret die Möglichkeiten der rechteckigen Stahlbetonkonstruktion.Das Bauwerk erhebt sich in einer vertikal gegliedertenZeile grauer, ziemlich düsterer Steinbauten, mit herrlichemAusblick zur Seine und dem Eiffelturm in der Ferne. Wegendieses Ausblicks machte Perret die Fensteröffnungen so groß,wie es die Baugesetze erlaubten. Außerdem legte er den vorgeschriebenenLichthof an der Vorderseite und nicht an derRückseite des Gebäudes an. Der Grundriss entsprach denStandardvorstellungen der Mittelklasse: Die Salons lagen imZentrum der Fassade, die Betonrahmenkonstruktion ermöglichtedünne Raumteilungen und dadurch Platzersparnis. Das zeigtesich vor allem im Erdgeschoss, in das Perret mit seinem Büroeinzog. Die Rücksprünge im Obergeschoss und die Flachdächer,die durch sein Konstruktionssystem entstanden, nutzte Perret fürDachterrassen.16


Was das Gebäude in der Rue Franklin über die praktischeIntention der Konstruktion hinaus zur Architektur machte, warenseine klaren tektonischen Formen. Das unterste Geschoss warals separate Einheit ausgebildet, und höher als die darüberliegendenGeschosse.Die oberen sechs Stockwerke kragten leicht aus und wieseninnerhalb des U-förmigen Rücksprungs unterschiedlicheFenstertiefen auf.Auguste Perret, Haus Rue Franklin in Paris, 1903“Der rechteckige Konstruktionsrahmen wurde nicht unmittelbargezeigt, deutete sich aber in den kontrastierenden Farben undStrukturen der Fassadenverkleidung aus Keramikfliesen an. DieFüllungen, also die nicht tragenden Wandtafeln, waren durchzurückgesetzte Keramikmosaike mit floralen Mustern gekennzeichnet.Im siebenten Geschoss löste sich jedoch der Rahmenvon den Wandflächen - eine Vorwegnahme jener luftigen,transparenten Effekte, die eine Generation später eine wichtigeRolle in der modernen Architektur spielten. Das schlichte, nüchterneBauwerk zeugt von Perrets Sinn für Proportion, Detail undGliederung. Seine Stärke lag freilich in der autoritativen Art,mit der es die Möglichkeiten eines neuen Materials in einer derTradition verpflichteten Phraseologie ankündigte”.(William J R Curtis, Architektur im 20. Jhdt)Berthold Lubetkin und Tecton1933 - 35 Highpoint I, LondonDer erste große Bau von Berthold Lubetkin und Tecton (eineArbeitsgemeinschaft, die 1930 gegründet wurde) ist derWohnblock Highpoint I in Highgate im Norden Londons (1933-35) auf einem von Grün umgebenen Grundstück mit einemweiten Ausblick auf London. Die Wohnungen sind in einemGrundriß von der Form eines Lothringer Kreuzes angeordnet,sodass Aussicht, Querlüftung und Kontakt mit der Außenweltgewährleistet sind. Der achtgeschossige Hauptteil des Gebäudeserhebt sich auf Pilotis und ist von einer öffentlichen Dachterrassebekrönt. Auch das Erdgeschoss ist ein Gemeinschaftsbereich mitVorhalle, Wintergarten, Haupthalle, Zugang zu den Aufzügen,einer Teestube und einer phantastisch geschwungenen Rampe,die in den Garten an der Rückseite führt. Diese untere Zone desGebäudes setzt sich aus gekurvten freien Elementen zusammen,die vor- und zurückschwingen und die rechteckige Ordnung desStützenrasters, sowie die axiale Disziplin der Hauptform durchbrechen.Das Vokabular ist wiederum eine intelligente Adaptionvon Le Corbusiers weißen Formen aus den zwanziger Jahren.Das Konzept ist stark jenen „sozialen Kondensatoren“ verpflichtet,die nur fünf Jahre zuvor in Russland entstanden. DerAntennenmast von High Point war sogar als eine Art konstruktivistischeHochspannungsskulptur gestaltet.Auguste Perret, Haus Rue Franklin in Paris, 1903Lubetkin und Tecton, Highpoint I,London 1933 - 193517


Ginsburg, Milinis, kommunaler <strong>Wohnbau</strong>, Moskau1928 - 1930Der an ein Flugzeug erinnernde Grundriß verkörpert so etwaswie die Wohnmaschine der Zukunft. Doch außer diesenAnspielungen auf die Maschinenästhetik der zwanziger Jahrefinden sich auch klassische Elemente. Die Unterscheidung zwischen„erschlossenen“ und „erschließenden Bereichen“ durchgeometrische Formen lässt an die Prinzipien der Beaux ArtPlanung denken. Insgesamt ist der Grundriss eine meisterlicheÜbung in der Artikulation von Bewegung durch eine Folge zeremoniellerRäume und in der Anordnung primärer und sekundärerAchsen.(Adolf Max Vogt, Architektur 1940 - 1980, Propyläen 1980t)weitere Beispiele:Ginsburg und IwanowWettbewerb für einen kommunalen <strong>Wohnbau</strong> Moskau, 1927Brinkman, Van der Flugt, van Tijen1938 Bergpolder, Rotterdamvan Tijen, Maaskant1938 Plaslaan, RotterdamLe Corbusier, l`Unité d`habitation, MarseilleLe Corbusier1946 - 1952 Unité d´habitation, Marseille1.1.7 60er und 70er Jahre:Diese Zeit wird von einer beeindruckenden Menge an<strong>Wohnbau</strong>projekten geprägt. Wohntürme, Hügel, Pyramiden,Scheiben, riesige Anlagen in den Peripherien der Großstädte,und Siedlungen in allen Formen und Größen unterschiedlichsterQualität wurden errichtet.Dennis Lasdun: 1954 - 60 Keeling House, oder„Cluster Block“, Bethnal Green, LondonDennis Lasdun1954 - 60 Keeling House,oder „Cluster Block“, Bethnal Green,LondonDieses Beispiel eines Wohnblocks in einem heruntergekommenenStadtteil des Londoner “East End” wurde in den Jahren1954 - 60 gebaut, und galt lange Zeit als sehr umstritten. Vorallem Ausführungsmängel haben einen Erfolg dieses sehr mutigenProjekts verhindert.Vier Türme, die jeweils 14 Maisonette-Wohnungen und zwei18


Einzimmerwohnungen enthalten, sind an einen zentralen, isoliertenErschließungsturm angehängt, von dem Balkone zu deneinzelnen Wohnungen führen: also eine Kombination von scheibenförmigemHochhaus und Punkthaus. Vorstellungen aus demStädtebau, das traubenförmige Clustersystem mit vertikal undhorizontal überlagerten Erschließungen, fließen hier in einenEinzelbau ein.weitere Beispiele:Hans Sharoun1959 Romeo und Julia, Stuttgart - ZuffenhausenErnö Goldfinger:Trellick Tower1968 - 72, LondonHarry Seidler1963 Diamond Bay Appartmenthaus in Sidney, AustralienErnö Goldfinger:Trellick Tower1968 - 72, LondonHarry Glück(mit Hlawenicka, Requat+Reinthaller)1973 - 78 Alt-Erlaa, Wohnsiedlung für fast 3000 Wohnungen.19


Bela Kadar, Entwurf für ein Hochhaus, 19250. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise21


2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte2.1. Einführung:<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen inspirieren zum Träumen undPhantasieren. Dieser Teil der Vorlesung ist Phänomenen,Utopien und Kunstprojekten gewidmet.Pieter Breugel der Ältere: Turmbau zu Babel, 1563Der Mythos Babylon hat für uns im 20. Jahrhundert zweiKomponenten, eine urbanistische und eine architektonischeDimension. Die babylonische Stadt ist das Sinnbild einesMo lochs, eine verschlingende, unregierbare, menschenfeindlicheMegalopolis, und die Metapher des Turmbaus verkörpert fürArchitektInnen die Herausforderung unermüdlich dafür zu kämpfender Welt ein Zeichen zu setzen.Die wilde babylonische Stadt übt auf Künstler und ArchitektInnennatürlich eine kreative Faszination aus.Schon seit Generationen gibt es die Auseinandersetzung mit dersprichwörtlichen „Stadt als Dschungel“. Als Beispiele: Sant` Elia,Fritz Lang, die Science Fiction Konzepte der 60er Jahre, oderRidley Scotts Film Blade Runner ...Der Turmbau selbst ist das Begehren, ein Zeichen zu setzen.Beispiele dafür finden sich in jeder Stadt, in Metropolen ebensowie in kleineren Städten.2.2. Kunstprojekte:Gelitin: Buttik Transportor, 2000Zwei Projekte der österreichischen Künstlergruppe Gelitin, diesich in ihren Arbeiten unter anderem auch dem Thema der vertikalenVerdichtung widmen. Die Herangehensweise ist in ersterLinie ein Kunst-Event, bei genauerem Hinsehen jedoch eine sehrarchitektonische Auseinandersetzung.Ein Aufzugsprojekt ist der sogenannte „Buttik Transportor“, eineInstallation aus dem Jahre 2000 in der <strong>Wien</strong>er Galerie MayerKainer in der Eschenbachgasse.Diese Arbeit verbindet den Turm und den Aufzug und so entsteheninnerhalb des Galerieraumes neue temporäre Bereichedie übereinander gestapelt sind. Die beweglichen Aufzugsteileverbinden die Niveaus und erzeugen Räume und Plattformeninnerhalb eines Raumes. Es geht um Raumerleben und umVerfremdung eines gewohnten Galerieraumes.Gelitin: Percutaneous Delights, 1998Das Projekt „Percutaneous Delights“ im PS1 in New York wareine Installation im Sommer 1998. Ein Turm mit einer Grundflächevon 4m x 4m und einer Höhe von 10m besteht aus gefundenenMöbelstücken, die zu diesem Zweck zusammenmontiertwurden. Der Turm ist “erlebbar”, besitzt im Inneren Räume, eineBar und einen Dachgarten. Der Turm wird von Innen erschlossen.22


2.3. Phantasien:Ähnlich den Gemälden vom Turmbau zu Babel können auchgezeichnete Phantasien als poetische Entwürfe der frühenModerne verstanden werden. Diese Arbeiten sind zwarZeichnungen, aber ihr Einfluß auf die Architekturgeschichte istbeträchtlich und gewisse Strömungen und Moden werden daschon vorweggenommen.Während der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entstandenin Europa und den USA eine Reihe bedeutender Architekturutopienz.B.: Tony Garniers Städtevisionen, Sant` EliasZeichnungen, Hugh Ferris Hochhausbilder oder Arbeiten vonBela Kadar, ein ungarischer Architekt und Maler.Bela Kadar Maler Architekt, Entwürfe für Hochhäuser,1925Die Architekturabteilung des Weimarer Bauhauses war nochnicht gegründet, da fertigten Architekten um Gropius einigeEntwürfe an. Dieser Gruppe gehörten unter anderem MarcelBreuer und Farkas Molnar an, die mit Linolschnitten undZeichnungen Entwürfe für ein Hochhaus zeigten.Die Zeichnung Cita Nuova 1914 von Sant`Elia, der sehr jung imersten Weltkrieg gefallen ist, verkörpert wie kein anderer denGlauben an eine moderne und bessere Welt. Seine Zeichnungenerinnern stark an die Stile der Jahrhundertwende, blicken aberschon weit nach vorne. Als Mitglied der italienischen Futuristengilt er für ArchitektInnen als eine der Schlüsselfiguren des20. Jahrhunderts.Antonio Sant‘Elia, Industriestadtentwürfe 1920Als ein weiterer Visionär gilt Hugh Ferriss, der durch seineHochhausstudien bekannt geworden ist.Mart Stams Wolkenbügel 1924/25 sind im Vergleich rational undkonstruktivistisch.Mart Stam wurde später von Mies van der Rohe in die internationaleArchitektengruppe für den Bau der Weißenhofsiedlung inStuttgart gerufen. Auch hat er Ende der Zwanziger Jahre einebedeutende Wohnsiedlung, Siedlung Hellerhof in Deutschland,gebaut.El Lissitzkys Arbeiten über horizontale Wolkenkratzer für Moskauaus dem Jahre 1923 sind eine weitere zukunftsweisendePhantasie. Bis auf den heutigen Tag ist das utopisch anmutendeProjekt “Wolkenbügel” eines jener Bilder geblieben, das unsereVorstellung von avantgardistischer Architektur begleitet haben.Gewohnte Verhältnisse des Bauens werden in Frage gestellt,und Häuser sind nicht länger bodenständige Gebäude.El Lissitzky, horizontale Wolkenkratzer für Moskau192323


Viel später, nämlich 1989, ensteht eine weitere Architekturphantasie,die es als Zeichnung bzw. als Modell gibt. Das Projektdes Amerikaners Steven Holl, “Edge of a city, Spatial retainingbars” ist eine Antwort auf das Ausfransen unserer riesigenStädte an den Rändern, am Übergang zur Natur. Es handelt sichum verdichtete Zonen in Form von riesigen Rahmen für WohnundArbeitszwecke, unterbrochen von öffentlichen Ein richtungenund Kulturinstitutionen, die in offenen Rahmen konstruktionenhängen.Steven Holl, spatial retaining bars 19892. 4. Utopien:Das Wort Utopia kommt aus dem Griechischen und heißtsoviel wie „Land, das nirgends ist“. Im übertragenen Sinnauch Traumland, erdachtes Land, wo ein gesellschaftlicherIdealzustand herrscht. Als utopisch gilt etwas Unerfüllbares,etwas Unwirkliches. Gleichzeitig stellt die Utopie gerade für unsArchitektInnen eine ständige Herausforderung dar. Es mussunser Anliegen sein, an diesem Turm zu Babel zu bauen, ständigetwas Neues zu erfinden, den Status Quo zu hinterfragenund Vorstellungen zu verwirklichen.2. 4. 1. Coney Island um 1900:„Manhattan ist der Schauplatz für das Endstadium der westlichenZivilisation. Durch die Bevölkerungsexplosion und die Invasionvon neuen Technologien wurde Manhattan von 1850 an einmythisches Laboratorium für die Erfindung und Erprobung einesrevolutionären Lebensstils: Die Kultur des Staus. Delirious NewYork, 1978 erstmals erschienen, ist eine polemische Erforschungdieses Manhattans: Es dokumentiert das symbiotische Verhältniszwischen seiner sich ständig verändernden metropolitanenKultur und der einzigartigen Architektur, die durch sie entstand- dennoch vertritt dieses Buch die Auffassung, dass nicht seltendie Architektur die Kultur erzeugt. Dieses Buch enthüllt dieBeschaffenheit und den Zusammenhang der scheinbar beziehungslosenEpisoden von Manhattans Urbanismus, dessen wahresProgramm so unerhört war, dass es, um verwirklicht werdenzu können, niemals offen ausgesprochen werden konnte“.(Rem Koolhaas Delirious New York 1978)Samuel Friede, The Globe tower, Projekt um 1900Die sich ständig ändernde Vergnügungsarchitektur von ConeyIsland galt um die Jahrhundertwende als Experimentierfeld fürEntwicklungen in Manhattan. Eine ”simulierte Stadt “ entstand,wurde benützt, abgenützt, zerstört und immer wieder neugebaut.<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen, die das Bild von Manhattan heuteprägen wurden dort vorweggenommen.24Die Kugel taucht überall in der abendländischenArchitekturgeschichte auf, meist in Zu sammenhang mit revolutionärenMomenten. Für die europäische Aufklärung war sie einSimulacrum der Welt, ein säkulares Pendant zur Kathedrale: inder Regel ein Monument und Innen gänzlich hohl. Der amerika-


nische Einfallsreichtum Samuel Friedes, des Erfinders des GlobeTower führt in einer streng pragmatischen Schrittfolge zu einerkommerziellen Ausbeutung des platonischen Objekts.Für Friede ist der Globus, rücksichtslos in Etagen unterteilt,nichts weiter als eine Quelle unbegrenzter Quadratmeterfläche.Je größer der Umfang, desto ausgedehnter die Fläche in seinemInneren. Da der Globe Tower nur einen einzigen, geringfügigenBerührungspunkt mit der Erde benötigt, wird das kleinstmöglicheGrundstück ein Maximum an Nutzfläche tragen können. DieEntwürfe des Turmes zeigen den Investoren einen gigantischenStahlplaneten, der auf eine Nachbildung des Eiffelturms gestütztist. Das Ganze sollte 210 Meter hoch und das größte Gebäudeder Welt, mit gewaltigen Aufzügen zum Transport der Besucher,werden.Archigram, Ron Herron, Cities Moving, 19642. 4. 2. Archigram1960:Die Wohnungsnot der 1960er Jahre veranlasste Architekten undDesigner in der ganzen Welt zu Experimenten mit multifunktionalen“Miniatur-Enviroments”, die oft von den “tight fits” der LuftundRaumfahrt bzw. filmischen Science Fiction Visionen inspiriertwaren. In Japan, Italien und England entstanden radikaleKon zepte. Zum Beispiel: „Capsule homes“ und die „Living pod“der Gruppe Archigram sind utopische Zukunftsvisionen, in denensich die Welt in eine globale Stadt mobiler Einheiten verwandelthat. (walking cities) Ron HerronEnde der 1960er Jahre nahmen die Science Fiction Experimenteeinen technologieorientierten und dabei alle Sinne ansprechendenCharakter an, der in sensomotorischen, interaktivenenviroments zum Ausdruck kam. Archigram wollte alle dreiDimen sionen des Raumes nutzen und stellte sich den gesamtenWohnbereich als Serie von Fußbodenebenen vor, auf denenman sitzen oder Dinge verwahren konnte ...Yona Friedman, Structures serving the unpredictable1958 - 622. 4. 3. Yona Friedmann, Günter Bock, Walter Jonas:Ganz anders wieder die gezeichneten Utopien YonaFriedmanns, einem ungarisch/französischen Architektender diese Zeichnun gen zwischen 1958 und 1962 machte.Das Projekt “La Ville Spatial” zeigt einen radikalenUmgang mit unseren Städten bzw. unserem Umraum.Fixiert sind lediglich Infrastruktureinrichtungen, währendWände, Unterteilungen und Böden mobil bleiben, und soindividuell angepaßt werden können. Die neue Strukturkann auch über Städte gestülpt werden, ohne sie zu stören.Günter Bocks Terrassenstadt ensteht mit logischerPlanungs konsequenz. Eine durchgearbeitete Großstruktur solltedas ganze Land überziehen und die alten Städte ersetzen. DieMonostruktur eines terrassierten Betongerüstes gab den Rahmenfür Wohnungen, die Außen die Struktur überkrusten. ImInneren befinden sich Verkehrssysteme, Einkaufszentren und tiefunten Parkdecks.Günter Bock, Terrassenstadt 1965/6625


Ein weiteres utopisches Projekt stammt von Walter Jonas ausden Jahren 1960 - 1965. Die Trichterhäuser, oder Intrapolisgenannt, stammen aus einer ähnlichen Überlegung, nämlich derMegastruktur, die Oberfläche der Erde durch Architektur zu verändernund die Siedlungsbedingungen für die Menschen gänzlichplanbar machen. In einem Trichter sollen 6000 Menschenüberschaubar, nachbarschaftlich durchwärmt wohnen.Walter Jonas, Intrapolis 1960 – 652. 4. 4. Metabolisten, Japan um 1960:Tadaaki Anzai, Japan 1967Tadaaki Anzai, Shokyo Nishihara, Masao Otani, ShingoTakamizawa, Kunitsugu TakuriWettbewerbsbeitrag 1967‚urban residences for a high-density society‘Über einer statisch durch Dreiecksverbände gehaltenenBasiszone für die öffentlichen Bereiche, erheben sich dichtgedrängt runde Wohntürme; deren Primärstruktur bestehtaus acht kreisförmig angeordneten Trag- und Erschließungsschächten,aus Ringen, die als umlaufende Galerien dienen,und aus vertikalen Scheiben, die 16 Segmente zur Aufnahmeder Wohneinheiten bilden. Im Gegensatz zu den meisten anderenvergleichbaren japanischen Projekten sind hier neben denSchlafräumen auch die Wohnräume als auswechselbare Zellenausgebildet. Da die größeren Wohnungen jeweils zweigeschossigsind, wurden jeweils zwei Galerieringe zusammengefaßt. Dieunteren sollen als Kontaktzonen dienen; sie sind deshalb großzügigbemessen und begrünt, sodass hier ein architektonischansprechendes Milieu erwartet werden kann. Um den Hohlraumnicht zu groß werden zu lassen, ist in größeren Abständen einedurchgehende Plattform vorgesehen worden.Akira Shibuya, ‚urban residences and their connectivesystems‘ 1966Akira Shibuyamit Kinji Nakamura, Hideo Shimizu, Kikuo Kawasumi, SusumuAbukawa, Yoshio Yamamori und Kazunori OdaharaUrban Megastructure 1966Beitrag zum Wettbewerb ‚urban residences and their connectivesystems‘26


Die Brückenelemente wurden in Anlehnung an das Geschäftszentrumin Kenzo Tanges Projekt für Tokio entwickelt, jedochmit erheblich größerer Dichte. Bis zu 200 m hohe Türme fürden vertikalen Verkehr sind im Winkel von 90° durch Brückenmiteinander verbunden. Die Wohnungen sind auf drei Ebenenverteilt. Der Eingangsbereich liegt auf der Fußgängerebene, vonder aus die Wohnungen erschlossen werden; der Wohnbereichist integrierter Bestandteil der Brückenkonstruktion; Schlafräume,Bad und sonstige Nebenräume sind, entsprechend dem metabolistischenPrinzip des zyklischen Wandels, als Kunststoffzellenge dacht, die je nach Bedarf unter die Brückenkonstruktiongehängt werden können. Direkt über der Erdoberflächebefinden sich, auf mehreren Ebenen verteilt, die öffentlichenVerkehrssysteme (Straßen, Eisenbahnschienen und so weiter),dazwischen eingeflochten die Gemeinschaftseinrichtungen.ArataIsozakiClusters in the air 1961Das “joint-core System”, ursprünglich für städtisches Wohnenentwickelt, war ein radikal neues Prinzip der Anordnung vonHausgruppen in der Luft über bestehenden Wohngebieten.Für Kontinuität zwischen dem städtischen Raster auf der Erdeund dem neuen „Wohnbezirk in der Luft“ sollte der ausbalancierteurbane Maßstab der Strukturen sorgen. Nach der Auswahleines geeigneten Grundstückes sollten die vertikalen Schäftean Stellen errichtet werden, an denen sie den Straßen- oderFußgängerverkehr nicht behinderten.„Zweige“ (Strecken horizontaler Energieversorgung) und„Blätter“(Hauseinheiten) wachsen auf den Stämmen dieser„Bäume“, die alle miteinander verbunden sind, in den Himmel.Wenn die Bäume sich ausbreiten, bilden sie einen „Wald“, indem sich die Zweige berühren und miteinander zu verschlingenbeginnen. Im Grundriß sähe dieser Wald wie ein Netz aus, dassich über den vorhandenen Strassenraster legt.Diese botanische Metapher bezieht sich auch auf konstruktiveElemente, etwa das horizontale balkenartige “sashihijiki” und diekunstvollen, “tokyo” genannten Kapitelle, die sich im traditionellenjapanischen Holzbau (z.B. Todaiji und Nandaimon in Nara)finden.Arata Isozaki, CLUSTERS IN THE AIR, 196127


2.5. Phänomene (gebaute Wirklichkeiten):Gelitin, “Hochbett für 15 Personen” 1998Gebaute Wirklichkeiten im kleinen Maßstab:<strong>Vertikale</strong> Verdichtung in den eigenen vier Wänden fängt auchbei Stockbetten für Kinder an. Als Beispiel ein überdimensionalgroßes Hochbett für 15 Personen der Künstlergruppe Gelitin ausdem Jahr 1998.Architekturgeschichtlich relevanter als das vorige Beispiel sinddie Arbeiten des dänischen Designers Verner Panton.In seinem Projekt “Fliegendes Wohnzimmer” entstehen durchmobile und “fliegende” Polstermöbel neue Raumsituationen.“Ich kann es nicht ertragen, in ein Wohnzimmer zu kommen undein Sofa mit Sofatisch und zwei Sesseln zu sehen und zu wissen,dass man hier den ganzen abend festsitzen wird. Ich habeMöbel gemacht, die man im Raum hoch und runterlassen kann,damit man einen anderen Blick auf die Umgebung und auf dasLeben kriegt”.(Verner Panton 1968)Verner Panton, Multifunktionale Wohneinheit, 1966Die Nutzer konnten von ihrer jeweiligen Plattform aus miteinanderkommunizieren und sich gegenseitig in Schwingungenversetzen. Die Idee hinter den fliegenden Sitzmöbel war es,den Raum in seiner dritten Dimension nutzbar zu machen. DerEntwurf kann als Vorläufer für den Trend der späten 60er Jahrezur Entwicklung alternativer Wohnformen gesehen werden.Der “Living Tower”, eine multifunktionale Wohneinheit, die gleichsamRaum im Raum bildet, bietet seinen Benutzern verschiedeneSitzpositionen und kann von mehreren Personen gleichzeitig„besessen“ werden. Die Idee der vertikalen Organisationvon Sitz- und Liegemöglichkeiten als eigenständige Räumeim Raum beschäftigte Panton schon vor der Arbeit am “LivingTower”. 1967 entwarf er die “Multifunktionale Wohneinheit”, eineMiniaturwohnung auf zwei Etagen, die für Spielen, Schlafen,Essen und Entspannen Platz bot. Die Etagen sind in einMetallgerüst eingebaut, das mit abschirmenden, stabilisierendenund tragenden Platten sowie Polstern ausgestattet ist.2.5.1 Kowloon, The Walled CityVerner Panton Stuhl 1967<strong>Vertikale</strong> Verdichtungsformen im urbanen Maßstab finden vorallem in dichtbesiedelten urbanen Gebieten statt. Eine Stadt, diemehr als alle anderen die Szenarien der vertikalen Verdichtung,vor allem im <strong>Wohnbau</strong>, auf sich konzentriert, ist Hong Kong.Diese Metropole zeigt eine Verquickung der Ursachen und derenAuswirkungen auf unsere Zeit und deren Wohnformen. Nicht nurgibt es in dieser Stadt eine große Anzahl der höchsten Wohnhochhäuser,sie gelten dort auch zusätzlich als eine wirklicherstrebenswerte Form des städtischen Wohnens.28


In Hong Kong gab es auch eine faszinierende Erscheinung zumThema “Verdichtung”.Die sogenannte “City of Darkness”, die in einem Buch von GregGirard mit dem Namen: “City of Darkness, Life in Kowloon, thewalled City” beschrieben wird.„... Für fast hundert Jahre war die walled city als Lasterhöhlebekannt. Auf einer Fläche von mehr als 100 x 200 Metern,ohne Gesetz, fast ohne Rücksicht auf selbst die grundlegenstenStrukturen, Planungsvorschriften, und Standards konnte dieseStadt nicht nur überleben, sondern hörte nie auf zu wachsen.Durch einen ständigen Prozess von Zerstören und Wiederaufbau- niemals war ein Architekt auch nur in der Nähe - entwickeltesich ein homogenes Ganzes. Ein verwobenes Netzwerk vongemeinsamen Stiegenhäusern, Gängen, und Brücken, die einenTeil mit dem nächsten verbanden, machte es möglich, dieseStadt zu durchqueren ohne das Straßenniveau je zu berühren.Nur auf diesem Straßenniveau konnte das Netz der öffentlichenGassen noch erahnt werden, diese waren allerdings eingeschlossen,überbaut, immer finster, schmutzig und erbärmlich”.City of darkness, Life in Kowloon, Walled City(Text: Umschlag des Buches “City of Darkness”)Nur zwei Vorschriften wurden eingehalten: Eine Höhenbeschränkungwegen des in unmittelbarer Nähe liegendenInternationalen Flughafens und die autorisierte Installation vonElektrizität, wegen der hohen Feuergefahr ... allerdings erst inden 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts.Die in diesem Photoband dokumentierte Geschichte der sogenannten‚walled city‘ zeigt das Ergebnis einer vertikalen und horizontalenurbanen Verdichtung, die über die Jahre als Wildwuchsentstanden ist. Die Photos erzählen die Geschichten von Be wohnern,Gewerben und Institutionen, die in diesem dichten Block zuHause waren.Mittlerweile ist dieses Buch ein geschichtliches Dokument.Kowloon, the walled City wurde 1993 abgerissen.Geschichte:Auf den Ruinen der ersten chinesischen Ansiedlung aufKowloon, einer der Inseln Hong Kongs, entstand im 20. Jahrhunderteine Einwandererstadt „the walled city“, die relativrasch zu einer illegalen Slumsiedlung wurde. Nach der erstenBe seitigung dieser Shanty Town wurden um 1960 Geschosswohnbautenerrichtet, allerdings blieb der Charakter einer Einwandererstadtbestehen, und mit der Zeit verdichtete sich innerhalbklar definierter Grenzen eine Stadt innerhalb der Stadt. Siegalt als undurchdringbarer exterritorialer Raum, der vor allemaus diesem Grund in den Augen der übrigen Bürger Hong Kongszu einer Hochburg von Kriminalität, Prostitution, Drogenhandelwurde.Es gibt die Außenwände und das Dach, die sich als ausreichendbelichtete und belüftete Lebensräume eignen, und es existiertdas Labyrinth im Inneren, mit Versorgung, vertikaler wie horizontalerErschließung, kleinen Fabriken, Gewerben etc. ...City of darkness, Life in Kowloon, Walled CityCity of darkness, Life in Kowloon, Walled City29


Unabhängig von der übrigen Stadt, etablierte sich innerhalb diesesBlocks eine eigene Art Überwachung (eine interne Polizei),eigene Infrastruktur, und eigene Wohnraumvermittler, die dieFluktuation innerhalb des Gebiets beobachteten. Es gab nuracht Trinkwasseranschlüsse für eine Bewohneranzahl von bis zu35.000 Menschen.City of darkness, Life in Kowloon, Walled City“The Walled City” dient als Beispiel einer gebauten oder vonselbst entstandenen vertikalen Verdichtung, die in ihrer Artextrem und einzigartig war. Ein solches Szenario kann entstehen,wenn soziale Einrichtungen eines Staates nicht in der Lagesind, den Zustrom von Einwanderern, egal ob legal oder illegal,zu bewältigen, oder diese Einrichtungen gar nicht existieren.“The Walled City” ist trotz seiner Faszination ein Schreckensszenario,das es in anderen Teilen der Welt sicher noch immergibt, und durch die Tatsache der wachsenden weltweiten Urbanisierungweiterhin zunimmt.2.5.2 KurokawaKisho Kurokawa, Nagakin Capsule Building, Japan1970 - 72Kisho Kurokawa, Nagakin Capsule Building, Japan1970 - 72Nagakin Capsule Building in Tokyo 1970 - 72.Über drei Millionen Menschen legen auf ihrem Weg zu ihrerArbeitsstätte in der japanischen Hauptstadt mehr als eine Stundezurück. Kurokawas Appartementhaus war als innerstädtischesPied-à-terre für außerhalb wohnende Geschäftsleute, als Studiound temporäre Bleibe gedacht. Der Architekt folgt dem Leitbildeiner in tragende Kernschäfte eingelassenen Zellstruktur, eineMetapher mehr als ein Produkt offener Formprozesse. Jededer vorgefertigten Einheiten, die innerhalb von 30 Tagen in denStamm montiert wurden, entspricht einer Wohneinheit, kannaber mit benachbarten Zellen zu Suiten verbunden werden.Gleich den Kapseln der Weltraumfahrt, die damals ihre Triumphefeierte, bieten die 144 Zellen auf kleinstem Raum technischenKomfort wie Stereoanlagen oder Rechenmaschinen. „Architekturwird zunehmend den Charakter von Ausrüstung annehmen ...Die Kapseln bedeuten die Emanzipation des Bauwerks vonGrund und Boden und signalisieren den Beginn eines Zeitaltersbeweglicher Architektur“. (Kurokawa 1972)30


2.5.3 Neave BrownNeave Brown, Alexandra Road, London 1966 - 76Alexandra Road Housing, London 1966 - 76“Diesen Wohnkomplex zeichnet hohe Dichte aus, ein engmaschigesWegenetz und gemeinschaftliche Einrichtungen.Die Wohnanlage an der Alexandra Road paßt sich nicht denKlischees vieler gegenwärtiger Trends an, die einige für denWohnungsbau wichtige Einsichten des gesunden Menschenverstandesübersehen: dass nämlich großzügige Dimensionierung,Bauten, die einander nicht gegenseitig bedrängen,gute Lichtverhältnisse, Verbindung zum Außenraum und gute,solide Detailgestaltung ausschlaggebend für erfolgreicheArchitektur sind, unabhängig von Fragen des Stils, des persönlichenGeschmacks und institutioneller Vorgaben”. (Alexander Zonis)2.5.4 Moshe SafdieIn Montreal, Canada 1967 auf einer Landzunge des St. Lorenzstrom im Rahmen der Weltausstellung errichtet.Das Konzept des Clusters verband der damals 26 jährigeArchitekt mit der Megastruktur. Habitat ist eine in die <strong>Vertikale</strong>gehobene, scheinbar informelle Gruppe. Als Prototyp industriellvorgefertigten, hochverdichteten Wohnungsbaus sollte Habitatintimen Maßstab bewahren. Die 158 Wohnungen nehmen eine,zwei oder drei Raumzellen ein. Ursprünglich mit etwa 1000Einheiten geplant war das Programm von 22 auf 11 Etagenreduziert worden. Die Lasten werden teils von den übereinandergeschichtetenund gegeneinander versetzten Hausmodulen,teils von einem Rahmenwerk aufgenommen. Wegen des großenFormats der Bausteine mussten die Elemente in einer Feldfabrikvor Ort hergestellt und von besonders schweren Hebemaschinenplaziert werden. Die Baukosten lagen um vielfaches höher alsortsüblich. Montage, Installationen, Schallübertragung, VerhältnisVerkehrs- zu Wohnfläche, labyrinthische Gänge usw. stellten undstellen Probleme dar und schränkten die Wohnqualität ein.Moshe Safdie, Habitat, Montreal 1964 – 6731


Roehampton estate, Leslie Martin, Benett, Matthew, London CountyCouncil, 1952-590. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise33


3. Typologien3.1. Typologien nach Grundrißformen:Typologien nach Grundrißformen: Punkt, Scheibe,freie Form, Anlage- Punkt (hochhaus)- Scheibe- freie Form- Anlage (Gruppierung verschiedenerTypen)- Mischformen3.2. Typologien nach Erschließungsformen:Typologien nach Erschließungsformen- Zentral- Mittelgang- Laubengang- 2, 3, 4 - Spänner3.3. Beispiele Punkthochhäuser mit zentraler Erschließung:Bertrand Goldberg:Marina City, Chicago, Illinois, 1962Marina City, Bertrand Goldberg Associates, Chicago1962Der gesamte Marina City Komplex besteht aus zwei„Maiskolben“- Türmen, zwei kommerziellen Gebäuden, einemTheater und natürlich der Marina, eine urbane Mischnutzung, diefür ihre Zeit sehr unüblich war.Bertrand Goldberg war sowohl Architekt als auch Ingenieur,ausgebildet in Harvard und am Bauhaus. Dieser ungewöhnlicheEntwurf besteht aus dem tragenden Stamm, der die Infrastrukturbeherbergt und den Großteil der Last trägt. Der Rest wird vonder umlaufenden Rahmenkonstruktion getragen.Als die mutigen 60 geschossigen Türme 1962 errichtet wurden,waren sie die höchsten Wohngebäude aus Stahlbeton der Welt.Die unteren zwanzig Geschosse bieten Parkplätze, darüberbefinden sich die ringförmig angeordneten Appartements miteinem großartigen Ausblick auf den Chicago River.weitere Beispiele:Mies Van Der Rohe, Lake Shore Drive AppartmentsChicagoMies van der Rohe: Lake Shore Drive Appartments, Chicago1948 - 5134


3.4. Beispiele scheibenförmiger Wohngeschosshäuser mitLaubengangerschließungKazuyo Sejima:<strong>Wohnbau</strong>anlage in Gifu, Japan (1994 - 2000)Das Quartier mit sozialem Wohnungsbau entstand als Modellprojektauf Grundlage eines von Arata Isozaki entwickeltenRahmens der japanischen Präfekturstadt Gifu.Die blockartige, gefaltete Zeilenbebauung von Kazuyo Sejimabeherbergt in vier baukonstruktiv getrennten Gebäudeteilen 107Wohneinheiten. Der schmale und langgestreckte Baukörperermöglicht dabei in den schwülheißen Sommern eineQuerlüftung der durchgesteckten Wohnungen. Die langen, überalle Geschosse reichenden Freitreppen aus verzinktem Stahlstrukturieren die ansonsten homogen gerasterte Fassade auf derNordseite. Sie dienen als Fluchtweg und sozialer Kommunikationsraum,während die Haupterschließung über zwei Aufzügeerfolgt. Die hinter den Treppen liegenden Außenfassaden derLaubengänge wirken durch die Verkleidung mit Maschendrahtbei entsprechender Beleuchtung wie ein transluzenter Schleier.Entlang der Laubengänge öffnen sich in unregelmäßigenAbständen ausgestanzte Lochfenster in die Gebäudetiefe. Siesind als private Terrasse jeweils einer Wohnung zugeordnet undlockern die Fassade auf.Innerhalb der strengen Schottenbauweise mit geringen Spannweitenentsteht über 10 Geschosse eine Vielzahl gleichartigerRaumzellen, dabei entspricht der Achsabstand einer Zimmerbreite.Durch wie zufällig wirkende Kombinationen mehrererdieser Grundmodule ergeben sich insgesamt 30 verschiedeneWohnungstypen.Ein Drittel der Wohnungen ist durch horizontale Kombinationvon Raumzellen als Maisonetten ausgebildet. Rund die Hälftealler Wohnungen verfügt über einen Raum mit doppelterGeschosshöhe, der den Bewohnern bei geringer Grundflächeeinen großzügigen Raumeindruck vermittelt. In den Wohnungenreihen sich die Zimmer entlang eines großflächig verglastenlaubengangähnlichen Flures an der Südfassade. Jede Wohnungbesteht aus mindestens einem traditionellen japanischen Raum,einem Schlafzimmer, einer Küche und einer Terrasse. BreiteTüren öffnen die Zimmer nach Süden zur wohnungsinternenErschließungszone.Kazuyo Sejima:Wohnhausanlage in Gifu, Japan 1994 - 2000(Detail, Verdichtetes Wohnen, Birkhäuser Verlag, 2004)35


Leslie Martin, Benett, Matthew:Roehampton estate, London County Council, 1952 - 59,Roehampton estate, London County Council, 1958Roehampton Estate im südwesten von London gelegen ist einParadebeispiel für eine Stadtplanung im Sinne der klassischenModerne und ganz im Sinne von CIAM, dem Congress Internationalde Architecture Moderne, 1928 gegründet, zu derenGründungsmitglied Corbusier zählte.In einem großzügig angelegten Parkgelände stehen verschiedeneWohnhochhäuser, aber auch niedrigere Bebauungen in relativfreier Anordnung.Die scheibenförmigen <strong>Wohnbau</strong>ten sind klassische Beispiele fürüber Laubengänge erschlossene Maisonetten. Die Wohnungen inden elfgeschossigen Bauten sind jeweils nach Süden orientiert,wobei die Laubengangerschließung von Norden her erfolgt. Dasobere Geschoss jeder Maisonette reicht über die gesamte Tiefedes Gebäudes und ermöglicht großzügige Aussichten.3.5. Beispiel eines scheibenförmigen Wohngeschosshauses mitMittelgangerschließungLe Corbusier1946 - 1952 Unité d´habitation, MarseilleLe Corbusier, l`Unité d`habitation, MarseilleDie „Unité“ in Marseille beherbergt in einem Gebäude 337Wohnungen und dazu die öffentlichen Einrichtungen, die eineentsprechend große Siedlung benötigt. Sie wird deswegenauch „ cité jardin vertical“ vertikale Siedlung genannt. Der 165Meter lange und 56 Meter hohe Komplex steht auf Pilotis, sodass der Boden frei bleibt. Die Pilotis tragen die künstlicheGrundfläche, einen statischen Tisch. Darüber liegen siebzehnStockwerke mit 23 verschiedenen Wohnungstypen, die kleinstenbestimmt für Alleinstehende, die größten für Familien mit4 bis 8 Kindern Die Standardwohnungen sind zweigeschossig.Je zwei von ihnen umklammern eine innere Straße. Im siebentenund neunten Ge-schoss befindet sich die Verkaufsstrassemit Lebensmittelläden, Gaststätte, Apotheke und Post. DerKindergarten und die Krippe sind im siebzehnten Geschossuntergebracht. Darüber dient ein Dachgarten mit Aussichtsturm,Sonnenbad, Schwimmbad und Turnhalle zur allgemeinenErholung.Die einzelnen schmalen Wohnungen reichen durch die gesamteTiefe des Baues und werden so doppelt belichtet und querbelüftet. Durch ihre konzentrierte vertikale Anordnung wird - imGegensatz zur horizontalen Siedlung in Flachbauweise - dieebenerdige Erholungsfläche vergrößert.(Adolf Max Vogt, Architektur 1940 - 1980, Propyläen 1980)36


3.6. Beispiele für frei geformte WohngeschosshäuserAffonso Eduardo Reidy: Wohnkomplex Gavea, Rio de Janeiro,1952Unterhalb der Wohnschlange liegen sieben Blocks quer, indenen neben Wohnungen die sozialen Einrichtungen zu findensind. Gavea ist eine Anlage mit 748 Wohnungen. Auffallend amHauptbau sind seine Dach- und Bodenlinien, seine Horizontalen.Schlanke Stützen unterfangen als Böcke die Schlange undüberwinden die Welle des Terrains. Der Zugang erfolgt vonder Hangseite aus in ein Verteilergeschoss, das nach untenzwei Stockweke mit Einzimmerappartements erschließt, undnach oben vier Stockweke mit Maisonetten-Wohnungen. DasVerteiler-geschoss in der Mitte macht einen Fahrstuhl überflüssig.A.E. Reidy, Wohnkomplex Gavea, Rio de Janeiro 1952weitere Beispiele:Alvar Aalto: Wohnhochhaus Bremen, 1960Als Beispiel für ein “freigeformtes” Wohnhochhaus zeige ichdieses Gebäude eines bedeutenden Architekten des 20. Jahrhunderts.Es ist das Wohnhochhaus aus dem Jahre 1960 desfinnischen Architekten Alvar Aalto in Bremen, Deutschland.Das 22 geschossige Hochhaus ist ein „Durchgangshaus“ mit EinundZweizimmerwohnungen für Menschen, die es in der Regelnur relativ kurz bewohnen. Die fächerartige Anordnung desGrundrisses entstand aus dem Bestreben, das oft bedrückendeGefühl der Enge kleiner Wohnungen zu vermeiden.Alvar Aalto: Wohnhochhaus, Bremen, 196037


3.7. Beispiele für Anlagen:Roehampton Estate, Leslie Martin, Benett, Matthew,London County Council, 1952 - 59,Roehampton Estate, London 1952 - 59Eine dem CIAM-Prinzip am stärksten verwandter Typus ist dievon Leslie Martin, Bennet, Mathew und anderen Architekten desLondoner County Council durchgeführte große Bebauung vonRoehampton, wo, in zwei Etappen errichtet, verschiedene Flach-,Mittel- und Hochbauten in eine grüne Parklandschaft gestelltsind. In einzelnen Gruppen stehen die elf- und zwölfgeschossigenPunkthäuser, die elfgeschossigen Scheiben mit Maisonette-Wohnungen und die flachen Reihenhäuser.Ivor Smith & Jack Lynn, und Womersley als Stadtplaner, ParkHill Estate, Sheffield 1961Park hill estate Sheffield, Jack Lynn, Ivor Stanley Smith,Womersly, 1953 - 61In Park Hill in Sheffield von Lynn und Smith unter dem StadtplanerJL Womersley entworfen folgt das lange, vielfach geknickteBand der Bauten dem hügeligen Terrain bei gleichbleibendemoberen Horizontalabschluss, wobei die Gebäude an derHügelkuppe mit vier Geschossen beginnen und unten, zur Stadthin vierzehn Geschosse zählen.Es ist eines der spektakulärsten Beispiele eines neuen Zugangszu gemeinschaftlichem Bauen im England der Nachkriegszeit.Der gekrümmte Wall ist an verschiedenen Stellen unterbrochenund dort nur durch Brücken verbunden. Die entstehenden ineinanderfließendenInnenräume haben keine deutliche Begrenzung.Strassendecks in jedem dritten Geschoss ermöglichenden Zugang zu den Wohnungen. Die Wohnungen sind alle alsMaisonetten (oder Duplex) ausgeführt, und die Erschließungsgänge,die „Streets in the sky“ dienen zum Erhalt der kommunalenVorteile des Straßenlebens. Angehängte Treppenund Lifttürme sorgen für die vertikale Erschließung. Sheffieldknüpft in seiner Konzeption an das Cluster System an, dieÜberlagerung von horizontaler und vertikaler Erschließung, dasdie Architekten Alison und Peter Smithson im Projekt GoldenLane entwickelten.(Adolf Max Vogt, Architektur 1940 - 1980, Propyläen 1980)38


Das 1961 fertiggestellte Park Hill Projekt beabsichtigte für dieGemeinde tausenden Menschen Wohnungen zu bieten. Es sollteden Bewohnern einer ehemaligen Industriestadt, deren besteZeit schon weit zurücklag, mit diesem großen Projekt neuesLeben und neue Hoffnung gegeben werden.Karl Wrba HofRupert Falkner und Mitarbeiter <strong>Wien</strong>, 1972 - 82Park hill estate Sheffield, Jack Lynn, Ivor Stanley Smith,Womersly, 1953 - 61Die Geschosswohnanlage ist als ein architektonisch zusammenhängendesGanzes konzipiert. Die Größe der Baumassenwird durch maßstäbliche Gliederung gebrochen. Verschiedenhohe Baukörper sind zu Großelementen aneinandergefügt, mitErhöhungen und Niederungen. Ein Hof geht in den anderenüber, Durchgänge, Gassen, Stiegen, Rampen, Arkaden stellendie Verbindung her. Die Höfe sind unterschiedlich möbliert. DieÜberbauung als Verbindungsglieder, Brücken zwischen Hochund Nieder sind die visuell auffallendsten Elemente. Unterden Überbauungen liegen die Eingänge zu den Hochbauten.Hoch und Flachbauten verschmelzen so zu einer kubischenLandschaft.1051 Wohnungen gliedern sich in 170 unterschiedlicheWohnungs typen. Es gibt Etagenwohnungen, Maisonettenwohnungen,Terrassenwohnungen, Behindertenwohnungen,Kleinwohnungen für ältere Menschen, Atelierwohnungen und einbis zweigeschossige Reihenhäuser mit Gärten.“Wenn auch die Anlage spät gebaut wurde, so ist sie doch einKind der Planungsideologie der sechziger Jahre. Die wucherndezellenartige Massierung von Wohnungen (mit 1051 Einheitenden Superblocks vergleichbar) wirkt vor allem auf Distanz verwirrendund chaotisch. Wer sich jedoch die Mühe macht, die Anlagezu durchwandern, wird viele Qualitäten entdecken, die zumindestein Engagement der planenden Architekten verraten. DieKleinräumlichkeit wird zum Teil durch Reihenhäuser und einerForm von Teppichbebauung erreicht. Die clusterartig organisierteGroßform wird dann über “Durchgänge, Gassen, Rampen,Stiegen ...” erschlossen.16 Geschäfte und mehrere Gemeinschaftseinrichtungen ergänzendas Programm.”Karl Wrba hof, Rupert Falkner und Mitarbeiter,1100 <strong>Wien</strong>, 1972 - 82(Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert)39


3.8. Beispiele für “Burgen”:Familistère, Jean Baptiste Godin, 1859Jean Baptiste Godin, Familistere, Guise, 1859Zwischen 1830 und 1850 gab es in Frankreich, Rußland,Algerien und Amerika etwa 50 Versuche, auf die katastrophalenWohnsituationen in den Städten zu reagieren.Dieses Projekt orientiert sich an einem Gebäude von Fourier,das als Phalanstere bekannt wurde. Hier gibt es allerdings fürjede Familie eine Wohnung, daher auch der Name Familistère.Die Gebäude sind ein einmaliges Beispiel eines Arbeiter lebensraumes,errichtet ab 1859 auf Initiative von Unternehmer Jean-Baptist André Godin (1817 - 1900).Jean Baptiste Godin, Familistere, Guise, 1859Familistère war ein Lebensort für die Arbeiter und derenFamilien, die in der Fabrik mit der Bezeichnung „kleines Godin“arbeiteten.Dieser Ort lieferte den Lohnempfängern und ihren Familien einenaußergewöhnlichen Komfort für diese Zeit: Heizung, Beleuchtung,Gas, Wasserstellen. Ein soziales Gesundheits- und Schutzsystemwurde errichtet sowie eine gemischte Schule. Für dieFreizeit war ebenfalls mit der Schaffung eines Theaters undeiner Musikgesellschaft gesorgt.Die hohen Mauerwerke aus rotem Ziegelstein umfassen einerseitsdie eigentliche Industrieeinrichtung und andererseits dieGruppe von Gebäuden, die für die Wohnungen der Arbeiterbestimmt sind.Ursprünglich wurde dieser „soziale Palast“ auf vier Stockwerkeneingerichtet, um einen zentralen Hof mit Glaskuppel organisiert,der durch Galerien umklammert wurde.Familistère ist 1991 als „historisches Monument“ klassifiziertworden.Karl Marx Hof, Karl Ehn, 1926 - 1930Karl Ehn, Karl Marx Hof, <strong>Wien</strong> 1926 - 1930Als fast schon mythisches Symbol des sozialen <strong>Wien</strong>er<strong>Wohnbau</strong>es der zwanziger und dreißiger Jahre hat sich der Karl-Marx-Hof (vielleicht auch wegen seines Namens) im Bewußtseinder internationalen Architekturöffentlichkeit verankert. Dies vorallem wegen der symbolkräftigen Türme und Tordurchfahrten derAnlage in ihrem Mittelteil, der allerdings nur einen Bruchteil desGesamtvolumens von 1.325 Wohnungen enthält.Die wahre architektonische Leistung besteht aber weniger in denoft als „wehrhaft“ mißverstandenen Zeichen, als vielmehr in derLösung, die Einwohnerzahl einer kleinen Stadt auf dem ca. 1km langen und vergleichsweise schmalen Grundstück so anzuordnen,dass alle Wohnungen gleichermaßen von den großenGrünflächen der drei Innenhöfe profitieren.40


Die expressive Fassadengliederung verleiht den extrem langenFronten eine eigene Rhythmik und verfremdet die Masse derKleinstwohnungen zu einer plakativen Monumentalität.Der Bau repräsentiert wie kaum ein anderer den Typus dersogenannten „Superblocks“, die von der sozialdemokratischenGemeindeverwaltung 1924 bis 1934 bevorzugt errichtet wurden.Das gesamte städtische <strong>Wohnbau</strong>programm dieses Jahrzehntsumfasste 60.000 Wohnungen, deren Akzeptanz und Ausstattungmit zentralen und sozialen Einrichtungen jedem internationalenVergleich standhält.Ab 1988: Sanierung der Wohnungen (40% der Wohnungenverfügen heute über eine Zentralheizung), Einbau von Liften,Verbesserungen und teilweise Zusammenlegungen der Wohnungen.Originalgetreue Wiederherstellung der Farbgestaltung.Walden 7, Ricardo Bofill Taller de Architectura 1970-75Ricardo Bofill, Taller de Architectura: Walden 7Barcelona 1970 - 75Walden 7 ist der Name, den die Mitarbeiter des „Taller deArchitectura“ ihrem auf dem Gelände einer alten Zementfabrikaußerhalb Barcelonas errichteten Wohnkomplex gaben.Die Kontestationen der sechziger Jahre bilden denn auchden Hintergrund, vor dem die Gruppe um Ricardo Bofill ihreKonzeption fand. Absicht war ein ganz auf sich bezogenesQuartier zu schaffen, das von seiner feindseligen Umgebunginmitten der Industrie abgeschnitten war, das ein Leben für sichführen könnte: also keine Einpassung, sondern Leben in derIndustrielandschaft. Mit Walden 7 konnten sie die Vorstellungvom „totalen Raum“ - einer „ville dans l`espace“ - verwirklichen,in dem innere und äußere Räume gleichwertig sind und folglichgleichwertige architektonische Bearbeitung erfahren müssen.Die erste Etappe umfasst 360 Wohnungen, angeordnet in 16geschossigen Türmen, die auf halber Höhe ausbauchen undvier Patios umklammern. Vom Aufzugsturm in der Mitte derAnlage führen Laubengänge und Brücken zu den verschiedengroßen Wohnungen. Das Erdgeschoss mit seinen Läden dientder Infrastruktur des Hauses, ebenso die Dächer mit Schwimmbädernund Solarien. Die Außenhaut aus tonfarbener Keramiksteht im Gegensatz zu der stark farbigen Plattenverkleidung derPatios und gibt dem durchlöcherten Umriss eine Einheitlichkeit,die sich gleichzeitig gegen die chaotische und unpersönlicheUmgebung absetzt.Walden 7, Ricardo Bofill Taller de Architectura 1970- 75(Adolf Max Vogt, Architektur 1940 - 1980, Propyläen 1980)Bofill setzt sich mit der kleinsten Einheit in der Gesellschat auseinanderund definiert diese nicht als Familie, sondern als dasIndividuum. So entstehen Einheiten von zumindest 30m², die mitinfrastrukturellen Einrichtungen ausgerüstet sind. Diese lassensich dann zu einem Cluster zusammenfügen.41


3.9. Beispiele für “Terrassensiedlungen”:Demonstrativbauvorhaben Terrassenhaussiedlung St Peter,Graz 1965 - 78Werkgruppe Graz (Eugen Groß, Friedrich Groß-Rannsbach,Hermann Pichler, Werener Hollomey)Terrassenhaussiedlung St Peter, Graz 1965 - 78Terrassenhaussiedlung St Peter, Graz 1965 - 78Das Mitte der sechziger Jahre konzipierte Demonstrativbauvorhabenzeigt alle Spuren der städtebaulichen Diskussiondieser Zeit und die Tendenz durch Anreichern der Monokultur<strong>Wohnbau</strong> mit allgemeinen Funktionen wieder zu einer be- underlebbaren städtischen Umwelt zu kommen. Die Terrassenhaussiedlungist eine städtische Großwohnanlage mit 522Wohneinheiten, aufgeteilt in vier paarweise gegenüberliegendenund etwas versetzten Wohnblöcken (nordost-südwest Achse)zwischen denen, über einer zentralen Tiefgarage für 550 PKW,ein großer Fußgängerplatz liegt. Die Anlage hat ein differenziertesAngebot von Terrassen-, Maisonette- und Atelierwohnungen,deren innere Einteilung und Lage der Öffnungen zum Teil dieBewohner mitbestimmen konnten, wenn sie rechtzeitig alsWohnungswerber auftraten. Der vertikale Aufbau der Blöckebesteht, neben dem Tiefgeschoss mit Garagen, Schutzräumenund Gemeinschaftseinrichtungen, aus drei GeschossenTerrassenwohnungen (einseitig orientiert Nutzfläche 125-150m²).Dem darübergelegenen Kommunikationsgeschoss mitRaumreserve für gemeinsame Nutzungen und ab dem4. Geschoss zweiseitig orientierte Wohnungen mit der Größevon 85 -125 m². In diesem Bereich liegen auch die Maisonetteund Atelierwohnungen.Die Betonscheibenbauweise mit einem Achsabstand von 7 merlaubt eine große Flexibilität in der Unterteilung der Wohneinheiten,ein eigens entwickeltes System von Fassadenelementeneine freie Disposition der Öffnungen.Von der ersten Entwurfsidee an spielte die stadträumliche undlandschaftsplanerische Frage eine Rolle, und man muss denEntwerfern zugestehen, dass es ihnen teilweise gelungen ist, imZusammenhang mit dem <strong>Wohnbau</strong> eine neue Qualität zu erreichen,die nicht nur die private Innen-Außenraumbeziehung derWohnungen betrifft, sondern vor allem auch die gesamträumlicheDisposition, den stadtlandschaftlichen Aspekt der Be bauungsform.(text: Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert)42


3.10. Typologien nach Wohnungsformen:- Ein - Mehrzimmer Wohnungen- Split Level Wohnungen- Maisonetten (Duplex)- 3, 4 Niveau - Wohnungen3.11. Beispiele für 3, 4 Niveau - Wohnungen und Split-Level:Typologien nach Wohnungsformen: Ein- Mehrzimmer-Wohnungen, Splitlevel, Maisonette, 3, 4 NiveausHerman Hertzberger:8 Experimentierhäuser „Diagoon“Delft 1967 - 71Das Haus besteht aus zwei festen Kernen mit Geschossebenen,die im Splitlevel versetzt sind. Diese Ebenen bilden die Wohneinheitenund können verschiedene Bestimmungen erhalten.Von jeder Wohneinheit kann ein Teil zu einem Zimmer abgetrenntwerden. Der übrige Teil liegt dann als Innenbalkon an derzentralen Wohnhalle, die vertikal durch das ganze Haus reicht.Dieser Plan ist ein Versuch, um eine Anzahl hartnäckigerStereotypen, die noch stets den Wohnungsbau beherrschen, zudurchbrechen.Jedes Haus sollte eine möglichst große Verschiedenheit vonRaumqualitäten besitzen: helle und dunkle Stellen, Aussicht undAbgeschlossenheit, große und kleine Abmessungen ...Herman Hertzberger, 8 Experimentierhäuser „Diagoon“Delft 1967 - 71(Text, Herman Hertzberger, Bauten und Projekte 1959-86)3.12. Beispiel für Maisonette Wohnung:ARTEC, <strong>Wohnbau</strong> und SporthalleWiedner Hauptstr./Hollgasse, 1050 <strong>Wien</strong>Im Gegensatz zu den geschlossenen Wohnblocks derUmgebung findet im neuen Viertel eine Auflockerung undDurchlichtung der Volumina statt. Für dieses planerische Zielwurde sogar mit der Höhenbegrenzung durch die gründerzeitlichenTraufenkante gebrochen, sodass zwei Wohnhäuser ander Wiedner Hauptstraße zu „<strong>Wien</strong>er Hochhäusern“ mit 35und 40 Metern in der <strong>Vertikale</strong> mutierten. Diese Erhöhung desWohnens bietet den Vorteil, Sichtverbindungen in die Tiefe desGrund stückes zu bringen, um die Baupackung transparenter zumachen.Das zweite große Problem nach der Dichte ist die Lärmbelästigung:Architekt Rüdiger Lainer hat in seinem Bauabschnittzwischen Schusswallgasse und Wiedner Hauptstraße eine„grüne Wand“ vorgezogen, die rasch wachsende Pflanzen unddazu noch die Laubengangerschließung für die dahinter liegendenWohnungen aufnimmt. Zusätzlicher Bonus für die Bewohner:zwischen Laubengang und Wohnung sind Loggien eingespannt,die den Lärmschutz eindämmen und privaten Freiraum bieten.<strong>Wohnbau</strong> und Sporthalle, Wiedner Hauptstr. ARTEC<strong>Wohnbau</strong> und Sporthalle, Wiedner Hauptstr. ARTEC43


An der Hollgasse hat ARTEC die eingeschossigen Wohnungenebenfalls an die Hofseite gelegt, während die Maisonettenauch auf das begrünte Dach der halb in der Erde versenktenSporthalle schauen. Im Boarding-Haus am Gürtel dagegen reduzierenvorgelagerte Gemeinschaftsräume den Lärm.In allen Bereichen des neuen Quartiers haben es die Architektenmit ihren Konzepten erreicht, dass keine bewohnbarenLärmschutzwände errichtet werden, sondern Wohnungen, dieauf Grund der begleitenden Maßnahmen und der Grundrissorganisationeinen Bezug zum Stadtraum herstellen.(Text: Gert Walden)<strong>Wohnbau</strong> und Sporthalle, Wiednerhauptstr. ARTEC44


Wolfgang Tschapeller und Michael Wallraff, Studie für bestehende großeSkelettbauten 19990. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser,neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers7. Leseliste, Literaturhinweise45


4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte4.1. Geschichte der <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser:4.1.1 Wohnhochhaus HerrengasseSiegfried Theiss, Hans Jaksch1930 - 32Siegfried Theiß, Hans Jaksch: Herrengasse 6 - 81930 - 32Hochhaus mit 235 Wohnungen. Theiss und Jaksch entwarfeneine 9-geschossige Blockrandbebauung mit einem 16-geschossigenHochhaus an der Ecke zur Herrengasse. Diese Partie trittüber der Ladenzone hinter die Bauflucht zurück und wirkt so alsseparater Baukörper.Die drei Staffelgeschosse über seinem Hauptgesims gipfeln ineinem doppelstöckigen gläsernen Aufbau, der ein Aussichtscaféwar. Ab dem 12. Geschoss wurde abgetreppt, wodurchTerrassen entstanden. Die Sockelzone ist schwarz verglast.Reduziertes Formenrepertoire, das Haupttreppenhaus ist einverglaster Halbzylinder. Staatlich geförderter Bau, wobei dieWohnungen - die Hälfte davon war für Alleinstehende gedacht -ziemlich teuer waren.Konstruktion: Stahlskelettbau auf einer 2,5 m dickenStahlbetonfundamentplatte.Siegfried Theiß, Hans Jaksch: Herrengasse 6 - 81930 - 32Siegfried Theiß, Hans Jaksch: Herrengasse 6 - 81930-32“Die Bezeichnung „Hochhaus“ wurde schon während der Bauzeitangezweifelt, für die <strong>Wien</strong>er ein Grund mehr, darauf zu beharren.Der Stahlskelettbau mit 16 Geschossen bildet das Eck einerBlockrandbebauung mit zwei Höfen, die sich mit der Hauptgesimskantean die Gassenprofile hält. Der Eckturm ist ab dem12. Geschoss abgetreppt, die letzten beiden dienten als Cafe(aufgelassen). Wenn man von einigen großstädtisch-markantenDetails absieht - wie etwa der zerstörten Rundvitrine EckeHerren/ Fahnengasse – so beherrscht die stringent durchgehalteneFenstertüren Fassade die Physiognomie des Hauses. Dieaus den Mitteln der Bundesbauhilfe errichtete Anlage enthält,neben den Geschäftslokalen im Erdgeschoss und der darüberliegendenBüroetage, 120 Familien-Wohnungen und 105 sehrunterschiedlich große „Junggesellenwohnungen“. Das Stahlskelettsteht auf einer 2,50 m dicken Stahl beton fundament platteund ist mit Hohlziegeln ausgemauert und mit Korkplatten isoliert.Die Art der städtebaulichen Einbindungund die Gunst der Lagelassen den Bau im Stadtbild kaum in Erscheinung treten, sodass die Diskussion über den neuen Haustyp in der Innenstadtvertagt wurde. Das Hochhaus gehört zweifellos zu den interessanteren<strong>Wien</strong>er Bauleistungen der frühen dreißiger Jahre“.(Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur)46


4.1.2 Matzleinsdorfer Wohnhochhaus:Ladislaus Hruska, Kurt Schlauss MatzleinsdorferHochhaus 1955 - 64Ladislaus Hruska, Kurt Schlauss 1955 - 64“Das in der Achse der Kohlgasse stehende erste und echteHochhaus des <strong>Wien</strong>er Gemeindebaues der Nachkriegszeit bildetden Angelpunkt des etwas weitläufigen Theodor Körner - Hofes(1951 - 55). Wie man am Plan ersieht, waren die Architektenbemüht, durch ein strangfalzartiges Grundrißprofil den Turmbesonders schlank erscheinen zu lassen“.(Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur)4.1.3 Marshall Hof:Ladislaus Hruska, Kurt Schlauss MatzleinsdorferHochhaus 1955 - 64Arch. Stiegholzer 1958Schüttaustr. 1220 <strong>Wien</strong>Bürgermeister Jonas eröffnete in Anwesenheit des amerikanischenBotschafters im Bezirk Donaustadt drei städtischeWohnhausanlagen mit zusammen 1.240 Wohnungen. DieGesamtbaukosten betragen 138 Millionen Schilling.Die größte dieser Anlagen ist die am Kaisermühlendamm. Sieumfasst 920 Wohnungen, in der 2.900 Menschen wohnen, darunter700 Kinder. Es wurde beschlossen diese Wohnhausanlage„Marshall-Hof“ zu benennen. Im Gedenken an den amerikanischenGeneral und Außenminister George C. Marshall, der ineinem Vortrag an der Havard-Universität die Grundzüge einergroßen Aktion für den Wiederaufbau der europäischen Länderfestgelegt hat. Mit Hilfe des Marshall-Planes sind Hilfsaktionenin 16 europäischen Länder durchgeführt worden. Georg Marshallhat für seine Idee den Friedensnobelpreis erhalten.Marshall-Hof Arch Stiegholzer Schüttaustr.,1220 <strong>Wien</strong> 1958Marshall-Hof Arch Stiegholzer Schüttaustr.,1220 <strong>Wien</strong>195847


4.1.4 Wohntürme Alterlaa:Harry Glück(mit Hlawenicka, Requat + Reinthaller)1973 - 78Harry Glück und Partner, Alt Erlaa 1973 - 78Die Wohntürme Alterlaa sind eine als Wohnpark titulierteStadterweiterung, die dem überwiegend niedrig bebautensüdlichen Stadtrand einen unerwarteten Akzent gibt. 2900Wohnungen sind in drei Hochhausscheiben mit Breitfuß untergebracht:Verdichtetes Wohnen in hohen Großaggregaten, umauf der Erde Platz für gesellschaftlichen und Transportverkehrzu haben. Anwendung von einer anderen Le Corbusier Idee:Wohnungen wie Einfamilien häuser hoch zu stapeln. Die dazugehörigenGärten werden in Form von “Mini Gärten” denWohnungen vorgeschaltet.Das Großprojekt ermöglichte eine großzügige Ausstattung miteiner bandartig unter den Hochhäusern angeordnetenInfrastruktur (Läden, Schule, Kindergärten, Mehrzweckhalle,Cafe, Hotel, Club, Ärzte Center ...), die den Bewohnern volleAutarkie sichert.(Text, Geschichte des Wohnens)Harry Glück und Partner, Alt Erlaa 1973 - 78Mit beträchtlichem publizistischen Aufwand propagierte Glückseine bis zu 26 Geschosse hohen Wohnhäuser, die in einerarchitektonisch eher Schlichten industrialisierten Bauweiseerstellt wurden. Ihren Reiz erhielten sie durch die zusätzlicheAusstattung: Als Markenzeichen galten das Schwimmbad aufdem Dach und die großen Pflanzentröge an den Balkonen,die den Schrebergarten ersetzen sollten. Zusätzliche Gemeinschaftsräume sollten für die Bewohner den Charakter einesvertikalen Dorfs erzeugen. Mit diesen Bauten begann das Grüne<strong>Wien</strong>, hieß es in einem dem Projekt freundlich gesinntenBericht.4.1.5 Mischek Tower, Donaucity:Harry Glück und Partner, Alt Erlaa 1973 - 78Delugan_Meissl 1998“ ... Das erste wirkliche Wohnhochhaus - 110 Meter,35 Geschosse - für Österreich ...”Der Tower wurde arbeitsteilig bewältigt: Seine städtebaulicheAusformulierung, seine Form und Fassade, Zugang und Lobbysind ein Werk von Delugan_Meissl. Die innere Struktur und48


die Wohnungsgrundrisse, auch die Materialisierung in Plattenbauweisestammen vom Bauträger Mischek.Der Delugan_Meissl Bau ist ein nicht abgesetzter Solitär, sondernin den städtischen Kontext integriert; ein besonderesElement zwar, aber ohne Reibungsverlust für den Ort. Eineleicht geschwungene, nach oben verjüngte <strong>Vertikale</strong> wächst auseiner breit hingestreckten, höhenmäßig ans Umfeld angepasstenHorizontalen heraus.Mischek tower, Donaucity, Delugan Meissl 1998(text, Delugan_Meissl)4.2. Neue Projekte:4.2.1 compact city, BUS architekten, Fertigstellung 2001Im gleichen Maße, wie sich soziale und ökonomische Strukturenverändern, wird auch das gebaute Umfeld einer Gesellschaftschleichend modifiziert. Das passiert naturgemäß immer einwenig zeitverzögert und wird am Anfang unter Umständen argwöhnischbeäugt, doch Architekturen dieser Art haben sich auflange Sicht immer noch durchgesetzt. Dennoch mutig diejenigen,die sich an derlei Avantgarde-Projekte heranwagen.Die <strong>Wien</strong>er Architektengruppe BUS, das sind die ArgentinierLaura P. Spinadel, Claudio J. Blazica und der ÖsterreicherRainer Lalics, haben über viele Jahre hinweg, aufgefordert vonder Stadt, ein solches Projekt geplant und schließlich durchundumgesetzt. Die so genannte Compact City in der <strong>Wien</strong>erDonaufelderstraße 101 (21. Bezirk) wurde vom Bauträger SEGerrichtet, wird auch von ihr verwertet und ist nun so gut wie fertiggestellt.compact City, BUS Architekten(text: ute woltron)Die Stadt ist die Ebene der Kollision verschiedener Strategienund Interessenkonflikte (wirtschaftliche, politische, soziale, ökologische,kulturelle u.a.), die in Raum und Zeit überlagert sind.Unsere Aufgabe als schaffende Denker und Verantwortliche fürdie Umwandlung der physischen Umwelt ist grundsätzlich, dieseUmwelt zu „qualifizieren“. In einer Zeit der Entwertung der Stadt49


compact City, BUS Architektenals räumliche Verdichtung und der Entmischung und Segregationdurch den Bau von innerstädtischen Mauern, soll dieses Konzeptals Denkanstoß für die Repositionierung unserer Architekturproduktiondienen. Wie können wir neue taktische Instrumenteentwickeln, um die Spannung zwischen globalen und lokalenNetzwerken in der Stimulierung von intelligenten Prozessen einzubeziehen?Im gegenwärtigen Übergang von der Industriegesellschaftzur nachindustriellen Gesellschaft kann eine Verschiebungin den Proportionen der Wohn- und Arbeitswelt beobachtetwerden. Folgedessen zeichnet sich die Notwendigkeit einerUm programmierung des urbanen Lebens ab: die Stadt ist nichtnur der Habitat des Wohnens und des Arbeitens, sondern immermehr der Ort der Freizeit geworden. Der „Genuss“ von Stadtsoll die Wohnung nicht als Zufluchtsort und ihr Umfeld nicht alsDurchgangsfeld verstehen. Wie können wir reale Orte schaffen,in denen die Aufwertung des Individuums und die Verflechtungder kollektiven Erfahrung und der interaktiven wie auch simultanenLebensgestaltung eine Option bleiben?(Text:BUS architekten)compact City, BUS ArchitektenDie fraktale Stadtstruktur, die neuen virtuellen und realenBetriebsformen und die Notwendigkeit einer „lean technologie“sind eine soziale Realität, die die Voraussetzung für eine innovativeUnternehmungskultur bilden: Homeworkers als Pilotprojektuntersucht die Möglichkeiten der strategischen Produktion aufder Ebene des Fragmentes und verbindet Wohnen, Arbeiten undFreizeit auf vielschichtigen Formen.Wie kann man die Synergie der multiplen virtuellen Betriebsformenvorausplanen? Kann ein Projekt Nachfragen schaffenund neue Bedürfnisse erzeugen? Was bleibt Utopie und waswird Realität?compact City, BUS ArchitektenDer andere Rhythmus des sozialen Lebens dieser „Homeworker“wurde als wichtiger Schritt für die Vitalisierung von reinenWohngebieten gesehen. Das Projekt sollte bewußt als Anregungdienen, um das Durchmischungspotential der hybridenStrukturen zu untersuchen und eine Antwort auf neue Lebensweisenerkunden und aktiv fördern.Können in der heutigen Zeit Freiflächen als kreativer Ort, als50


Lebensgrundlage des Städtischen realisiert werden?(Text:BUS architekten)Dieser „Hausarbeiter“/“Heimarbeiter“ erlebt die Wirklichkeitanders als der „Fremdarbeiter“/ „Stadtarbeiter“. Folgedessen verliertdie Wohnung und ihr Umfeld in diesen Fällen ihren monofunktionalenCharakter. Wir meinen damit einen Fall der Mutationoder der Entwicklung von hybriden Strukturen, was eine neueBedeutung für die Arbeits- und Wohnbereiche mit sich bringt. DieWohnung wird als Ort der Vernetzung verstanden.Welche räumliche Veränderungen ergeben sich durchdiese neuen Funktionen für die Wohnungen? Wie soll mandie Konzepte der Flexibilität und des Raumrecycling alsWiederverwendung im Laufe der Zeit oder der Lebensabschnitteinterpretieren und ihnen einen gestalterischen Ausdruck verleihen?compact City, BUS Architekten(Text:BUS architekten)4.2.2 bkk 3, miss sargfabrik, Missindorfstraße 1140 <strong>Wien</strong> (2000)Wer von den öden <strong>Wien</strong>er <strong>Wohnbau</strong>kisten der vergangenenJahre genug hatte, übersiedelte in die Penzinger „Sargfabrik“.Der Erfolg des Projekts, das vom Verein für integrative Lebensgestaltunggetragen und vom Baukünstlerkollektiv geplant wurde,findet nun eine Fortsetzung - unter dem Marketingtitel „MissSargfabrik“.Die Architekten Johann Winter und Franz Sumnitsch sowie derVerein haben in mehrfacher Hinsicht dazugelernt. Zunächst einmalwurden im neuen Bauabschnitt an der Missindorfstraße derAnteil der Garconnieren auf die Hälfte der insgesamt 40 gefördertenWohneinheiten erhöht.Neu aber auch in der planerischen Konsequenz des ersten Teilsder „Sargfabrik“ ist die räumliche Organisation besonders imBereich der Kleinwohnungen. Die Garconniere als Synonym füreine minimale Wohnschachtel gilt in der „Miss Sargfabrik“ nicht.Winter und Sumnitsch haben es geschafft, dass auch die Kleinwohnungenzwischen 35 und 50 Quadratmeter ein3D-Erlebnis bieten.miss sargfabrik, bkk 3(Text:Gerd Walden)Die Idee ist so einfach, wie sinnvoll. Statt der üblichen, platten51


miss sargfabrik, bkk 3Trennwände haben die Mauern zwischen den Garconniereneinen Knick. Auf diese Weise entstehen zwei unterschiedlicheRaumkonfigurationen: es gibt da die introvertierte Variante, dieeine erweiterte Wohnungsmitte umfaßt und eine extrovertierteKonstellation, wo die Öffnung zu den Fassaden hin dominiert.Außerdem ist durch die unterschiedlichen Raumhöhen innerhalbder Wohnungen das Einziehen einer schrägen Ebene möglichgeworden, sodass auch innerhalb der Garconnieren Enge undWeite in der <strong>Vertikale</strong>n spürbar sind. „Höhle oder Zelt“ - beidearchetypischen Spielarten der Behausung nach Gottfried Sempersind also möglich, und sie wurden auch von den „Wohnungswerbern“angenommen, was übrigens beim Ansuchen um<strong>Wohnbau</strong>förderung durchaus nützlich war, weil bereits aufVorvermietungen hingewiesen werden konnte.(Text:Gerd Walden)miss sargfabrik, bkk 3Integratives Wohnen“ bedeutet aber in der „Miss Sargfabrik“auch: ein Clubraum für Jugendliche, Platz für Teleworker, eineGemeinschaftsküche und Bar, sowie Bibliothek und ein kleinerWaschsalon.Für diese wichtigen Einrichtungen sind immerhin rund 260Quadratmeter Flächen vorgesehen, während die Wohnnutzfläche2.850 m² ausmacht.4.2.3 Terrassenhaus - BuchengasseArchitekt: Rüdiger Lainer und PartnerFertigstellung: 2008249 geförderte Wohnungen (55 - 120 m2)Kindergarten der Stadt <strong>Wien</strong>Tiefgarage mit 249 StellplätzenTerassenhaus Buchengasse, Rüdiger Lainer + PartnerProjektbeschreibung:Aus einer 1-2 geschossigen Sockelzone mit eingeschnittenenFreiflächen und privaten Patiohöfen wächst die höhereBebauung, die von dem niederen, differenzierten Blockrandzurückrückt. Die Solitäre werden durch ihre Terrassierung,Einschnitte und die vorragenden, individuellen Veranden gegliedert.Dieses Konzept bietet den Bewohnern und Anrainerntrotz hoher Dichte Freiraumqualität, Ausblick, Durchblick undBesonnung. Das Prinzip der Grundrisse basiert auf einemeinfachen Modulsystem, welches eine Aneinanderreihung vielfältigerGrundrisstypen ermöglicht. Eine großes Angebot angemeinschaftlichen Freiflächen unterschiedlicher Qualitäten undOrganisation, wie Gemüsegärten, Festwiesen, Wellnessbereiche52


und Sauna am Dach, Kinderspielplätze und introvertierte Loggien(vertikale Gärten), bereichern die Wohnoase.Städtebauliches Prinzip:Der Blockrand wird definiert durch eine niedere Bebauung,die als Patiohäuser für das Kindertagesheim undGemeinschaftsflächen genutzt wird. Diese Bebauung könnteauch so flexibel dem Straßenraum zugeordnet werden, dass,entsprechend dem sich entwickelnden Bedarf, Geschäftsflächen,Werkstätten etc. möglich sind. Die höheren Baukörper sind vondiesem Rand zurückgerückt. Der südliche Baukörper liegt mittig,sodass die Anrainer durch die Höhe weder beschattet, noch inihrem Ausblick eingeschränkt werden.Alle Baukörper gegen die Straßenräume liegen nicht über dermöglichen Höhenumrisslinie.Für den mittleren Baukörper war dieBedingung für ein einfaches Widmungsverfahren, nicht über dieBauklasse V zu gehen. Dies ist mit der nun festgelegnen Höhevon 26m + 5m gegeben.Ausbildung der BaukörperDie Konfiguration der Baukörper wird aus der Optimierung vonKontext, Lichteinfall, Sichtbezügen und Funktion entwickelt.Die plastischen Baukörper werden durch die Terrassierungen,Einschnitte und die vorragenden Veranden gegliedert. DieVerschneidungen und Einschnitte strukturieren die innen liegendeErschließung und schaffen als Mehrwert vielfältigeGemeinschaftsbereiche unterschiedlicher Größe. Die Fenstersind im Raster so versetzt, dass sie flexibel den Anschluss vonTrennwänden ermöglichen. Durch den verschobenen Versatzder Fenster in den Geschossen wirkt die Fassade flächig.Die Fenster fungieren damit als Muster, das die plastischeVolumetrie der Gebäude stärkt.Terassenhaus Buchengasse, Rüdiger Lainer + PartnerStruktur der Wohnungen:Das Prinzip der Grundrisse basiert auf einem einfachenModulsystem, das bei gleichem Rohbau die Aneinanderreihungvielfältiger Grundrisstypen ermöglicht. Die Struktur derWohnungen mit tragenden Außenwänden und Mittelwändenermöglicht in Längsrichtung ungehinderte Flexibilität. Es könnendie verschiedenen Wohnungstypen, aber auch verschiedeneGrundrisskonfigurationen eingesetzt werden. Der offeneGrundriss ermöglicht auch die Einbettung von Arbeitsbereichenunterschiedlicher Größe und Zuordnung.Die Erschließung in Haus A und C fungiert in ihremZusammenwirken mit den integrierten Freiräumen auch als53


stockwerksbezogene informelle Kommunikationszone.Freiraumkonzept:Das Grundstück wird durch die Baukörper und die Freiräumein öffentliche, halböffentliche und private Zonen unterteilt, diemit ihrer großen Nutzungsvielfalt auch ein Angebot für einabwechslungsreiches Freiraumkonzept darstellen: die Patiosmit Pflanzbereichen und die Veranden mit den Pflanzentrögen.Die Dachlandschaft bietet als fünfte Fassade jedem Gebäudeein spezielles Angebot an Pflanzbeeten, Festwiesen undWellnesszonen - also „City Farming“!(Text: Lainer und Partner)4.2.4 Wohnen am ParkArchitekten: PPAG architects ZT GmbHFertigstellung: 2009Projektbeschreibung:Im Zuge des Ausbaus des ehemaligen Nordbahnhofgeländesentsteht entlang der Vorgartenstraße / Höhe Rudolf Bednar Parkder 10geschossige <strong>Wohnbau</strong> „Wohnen am Park“.wap Wohnen am Park, ppag ArchitektenDer <strong>Wohnbau</strong> folgt keiner eindeutigen Typologie. Auf einRegelgeschoss wird verzichtet. Der Größe des Hauses wirdmit Kleinteiligkeit und Vielfalt begegnet. 274 Wohnungenordnen sich gemäß ihrer Charakteristik im Gefüge: park-/südseitig siedeln monoorientierte Geschosswohnungen, straßen-/nordseitig werten Maisonetten mit internen 2geschossigenLufträumen die benachteiligte Lage auf. An besonderenStellen im Haus teilen durchgesteckte Wohnungen den zentralenErschließungsgang in unterschiedliche Abschnitte, die sowohlpragmatische Brandabschnitte, als auch Zonen der Orientierungund Nachbarschaft innerhalb des Wohnriesen sind. Ein dunkler,monotoner Mittelgang wird vermieden, stattdessen entstehenOrte und Räume zum wieder Erkennen: der 2geschossigeLuftraum vor der Wohnungseingangstür, die Doppelstütze imsich aufweitenden Gang, der abknickende Gang (mit angrenzendenEinlagerungsräumen auf der Etage) zur Straßenfassademit Ausblick! So werden hausintern Subgemeinschaftengebildet. Kein Abschnitt gleicht dem anderen: nicht nur diemögliche Tapete / Wandgestaltung dient der Identifikation,sondern die Architektur selbst impliziert eine räumliche Vielfalt.Der Gangbereich vor der Wohnung wird zum gemeinsamen54


Vorzimmer der Nachbarschaft.Das Erdgeschoss bleibt weitestgehend nutzungsfrei und ist somitein großzügiger, offener Ein- und Durchgang zum Park mit überdachtenSpiel- und Sportplätzen. Die Erschließung des Hauseserfolgt über 4 Stiegenhäuser.Im 1.Obergeschoss, sowie auf dem Dach wird die gesamteLänge des Hauses erfahrbar: der zentrale Gang verbindet hieralle Stiegenhäuser und ermöglicht Zugang zu den Fahrrad- undKinderwagenabstellräumen, den gemeinschaftlich genutztenWaschküchen, sowie dem zweigeschossigen Kinderspielraumund hausinternen Mehrzwecksraum. Weiterhin sind imErdgeschoss ein Hausbetreuungszentrum, sowie im oberstenGeschoss eine Sauna integriert.Das Dach ist öffentlich begehbar, eine ausgestreckteDachterrasse, die die Länge des Hauses von 190m ausnutzt, lädtzum Spazieren und Ausblicken ein.Das Haus bringt seine innere Organisation zum Ausdruck, seineStatik, seine Wohnungstypologie und deren Erschließung. Diegroßformatigen Öffnungen (Maisonetten) zur Strasse eröffnen,verglichen mit den konventionellen Fenstergrößen zum Park(Geschosswohnungen), eine Diskussion über den tatsächlichenMaßstab des Hauses. Der jeweilige Blick verwirrt den Betrachterob der tatsächlichen Geschosszahl und Größe des Hauses.Die technisch-materielle Ausformung folgt den Gegebenheitendes sozialen <strong>Wohnbau</strong>s. Die Robustheit des Ansatzes (dieRäumlichkeit) ist entscheidend.wap Wohnen am Park, ppag Architekten(Text: PPAG)weitere Beispiele:4.2.5 Mountain Dwellings, KopenhagenArchitekten: BIG/JDSFertigstellung: 20084.2.6 Linked Hybrid, Beijing, ChinaArchitekten: Steven HollFertigstellung: 200955


europan_7 senftenberg, x-urbitant0. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise57


5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau5.1. Geschichte der Vorfertigung/Schlaglichter- Präfabrikation beginnt spätesten mit der Herstellung desersten Ziegelsteins- gegen Ende des 18. Jahrhunderts in England Vorfabrikationvon Gusseisenteilen: von Abraham Darby‘s - Ironbridge naheShrewsbury bis hin zum Kristallpalast der Weltausstellung1851 (Errichtungszeit nur 9 Monate!)- 1815 gründete Thomas Cubitt in London die erste Baufirmamit Handwerkern verschiedener Gewerke in festenLohnverhältnis- Dymaxion House Project 1927 Fuller (für Massenproduktiongedacht)- Wachsmann und Gropius gründeten 1941 „General PanelCorporation“ wohl erste fast vollautomatische Fabrik zurHerstellung vorfabrizierter Bauelemente (Fertigteilhäuser)- bis 1945 war die Bauindustrie „arbeitsintensiv“ - danachVeränderung hin zu kapitalintensiv, Gründe: die technischeEntwicklung, der zunehmender Mangel an ungelerntenArbeitskräften und Fachkräften und Zunahme des sozialen<strong>Wohnbau</strong>s und öffentlichen Siedlungsbaus - Vorfabrikationminimiert Arbeit vor Ort5.2. Definition für Industrielle BauweiseIndustrielle Bauweise ist die Montage vorfabrizierter Standardelementeam Bauplatz nach einem bestimmten System inTrocken bauweise.5.3. Geschichte des Bauens mit BetonfertigteilenBisher bekannte Erstanwendungen von Betonfertigteilen:Land Jahr Fertigungsort Montageort AnwendungsgebietHäuser aus StampfbetonF 1830 Marssac Wohnhaus Unbewehrter BetonF 1867 Paris Rue Daumesnil StampfbetonD 1870 Schwaben Bahnwärterhäuschen StampfbetonD 1872/75 Lichtenberg Victoriastadt StampfbetonBetonhäuser aus BetonblöckenEng 1832 London Brighten BetonblöckeUSA 1837 New York Staten Island BetonblöckeD 1910/11 Henningsdorf AEG Siedlung SchlackenbetonsteineD 1926/27 Frankfurt/Main Praunheim Großblockbauweise58


Wohnhäuser/GroßplattenEng 1878 London Paris/Weltausstellung System LascellesUSA 1918 New York Forest Hill System AtterburyHoll. 1923/25 Amsterdam „Betondorp“ System Atterbury/BronD 1926/27 Baustelle Berlin-Friedrichsfelde Patent BronDDR 1952 Ludwigslust Zickhusen 1. NachkriegsbauAmsterdam Watergraafsmeer sog. „Betondorp“ (Betondorf):- rund 2000 Häuser, davon rund die Hälfte in 10 verschiedenenBetonsystemen- im Patent Bron 1923-1925- 151 Wohnungen in Großtafelbauweise- Architekt Dick GreinerBerlin-Friedrichsfelde sog. Splanemannsiedlung:- 138 Wohnungen in Großtafelbauweise- Idee und Entwurf von Martin Wagner mit Wilhelm Primke- Bauzeit 1926-1927Frankfurt Siedlung Praunheim:- Blockbauweise- Architekten Ernst May und Herbert Boehm- Bauzeit 1926 -19295.4. Plattenbau (DDR)- 1952 erster Bau aus Großplatten nach 2.Weltkrieg- mit Entstalinisierung in UdSSR auch in DDR Abrücken vom„Sozialistischen Klassizismus“- 1955 Erste Baukonferenz der DDR, Motto: „Besser, Schneller undBilliger Bauen“- ab 1957 bereits Fließfertigung in einem ortfesten Plattenwerk- 1959-61 weitere Standardisierung und Entwicklung- insgesamt rund 2,2 Mio WE in Wohnungen aus Betonfertigteilen,davon 1,45 Mio in PlattenbauEntwicklung der verschiedenen Bauweisen:Blockbauweise Streifenbauweise Plattenbauweisezwischen 1958-1990 zwischen 1958-1990 zwischen 1966-1990ca. 150 Elemente/WE ca. 65 Elemente/WE ca.30 Elemente/WEca. 0,6 WE/Schicht ca. 0,9 -1,1 WE/Schicht ca. 1,1- 1,4 WE/Schicht59


Plattenbautyp P2- 363600 WE - damit 17% am Wohnungsbestand vonMehrfamilienhäusern in Fertigteilbauart- von 1966 bis 1990 gebaut- in der Regel Zweispänner um innenliegendes quadratischesTreppenhaus- innenliegende Küchen und Bäder- vorrangig 5 und 11-geschossig, später auch 6 geschossigPlattenbautyp WBS 70- 644900 WE - damit 30% am Wohnungsbestand vonMehrfamilienhäusern in Fertigteilbauart- von 1972 bis 1990 gebaut- innenliegende Bäder und überwiegend aussenliegendeKüchen- vorrangig 5 und 6-geschossig bis zu 11-geschossig- vor allem städtebaulich flexibler als P2, d.h. größereVariabilität in den GebäudeformenStandardgrundriss P2 Standardgrundriss WBS 705.5. Rückbau/Stadtumbau- zur Zeit Leerstand von über 1 Mio. Wohnungen in den„Fünf Neuen Bundesländern“- bis 2010 Rückbau von rund 350000 Wohnungen , zumeist inPlattenbauten- vom Bund gefördert wird nur der Totalabriss- trotzdem verschiedene Umbauprojekte, wie Teilrückbau,Häuser aus wiederverwendeten Platten (dabei können bis zu25% der Rohbaukosten eingespart werden) ...60


Delugan Meissl: Stadthaus Wimbergerstr, 1070 <strong>Wien</strong>0. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers imGeschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise61


6. Position des Bauträgers imGeschosswohnbau(Vortrag Dr Kallinger, Kallco Bauträger)6.1. Projektverdichtung:6.2. Aufbauorganisation:62


6.3. Ablauforganisation, Regelkreisschema:63


6.3.1 Zusammenfassung:Der Bauwille des Bauherren, in diesem Fall des Bauträgers,steht an erster Stelle in einer langen Reihe, die bis zurSchlüssel übergabe an den Nutzer reicht. Je konkreter dieVorstellungen des Bauherren, umso besser läßt sich fürdie Bauaufgabe eine Architektin oder ein Architekt finden.Dialogbereitschaft und auch konstruktive Auseinandersetzungwird von der Bauherrenseite gewünscht und sogar vorausgesetzt.Rahmenbedingungen wie z.B. Kosten und Bauordnungmüs sen auch schon von Beginn an Teil der Vorgaben sein.Der Bauträger ist mitverantwortlich für die Akzeptanz des Bauwerkesin der Öffentlichkeit, für das Erscheinungsbild in derStadt, für den Markt, die Kosten, die Qualität und letz tlich auchfür den Nutzer.Aktuelle Tendenzen:Das Gesamtbild eines Wohngebäudes wird für den Nutzerzusehends wichtiger. Nicht mehr nur die Lage der Wohnung,deren Größe, Grundriss, Anzahl der Balkone ... sondern dasgesamte Erscheinungsbild der Anlage mit Außen raumgestaltung,Stiegenhäusern, Foyer, Materialien ... sind für den zu künftigenWohnungsbesitzer oder Mieter entscheidend.64


Hugh Ferriss, Zeichnung 19160. Intro1. Historischer Überblick2. Phänomene, Utopien, Kunstprojekte3. Typologien4. <strong>Wien</strong>er Wohnhochhäuser, neue Projekte5. Industrialisiertes Wohnen - Plattenbau6. Position des Bauträgers im Geschosswohnbau7. Leseliste, Literaturhinweise65


Delirious New YorkEin retroaktives Manifest für ManhattanRem KoolhaasArch+ Verlag1978ISBN 3 931 435 008Life : A User‘s ManualDas Leben, GebrauchsanweisungGeorges PerecDavid R. Godine Publisher2000ISBN 0 879237511City of DarknessLife in Kowloon Walled CityGreg GirardErnst und Sohn Verlag1993ISBN 3 433 02355 7Intertwining : Selected Projects 1989-1995Steven HollPrinceton Architecural pressÖsterreichische Architektur im 20. JahrhundertFriedrich AchleitnerResidenzverlagHigh RiseJ. G. BallardCarroll & Graf (Juni 1988)The City in History : Its Origins, Its Transformations, and ItsProspectsLewis Mumford1968ISBN: 0156180359Die Geschichte der StadtLeonardo BenevoloCampus Verlag Frankfurt New YorkISBN 3 593 33232 9Geschichte des WohnensBand 1 - 5Deutsche VerlagsanstaltISBN 3 421 03115 0Architektur im 20. Jhdt.William J.R. CurtisDeutsche VerlagsanstaltISBN 3 421 02951 2Megastructure, Urban futures of the recent pastReyner BanhamThames and Hudson 197666


Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichenZivilisation.Richard Sennett1997ISBN: 3 518 39169 0The conscience of the eye, the design and social life of citiesRichard SennettW.W. Norton and CompanyISBN: 0 393 30878 2Vers une Architecture, Towards a new ArchitectureLe CorbusierArchitectural Press;ISBN: 0750606274Raum, Zeit, Architektur. Die Entstehung einer neuen Tradition.Sigfried GiedionBirkhäuser Verlag1976ISBN: 3764354070Adolf Max Vogt,Architektur 1940 - 1980,Verlag Propyläen 1980Modern ArchitectureAlan ColquhounOxford University Press2002ISBN 019 2842269Modern Housing PrototypesRoger SherwoodHarvard University Press1979ISBN 978 067457941567


1040 <strong>Wien</strong> Karlsplatz 13 Tel. +43 1 58801-25501Fax +43 1 58801-25599 http://www.wohnbau.tuwien.ac.at

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!