42 Allan A. LundDer Germanenbegriff des Caesar unterscheidet sich somit von dem des Tacitus:Bei Tacitus sind die Germanen nämlich identisch mit der BevölkerungGermaniens. Vor diesem Hintergrund ist es methodisch gerechtfertigt, dieBeschreibung des Tacitus als Basis für die Frage zu verwenden, wie d i e Germanenim ausgehenden ersten nachchristlichen Jahrhundert die römischenMünzen benutzt haben. Zur Beleuchtung dieser Fragestellung läßt sich natürlichauch der archäologische Befund heranziehen, nicht etwa deswegen,weil es Kulturprovinzen im Kossinnaschen Sinne je gegeben hat6, sondernweil die Numismatiker und Prähistoriker den taciteischen Germanenbegriffstillschweigend übernommen haben. Außerdem stützen sie ihre Ausführungengern auf die Aussage des Tacitus im fünften Kapitel der Germania. Dabeiversuchen sie eine literarische Quelle mit dem materiellen Befund zu kombinieren,was bekanntlich nicht problemlos ist.Wenden wir uns zunächst dem literarischen Zeugnis des Tacitus in derGermania zu7. Die betreffende Stelle muß zuerst in ihrem literarischen Kontextanalysiert und interpretiert werden, ehe der Versuch unternommenwird, das Ergebnis der sprachlichen Analyse und inhaltlichen Interpretationgeschichtlich auszuwerten, d.h. mit dem archäologischen Befund zu kombinieren.Im fünften Kapitel der Germania, das den einschlägigen Kontext enthält,der über die Verwendung der römischen Münzen bei den Germanenhandelt, beschäftigt sich Tacitus zunächst mit dem Aussehen des Landes, seinemKlima und seinen Erzeugnissen. Zu diesen zählen u.a. das Groß- undKleinvieh (c. 5,1). Im zweiten Abschnitt bewegt sich der Autor von diesenErzeugnissen zu anderen, nämlich zu Gold- und Silbers. Im dritten behaupteter, man könne bei den Germanen erleben, daß silberne Gefäße in derselbenWeise verwendet werden wie tönerne9. Danach bringt Tacitus, wie es auchanderswo in der Germania der Fall ist, nach der verallgemeinernden Aussageüber das Verhalten der Germanen eine Einschränkung. So heißt es hier, daß6 Zur kossinnaschen Arbeitsweise und Rolle in der Prähistorie siehe R. Hachmann (wie Anm.4), 16 ff.; H.J. Eggers, Einführung in die Vorgeschichte. Mit einem Nachwort von G. Kossack,München 31986, 199 ff.; G. Smolla, Gustaf Kossinna nach 50 Jahren, Acta Praehistoricaet archaeologica 16/17, 1984/85, 9-14; H. Jankuhn, Das Germanenproblem in der ältestenForschung (Von der Mitte des 19. Jh.S bis zum Tode Kossinnas). In. Germanenproblemein heutiger Sicht, Hrsg. v. H. Beck, Berlin/New York 1986, 298 ff. W. Adler, Gustaf Kossinna,in: Studien zum Kulturbegriff in der Vor- und Frühgeschichtsforschung, hrsg. v. R.Hachmann, Bonn, 1987, 33-56.Als Basis der Analyse und Interpretation benutze ich P. Cornelius Tacitus, Germania, Interpr.,hrsg., übertr., komm. und mit einer Bibl. versehen von A.A. Lund, Heidelberg 1988.8 Gold und Silber gehören zu den Erzeugnissen des Landes vgl. (mut. mutand.) Tac. Agr. c.12,5: fert Britannia aurum et argentum et alia metalla.9 Vgl. Germ. c. 5,3: est videre apud illos argentea vasa, legatis et principibus eorum muneri data,non in alia utilitate (alii codices: vilitate) quarr quae humo finguntur. Zur Lesart utilitate sieheA.A. Lund (wie Anm. 7), 56 f. und 121.
Wie benutzten die Germanen römische Münzen? 43die Germanen in der Nähe der Grenze, gemeint sind der Rhein und die Donau'°,wegen des Handelsverkehrs (sc. mit den Römern) Gold und Silber vorziehen.Die allgemeine Gültigkeit dieser Aussage wird wiederum durch eineAusnahme beeinträchtigt, nämlich daß sich die im Innern des Landes Lebendendes Tauschhandels bedienen. Nach diesen Einschränkungen kehrt derAutor zu seiner Beschreibung der Germanen im allgemeinen zurück mit derBemerkung, sie wollten als Währung nur gute, alte Münzen wie die serratioder bigati anerkennen. Außerdem zögen, so Tacitus, die Germanen generellSilber dem Gold vor — und zwar aus praktischen Gründen. So weit die Analysedes Inhalts. Jetzt zur Interpretation des sprachlichen Befundes, die, soweitmöglich, aus römischer Sicht vorgenommen wird.Wenn Tacitus in Kap. 5,1 der Germania von der Feuchtigkeit des Landeserzählt, so ist das eher im Sinne einer klimatologischen Beschreibung der Altenals einer klimatischen im heutigen Sinne zu verstehen". Über das Stichwort‚Land' (terra) bewegt sich Tacitus, der die Gedanken oder vielmehr dieBegriffe assoziativ aneinanderreiht, zu den Erzeugnissen des Landes, nämlichzum Klein- und Großvieh'2. Dabei ist bemerkenswert, daß den Rindern nachTacitus die Hörner fehlen, eine Aussage, die ein literarischer Topos und sachlichfalsch ist". Im Kontext steht der Begriff opes zwar für ‚Reichtum', läßthier jedoch wie üblich den Begriff ‚Status' konnotativ mitschwingen'4. Dabeiist auffällig, daß die Germanen in erster Linie Rindvieh als Statussymbol gekannthaben sollen, was sicher nicht der Wahrheit entspricht I. Der Übergangzum nächsten Punkt wird auch nur begrifflich, d.h. durch die Verknüpfungvon zwei verwandten Begriffen, vermittelt: Die Edelmetalle und dasGroßvieh haben nämlich das gemeinsam, daß sie ‚Kapital', und zwar in derForm von ‚Mobilien' sind'6. Diese Verbindung muß jedem römischen Leserselbstverständlich vorgekommen sein, wie die sprachliche Verwandtschaftvon pecus und pecunia bezeugt. Die generalisierende Aussage eaeque solae etgratissimae opes beinhaltet eine Wertschätzung (sc. opes), die sich als Ausdruckeiner ethnozentrischen Haltung des Tacitus deuten läßt: Die Germanensind nach seinem Dafürhalten homines simplices. Dementsprechend ken-'° Vgl. Germ. c. 1." Vgl. A.A. Lund (wie Anm. 7), 119 f.12 Vgl. E. Kraggerud, Verknüpfung in Tacitus' Germania, Symbolae Osloenses 47, 1972,7-36, der etwas buchstäblich vorgeht und bes. D. Timpe, Zum politischen Charakter derGermanen in der „Germania" des Tacitus. In: Alte Geschichte und Wissenschaftsgeschichte.Festschrift für Karl Christ, Hrsg. v. V. Losemann/P. Kneissl, Darmstadt 1988, 505-525,bes. 509.13 Vgl. A.A. Lund (wie Anm. 7), 120.14 Vgl. ThLL IX,2 810, 22 ff.15Tacitus schildert gezielt die Germanen als homines simplices; vgl. A.A. Lund (wie Anm. 7),28 f.16 Vgl. mutatis mutandis K. Hart/L. Sperling, Cattle as Capital, Ethnos 1987, 324-338.
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