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Liebe Leserinnen und Leser der Köpenicker ... - Trafo Verlag

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<strong>Köpenicker</strong> Seniorenzeitung – Ausgabe 1/2004<br />

Wie die Menschen sterben!<br />

Bemerkungen zur Sterbeaufklärung<br />

Er starb<br />

Wie einer, <strong>der</strong> sich auf den Tod geübt,<br />

Und warf das Liebste, was er hatte, von sich,<br />

Als wär’s unnützer Tand. Shakespeare, Macbeth I.4<br />

Wer war o<strong>der</strong> ist schon auf den eigenen Tod geübt?<br />

Die meisten Menschen wünschen sich heute einen<br />

plötzlichen <strong>und</strong> unerwarteten Tod. So sagte<br />

<strong>der</strong> Schauspieler Erwin Geschonnek: „Umfallen<br />

möchte ich wie ein Baum.“ Tatsache ist<br />

aber, daß solch ein Sterben heute in Deutschland<br />

nur etwa jedem Sechsten vergönnt ist.<br />

Jüngste einschlägige Untersuchungen besagen,<br />

daß es eine Gewöhnung an den Tod nicht gibt,<br />

son<strong>der</strong>n daß je<strong>der</strong> seinen eigenen Tod stirbt.<br />

Zu den Faktoren, die die Art des Sterbens beeinflussen,<br />

wird u. a. auch die rechtzeitige Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem Lebensende beitragen.<br />

Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht jedoch die Todesursache.<br />

Auch die äußeren Bedingungen sind für ein<br />

würdiges Sterben bestimmend.<br />

An erster Stelle sind hier psycho-soziale Aspekte<br />

zu nennen. Hierzu zählt u. a. das Selbstbestimmungsrecht,<br />

die Patientenautonomie. Die früher<br />

von <strong>der</strong> Familie ausgeübte Begleitung muß<br />

in vielen Fällen heute von Professionellen o<strong>der</strong><br />

Laien geleistet werden. Wichtig ist es dabei, die<br />

Bedürfnisse Sterben<strong>der</strong> zu berücksichtigen. Es<br />

ist immer wie<strong>der</strong> zu beobachten, daß Versorgungsfragen<br />

hier viel unwichtiger sind als<br />

Zuwendung <strong>und</strong> For<strong>der</strong>ung: „Wer nichts leistet<br />

– leidet.“<br />

Es gibt zahlreiche Schil<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> St<strong>und</strong>e<br />

<strong>der</strong> Wahrheit, die dem Tod den Stachel nehmen.<br />

So wird beispielsweise über den berühmten<br />

Mediziner Pawlow berichtet, daß er sein<br />

Sterben genau verfolgte <strong>und</strong> seinem Sekretär<br />

Einzelheiten seines Befindens diktierte. Anläßlich<br />

einer Störung sagte er: „Pawlow ist beschäftigt<br />

– Pawlow stirbt.“<br />

Zum „Sterben in Würde“ gibt es neben wenigen<br />

Untersuchungen von Todesanzeigen o<strong>der</strong><br />

Auswertungen von Interviews bis heute kaum<br />

relevante Erkenntnisse. Das mag zum Teil daran<br />

liegen, daß in <strong>der</strong> Vergangenheit an<strong>der</strong>e<br />

Probleme in <strong>der</strong> medizinischen Forschung Vorrang<br />

hatten – so <strong>der</strong> Kampf gegen Infektionskrankheiten,<br />

gegen vermeidbare Todesfälle wie<br />

zum Beispiel Suizid o<strong>der</strong> Unfall. Nachdem auf<br />

diesen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Gebieten wie zum Beispiel<br />

Intensiv- <strong>und</strong> Transplantationsmedizin zum<br />

Teil erhebliche Erfolge zu verzeichnen sind, ist<br />

es nun an <strong>der</strong> Zeit, sich auch dem „Sterben in<br />

Würde“ zuzuwenden. In Deutschland wird<br />

dazu aber immer noch <strong>der</strong> Standpunkt vertreten,<br />

daß es sich bei <strong>der</strong> Sterbeforschung um<br />

Versorgungsforschung handelt <strong>und</strong> deshalb<br />

nicht den wissenschaftlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

genügt.<br />

Auch deshalb ist es notwendig, daß sich je<strong>der</strong><br />

selbst um sein Sterben kümmert. Das Zauberwort<br />

fand Elisabeth Kübler-Ross vor etwa 40<br />

Jahren: „Death education“. Es wurde von mir<br />

anfangs fast wörtlich mit „Sterbeerziehung“<br />

übersetzt. Der Begriff wurde aber nicht akzeptiert.<br />

Statt dessen sprechen wir heute von<br />

„Sterbeaufklärung“. Das beinhaltet die rechtzeitige<br />

<strong>und</strong> angemessene Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit <strong>der</strong> Endlichkeit des Lebens.<br />

Beginnen sollte dies bereits in <strong>der</strong> frühen Kindheit.<br />

Ein Weg über den Friedhof o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tod<br />

eines Haustieres können Anlaß sein, Fragen <strong>der</strong><br />

Kleinen offen <strong>und</strong> ehrlich zu beantworten. Jugendlichen<br />

wird die Entscheidung über einen<br />

Organspen<strong>der</strong>paß Anlaß geben, sich dieser<br />

Frage zu stellen.<br />

Bereits im dritten Lebensjahrzehnt ist es ratsam,<br />

eine Patientenverfügung aufzusetzen.<br />

Hierzu muß man wissen, daß selbst eine<br />

mündliche Verfügung bei <strong>der</strong> ärztlichen Entscheidung<br />

zu berücksichtigen ist. Es ist fest zu<br />

stellen, daß immer mehr Ärzte den Wert <strong>der</strong>artiger<br />

Vorsorge angemessen berücksichtigen.<br />

Mit vierzig könnte das Testament verfaßt sein,<br />

um mit fünfzig etwa den Bestattungsvorsorgevertrag<br />

abzuschließen.<br />

Damit ist viel getan, um in Ruhe <strong>und</strong> Gelassenheit<br />

<strong>der</strong> letzten St<strong>und</strong>e entgegen gehen zu<br />

können.<br />

Das Alles ist durchaus nichts Neues. Schon in<br />

<strong>der</strong> Antike gab es zahlreiche Beispiele für eine<br />

angemessene Sterbeaufklärung. So z. B. die In-<br />

13<br />

schrift auf einer Grabstelle: „Was wir sind, werdet<br />

Ihr sein. Was Ihr seid, waren wir.“<br />

Dr. K. Blumenthal-Barby<br />

Einige Veröffentlichungen des Autors, die über den trafo<br />

verlag noch zu beziehen sind (im Buchhandel bereits<br />

vergriffen), Tel. 030/56701939; Fax: 030/56701949)<br />

Stichworte: Sterbeaufklärung, wann beginnt das Sterben?,<br />

Abschiednehmen, Trost für die Hinterbliebenen, Trauerverarbeitung.<br />

158 S., zahlr. Abb., ISBN 3-89626-075-8,<br />

9,80 EUR<br />

Aus einer Rezension: „Betreuung Sterben<strong>der</strong> ist ein ausgezeichnetes<br />

Nachschlagewerk ..., das gleichzeitig die Belange<br />

<strong>der</strong> Praxis berücksichtigt. Darüber hinaus ist es einfühlsam<br />

geschrieben <strong>und</strong> kann auch Nichtmedizinern ... empfohlen<br />

werden. ISBN 3-333-00551-4, 198 S., 11,80 EUR<br />

Stichworte: Begleitung Sterben<strong>der</strong> <strong>und</strong> Schwerkranker, welche<br />

Bedürfnisse haben Sterbende?, was kann man in den<br />

letzten Tagen <strong>und</strong> Wochen noch für sie tun?, <strong>der</strong> Trauenfall.<br />

128 S., ISBN 3-581-67116-6, 7,60 EUR

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