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Gewillkürte Erbfolge 2 - Dr. Klaus Richter

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1PD <strong>Dr</strong>. K. <strong>Richter</strong>3. Die ordentlichen Testamentsformena. Allgemeines: Die Errichtung eines Testaments ist nur in den gesetzlich vorgesehenenFormen möglich (Formzwang). Die Formvorschriften sollen dazu beitragen, dass einTestament verantwortungsbewusst aufgesetzt wird und Streitigkeiten über den Inhaltder letztwilligen Verfügung vermieden werden (BGHZ 80, 242; 246). DerFormzwang hat somit eine Beweis- und Warnfunktion; fehlt dem Testament dienotwendige Form, so ist es nach § 125 S. 1 BGB nichtig.b. Unterscheide zwischen ordentlichen und außerordentlichen Testamentsformenaa. Zu den ordentlichen Testamentsformen gehören:- das privatschriftliche Testament (eigenhändiges Testament), § 2247 BGB- das öffentliche Testament, § 2231 BGB. Dabei wird der letzte Wille entwederdem Notar erklärt oder es wird ihm eine Schrift mit der Erklärung ausgehändigt,dabei handele es sich um den letzten Willen.bb. Zu den außerordentlichen Testamentsformen gehören:- Das Seetestament (§ 2251 BGB)- Das Nottestament: Hierzu gehören das Bürgermeistertestament (§ 2249) und das<strong>Dr</strong>eizeugentestament (§ 2250).c. Die Formen des ordentlichen Testamentsaa.Das eigenhändige Testament(I.)(II.)(III).Vorteile: Schnell und an nahezu jedem Ort zu errichten; Hilfe andererPersonen nicht erforderlich, geringe Kosten (amtliche Verwahrungnicht vorgeschrieben, § 2248 BGB)Nachteile: Risiko der Fälschung oder unbefugten Vernichtung sowieder Unauffindbarkeit im Todesfall. Nachteile lassen sich vermeidendurch amtliche Verwahrung beim Amtsgericht.Formerfordernisse: Das eigenhändige Testament kann der Erblassergem. § 2247 I BGB durch eine eigenhändig geschriebene undunterschriebene Erklärung errichten. Diese in § 2247 I genanntenFormerfordernisse sind zwingend! Der Erblasser muss den gesamtenUrkundstext eigenhändig schreiben. Die handschriftlicheNiederschrift muss objektiv lesbar sein; die Entzifferung einerschwer lesbaren Schrift darf nur anhand der Testamentsurkunde selbstvorgenommen werden (OLG Hamm NJW-RR 1991, 1352). DasErfordernis der Eigenhändigkeit schließt nicht aus, dass sich derErblasser beim Niederschreiben fremder Hilfe – einer sogenanntenSchreibhilfe – bedient. Diese darf aber nur beim Verfassen derUrkunde unterstützen, nicht aber die Hand des Erblassers bei denSchriftzügen so führen, dass diese nicht mehr vom Erblasser, sondern


2vom <strong>Dr</strong>itten hergeleitet werden (BGH NJW 1981, 1900). DieUnterschrift des Erblassers braucht nicht unbedingt eineNamensunterschrift zu sein; es genügt nach § 2247 III 2 BGB jedeanderweitige Unterzeichnung, wenn diese zur Feststellung derUrheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärungausreicht. Die Unterschrift muss das Testament abschließen(Abschlussfunktion).bb.Das öffentliche Testament(I.)(II.)(III.)Vorteile: Rechtsberatung durch den Notar; diese erleichtert es demErblasser, seinen letzten Willen in eine gültige Verfügung von Todeswegen umzusetzen. Vor Fälschungen ist er weitgehend geschützt, dadas öffentliche Testament in eine öffentliche Verwahrung beimAmtsgericht gebracht werden soll (§§ 34 BeurkG, §§ 2258a; 2258bBGB).Nachteile: hohe KostenDie Errichtungsmöglichkeiten des § 2232 BGB: Das öffentlicheTestament wird zur Niederschrift eines Notars errichtet, indem derErblasser dem Notar entweder seinen letzten Willen erklärt oder ihmeine – offene oder verschlossene – Schrift mit der Erklärung übergibt,dass diese seinen letzten Willen enthalte (§§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB).Beachte §§ 22 – 26 BeurkG für Hör-, Seh- oder Sprachbehinderte. BeiMinderjährigen ist zu beachten, dass sie keine verschlossene Schriftübergeben können (§ 2233 Abs. 1), er kann auch kein eigenhändigesTestament errichten (§ 2247 Abs. 4). Dadurch wird gewährleistet,dass der Minderjährige stets eine Beratung durch einen Notarerhält.d. Die Formen des außerordentlichen Testamentsaa. Nottestamente: Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB), <strong>Dr</strong>eizeugentestament (§2250)bb. Sonstige Formen: Seetestament (§ 2251 BGB) und Konsulartestament (§ 11KonsG).


34. Der Widerruf eines Testamentsa. Allgemeines: Durch ein Testament bindet sich der Erblasser zu Lebzeiten nicht. Somitkann der Erblasser Verfügungen wieder aufheben oder abändern, § 2253 BGB.Schützenswerte Interessen der Bedachten stehen dem Widerruf nicht entgegen, da dasTestament erst im Zeitpunkt des Todes wirksam wird. Der Bedachte erwirbt bis zudiesem Zeitpunkt keine Rechte, ja nicht einmal Anwartschaftsrechte.b. Widerrufsmöglichkeitenaa.bb.cc.durch ein Widerrufstestament, § 2254 BGB: Der Erblasser kann ein reinesWiderrufstestament errichten, das keine weiteren Verfügungen zu enthaltenbraucht.durch ein späteres widersprechendes Testament, § 2258 BGB: Sindmehrere Testamente eines Erblassers vorhanden, so bedarf es der Überprüfung,ob diese in ihrer Gesamtheit den Willen des Erblassers repräsentieren oder obeine spätere Verfügung mit einer früheren in Widerspruch steht; nur im zweitenFall wird die frühere Verfügung kraft Gesetzes aufgehoben, § 2258 Abs. 1BGB. Im Unterschied zum Widerrufstestament bedarf es weder einesWiderrufswillens noch der Kenntnis des Erblassers von der früherenVerfügung (BGH NJW 1981, 2745). Die Aufhebungswirkung reichtallerdings nur soweit, als sich die Verfügungen widersprechen („insoweit“ in §2258 Abs. 1 BGB).durch Rücknahme eines öffentlichen Testaments aus der amtlichenVerwahrung, § 2256 BGB. Der Hintergrund des § 2256 ist formaler Natur:solange sich das notarielle Testament in amtlicher Verwahrung befindet, ist esvor Verfälschungen geschützt, die Urkunde hat Beweiskraft bzgl. derUrheberschaft und der Echtheit der Erklärungen. Wird das Testament an denErblasser zurückgegeben, ist dieser Schutz nicht mehr gewährleistet. Wegendieser schwerwiegenden Konsequenzen soll der Erblasser vor der Rückgabeder Urkunde von der zurückgebenden Stelle über die Folgen der Rückgabebelehrt werden und dies auf der Urkunde vermerkt werden (§ 2256 Abs. 1 S. 2BGB).dd. durch Einwirkung auf die Testamentsurkunde (§ 2255 BGB): Durch §2255 BGB erleichtert der Gesetzgeber den Widerruf des Testaments imHinblick auf die Form; erforderlich ist – wie die Beispiele zeigen – einekörperliche Veränderung des Testaments durch den Erblasser und subjektivdie Aufhebungsabsicht. Eine Unterschrift des Erblassers ist hier nichterforderlich. Die körperliche Veränderung reicht hier aus, auch wenn derRechtsverkehr darin üblicherweise keine Aufhebung einer Willenserklärungsieht. Typische Beispiele sind Verbrennen oder Zerreißen des Testaments,Zerknittern zu einem Knäuel, Ausradieren, Durchstreichen oderHerausschneiden einzelner Sätze und Wörter. Umstritten ist die Wirksamkeitsogenannte Ungültigkeitsvermerke. Nach hM handelt es sich um eineWiderrufshandlung, die einen wirksamen Widerruf auch dann darstellt, wennder Erblasser nicht unterschreibt - § 2255 BGB erfordert nicht die Einhaltungder Testamentsform (BayObLG FamRZ 1996, 1110). Die Gegenauffassunghält sich an die Voraussetzungen des § 2254 BGB und verlangt eine


4Unterschrift, denn es handele sich nicht um eine Widerrufshandlung, sonderneine Widerrufserklärung (Palandt/Edenhofer § 2255 Rn. 6; Brox, Erbrecht, Rn.140).c. Beseitigung des Widerrufsaa.bb.Widerruf des Widerrufes: Ein durch das Testament erfolgter Widerruf kann selbstwiderrufen werden, § 2257 BGB. Im Zweifel erlangt das ursprüngliche Testamentwieder Wirkung; ist hingegen ein entgegenstehender Wille des Erblassers feststellbar,so bleibt das frühere Testament unwirksam, es tritt gesetzliche <strong>Erbfolge</strong> ein (OLGZweibrücken NJW-RR 2003, 872; BayObLG FamRZ 2005, 558).Anfechtung des Widerrufs: Der Widerruf kann bei jeder Art des Widerrufsangefochten werden.


55. Der Erbvertrag (§§ 2274 ff. BGB)a. Grundlagen: Im Unterschied zum Testament zeigt der Erbvertrag eine erbrechtlicheBindungswirkung, die aus dem Vertragscharakter resultiert und mit demVertragsschluss entsteht; der Erbvertrag beschränkt den vertragsmäßig gebundenenErblasser also in seiner Testierfreiheit. Unbenommen bleibt dem durch Erbvertraggebundenen Erblasser das Recht, unter Lebenden zu verfügen (§ 2286 BGB). DerErbvertrag hat eine Doppelnatur, da er sowohl Vertrag (sui generis) als auchVerfügung von Todes wegen ist.b. Erscheinungsformen des Erbvertrages:aa Einseitige und zweiseitige Erbverträge:- Bei einseitigen Erbverträgen trifft nur einer der Vertragspartner einevertragsmäßige Verfügung von Todes wegen (§ 2278 Abs. 1 BGB), so dass auchnur ein Vertragserblasser vorhanden ist. Der andere Vertragspartner kann sichdarauf beschränken, die Erklärung des Erblassers anzunehmen. Damit führt er dieerbrechtliche Bindungswirkung herbei. Er kann sich indes auch zur Leistung unterLebenden verpflichten, beispielsweise durch Unterhaltsleistungen oder selbst eineeinseitige Verfügung von Todes wegen treffen.- Bei zweiseitigen Erbverträgen treffen beide Vertragsparteien vertragsmäßigebindende Verfügungen von Todes wegen; in diesem Fall existieren zweiVertragserblasser; es handelt sich allerdings dann nicht um einen gegenseitigenVertrag (§ 320 BGB). Das ist auch dann nicht der Fall, wenn es sich um einen„gegenseitigen Erbvertrag“ iSv § 2298 BGB handelt, indem sich dieVertragsparteien gegenseitig bedenken. Es handelt sich nicht um schuldrechtlicheVerträge!bb.Entgeltliche und unentgeltliche Erbverträge Von einem entgeltlichen Erbvertrag spricht man, wenn der Vertragspartnerdes Erblassers sich zu einer Leistung gegenüber dem Erblasser verpflichtet –beispielsweise Unterhaltsleistungen. Auch in diesem Fall besteht keinschuldrechtliches Gegenseitigkeitsverhältnis (zuletzt BayObLG DnotZ 1999,81). Demgegenüber liegt ein unentgeltlicher Erbvertrag vor, wenn keineGegenleistung geschuldet wird. Die Unterscheidung wird insbesondere bei §2295 BGB bedeutsam.c. Das Zustandekommen des Erbvertragesaa.Die besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Erbvertrages: DerErblasser muss gem. § 2275 Abs. 1 BGB unbeschränkt geschäftsfähig sein.Ist Vertragspartner des Erblassers sein Ehegatte, so genügt beschränkteGeschäftsfähigkeit mit einem Zustimmungserfordernis durch den gesetzlicheVertreter (§ 2275 Abs. 2); gleiches gilt bei Verlobten (§ 2275 Abs. 3). Ist derErblasser nicht voll geschäftsfähig, ist die vertragsmäßige Verfügungunwirksam. In diesem Fall kann man aber an eine Umdeutung in eine einseitigeVerfügung von Todes wegen denken, wobei dies aber dem mutmaßlichenWillen des Erblassers entsprechen muss (BayObLG NJW-RR 1996, 7). Der


6Erbvertrag ist gem. § 2276 Abs. 1 BGB nur formgültig, wenn dieErklärungen zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheitbeider Teile abgegeben werden. Lassen die Partner des Erbvertrages diesengerichtlich protokollieren, dann ist der Form nur genügt, wenn beide Partnerden Erbvertrag persönlich genehmigen (OLG Düsseldorf NJW 2007, 1290).d. Der Inhalt des Erbvertrages: Gemäß § 2278 Abs. 2 BGB können nur Erbeinsetzungen,Vermächtnissen und Auflagen vertragsmäßige Verfügungen in einem Erbvertrag sein.Diese Bezeichnung als „vertragsmäßige“ Verfügungen hat ihren Grund in derBindungswirkung dieser Verfügungen: der Erblasser kann sie nicht frei widerrufen, §2289 Abs. 1 S. 2 BGB.c. Die Bindung an vertragsmäßige Verfügungenaa.bb.Eintritt und Umfang der Bindung: Der Erblasser, der dem Vertragspartner für denFall des Todes einen Vermögenswert zugesagt hat, ist an diese Zusage gebunden; erkann keine abweichende beeinträchtigende Verfügung von Todes wegen durch einTestament oder einen weiteren Erbvertrag errichten (§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB). EineBeeinträchtigung iSv § 2289 ist jede Beschränkung des Rechts des Bedachten, d.h.jede rechtliche Minderung oder Beschwerung. Entscheidend ist der Zeitpunkt desErbfalls, da der Bedachte vorher noch kein Recht hat, das beeinträchtigt sein könnte.Nach hM ist eine rechtliche, nicht wirtschaftliche Beeinträchtigung erforderlich(BGHZ 26, 204; aA.: Palandt/Edenhofer § 2289, Rdnr 2).Die Rechtsprechung hat in folgenden Fällen eine Beeinträchtigung angenommen: Der Vertragserbe wird zum Vorerben herabgestuft (OLG Hamm NJW 1974,1774) Nachträglich werden Auflagen und/oder Vermächtnisse angeordnet (BGHNJW 1982, 441). Es wird nachträglich eine Testamentsvollstreckung angeordnet (BGH NJW1962, 912)cc. Verfügungen des Erblassers zu Lebzeiten; beeinträchtigende Schenkungen (§2287 BGB): Gem. § 2286 BGB ist der Erblasser durch den Erbvertrag nicht darangehindert, zu Lebzeiten über sein Vermögen frei zu verfügen. Sonderregelungen trifftdas Gesetz für Schenkungen. Diese müssen nach dem Anfall der Erbschaft unter denVoraussetzungen des § 2287 BGB nach den §§ 812 ff. rückabgewickelt werden.(I.)Voraussetzungen des § 2287 BGB(1.) Es muss eine Schenkung iSd § 516 BGB vorliegen; ausreichend ist auch einegemischte Schenkung.(2.) Der Erblasser muss die Schenkung mit Beeinträchtigungsabsicht bewirkthaben. Diese Absicht ergibt sich nicht bereits aus der Unentgeltlichkeit derZuwendung, sondern der Erblasser muss den Willen gehabt haben, denVertragspartner des Erbvertrages zu beeinträchtigen. Rechtsprechung gehtgrundsätzlich von einer Beeinträchtigungsabsicht aus, es sei denn, derErblasser hat ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an derSchenkung (BGHZ 59, 343; BGH NJW 1992, 564; BGH NJW-RR 1996, 133).


7(II.)(III).Rechtsfolge des § 2287: Herausgabe des Geschenkten nach den Vorschriftender ungerechtfertigten Bereicherung; § 2287 als Rechtsfolgenverweisung.Wichtig ist dabei, dass § 2287 nicht die Aufgabe hat, die Verfügungsbefugnisdes Erblassers zu Lebzeiten nachträglich einzuschränken. Der Sinn des §2287 besteht also darin, sicherzustellen dass die erbrechtliche Bindungvertragsmäßiger Verfügungen in einem Erbvertrag nicht durch lebzeitigeVerfügungen des Erblassers unterlaufen wird.Ausschluss des § 2287 BGB durch Erbvertrag? Nach hM ist das unterBerufung auf die Vertragsfreiheit zulässig. Das wird auf § 2293 hergeleitet:Der dort geregelte Rücktrittsvorbehalt belegt, dass der Gesetzgeber beimErbvertrag von einer weitreichenden Privatautonomie ausgegangen war. DerErbvertrag sei für den Bedachten auch nicht wertlos, da der Erblasserzumindest keine den Bedachten benachteiligenden Verfügungen von Todeswegen treffen könnte (vgl. OLG München ZEV 2005, 61; Palandt/Edenhofer §2287 Rdnr. 11 – im Einzelfall prüfen, ob Verstoß gegen gute Sitten vorliegt, §138 BGB).

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