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Enzenrieth – Einst adeliger Sitz - familienforschung-kunz-weiden.de

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<strong>Enzenrieth</strong> <strong>–</strong> <strong>Einst</strong> <strong>a<strong>de</strong>liger</strong> <strong>Sitz</strong><br />

von Johann Baptist Fröhlich, Landgerichtsdirektor, Wei<strong>de</strong>n<br />

Oberpfälzer Heimat, 18. Band <strong>–</strong> 1974, Seite 172 bis Seite 175<br />

Das Dorf <strong>Enzenrieth</strong> im Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab <strong>–</strong> zwischen Leuchtenberg<br />

und Wei<strong>de</strong>n gelegen <strong>–</strong> ist seit Jahrhun<strong>de</strong>rten fast unverän<strong>de</strong>rt geblieben.<br />

Im Jahr 1952 zählte man 13 Wohngebäu<strong>de</strong> mit 91 Einwohnern (1). Vor 110<br />

Jahren, 1842 hatte <strong>Enzenrieth</strong> 13 Hausnummern und 92 Einwohner (2).<br />

Das Dorf<br />

Nach <strong>de</strong>m Urkataster gibt es in <strong>Enzenrieth</strong> 4 Höfe (3):<br />

Nr.: Hausname: Besitzer: Grundbesitz:<br />

1 beim Lindnerbauern Johann Lindners Erben 87 Tagwerk<br />

2 beim Bauern Peter Pausch 85 Tagwerk<br />

3 beim Sommerbauer Paul Sommer 86 Tagwerk<br />

4 beim Paulus Bauer Johann Lindner 28 Tagwerk<br />

Dazu kamen im Dorf 6 „Gütln“ mit <strong>de</strong>n Hausnummern 5 bis 10:<br />

5 beim Götzweber Wolfgang Götz 6 Tagwerk<br />

6 beim Langweber Johann Rothballer 3 Tagwerk<br />

7 beim Bin<strong>de</strong>r Witwe <strong>de</strong>s Georg Weiß 10 Tagwerk<br />

8 beim Schmierschnei<strong>de</strong>r Witwe <strong>de</strong>s Paul Graf 8 Tagwerk<br />

9 beim Weber Georg Sommer Leerhäusler mit<br />

einem Garten<br />

10 beim Stahlschnei<strong>de</strong>r Johann Schie<strong>de</strong>r Leerhäusler mit<br />

einem Garten


Diese Gütler waren auf Nebenerwerb angewiesen, und die Hausnamen nennen<br />

die ausgeübten Berufe <strong>de</strong>s Webers, Schnei<strong>de</strong>rs und Bin<strong>de</strong>rs (4).<br />

Die Hausnummer 12 in <strong>Enzenrieth</strong> umfasste <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>besitz mit Hüthaus<br />

und 0,4 Tagwerk Gemein<strong>de</strong>grund.<br />

Hausnummer 13 war die Filialkirche St. Georg in <strong>Enzenrieth</strong> mit 0,11 Tagwerk<br />

Grundbesitz.<br />

Die Anwesen in <strong>Enzenrieth</strong> hatten laut Urkataster Forstrechte in allen Staatswaldungen<br />

<strong>de</strong>r ehemaligen Johanniter-Or<strong>de</strong>ns-Commen<strong>de</strong> <strong>Enzenrieth</strong>, bestehend<br />

in Rechstreu nach Bedarf und Wal<strong>de</strong>skräften.<br />

Das auffälligste Bauwerk <strong>de</strong>s kleinen Ortes <strong>Enzenrieth</strong> trägt die Hausnummer<br />

11.<br />

Es besaß im Jahr 1842 Bartl Graßenauer mit <strong>de</strong>m Hausnamen „beim Schlößlwirt“;<br />

dazu gehörten 5 Tagwerk landwirtschaftlicher Grund. Graßenauer hatte<br />

das frühere Hofmarksschloss im Jahr 1825 um 503 Gul<strong>de</strong>n vom Staat erkauft.<br />

Die wechselvolle Geschichte dieses „Schlößl“ und seiner Besitzer soll hier<br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der a<strong>de</strong>lige Ansitz<br />

Im Jahr 1143 wur<strong>de</strong> <strong>Enzenrieth</strong> erstmals erwähnt. Bischof Egilbert von Bamberg<br />

gab einen Hof zu <strong>Enzenrieth</strong> als Jahrtagsstiftung an das Kloster Prüfening<br />

(5). Neubruchzehnten in „Anzersreut“ wur<strong>de</strong>n 1332 vom Bischof von<br />

Regensburg zu Lehen gegeben (6). Es wur<strong>de</strong> also um <strong>Enzenrieth</strong> im 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

erneut gero<strong>de</strong>t.<br />

In einem Rechtsstreit zwischen <strong>de</strong>n Herren von Lengenfeld und <strong>de</strong>m Kloster<br />

Waldsassen fand ein Hof zu Enzenreuth 1334 Erwähnung (7).<br />

Dass <strong>Enzenrieth</strong> einen A<strong>de</strong>lssitz hatte, erfährt man durch die urkundliche<br />

Nennung von Heinrich <strong>de</strong>m Siger von <strong>Enzenrieth</strong> im Jahr 1358 (8). Zwischen<br />

Siger und <strong>de</strong>n benachbarten Herren von Engleshof bestan<strong>de</strong>n verwandtschaftliche<br />

Beziehungen (9). Heinrich Siger hatte nach <strong>de</strong>m ältesten Leuchtenberger<br />

Lehenbuch auch Grundbesitz in Bechtsrieth, Muglhof, Pischeldorf, Seibertshof<br />

und Zeißau (10).<br />

Im Jahr 1434 übergab Heinrich Siger <strong>de</strong>m Gotteshaus in <strong>Enzenrieth</strong> in Erfüllung<br />

eines Vermächtnisses seines Bru<strong>de</strong>rs Grundstücke an Stelle einer Geldzuwendung.<br />

Wann das erste gemauerte Bauwerk auf <strong>de</strong>m Turmhügel <strong>Enzenrieth</strong> gebaut<br />

wur<strong>de</strong> ist unbekannt, doch auch hier wird die Entwicklung ähnlich wie in <strong>de</strong>n<br />

benachbarten Orten Engleshof, Pirk und Rothenstadt gewesen sein (11).


Das in <strong>de</strong>n letzten Jahren renovierte Schlößl hat man wohl nach <strong>de</strong>r Zerstörung<br />

von <strong>Enzenrieth</strong> am 27. November 1631 durch kaiserliche Truppen auf alten<br />

Grundmauern wie<strong>de</strong>rerbaut (12).<br />

Die Vogtei <strong>Enzenrieth</strong><br />

Vor <strong>de</strong>m Hofgericht <strong>de</strong>s Pfalzgrafen Johann wur<strong>de</strong> im Jahr 1439 ein Rechtsstreit<br />

ausgetragen. Ulrich Dreswitzer verklagte seinen Oheim Heinrich Siger,<br />

dass dieser entgegen einer früheren Vereinbarung <strong>Enzenrieth</strong> nicht ihm, son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>m Kloster Kastl übereignet habe. Siger, hochbetagt, im Kloster lebend,<br />

erklärte, dass ihn seine familiären Verhältnisse <strong>–</strong> das hohe Alter seiner Frau<br />

und da sein Sohn „nicht vernünftig“ sei <strong>–</strong> bei seinem Entschluss beeinflusst<br />

hätten (13).<br />

Das Kloster Kastl wur<strong>de</strong> Eigentümer von <strong>Enzenrieth</strong>. Im ältesten Urbar <strong>de</strong>s<br />

Klosters von 1334 wer<strong>de</strong>n bereits Besitzungen in <strong>de</strong>r Nachbarschaft von<br />

<strong>Enzenrieth</strong> genannt, 16 Güter in Hochdorf und 4 Höfe und eine Mühle in Seibertshof<br />

und 1427 Ruprecht von Wolfering die Vogtei Hochdorf und Seibertshof<br />

(15).<br />

Im Jahr 1446 wur<strong>de</strong>n die Landgrafen von Leuchtenberg die Vögte über <strong>Enzenrieth</strong>,<br />

Hochdorf und Seibertshof (16). Kloster Kastl vereinigte nun die 12 Höfe<br />

von <strong>Enzenrieth</strong>, die 19 Anwesen von Hochdorf, 5 in Seibertshof und einen Hof<br />

in Irchenrieth zu einem Landsassengut mit Hofmarksgerechtigkeit unter <strong>de</strong>r<br />

Bezeichnung „Vogtei <strong>Enzenrieth</strong>“ (17).<br />

Von 1439 bis zur Säkularisation unter Pfalzgraf Friedrich blieb das Kloster<br />

Kastl Eigentümer (18). Dann kam <strong>Enzenrieth</strong> unter staatliche Verwaltung. Von<br />

1636 bis 1773 waren die Jesuiten von Amberg Besitzer <strong>de</strong>r Hofmark. Da nun<br />

<strong>de</strong>r Staat die Nachfolgerechte antrat, trägt ein Schriftstück <strong>de</strong>s Jahres 1778 die<br />

Unterschrift: J.B. Kirn, Amtsrichter <strong>de</strong>s kaiserlichen Hofmarksgerichtes <strong>Enzenrieth</strong><br />

(19).<br />

Von 1782 bis 1808 gehörte die Hofmark <strong>de</strong>m Malteseror<strong>de</strong>n im Amberg, so<br />

lautete im Jahr 1787 die amtliche Bezeichnung „Malteser Ritter Or<strong>de</strong>ns Hofmarks<br />

Richteramt <strong>Enzenrieth</strong>“ (20). Nach Aufhebung <strong>de</strong>s Malteseror<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Staat Eigentümer, das Schlößl wur<strong>de</strong> an Privatleute verkauft.<br />

Die Kirche St. Georg<br />

Im Jahr 1434 übergab Heinrich Siger von <strong>Enzenrieth</strong> in Erfüllung <strong>de</strong>s Vermächtnisses<br />

seines Bru<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>s Geistlichen Herren Wilhelm Siger, anstatt von 110<br />

Gul<strong>de</strong>n zu einer Ewigen Messe in <strong>de</strong>r Kirche St. Jörg in <strong>Enzenrieth</strong> 2 Güter in<br />

Irchenrieth und 3 Tagwerk Wiese (21).<br />

Auch Heinrich Siger selbst bestimmte bei <strong>de</strong>r Abtretung seiner Besitzungen im<br />

Jahr 1438 an das Kloster Kastl eine Ewige Messe in <strong>de</strong>r zur Pfarrei Luhe gehörigen<br />

Filialkirche St. Georg in <strong>Enzenrieth</strong> (22). Im Jahr 1441 verlieh Kardinal<br />

Johannes zu Nürnberg einen eigenen Ablass (23).


St. Georg muss hier hoch verehrt wor<strong>de</strong>n sein, <strong>de</strong>nn die Kirche besitzt heute<br />

noch ein Votivbild <strong>de</strong>s Jahres 1642, in <strong>de</strong>m sich Hans Kreßmann von Moosbach<br />

nach <strong>Enzenrieth</strong> verlobt.<br />

Im Jahr 1849 wur<strong>de</strong> die Kirche neu erbaut, <strong>de</strong>r Altar stammt aus <strong>de</strong>r Zeit um<br />

1670 (24). Im Jahr 1961 ist <strong>Enzenrieth</strong> von Luhe nach Pirk umgepfarrt wor<strong>de</strong>n.<br />

Fußnoten:<br />

1 Amtliches Ortsverzeichnis<br />

für Bayern<br />

1952, S. 761<br />

2 Destouches Joseph Statistische Beschreibung <strong>de</strong>r Oberpfalz,<br />

1809<br />

3 Staatsarchiv Amberg Rentamt Wei<strong>de</strong>n 193, Grundsteuerkataster<br />

1842/43<br />

4 Bin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Binner ist eine mundartliche<br />

Berufsbezeichnung für Büttner<br />

5 Reg. Boica (= Rb)<br />

I., S. 168<br />

E. v. Guttenberg<br />

Territorialbildung am Obermain, 1925, S. 14<br />

6 Rb VII, S. 55<br />

7 Wagner Illuminatus Geschichte <strong>de</strong>r Landgrafen von Leuchtenberg,<br />

Band II (1950), S. 37<br />

8 Hauptstaatsarchiv M Gerichtsurkun<strong>de</strong>n Wernberg 5<br />

9 Hauptstaatsarchiv M Gerichtsurkun<strong>de</strong>n Leuchtenberg Fasz. 7,<br />

Urkun<strong>de</strong> 1366<br />

10 Verhandlungen <strong>de</strong>s Hist.<br />

Vereins v. Opf. u. R (= VO)<br />

Band 96 (1955), S. 295<br />

11 Zückert Gerhard Die Wehranlage von Rothenstadt, Oberpfälzer<br />

Heimat, Band 7 (1962)<br />

12 VO Band 17 (1856), S. 176<br />

13 VO Band 4 (1837), S. 69<br />

14 VO Band 87 (1937), S. 195<br />

15 Wagner Illuminatus Geschichte <strong>de</strong>r Landgrafen von Leuchtenberg,<br />

Band III (1951), S. 113<br />

16 Mon. Boica 24, S. 664<br />

17 Weiß Gottfried Oberpfälzer Nachrichten 1954, „<strong>Enzenrieth</strong>“<br />

18 Kunst<strong>de</strong>nkmäler Band XVII, Einleitung S. 4<br />

19 Stadtarchiv Wei<strong>de</strong>n Akten I Nr. 220<br />

20 Stadtarchiv Wei<strong>de</strong>n Akten I Nr. 1126<br />

21 Hauptstaatsarchiv M Gerichtsurkun<strong>de</strong>n Leuchtenberg Fasz. 16<br />

22 VO Band 4 (1837), S. 69<br />

23 VO Band 89 (1939), S. 139<br />

24 Kunst<strong>de</strong>nkmäler Band Neustadt a.d. Waldnaab, Band IX, S. 23<br />

Abschrift: Alfred Kunz, Wei<strong>de</strong>n

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