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Bedeutung der Redoxpotentialmessung für die Beurteilung und ...

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Scheuer, R. (2008) Mitteilungsblatt <strong>der</strong> Fleischforschung Kulmbach 47, Nr. 180, 113-116<strong>Bedeutung</strong> <strong>der</strong> <strong>Redoxpotentialmessung</strong> für <strong>die</strong> <strong>Beurteilung</strong> <strong>und</strong>Differenzierung mikrobiologischer Prozesse –Untersuchung <strong>der</strong> Keim hemmenden Wirkung von Natriumacetat (E 262i)Significance of the measurement of the redox potential for the evaluation and differentiationof microbiological processes –Investigation of the preservative effect of sodium acetate (E 262i)R. SCHEUERZusammenfasssungGegenstand <strong>der</strong> Untersuchung war ein Vergleich <strong>der</strong> mikrobiologischen Wirksamkeit vonNatriumacetat <strong>und</strong> Natriumchlorid im unteren Konzentrationsbereich. Während Keimzahlmessungenhier aufgr<strong>und</strong> statistischer Schwankungen nur unzureichende Ergebnisse liefern,kann <strong>die</strong> <strong>Redoxpotentialmessung</strong> auch unter <strong>die</strong>sen Bedingungen klare Zusammenhängeoffenlegen. Die <strong>Redoxpotentialmessung</strong> hat im Hinblick auf <strong>die</strong> genaue Differenzierung mikrobiologischerAktivitäten eindeutige Vorteile gegenüber an<strong>der</strong>en Verfahren.SummarySubject of this investigation was to draw a comparison between the microbiological activity ofsodium chloride and sodium acetate at low concentration levels. Due to a statistical variationthe determination of the bacteria count only provides insufficient reliable results. On the otherhand the measurement of the redox potential delivers clear and reproducible correlations betweenthe added salt concentration and the duration of the ‘electrochemical lag-phase‘. Thuswith respect to a precise differentiation of microbiological activities the measurement of theredox potential has an obvious advantage compared to other methods.SchlüsselwörterKey WordsRedoxpotential – Mikrobiologische Wirksamkeit – Natriumacetat –Listeria innocuaredox potential – microbiological activity – sodium acetate –Listeria innocuaEinleitungDie Redoxpotenialmessung ermöglicht <strong>die</strong>unmittelbare <strong>und</strong> kontinuierliche Beobachtungmikrobiologischer Vorgänge überphysikalisch-chemische Än<strong>der</strong>ungen desumgebenden Milieus. Wir haben über <strong>die</strong>Vorteile des Verfahrens bereits mehrfachberichtet (RÖDEL <strong>und</strong> SCHEUER, 2007).Bisher führt <strong>die</strong>ses Verfahren in <strong>der</strong> Praxismikrobiologischer Anwendungen noch einSchattendasein, trotz erheblicher Vorteilegegenüber herkömmlichen mikrobiologischenUntersuchungsverfahren.Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Simplizität <strong>der</strong> Methode <strong>und</strong>des geringen experimentellen Aufwandesfür auch größere Versuchsreihen sindmultifaktorielle mikrobiologische Erhebungenerst möglich, <strong>die</strong> einen Einstieg in einekünftige voraussagende Mikrobiologieliefern <strong>und</strong> das Verständnis mikrobiologischerProzesse erweitern könnten. Ein erheblicherVorteil des Redoxpotential-Verfahrensliegt daneben in einer besserenDifferenzierbarkeit <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>und</strong> soauch in einer erweiterten Möglichkeit zurAbsicherung klassischer Untersuchungsverfahren.Dieser beson<strong>der</strong>e Aspekt sollanhand des Nachweises <strong>der</strong> konservierendenWirkung von Natriumacetat näherbestimmt werden.Natriumacetat (E 262i) wird verschiedenenLebensmitteln – auch Fleischerzeugnissen– als Konservierungsstoff <strong>und</strong> Säureregu-113


Scheuer, R. (2008) Mitteilungsblatt <strong>der</strong> Fleischforschung Kulmbach 47, Nr. 180lator zugesetzt. Natriumacetat gilt als ges<strong>und</strong>heitlichunbedenklich, es wird im Körperzu Kohlendioxid verstoffwechselt o<strong>der</strong>als Baustein benutzt. Zur quantitativenÜberprüfung <strong>der</strong> konservierenden Wirkungvon Natriumacetat wurden äquimolareMengen Natriumchlorid <strong>und</strong> Natriumacetatmit <strong>der</strong> <strong>Redoxpotentialmessung</strong> <strong>und</strong> über<strong>die</strong> Messung <strong>der</strong> Keimzahlen hinsichtlichihrer Keim hemmenden Wirkung untersucht.Material <strong>und</strong> MethodenEs wurden sowohl physikalisch-chemischeMessungen als auch mikrobiologischeMessungen durchgeführt.MessanordnungDas System zur kontinuierlichen Messung<strong>der</strong> Redoxpotentiale besteht aus Einstabmessketten(Fa. Schott, Typ Sa Pt 6140),einem Datenlogger (Fa. Ahlborn, ALMEMO2590-9 V5 ® ) zur Aufnahme <strong>der</strong> Messsignale<strong>und</strong> einer Datenerfassungsanlage(Laptop) zur Speicherung <strong>und</strong> Verarbeitung<strong>der</strong> Daten (Software: Fa. akrobit ®software, AMR WinControl). Die Messelektrodenstecken in passgenauen Messröhrchen,<strong>die</strong> über eine temperierte Messbox(Eigenanfertigung) einer festgelegtenTemperatur von 20 °C ausgesetzt wurden.Alle Messungen waren als Doppelmessungenangelegt. Eine eingehende Beschreibung<strong>der</strong> Methodik zur Redoxpotential-Messungwurde von uns bereits publiziert(RÖDEL <strong>und</strong> SCHEUER, 1998 <strong>und</strong>2003). Der Wasseraktivitätswert <strong>und</strong> pH-Wert wurden am Beginn <strong>der</strong> jeweiligenMessreihe mit einem a W -Kryometer AWK-10 ® (Fa. NAGY; RÖDEL et al., 1989) <strong>und</strong>einem pH-Meter (WTW) – über Doppelmessung– ermittelt.Mikrobiologische MethodenAlle Untersuchungen wurden in einemFlüssig-Nährmedium (Merck, Fraser-Listerien-Selektivnährbouillon)durchgeführt.Durch Zugabe von Kochsalz o<strong>der</strong> Natriumacetatin Mengen von 0, 30, 100 <strong>und</strong>200 mmol/l ergaben sich in <strong>der</strong> BouillonWasseraktivitätswerte von circa 0,984(reine Bouillon), 0,980, 0,975 <strong>und</strong> 0,972.Die einzelnen Chargen wurden mit Listeriainnocua (Stamm Li 13 <strong>der</strong> Stammsammlungdes MRI; Standort Kulmbach) beimpft.Die Inokulationsraten betrugen etwa5-10 x 10 3 KbE/ml (KBE: Koloniebildende-Einheiten pro Milliliter).Zur Keimzählung von Listeria innocuawurde jeweils 1 ml <strong>der</strong> Nährbouillon entnommen<strong>und</strong> mit 9 ml physiologischerKochsalzlösung gut vermischt. Nach Anlegenvon Verdünnungsreihen wurden jeweils0,1 ml <strong>der</strong> entsprechenden Verdünnungsstufenauf Standard-I-Agar (Merck)zur Bestimmung <strong>der</strong> Keimzahlen aufgetragen<strong>und</strong> anschließend bei 37 °C über 24St<strong>und</strong>en bebrütet.Ergebnisse <strong>und</strong> DiskussionDer Zusatz von Natriumchlorid <strong>und</strong> Natriumacetatin den untersuchten Mengen vonbis zu 200 mmol/l hatte keinen merklichenEinfluss auf den Ausgangs pH-Wert desNährmediums von ca. 7,1. Fraser-Bouillonist ein pH-gepuffertes Medium. Der Wasseraktivitätswertsank durch <strong>die</strong> Zugabeäquimolarer Mengen an Natriumchlorid<strong>und</strong> Natriumacetat in etwa gleichem Maßeab von 0,984 (Ausgangsbouillon) zu Wertenvon 0,980 (30 mmol/l), 0,975 (100mmol/l) <strong>und</strong> 0,972 (200 mmol/l). Die Redoxpotentialverläufewurden kontinuierlichüber den gesamten Versuchszeitraum von3 Tagen gemessen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Keimzahlentäglich vom Versuchsbeginn bis zum drittenVersuchstag. Bei Salzzugaben von 30<strong>und</strong> 100 mmol/l zeigten <strong>die</strong> Keimzahlenkeine eindeutigen Zusammenhänge zwischendem Keimwachstum <strong>und</strong> den zugegebenenSalzkonzentrationen. Erst beiKonzentrationen von 200 mmol/l zeigte <strong>die</strong>Entwicklung <strong>der</strong> Keimzahl eine eindeutigeTendenz (s. Abb. 1). Die Auswertung <strong>der</strong>Redoxpotential-Messungen lieferte überden gesamten Messbereich eindeutigeErgebnisse. In Abbildung 2 sind <strong>die</strong> Redoxpotential-Verläufebei Zugabe von 100mmol/l Natriumchlorid <strong>und</strong> Natriumacetatgegen eine Kontrollprobe dargestellt. DiePotentialwerte in <strong>der</strong> Graphik sind Relativwerte,d. h. <strong>der</strong> Messwert wurde nacheiner Einstellzeit von ca. 10 Minutenin Nullstellung gebracht. Der direkte Vergleicherfolgt über <strong>die</strong> entsprechende114


Scheuer, R. (2008) Mitteilungsblatt <strong>der</strong> Fleischforschung Kulmbach 47, Nr. 180Abb. 1: Vergleich <strong>der</strong> Keimzahlverläufevon Listeria innocua (Li 13) inFraser-Selektivnährbouillon beiZugabe von äquimolarenMengen Natriumacetat <strong>und</strong>NatriumchloridAbb. 2: Vergleich <strong>der</strong> Redoxpotentialverläufein Fraser-Selektivnährmediuminokuliert mit Listeriainnocua (Li 13) beiZugabe äquimolarer Mengenan Natriumacetat <strong>und</strong> NatriumchloridAbb. 3: Vergleich <strong>der</strong> mikrobiologischenWirksamkeit von Natriumacetat<strong>und</strong> Natriumchlorid gegenListeria innocua auf Basis <strong>der</strong><strong>Redoxpotentialmessung</strong>Kontrollprobe. Die Länge <strong>der</strong> „elektronischenLag-Phase“, also <strong>die</strong> Zeitdauer bises zu einem exponentiellen Abfall des Redoxwerteskommt, ist ein Maß für <strong>die</strong> Stärkedes Keim hemmenden Effektes deszugegebenen Substrates. In <strong>die</strong>sem Beispielist zu erkennen, dass bei einer Konzentrationvon 100 mmol/l Natriumchloridim Vergleich zur Kontrollprobe (blaue Linie)<strong>die</strong> „Lag-Phase“ <strong>der</strong> Probe mit Zugabevon Natriumchlorid (rote Linie) eindeutignach rechts verschoben ist, währendbei Zugabe von 100 mmol/l Natriumacetat(grüne Linie) <strong>die</strong> Potentialkurve bereits115


Scheuer, R. (2008) Mitteilungsblatt <strong>der</strong> Fleischforschung Kulmbach 47, Nr. 180früher abfällt als <strong>die</strong> Kontrollprobe. Natriumchloridhat also bei <strong>die</strong>ser Konzentrationeinen schwach Keim hemmenden Effektauf Listeria innocua, Natriumacetathingegen einen begünstigenden Effekt aufdas Keimwachstum. Die Abhängigkeit zwischenden Konzentrationen <strong>der</strong> Salze <strong>und</strong><strong>der</strong> relativen Länge <strong>der</strong> „Lag-Phase“ (gemessengegen <strong>die</strong> Kontrollprobe) sind inAbbildung 3 dargestellt. Danach hat Natriumchloridmit steigen<strong>der</strong> Konzentrationdurch <strong>die</strong> Absenkung des Wasseraktivitätswerteseinen stetig ansteigendenhemmenden Effekt auf das Wachstum vonListeria innocua, während Natriumacetatbei geringen Konzentrationen das Keimwachstumbegünstigt <strong>und</strong> erst bei höherenKonzentrationen das Keimwachstum vonListeria innocua abschwächt. Die Ergebnissedeuten also darauf hin, dass Acetatin geringen Konzentrationen im Stoffwechselvon Listeria innocua verwertetwerden könnte, während in hohen Konzentrationen<strong>der</strong> „Wasseraktivitäts-Effekt“zum Tragen kommt.LiteraturRödel, W. <strong>und</strong> R. Scheuer (1998): Das Redoxpotentialbei Fleisch <strong>und</strong> Fleischerzeugnissen.1. <strong>Bedeutung</strong>, Messung <strong>und</strong> Berechnung desRedoxpotentialwertes. Fleischwirtschaft 78,975-981Rödel, W. <strong>und</strong> R. Scheuer (2003): Zur Beziehungvon Redoxpotential <strong>und</strong> Keimwachstum.(Teil 1): Fleischwirtschaft 83, 98-101(Teil 2): Fleischwirtschaft 83, 127-131Rödel, W. <strong>und</strong> R. Scheuer (2007): Neue Erkenntnissezur Hürdentechnologie – Erfassungvon kombinierten Hürden. Fleischwirtschaft 87,111-115116

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