Liebe Leserinnen und Leser der Köpenicker ... - Trafo Verlag
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Zur Brücke<br />
Zur Brücke nennt sich das Seniorenheim in <strong>der</strong> Wendenschloßstraße. Es<br />
liegt ja auch unweit einer Brücke über den kleinen Stichkanal. Aber bildet<br />
es nicht selbst eine Brücke? Eine Brücke zwischen dem Diesseits <strong>und</strong> dem<br />
Jenseits. Man kann hier noch verweilen <strong>und</strong> mit Gelassenheit den Fluß des<br />
Lebens betrachten, kann zurückschaue, bevor das jenseitige Ufer erreicht<br />
ist. Manch einer überquert die Brücke mit raschen Schritten, die eines an<strong>der</strong>en<br />
sind klein <strong>und</strong> bedächtig, manche schreiten mühevoll <strong>und</strong> mit schleppendem<br />
Gang, denn eine schwere Last ist zu tragen. Für viele kommt es<br />
einer Befreiung gleich, wenn sie das Jenseits erreicht haben. Doch <strong>der</strong> Fluß,<br />
den diese Brücke überspannt, fließt unaufhaltsam weiter, ihn kann keiner<br />
aufhalten <strong>und</strong> seinen Weg von hier aus auch keiner beeinflussen.<br />
U. Schirmer<br />
Nachdenken über<br />
Brücken<br />
Wir bauen Brücken, überqueren sie, wir schauen von ihnen herab auf<br />
Fluß <strong>und</strong> Landschaft. Häufig bew<strong>und</strong>ern wir ihre Architektur. Auf jeden<br />
Fall schätzen wir es, mit ihrer Hilfe Hin<strong>der</strong>nisse überwinden zu können.<br />
Es gibt auch Leute, die Brücken Sperren, aus ihnen Grenzen anstelle Verbindungen<br />
machen.<br />
Oft werden Brücken sogar zerstört – zerbombt o<strong>der</strong> gesprengt. Das bedeutet:<br />
In wenigen Minuten wird das vernichtet, was mit viel Können,<br />
Arbeit <strong>und</strong> Geldmitteln errichtet wurde. Manchmal sind Brücken nicht<br />
nur Verbindungswege son<strong>der</strong>n Kunstwerke, <strong>der</strong>en Zauber man sich kaum<br />
entziehen kann. Ich kannte einen alten Herrn, <strong>der</strong> schwärmte bis an sein<br />
Lebensende von <strong>der</strong> Rialtobrücke <strong>und</strong> dem Moment, wo er mit <strong>der</strong> Gondel<br />
hindurch fuhr <strong>und</strong> über die Brücke wölbte sich ein Regenbogen. Die<br />
Erinnerung an diese beiden zauberhaften Eindrücke begleitete ihn.<br />
Mich beeindruckte schon als Kind die Götschtalbrücke – ein riesiges technisches<br />
W<strong>und</strong>erwerk <strong>der</strong> Baukunst im Vogtland, bereits im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
entstanden. Wenn man Burgen im alten Europa besichtigt, kann<br />
man Zugbrücken bestaunen, über die einst die Ritter galoppierten. Auch<br />
alte Römerbrücken – schön, zweckmäßig <strong>und</strong> stabil – erwecken unsere<br />
Bew<strong>und</strong>erung. Zwei Jahrtausende überbrücken sie, reichen uns die Hand<br />
über Epochen hinweg.<br />
Wir mögen Brücken, brauchen sie, leben mit ihnen, bew<strong>und</strong>ern sie <strong>und</strong><br />
Künstler malen sie. Als wichtiges Element unseres Lebens gingen sie auch<br />
in den Sprachgebrauch ein. Wir bauen nicht nur Brücken aus Stein, Stahl<br />
o<strong>der</strong> Holz, son<strong>der</strong>n auch sprachliche: Brückenschlagen, Überbrücken,<br />
Brücken hinter sich abbrechen, Atlantikbrücke, Luftbrücke, unüberbrückbar<br />
– alle diese Wortschöpfungen gehen im übertragenen Sinn auf die<br />
gute alte Brücke, den Verbindungsweg, zurück. Wir sprechen auch von<br />
Brücken zwischen Län<strong>der</strong>n, Völkern, Kulturen, Städten, Kontinenten.<br />
Sogar in Schlagertexten gingen sie ein. Wer hätte nicht mal mit Karat<br />
gesummt: „Über sieben Brücken mußt du gehen. Sieben dunkle Jahre<br />
überstehn“? Phantasievolle Menschen wandeln über Regenbogenbrücken<br />
ohne herunterzufallen. O<strong>der</strong> fallen sie dabei vielleicht doch?<br />
Maria Loß<br />
<strong>Köpenicker</strong> Seniorenzeitung – Ausgabe 1/2004<br />
Brücken bauen<br />
Ich habe so viele Brücken zu Bau’n<br />
Zwischen Denken <strong>und</strong> Schau’n<br />
Männern <strong>und</strong> Frau’n<br />
Wollen <strong>und</strong> trau‘n.<br />
Zwischen Mitte <strong>und</strong> Rand<br />
Herz <strong>und</strong> Verstand<br />
Denken <strong>und</strong> Hand<br />
Hier <strong>und</strong> dem Land.<br />
Zwischen Dir <strong>und</strong> mir<br />
Dort <strong>und</strong> hier<br />
Mensch <strong>und</strong> Tier<br />
Gegen <strong>und</strong> für.<br />
Zwischen Einheit <strong>und</strong> Vielfalt<br />
Jung <strong>und</strong> alt<br />
Zartheit <strong>und</strong> Gewalt<br />
Seele <strong>und</strong> Gestalt<br />
Zwischen Lärm <strong>und</strong> Stille<br />
Kleinheit <strong>und</strong> Fülle<br />
Kern <strong>und</strong> Hülle<br />
Zweifel <strong>und</strong> Wille.<br />
Zwischen Schatten <strong>und</strong> Licht<br />
Gier <strong>und</strong> Verzicht<br />
Tanz <strong>und</strong> Gewicht<br />
Praxis <strong>und</strong> Gedicht.<br />
Brigitte Lange<br />
DAS UNBEDACHTE LOB<br />
„Meine Schilde sind so fest, daß nichts sie durchbohren kann“, rief<br />
ein Händler, <strong>der</strong> Schilde <strong>und</strong> Speere auf dem Markt feilbot, „<strong>und</strong><br />
meine Speere sind so spitz, daß sie alles durchstechen können!“<br />
Da fragte ihn jemand: „Und was geschieht, wenn einer deiner Speere<br />
auf einen deiner Schilde trifft?“<br />
Also: Du magst es drehn <strong>und</strong> wenden – das höchste Lob kann man<br />
nur einem spenden.<br />
G. B.