46 Allan A. Lunddie Angaben über das Verhalten der Germanen zu den römischen Münzenwar28. Wie sich unten herausstellen wird, ist die Frage nach Herkunft undAlter der Angaben in der Tat für die Interpretation ohne Belang. Die abschließendeFeststellung, die Germanen insgesamt schätzen Silber mehr alsGold, die Tacitus durch die Bevorzugung der silbernen Münzen belegen will,die beim Einkaufen billiger Waren leichter verwendbar sein sollten, ist kaumstichhaltig, obwohl es den Anschein hat29. Die Begründung, weswegen silberneMünzen verwendbarer sein sollten als goldene, mutet nämlich seltsam an.Die Römer verwendeten auf, jeden Fall selber beim Handel, wenn man ,billigeund alltägliche Sachen' kaufen wollte, nicht silberne Münzen, sondernMünzen aus Kupferbronze (as) bzw. Messing (sestertius/dupondius)3°. (VomTauschhandel und anderen Formen von ‚Handel' sehen wir hier ab). Tacitushat sich vielleicht die Ungenauigkeit erlaubt, weil er das Wort argentum, dasdurch die Erwähnung der serrati und bigati schon vorweggenommen war,hat betonen wollen. Durch das ganze fünfte Kapitel hindurch ist das Leitmotivdie simplicitas morum der Germanen, wie es zu den Hauptthemen in denKapiteln 5 bis einschließlich 27 überhaupt gehört. Dadurch entsteht ein trügerischesBild der germanischen Barbaren. So bezeugt vor allen Dingen dasGrabinventar der Fürstengräber vom Lübsow-Typ, daß jedenfalls mancheGermanen kostbare römische Importwaren hoch einschätztenn. Dabei versteheich unter dem Begriff Ware jedes importierte Objekt unabhängig davon,wie es dorthin gelangt ist32. Daß die Germanen nach Tacitus nur pecuniaim Sinne von Geld = Währung kennen, ist auf seine römische Sicht zurückzuführen.Die Beschreibung erfolgt aus einer römischen Optik und verrätdeutlich eine ethnozentrische Perspektive: Von anderen Arten von Geld ( =Zahlungsmittel) ist nicht die Rede. Fraglich ist und bleibt dabei selbstverständlich,ob es sie überhaupt in Germanien gegeben hat. Auf jeden Fall sindz.B. Waagen oder Barren, die, wenn auch nur indirekt, andere Arten von28 Vgl. Ed. Norden (wie Anm. 25), 280 f.29 Vgl. R. Wolters/Ch. Stoess, Die römischen Münzschatzfunde im Westteil des Freien Germaniens— Ein Beitrag zur Beurteilung des Geldumlaufs im Gebiet zwischen Rhein, Donauund Oder während der ersten beiden Jahrhunderte n.Chr., Münstersche Beiträge zur antikenHandelsgeschichte 3, 1985, 3-41, 20: „Bei den Münzschatzfunden handelt es sich in76 Fällen um reine Denarhorte, so daß die Aussage des Tacitus über die Bevorzugung vonSilbergeld bei den Germanen eindrucksvoll bestätigt erscheint." Im Satz (Germ. c. 5,3) argentumquemagis quam aurum sequuntur stehen argentum und aurum nicht im monetärenSinne, vgl. G. Martinelli, Sulla preferenza dei Germani per bigati e serrati (Tac., Germ. 5,5).In: Contributi di storia antica in onore di A. Garzetti, Genova 1976, 269-300, 269.30 Silber war vielleicht etwa 100mal wertvoller als Kupfer, vgl. S. Bolin, State and Currencyin the Roman Empire to 300 A.D., Uppsala 1958, 303.3' Siehe z.B. K. Friis Johansen, Hoby-Fundet, Kobenhavn 1923. Vgl. ferner Anm. 20.32 Vgl. U. Lund Hansen, Römischer Import im Norden. Warenaustausch zwischen dem RömischenReich und dem freien Germanien, Kobenhavn 1987, 216 f.
Wie benutzten die Germanen römische Münzen? 47Handel als Tauschhandel hätten indizieren können, nicht gefunden worden33.Obwohl also vieles von dem, was Tacitus im fünften Kapitel der Germaniaerzählt, nur vor seinem römischen kulturellen Hintergrund verständlichist, läßt sich nicht leugnen, daß etwa die Erwähnung von Geschenken,die den legatis et principibus der Germanen zuteil werden, sicher der Wahrheitentspricht'''. Unwahrscheinlich bleibt es jedoch, daß die Germanen siewie tönerne Gefäße behandelt hätten. So deutet man sicher zu Recht etwaden Hoby-Fund (vgl. Anm. 31), also das Geschenk eines hohen römischenBeamten an einen germanischen „Fürsten" (interpretatio archaeologica) bzw.an einen germanischen „Häuptling" (interpretatio anthropologica)35. Soweitdie Interpretation des literarischen Befundes.Abschließend soll kurz skizziert werden, inwieweit es möglich ist, dasfünfte Kapitel geschichtlich auszuwerten. Um dies zu tun, müssen folgendevier Fragen beantwortet werden:1. Haben die Germanen zu Tacitus' Zeiten tatsächlich, wie Tacitus behauptet,in den Gebieten in der Nähe des römischen Imperiums Münzen alsWährung zu dem vom römischen Staat garantierten Geldwert entgegengenommenund benutzt?2. Ist es möglich, zwischen der Verwendung der Münzen bei den proximi undden interiores im Sinne des Tacitus zu unterscheiden?3. Ist es wahr, daß die proximi nur die guten, alten silbernen Denare der respublicaRomana annehmen wollten?4. Ist es wahr, daß die proximi den Aureus weniger mochten als den silbernenDenar und daß sie die Münzen nach der Stückzahl akzeptierten?Die erste Frage läßt sich nicht leicht beantworten, was teilweise auf denGermanenbegriff des Tacitus und der Prähistoriker zurückzuführen ist: Beidesehen ja im Rhein und in der Donau bzw. in dem Obergermanischen undRhätischen Limes die Grenze(n) zwischen dem Imperium Romanum und derGermania libera. Dies trifft nur bedingt zu. So findet man z.B. in einer e t-33 Vgl. R. Laser, Zur Einfuhr und Verbreitung römischer Münzen bei den Stämmen des freienGermaniens und zur Möglichkeit ihrer wirtschaftlichen Aussage. In: Römer und Germanenin Mitteleuropa, hrsg. v. H. Grünen, Berlin 1976, 63-67, 67.34 Vgl. F. Fischer, KEIMHAIA, Germania 51, 1973, 436-459; siehe auch G. Mildenberger,Verschleppte Bodenfunde, Bonner Jahrbücher 69, 1969, 1-28; P. Reineke, Einfuhr oderBeutegut? Bonner Jahrbücher 158, 1958, 246-252.35 Zur Deutung von princeps = ‚Fürst' siehe H. Steuer (wie Anm. 20), 50 f. und zur Interpretationvon princeps = ‚Häuptling' siehe L. Hedeager, Empire, frontier and the barbarian hinterland:Rome and northern Europe from AD 1-400. In: Centre and periphery in the ancientworld, Ed. by M. Rowlands, M. Larsen and Kr. Kristiansen, Cambridge etc. 1987,125-140. Zur Fragestellung generell siehe H.J.M. Claessen, Kinship, Chiefdom, and Reciprocity— an the use of anthropological concepts in archaeology. In: Roman and Nativein the Low Countries, Ed. by R. Brand/J. Slofstra, Oxford 1983, 211-222 (= BAR Intern.Ser. 184).
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