134 Buchbesprechungen, Jb.f.Num.u.Geldgesch.37 /38, 1987 / 88EDITH SCHÖNERT-GEISS, Die Münzprägung von Maroneia, Schriften zur Geschichte undKultur der Antike 26, Griechisches Münzwerk, Berlin 1987, 2 Bde., 253 S., 93 Taf.Mit dieser Arbeit über die Münzen von Maroneia in Thrakien liegt bereits das dritte Corpusder Münzprägung einer wichtigen Stadt im thrakischen Bereich aus der Hand der Autorin vor.Schönert-Geiß hat die Prägungen in elf Perioden eingeteilt, für jede Periode werden sie einzelnnach Gewichten, Münzfuß und Datierung untersucht. Die einzelnen Serien innerhalb dieserPerioden und ihre Münzstempel werden durch Stilvergleich und Stempelkopplungen ineine zeitliche Reihenfolge gebracht.Für die Zeit von 520 bis 449/8 v.Chr. (Perioden I—III) folgt sie im wesentlichen May. Abweichendvon May werden die Buchstaben MHTI auf den Drachmen von Periode II nicht als derName eines lokalen Dynasten, sondern eines städtischen Beamten gedeutet, wofür auch dasEthnikon MAPS2 auf diesen Münzen spricht. Bei der zeitlichen Abfolge der Stempel und beiden Stempelkopplungen wird May in einigen Punkten korrigiert. — Auch bei Periode III ergebensich in der Abfolge der Stempel, z.T. aufgrund von May noch unbekannten Stücken oderBerichtigungen bei Stempelkopplungen, ein paar Abweichungen. Für die Didrachmen der III.Periode mit ausgeschriebenem Ethnikon zieht S.-G. in Erwägung, daß die Maroniter damitauch auf den Münzen ihr neues Selbstbewußtsein nach der Befreiung von der persischen Oberhohheit476/75 ausdrücken wollten. — Die erste Epoche der maronitischen Münzprägung endetim Jahre 449/48, als mit dem athenischen Münzgesetz des Klearchos den Städten des attischenSeebunds die Prägung eigener Münzen verboten wurde.Die Wiederaufnahme der Prägung ist in die Zeit von 437/36 anzusetzen. 436/35 wurde derPhoros, die Abgabe der Stadt an den Seebund, um fast 600% erhöht. Damit in Verbindung stehtdie plötzliche umfangreiche Tetradrachmenprägung von Periode V mit dem ganz neuen Rs.-Bild eines Weinstocks im Linienquadrat. Eine in Bild und Stil gleiche, nur sehr kleine Didrachmenserieläßt S.-G. ihr unmittelbar als Periode IV vorausgehen (437/6-436/5). Die Norm derTetradrachmen — und auch der Didrachmen von Periode IV — liegt deutlich unter der der früherenPrägungen bis Periode III. Die Benennung dieses reduzierten Münzfußes als reduziertenthrako-makedonischen Münzfuß übernimmt S.-G. von May. — Auf den Tetradrachmen vonPeriode V sind acht Beamte genannt, es erscheinen verschiedene Beizeichen. S.-G. kann glaubhaftzeigen, daß es sich dabei um die eponymen Jahresbeamten handelt. Stilvergleich und Stempelkopplungenerlauben die Bildung einer chronologischen Reihe. Über die Hälfte der Münzenstammt von nur einem Beamten, Metrodotos, mit elf verschiedenen Beizeichen. Nach S.-G.muß dieser Beamte wesentlich länger amtiert haben als nur ein Jahr — vielleicht wegen der krisenhaftenZeiten, wobei dann die zunächst ohne Beziehung zu den Beamten stehenden Beizeichenjetzt jährlich gewechselt wurden, um die Prägungen der einzelnen Jahre noch voneinanderunterscheiden zu können. Man kommt damit für Periode V auf 20 Emissionen und darf dasEnde dieser Periode mit dem Aufstand der Griechenstädte gegen Athen 411/10 in Verbindungbringen.In Periode VI — ca. 411/10 bis 398/97 — übernimmt Maroneia als Ausdruck ihrer ablehnendenpolitischen Haltung gegenüber Athen den äginetischen Münzfuß, Statere mit ca. 12,31 gDurchschnittsgewicht. Die sichere Datierung dieser Münzen macht West's Annahme, die Münzenseien ganz im Gegenteil nach dem attischen Münzfuß geprägt, hinfällig. West hatte dieMünzen dieser Periode in die Zeit um 430 datiert und war von der politischen Lage dieser Zeitausgegangen.Kurz nach der Wende zum 4. Jh. wechselt Maroneia, wie kurz vorher auch Abdera, zum persischenMünzfuß (mit Periode VII) und behält ihn bis in die Mitte des 4. Jhs. bei, nachdemdas persische Kleingeld die thrakische Küste zu dominieren begonnen hatte. Periode VII umfaßtnur Kleinsilber und jetzt erstmals auch AE-Münzen in vier Nominalen. Wegen der immerwiederkehrenden Parallelen dieser AE mit den Trihemiobolen kann S.-G. diese AE-Serie eindeutigin diese Periode datieren.In der folgenden Periode VIII (ca. 386/85-348/47) werden außer Kleinsilber — mit im Vergleichzu Periode VII reduzierten Gewichten — auch grössere Nominale geprägt, bei denen essich um Tridrachmen und Statere nach dem persischen Münzfuß handelt. Den vorn Gewicht
Buchbesprechungen, Jb.f.Num.u.Geldgesch.37 / 38, 1987/ 88 135her besser passenden attischen Münzfuß schließt S.-G. aus, da — datiere man die Münzen nunfrüher oder später — Athen in dieser Zeit wirtschaftlich wie politisch keine Rolle im Nordenmehr spielte. — Die Zusammengehörigkeit der großen und kleinen Münzen dieser Periode ergibtsich aus den Beamtennamen, die Datierung erst nach den Münzen der Periode VII aus derReduzierung der Gewichte der Kleinmünzen. Die Beamten — bei den am häufigsten vertretenenStateren insgesamt 19 Namen —, die ihre Emissionen durch Beizeichen signiert haben, sindwegen der Präposition tni eindeutig als eponyme Beamte anzusehen. Die chronologische Reihenfolgekann S.-G. mit Hilfe des Stils, von Stempelkopplungen, Beizeichen und des Schatzfundesvon Stryme aus der Zeit von ca. 361/60 erschließen.Eine nur in einem Exemplar vorhandene Bronzemünze, die die Münzbilder von Abderanachahmt und aufgrund des Stils in Periode VIII gehören muß, könnte bei der Belagerung Abderas376/75 durch die Triballer unter Mithilfe von Maroneia entstanden sein.In die Perioden VII und VIII fallen auch zwei Goldemissionen, von denen die eine durch zweiExemplare, die andere nur durch die Literatur bekannt ist. — Die erste Emission könnte zumäginetischen wie zum persischen Münzfuß gehören. Für das erste spräche die stilistische Verwandtschaftmit den Stateren des äginetischen Fußes aus Periode VI, für das zweite die Auseinandersetzungenzwischen den Odrysenfürsten Amadokos I. und Seuthes II. als ein konkreterAnlaß für die Prägung. — Die zweite Goldemission, die gut in den persischen Münzfuß paßtund deren Münzbilder Verbindung zu Periode VIII zeigen, bringt S.-G. mit dem Odrysen AmadokosII. in Verbindung, den Maroneia auch finanziell gegen Philipp II. von Makedonien unterstützthaben könnte. Androkos II. ließ — wie auch schon Amadokos I. — seine Münzen in derMünzstätte von Maroneia prägen. Das zeigen auch die Namen von offensichtlich eponymenBeamten mit iziti auf den Münzen, die damit als städtische Beamte ausgewiesen sind.Ebenfalls in Periode VII und VIII gehört eine umfangreiche Bronzeprägung in zwei Nominalen,auf der Vs. mit Pferd und auf der Rs. mit Weinstock im Quadrat, darum das Ethnikonund im Abschnitt Monogramm(e). Außer mittels der allmählichen Verdickung des Schrötlingsals ein Kriterium versucht S.-G. mit Akribie auch anhand der Stilentwicklung der Vss. (die Rss.sind hierfür weniger aussagekräftig) die Münzen in eine chronologische Ordnung zu bringen.Eine Verschlechterung des Stils setzt bei den Rss. schon früh, bei den Vss. erst später ein.Diese Bronzeprägung bietet insgesamt 17 Monogramm-Kombinationen. Eine Datierung indie Zeit von 400 bis 350 — das entspricht Periode VII und VIII der Silberprägung — wird auchdurch Peter R. Frankes Untersuchung des thrakischen Fundes IGCH 719 gestützt. Diese Emissionhat einen ganz eigenständigen Charakter: sie steht mit ihrer viel geringeren künstlerischenQualität neben einer umfangreichen Silberprägung mit darauf abgestimmten kleineren Bronzewerten,trägt im Gegensatz dazu keine Beamtennamen, sondern nur Monogramme, die mit denBeamtennamen auf den anderen Münzen in keine Verbindung gebracht werden können. Sietaucht fast nur in Funden jenseits der Rhodopen auf, während das gleichzeitige Silber dort fastganz fehlt. S.-G. kommt deshalb zu der Hypothese, daß diese Emission nicht für den einheimischenMarkt, sondern ausschließlich für das thrakische Hinterland bestimmt war, für dessenwirtschaftlichen Entwicklungsstand Bronzegeld genügte.Eine andere Bronzeemission mit fünf Wertstufen wurde aufgrund von Stilkriterien meist indie erste Hälfte des 4. Jhs. datiert; S.-G. findet aber auch zahlreiche stilistische Parallelen zuverschiedenen Münzen auch aus anderen Städten erst aus der zweiten Hälfte des 3. Jhs., u.a.auch mit ptolemäischen Porträts. S.-G. gibt deshalb — und weil für diese Zeit sonst keine Prägungenvorliegen — für die Datierung dieser Münzen der zweiten Hälfte des 3. Jhs den Vorzug— ihre Periode IX von ca. 240/39 bis 200 v.Chr. Doch zeigen die Diskrepanzen bei den Stilvergleichenhier wieder einmal, wie übervorsichtig man mit Datierungen aufgrund dieses Kriteriumssein muß.In Periode X (ca. 189/88 — 49/45 v.Chr.) gehören die umfangreichen hellenistischen Tetradrachmenund einige Bronzeserien. — Die Tetradrachmen zeigen ein ganz neues Münzbild,freilich auch mit Bezug zum Weinbau, den Kopf des Dionysos auf der Vs. und den stehendenDionysos auf der Rs., den gleichzeitigen thasischen Tetradrachmen zum Verwechseln ähnlich.Die nach attischem Fuß geprägten Tetradrachmen sind von Anfang an mit 16-16,5 g untergewichtig,ihr Durchschnittsgewicht nimmt im Lauf der Entwicklung bis auf unter 14 g ab.
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