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Die Zeit ist - Wolfgang Schulze

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ZEIT <strong>ist</strong> apriori (2) (Kant):• 2. <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> eine notwendige Vorstellung, die allenAnschauungen zum Grunde liegt. Man kann in Ansehungder Erscheinungen überhaupt die <strong>Zeit</strong> selbst nichtaufheben, ob man zwar ganz wohl die Erscheinungen ausder <strong>Zeit</strong> wegnehmen kann. <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> also a priorigegeben. In ihr allein <strong>ist</strong> alle Wirklichkeit derErscheinungen möglich. <strong>Die</strong>se können insgesamtwegfallen, aber sie selbst (als die allgemeine Bedingungihrer Möglichkeit,) kann nicht aufgehoben werden. (Kant:Kritik der reinen Vernunft (1787) Hier: Dertranszendentalen Ästhetik Zweiter Abschnitt: Von der <strong>Zeit</strong>§ 4 (Metaphysische Erörterung des Begriffs der <strong>Zeit</strong>).


Veränderung und Bewegung <strong>ist</strong> in der ZEIT:• (…) der Begriff der Veränderung und, mit ihm, der Begriffder Bewegung (als Veränderung des Orts) [<strong>ist</strong>] nur durchund in der <strong>Zeit</strong>vorstellung möglich: daß, wenn dieseVorstellung nicht Anschauung (innere) a priori wäre, keinBegriff, welcher es auch sei, die Möglichkeit einerVeränderung, d. i. einer Verbindung kontradiktorischentgegengesetzter Prädikate (z.B. das Sein an einem Orteund das Nichtsein eben desselben Dinges an demselbenOrte) in einem und demselben Objekte begreiflichmachen könnte. Nur in der <strong>Zeit</strong> können beidekontradiktorisch-entgegengesetzte Bestimmungen ineinem Dinge, nämlich nacheinander, anzutreffen sein.(Kant (ebenda) § 5).


ZEIT <strong>ist</strong> einholbar:• Schulme<strong>ist</strong>er: (…) daß das auseinandergelaufene Heer des Ypsilanti am 25stenkünftigen Monats in einer großen Bataille gesiegt hat.• Tobies (Nase und Maul aufsperrend): Am 25sten künftigen -?• Schulme<strong>ist</strong>er:. Wundern Sie sich nicht, Herr Tobies! <strong>Die</strong> Kuriere gehen rasch!Verbesserte Poststraßen, verbesserte Poststraßen!• Tobies: Jesus Chr<strong>ist</strong>us! so 'ne Poststraße, worauf der Kurier einen Monatvorausläuft, möchte ich vor meinem Tode wohl 'mal sehen!• Schulme<strong>ist</strong>er: Freilich <strong>ist</strong> so etwas hier zu Lande rar! Aber, Herr Tobies, Siewerden ja aus eigner Erfahrung bemerkt haben, daß ein gutes Pferd auf einerguten Chaussee den Weg von einer Stunde in einer halben zurücklegt; wennSie sich nun das Pferd immer besser und die Chaussee immer vortrefflicherdenken, so muß es ja natürlich dahin kommen, daß das Pferd den Weg ineiner Viertelstunde, in zehn Minuten, in einer Minute, in nichts, in garnichtsund zuletzt in noch weniger als gar nichts zurücklegt! Begreifen Sie?(Chr<strong>ist</strong>ian <strong>Die</strong>trich Grabbe (1822). Scherz, Satire, Ironieund tiefere Bedeutung Ein Lustspiel in drei Aufzügen. Hier: 1. Akt.) [vgl. auchZenon-Paradoxon von Achilles und der Schildkröte)]


Ist <strong>Zeit</strong> messbar?• scio quia metimur, nec metiri quae non sunt possumus, et nonsunt praeterita vel futura. praesens vero tempus quomodometimur, quando non habet spatium? metitur ergo cumpraeterit, cum autem praeterierit, non metitur; quid enimmetiatur non erit. sed unde et qua et quo praeterit, cum metitur?unde nisi ex futuro? qua nisi per praesens? quo nisi inpraeteritum? ex illo ergo quod nondum est, per illud quod spatiocaret, in illud quod iam non est. quid autem metimur nisitempus in aliquo spatio? neque enim dicimus simpla et dupla ettripla et aequalia, et si quid hoc modo in tempore dicimus nisispatia temporum. in quo ergo spatio metimur tempuspraeteriens? utrum in futuro, unde praeterit? sed quod nondumest, non metimur. an in praesenti, qua praeterit? sed nullumspatium non metimur. an in praeterito, quo praeterit? sed quodiam non est, non metimur. (Augustinus (345-430) ConfessionesXI,21.27).


• Ich weiß es, daß wir sie messen, und daß das, was nicht <strong>ist</strong>, nicht gemessenwerden kann, und daß Vergangenheit und Zukunft nicht sind. Wie messen wiraber die gegenwärtige <strong>Zeit</strong>, wenn sie keine Ausdehnung hat? Sie wirdgemessen, wenn sie vorübergeht, wenn sie aber bereits vorübergegangen <strong>ist</strong>,wird sie nicht mehr gemessen, weil dann nichts mehr da <strong>ist</strong>, was gemessenwerden kann. Aber woher, wie und wohin geht sie vorüber, indes sie gemessenwird? Woher, wenn nicht aus der Zukunft, wie, wenn nicht durch dieGegenwart, wohin, wem nicht in die Vergangenheit? Aus dem also, was nochnicht <strong>ist</strong>, durch das, was keine Dauer hat, zu dem, was nicht mehr <strong>ist</strong>. Wasmessen wir aber, wenn nicht die <strong>Zeit</strong> in irgendeiner Ausdehnung? Denn wennwir sagen: Das Einfache, das Doppelte, das Dreifache, das Gleiche, so sagen wirdas nur von der <strong>Zeit</strong> in ihrer Ausdehnung und Dauer. In welcher Dauer messenwir also die vorübergehende <strong>Zeit</strong>? Etwa in der Zukunft, von wo aus sievorübergeht? Aber was noch nicht <strong>ist</strong>, messen wir nicht, oder in derGegenwart, durch die sie vorübergeht? Aber wir können nicht messen, waskeine Dauer hat. oder in der Vergangenheit, wohin sie vorübergeht. Aber wirkönnen nicht messen, was nicht mehr <strong>ist</strong>. (Übers. Otto F. Lachmann).


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> messbar….• Nicht allein aber messen wir die Bewegung mit der <strong>Zeit</strong>,sondern auch mit der Bewegung die <strong>Zeit</strong>; weil sie durcheinander sich bestimmen. <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> nämlich bestimmt dieBewegung, indem sie ihre Zahl <strong>ist</strong>; die Bewegung aber die<strong>Zeit</strong>. Und wir sagen viel oder wenig <strong>Zeit</strong>, indem wir sie mitder Bewegung messen, gleichwie auch mit dem Zählbarendie Zahl, z.B. mit dem Einen Pferde, die Zahl der Pferde.Mittelst der Zahl nämlich zwar erkennen wir die Mengeder Pferde; umgekehrt aber mittelst des Einen Pferdes, dieZahl selbst der Pferde. Eben so auch bei der <strong>Zeit</strong> und derBewegung: durch die <strong>Zeit</strong> nämlich die Bewegung, durch dieBewegung aber messen wir die <strong>Zeit</strong> (Ar<strong>ist</strong>oteles Physikêakroasis, cap. XII)


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> die Summe von Zuständen• Zenon sagt, dass ein fliegender Pfeil in jedem Momentseiner Flugbahn einen bestimmten, exakt umrissenenOrt einnimmt. An einem exakt umrissenen Ortbefindet sich der Pfeil in Ruhe, denn an einem Ortkann er sich nicht bewegen. Da sich der Pfeil in jedemMoment also in Ruhe befindet, müsste er sichinsgesamt in Ruhe befinden. (Pfeil-Paradoxon desZenon von Elea (~490-~430), vgl. Ar<strong>ist</strong>oteles Physikêakroasis, cap. IX).


<strong>Zeit</strong>'teile' sind soziale Konstruktionen:Ära-<strong>Zeit</strong>skala (…), die es den lebenden Generationenermöglichte, ihren eigenen Platz in derGenerationsabfolge präzise zu bestimmen. (NorbertElias (1988) Über die <strong>Zeit</strong>, p.23).


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> Macht und ein fait social<strong>Die</strong> Entwicklung eines derartigen Maßstabs für lange,nicht-wiederkehrende <strong>Zeit</strong>sequenzen wäre erstmöglich, als soziale Einheiten wie Staaten oderKirchen den Charakter eines langdauerndenWandlungskontinuums gewannen, innerhalb dessenlebende Gruppen - gewöhnlich herrschende Gruppen- es um der Funktionsfähigkeit ihrer Institutionenwillen für nötig erachteten, die Erinnerung an dieKontinuität dieser Institutionen in einer präzisen undartikulierten Weise lebendig zu halten." (Norbert Elias(1988) Über die <strong>Zeit</strong>, p.24).


RealtimeEine über all dem schwebende Zauberformel lautet:Realtime. Dabei bilden sich - gleichsam hinter demRücken der Mehrheit - neue Kompetenzstrukturenheraus, verändern sich ökonomische <strong>Zeit</strong>regeln:<strong>Zeit</strong>vorsprünge, Echt- und Gleichzeitigkeit werdenzum wichtigen Faktor im Entwicklungsprozeßmoderner Gesellschaften (<strong>Die</strong>ter Hoffme<strong>ist</strong>er, UMüster; Institut für Soziologie, SS 2000)


<strong>Zeit</strong> als soziale Realität<strong>Die</strong> »<strong>Zeit</strong>« <strong>ist</strong> eine soziale Realität. Sie <strong>ist</strong> aber keine objektiveRealität, kein von der Ex<strong>ist</strong>enz von Menschen unabhängigerGegenstand. Das Aufeinander-Abstimmen von Ereignissen(timen) <strong>ist</strong> ein menschliches Verhalten. »<strong>Zeit</strong>« <strong>ist</strong> nicht eine apriori gegebene Bedingung menschlicher Erkenntnis. Es gibtnicht <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong>. Sie <strong>ist</strong> nicht, wie z.B. Kant gedacht hat, »dieformale Bedingung a priori aller Erscheinungen überhaupt«(KdrV, B51), die »Form des inneren Sinnes« (KdrV, B49). Sie <strong>ist</strong>auch kein biologisch bedingtes Grundmuster menschlichenHandelns überhaupt, keine individuelle Eigenschaft, Fähigkeitoder Verstehensstruktur. Das hoch elaborierte<strong>Zeit</strong>bewußtsein, wie wir es heute besitzen, <strong>ist</strong> vielmehr erstdie Folge eines menschheitsgeschichtlichen Lernprozesses(vgl. Thomas Heinrichs (1999). <strong>Zeit</strong> der Uneigentlichkeit.Heidegger als Philosoph des Fordismus, Münster 1999, S. 40-55)


Götter der <strong>Zeit</strong>?• Chronos (?): Urprinzip, Personifikation derLebenszeit, Gott der Liebe und des Lichts,Lebensbringer. Bis auf Zeus verschlang er alle seineKinder, um nicht von ihnen entmachtet zu werden.[Beziehung zu Fruchtbarkeitsgott Cerunnos derKelten?]• Zervan (~ Zurvan, zrwan) = „<strong>Zeit</strong>“. Iranischer Gott der<strong>Zeit</strong>; Vater von lichtem Ahura Mazda und dunklemAhriman. Als Schicksalsgottheit mit Chronosverwandt.


2. AbschnittRadical Experientialism,kognitive Typologieunddie ZEIT


Radical ExperientialismSprache (grosso modo): Ein in seinen Symbolisierungsverfahrengelerntes, daher vergesellschaftetes (kollektives), tradiertes undals Wissen gespeichertes, artikulatorisches Ausdrucksystemkognitiver Zustände (Wahrnehmung in Erfahrung), dessenWirksamkeit als Kommunikation konstruiert wird.


Sprachstrukturen• Sprachstrukturen sind bedingt durch denperzeptiven Apparat, die Verarbeitung desdiesbezüglichen Outputs als Erfahrung und Routinenund die Kopplung der daraus emergentenkonzeptuellen Ebene mit dem artikulatorischen(motorischen) Apparat der Atmungshemmung(sprachbasierte Symbolisierung). [Stark vereinfacht]


SchemataBeispiele:Basal: Unmittelbar sensorisch begründete Schematae.g. F -> GKonstruiert (mit Eigenwahrnehmung):e.g. MOTION (EGO- ~ ALTRI-)-> <strong>Die</strong> Konstruktion von Bewegung erfolgt inferentiellüber die Füllung von Wahrnehmungssakkadengekoppelt mit sensomotorischenMustern/Wahrnemungen der Eigenbewegung.


<strong>Die</strong> Konstruktion von BewegungG1 G2 G3 G4SakkadenF 1 F 2 F3 F4FixationenBewegung von F in G1-G4


Bewegung und <strong>Zeit</strong>Wenn G1-Gn und und F1-Fn als verwandt‘ konstruiertwerden, ergibt sich:F1(G1) F1‘(G1‘) F1‘‘(G1‘‘) F1‘‘‘(G1‘‘‘) ……. F1 n (G1 n )Sakk 1 Sakk 2 Sakk 3 Sakk n-> F bewegt sich in G


Bewegung 1: Ground dynamisch


Bewegung 2: Figure dynamisch• G1 G8 G7• G2 G6• G3 G5• G4


<strong>Zeit</strong> als SakkadeIm sensorischen Gedächtnis (überführt inKurzzeitgedächtnis) werden Einzelbilder sequentiellgespeichert und im ‚neuen‘ Bild ‚wiederbelebt‘:B 1 B 2 B 3 B 4 B 5 B 6 B 7 B 8 B 9 B 10 B 11 B 12 B 13 B 14 B 15


ZEIT <strong>ist</strong> Wahrnehmung in Erfahrung• ZEIT <strong>ist</strong> abhängig von Wahrnehmung.• Ohne Wahrnehmung gibt es keine ‚autonome‘ <strong>Zeit</strong>.• -> Das physikalische RAUM-ZEIT-Kontinuum <strong>ist</strong> fürdie Konstruktion der ZEIT unerheblich.• Wahrnehmung konstruiert Bewegung.• Bewegung wird konstruiert als Veränderung.• ZEIT resultiert aus der Inbeziehungsetzung derWahrnehmung varianter, aber ‚verwandter‘ Umweltreize.• ZEIT resultiert also aus der Inbeziehungsetzung vonWahrnehmung und Erfahrung.• Dabei <strong>ist</strong> ZEIT selbst ein emergentes Schema, das unmittelbarkonzeptualisiert werden kann.


Dynamizität der <strong>Zeit</strong>ZEIT-Wahrnehmung erfolgt auf der Basis derDynamizität (‚Bewegung‘) der Erfahrung:ZEITWahrnehmung UR >ur‘Memory


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> (zyklische) Veränderung (1)1. <strong>Die</strong> Wahrnehmung von Veränderung beinhaltet also dieFixation->Speicherung etwas Wahrgenommenen (>Erfahrung) und (nach Sakkade, s.u.) die Fixation->Speicherung eines varianten Analogons, wobei diequalitative/quantitative Differenz als Veränderung und inihrer Kopplung mit dem Gedächtnisappell als‚<strong>Zeit</strong>differenz‘ konstruiert wird.2. <strong>Die</strong> konstante Wahrnehmung von Eigen- undFremdveränderungen bedeutet die Konstruktion eines‚<strong>Zeit</strong>pfeils‘.3. Damit verbunden <strong>ist</strong> die Erfahrung von Geburt und Todals Skalen auf dem <strong>Zeit</strong>pfeil.


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> (zyklische) Veränderung (2)4. <strong>Die</strong> Wahrnehmung/Erfahrung rekursiverVeränderungen (e.g. Tag -> Nacht -> Tag -> Nachtetc.) ermöglicht ‚prognostische‘ Konstruktionen: Aufden Tag folgt die Nacht. Dann <strong>ist</strong> Zukunft lediglicheine projezierte Vergangenheit (die kommendeNacht <strong>ist</strong> analog zu dem, was dem (jetzigen) Tagvorausgegangen <strong>ist</strong>).5. Zyklische Veränderungen werden als Teil desglobalen <strong>Zeit</strong>pfeils konstruiert:


<strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> (zyklische) Veränderung (3)Zyklische Veränderung von F in Gt 0t n


<strong>Die</strong> ‚Konzeptualisierung‘ der ZEITKonzeptualisierung:Schema-basierte Fixierung von Erfahrungssegmenten,die kategoriell als ‚verwandt‘ verarbeitet werden:DisjunktPrototypischRadialFamilienähnlichEmbodimentKonzeptualisierung <strong>ist</strong> sprachunabhängig!


<strong>Die</strong> Allegorie der ZEITwww.fes.de/.../internet/images/s-schur/zeit.jpgwww.realschule.bayern.de/.../bilder/uhr_dali.jpgIlse Schütze-Schur: <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> (um 1921) Salvatore Dali: Pers<strong>ist</strong>ence of Time (1931)Originalholzschnitt (40,5 cm x 36,5 cm)(Ausschnitt)


AllegorieAllegorie: <strong>Die</strong> reifizierende (dimensionale) Abbildungvon Vorstellungen, die nicht-dimensionaleUmweltreize abbilden.-> Reifikation kognitiver Sakkaden


Kognitive Sakkaden (1)http://www.badminton-technik.de/vh_aufschlag.html / modifiziert]Fixation 1 Fixation 2SakkadeMensch bewegt Arme


Kognitive Sakkaden (2)ZEIT kann nicht sensorisch als dimensional erfahrenwerden.Ergo: ZEIT <strong>ist</strong> eine kognitive Sakkade, die dieWahrnehmung/Erfahrung von Bewegung/Veränderungetc. schematisiert.<strong>Die</strong> Konzeptualisierung von ZEIT kann also nur aufeiner höherer Ebene (Ereignisvorstellung) erfolgen.Gleichzeitig liefern die relationalen (Sakkaden-)Vorstellungen die Quelldomäne für die dann überMetaphorisierung gewonnenen ZEIT-Vorstellungen.


Konzeptuelle MetaphernBeispiele der metaphorischen Gewinnung von ZEIT-KonzeptualisierungenZieldomäneQuelldomäneZEIT <strong>ist</strong> Bewegung/ProzessZEIT <strong>ist</strong> VeränderungZEIT <strong>ist</strong> vor ~ nach


<strong>Die</strong> Reifikation der ZEITGriechisch: χρόνος *das umfassende/Umfasste (?)Latein: tempus *‘Ausdehnung‘?Irisch: aimser (unklar)Kymrisch: pryd *‘-mal‘ (?)Gotisch: Èeihs *‘Ausdehnung‘Altnordisch: tīð *‘Teil, Antei, Zuteilung‘Litauisch: laikas *‘bleiben, halten‘ (?)Avestisch: zvran *‘alt‘Sanskrit kāla- (unklar)Altkirchslawisch: vrěmę *‘Rücklauf, Rundlauf‘


Sprachbasierte Symbolisierung<strong>Die</strong> sprach-basierte Symbolisierung von konzeptuellenEinheiten: <strong>Die</strong> artikulatorische Fixierung einerkonzeptuellen Einheit:Konzeptueller RaumArtikulationen


3. AbschnittZEIT in der Sprache


ZEIT als Raumkonzept (Deutsch)In die/der <strong>Zeit</strong> (in)Über die/der <strong>Zeit</strong> (supra) supra KontaktzoneHinter die/der <strong>Zeit</strong> (post)superUnter der <strong>Zeit</strong> (sub)Vor der <strong>Zeit</strong> (ante) ante ad in post postAn der <strong>Zeit</strong> (ad)subsub


ZEIT <strong>ist</strong> teilbarVon der <strong>Zeit</strong> (genitivus/ablativus partitivus)


Weitere EigenschaftenZEIT <strong>ist</strong> ein Container:Aus der ZEIT herausIn die ZEIT hineinZEIT <strong>ist</strong> ein (humaner?) BegleiterSie ging mit der ZEIT.


ZEIT als Aktant (1)ZEIT als Aktant:Korpus (deutsch) mit 2536 Belegen (hier höchstfrequente Belege):• Subjective (intrans. Agens): 1482• vergehen 404 • stehen 279 • reif=sein 243 • verstreichen 167 • dauern 91 • Agentive (trans. Agens): 52• heilen 23 • bringen 19 • Objective (trans. Patiens): 1072• nehmen 147 • rauben 123 • verbringen 102


ZEIT als Aktant (2)Semantische Primitive (Auswahl):MOVE 791THING 360EXTENSION 114POSSESSION 186ANIMATE 124PLANT 243STAND 279ERGO: ZEIT (Deutsch) <strong>ist</strong> eine bewegliche/sich flüssig bewegendebzw. sich nicht bewegende (un)belebte, dreidimensionale Einheit(Ausschnitt).ZEIT findet im Raum statt (F: ZEIT ->G) oder <strong>ist</strong> Raum (Landmark) einesTrajektors (F->G: ZEIT ).


<strong>Die</strong> Attribuierung der ZEIT• einige 18048 QUANTITY• geraume 9410 DIMENSION• lang (Pos/Kom/Sup) 8202 DIMENSION• kurz (Pos/Komp/Sup) 5297 DIMENSION• absehbar 4966 VISIBIL• gleich 2344 IDENTITY• jene 2291 IDENTITY• me<strong>ist</strong>e 2144 QUANTITY• unser 2003 POSSESSED• jung (Komp/Sup) 1832 AGE• ganz 1276 GESTALT• hoch (Superlativ) 824 DIMENSION• unabsehbar 500 VISIIAL• genügend 464 QUANTITY• selbe 378 IDENTITY• begrenzt 372 GESTALT• viel 309 QUANTITY• BASIS: 65305 Belege


<strong>Die</strong> Semantik der ZEITERGO (2): [Deutsch]ZEIT <strong>ist</strong> eine begrenzte, teilbare, zählbare,sichtbare, bewegliche/sich flüssig bewegendebzw. sich nicht bewegende (un)belebte,dreidimensionale , mit Identität verseheneEinheit, die penetrieren ebenso wie penetriertwerden kann. [vorläufig]


4. Abschnitt<strong>Die</strong> sprachlicheSegmentierung der <strong>Zeit</strong>


Optionen der lingu<strong>ist</strong>isches KodierungKog.Kat.Ling.Kat.Lexikalisch Konstruktionell FlektivRadikalLexikalischIdiomatisch


Beispiele der Kodierung von ZEIT• Lexikalisch: Morgen gehe ich in die Stadt.• Konstruktionell (rad.): *ich gehen Stadt (~nFUT) / *gehen ich Stadt(~FUT)• Konstruktionell (lex.): Ich werde in die Stadt gehen.• Konstruktionell (idiom.): *Wenn=die=Sonne=aufgeht (> morgen) geheich in die Stadt.• Flektiv: in forum ibo.• Je lexikalischer der <strong>Zeit</strong>'ausdruck', desto 'enger' <strong>ist</strong> der <strong>Zeit</strong>-Raum (spezifisch, überbestimmt).• <strong>Die</strong> Grammatikalisierung von <strong>Zeit</strong>'ausdrücken' öffnet den<strong>Zeit</strong>-Raum (unspezifisch, unterbestimmt).


Gründe der Segmentierung (1)<strong>Die</strong> Gegenwart zeigt man, aber das Vergangene mussman erzählen. Und da man dies auf so viel Arterzählen konnte und anfangs im Bedürfnis, Worte zufinden, es so vielfältig tun mußte, so wurden in allenalten Sprachen viel Präterita, aber nur ein oderkein Präsens. (Herder (1772) Abhandlung über denUrsprung der Sprache, 3. Abschnitt V,3)


Gründe der Segmentierung (2)Warum gibt es konzeptuelle ‚Tempora‘ (besser: eineFaktorisierung der ZEIT)?Grundlage: <strong>Die</strong> ‚Zugänglichmachung‘ desGedächtnisses!- Kognitionsinterner Reiz (KIR -> kir‘):


REIZ-Verarbeitung in der Kognition (1)1. Jeder Umweltreiz (UR) wird primär in der Wahrnehmungdurch den spezifischen sensorischen Apparat (-> sensorischesGedächtnis) gebrochen.2. <strong>Die</strong> daraus resultierende Abbildung (ur‘) initiiert einenErfahrungsappell (-> Gedächtnis (μ)), der gekoppelt <strong>ist</strong> mit demdurch UR>ur‘ gegebenen aktuellen ‚Zustand‘ der Kognition (α).3. Das Verfahren des memory appeal (in seiner Korrelation mit α)kann einen kognitionsinternen Reiz (KIR) auslösen, der über eineunspezifische, interne Sensorik erneut in eine Abbildung (kir‘)umsetzt wird. kir‘ wird dann analog zu ur‘ verarbeitet.4. Der Prozess KIR>kir‘ <strong>ist</strong> die Voraussetzung dafür, dassGedächtnisinhalte (μ) ‚bewusst‘ gemacht werden können.


REIZ-Verarbeitung in der Kognition (2)*UR ur‘ αKIR kir‘ αur‘ μkir‘ μ


<strong>Die</strong> Faktorisierung der ZEIT alskognitionsinterner Reiz (1)<strong>Die</strong> humane Fähigkeit, sich ihre eigenen‚Gedächtnisprozesse‘ zu erschließen, gibt ihr dieMöglichkeit, Gedächtnisanteile selbst als Reiz (KIR)auszulösen und entsprechend zu verarbeiten (ohne dieKopplung mit einem unmittelbaren ur‘ α )*UR -> ur‘ μ -> KIR -> kir‘Der deiktische Hinweis auf diesen Prozess wird als‚Vergangenheit‘ konzeptualisiert.


<strong>Die</strong> Faktorisierung der ZEIT alskognitionsinterner Reiz (2)• Der deiktische Hinweis auf eine hochgradigeAktivierung des ur‘ α -Bereichs (unter Einschluss einerur‘ μ -Aktivität) wird als ‚Gegenwart‘konzeptualisiert.• <strong>Die</strong> KIR-basierte Imagination eines UR mit Appellan ur‘ μ führt zur Konstruktion von ur‘ α‚zukünftigt‘.


REIZ-Verarbeitung in der Kognition (1)VergangenheitKIRkir‘ αur‘ μkir‘ μ


REIZ-Verarbeitung in der Kognition (2)GegenwartUR ur‘ αKIR kir‘ αkir‘ μ


REIZ-Verarbeitung in der Kognition (3)Zukunftur‘ αkir‘ αur‘ μKIRkir‘ μ


Augustinus über die <strong>Zeit</strong>en• `tempora sunt tria, praesens de praeteritis, praesens de praesentibus, praesensde futuris.' sunt enim haec in anima tria quaedam et alibi ea non video,praesens de praeteritis memoria, praesens de praesentibus contuitus, praesensde futuris expectatio. si haec permittimur dicere, tria tempora video fateorque,tria sunt. dicatur etiam, `tempora sunt tria, praeteritum, praesens, et futurum,'sicut abutitur consuetudo; dicatur. (Augustinus Confessiones XI,20.26)• Es gibt drei <strong>Zeit</strong>en, eine Gegenwart in Hinsicht auf die Gegenwart, eineGegenwart in Hinsicht auf die Vergangenheit und eine Gegenwart inHinsicht auf die Zukunft. In unserem Ge<strong>ist</strong>e sind sie wohl in dieser Dreizahlvorhanden, anderswo aber nehme ich sie nicht wahr. Gegenwärtig <strong>ist</strong>hinsichtlich des Vergangenen die Erinnerung, gegenwärtig hinsichtlichder Gegenwart die Anschauung und gegenwärtig hinsichtlich derZukunft die Erwartung. Wenn es uns gestattet <strong>ist</strong>, so zu sagen, so sehe ichallerdings drei <strong>Zeit</strong>unterschiede und gestehe, daß es wirklich drei gibt. Manmag auch sagen: Es gibt drei <strong>Zeit</strong>en, Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft,wie es einmal der Mißbrauch der Gewohnheit <strong>ist</strong>; mag man es sagen,


Tempus in der Antike (1)Tempuspraesens de praeteritis praesens de praesentibus praesens de futurismemoria contuitus expectatioesse nosse vellevisiovoluntasintelligentiaprovidentia


Tempus in der Antike (2)• Prudentia est rerum bonarum et malarum neutrarumque scientia. Partes eius:memoria, intellegentia, providentia. Memoria est, per quam animus repetit illa, quaefuerunt; intellegentia, per quam ea perspicit, quae sunt; providentia, per quam futurumaliquid videtur ante quam factum est. Cicero, de inventione 2.160• “Weisheit <strong>ist</strong> das Wissen um das, was gut <strong>ist</strong>, was schlecht <strong>ist</strong>, was keines vonbeiden <strong>ist</strong>. Ihre Teile (sind): Gedächtnis, Wahrnehmung und Vorausschau.Gedächtnis (<strong>ist</strong>), wodurch sich der Ge<strong>ist</strong> daran erinnert, was geschehen <strong>ist</strong>.Wahrnehmung (<strong>ist</strong>), wodurch er feststellt, was <strong>ist</strong>. Vorausschau (<strong>ist</strong>), wodurch etwasgesehen wird, bevor es geschehen <strong>ist</strong>“ (Übers. W. <strong>Schulze</strong>).•• Vgl. Ar<strong>ist</strong>oteles (De Memoria et Reminiscentia 1, 449b, 27)• ηοσ/ δε. νσ/ν εvν ηω|/ νσ/ν οσvκ ε;ζηι μνη,μη, καθα,περ ει;ρηηαι και. προ,ηερον, αvλλα.ηοσ/ με.ν παρο,νηος αι;ζθηζις, ηοσ/ δε. με,λλονηος εvλπι,ς, ηοσ/ δε. γενομε,νοσ μνη,μη.• „Vom Jetzt <strong>ist</strong> im Jetzt keine Erinnerung, wie schon vorher gesagt, sondernWahrnehmung des Bestehenden, Erwartung des Zukünftigen, Erinnerung desEntstandenen.“ (Übers. W. <strong>Schulze</strong>).


<strong>Die</strong> Triade der ZEIT in der SpracheTripartite Bipartite(1) Bipartite(2) Bipartite(3) NeutralPRESENT PRES nFUT nPAST PRESPAST PASTPASTFUTUR FUTFUTnPASTSprache(exempl.)LateinPama-NyunganPRESGeneralGermanisch Archi (i.T.) Vietnam.


<strong>Die</strong> Begrifflichkeit der <strong>Zeit</strong>-‘Stufen‘• Vergangenheit: Lehnübersetung aus lat. praeter-itum‚was vorüber gegangen <strong>ist</strong>‘• Gegenwart: Schon ahd. geginwartī ~ andwart (adj.) mit-wart zu lat. vertere = 'dem Gegenüber zugewandt' ,vgl. "in meinem gesichtskreis gegen mich gekehrt odergegen mich herkommend" (Grimm V,sp.2281), vgl.Latein praesens ‚was vor(a)n steht‘ [‚ZEIT‘ erst später]• Zukunft: Schon ahd. zuochunft 'was einem zukommt'(vgl. franz. avenir)['ZEIT' erst ab spätem Mhd.]


Schematisch (Deutsch)PAST PRESENT FUTUREGegen- wartKOGver-gehenzu-kommen


GrammatikalisierungsbasenPRESENT PAST FUTUREessive ablative allativecome come=from come=tocomitative get copulado go deontic modalityessive have-possession go=toex<strong>ist</strong> itiv have-possessiongo(=in) pass love/wantin (spatial) throw obligationkeep yesterday takeliethenlivetomorrowlocativeventivesitstand (vgl. u.a. Heine & Kuteva 2002)


Basiskonzeptualisierung• Gegenwart <strong>ist</strong> Sein in/an einer Ereignisvorstellung• -> (ANTE-)ESSIV• Vergangenheit <strong>ist</strong> Separierung von einerEreignisvorstellung• -> ABLATIV• Zukunft <strong>ist</strong> Zuwendung hin zu einerEreignisvorstellung• -> ALLATIV


Raum- und <strong>Zeit</strong>-ParadigmatisierungZEIT RAUM ZEIT RAUM ZEIT RAUM ZEIT RAUM ZEIT RAUMTRI BI(1) BI(2) BI(3) NEUTRALPR ESSPR ESS nPA nABLPA ABLnFUT nALLPA ABLFU ALL FUT ALLnPR nESSnPA nABLGEN.LOC


Points of Reference (1)<strong>Die</strong> Fixierung der <strong>Zeit</strong>-‘Stufen‘ basiert auf dem Typ derZuordnung von Figure und Ground:KOG definiert sich in seiner (primär räumlichen)Beziehung zu einer EreignisvorstellungTrajektor REL Landmarka. F:KOG ->/ESS/ABL/ALL G:EVb. F:EV ->/ESS/ABL/ALL G:KOGE.g.a. KOG entfernt=sich=von einer Ereignisvorstellung PAST/Egomotionb. Eine Ereignisvorstellung kommt=zu=auf KOG FUTURE/Altrimotion


Points of Reference (2)1. Intern: COG konstruiert sich als im <strong>Zeit</strong>pfeilbefindlich (EGO-Reference Point)ALTRIMOTION:Integration der Kategorie VENTIV/ITIV:Ventiv: X bewegt sich zum Zentrum hinE.g:Itiv:E.g.:Zukunft (kommen)X bewegt sich vom Zentrum wegVergangenheit (gehen)


EGOMOTION:Points of Reference (3)VENTIV:Ich komme aus der Vergangenheit.ITIV:Ich gehe in die Zukunft.EGO VENTIV ITIVPAST PoR FUTUREALTRI ITIV VENTIV


VISIONPoints of Reference (4)"<strong>Die</strong> praktisch erkannte Gegenwart <strong>ist</strong> keineMesserschneide, sondern ein Sattelrücken mit einergewissen ihm eigenen Breite, auf den wir uns gesetztfinden und von dem aus wir nach zwei Seiten in die<strong>Zeit</strong> hineinblicken." (William James (1886). The Perception ofTime. [1886] In: The Principles of Psychology (Chapter XV). London 1901.Deutsch: <strong>Die</strong> Wahrnehmung der <strong>Zeit</strong>. In: Klassiker der modernen<strong>Zeit</strong>philosophie. Hrsg. v. Walther Ch. Zimmerli, Mike Sandbothe. Darmstadt1993. S. 31-6, hier p.35).


Points of Reference (5)a. FACING THE PAST (der Aymara-Typ)PAST PoR FUTUREGesehen Sichtbar Nicht gesehenVor AugenNicht vor Augen / hinterGesehen>GewusstNicht gesehen>nicht gewusst[vgl. οι=δα-Prinzip]Aymara :nayra pacha (Augen/Front/Sicht-<strong>Zeit</strong>)q'ipa pache (Rückseite-<strong>Zeit</strong>)Geste nach vorne > PASTGeste nach hinten > FUTURE


Points of Reference (6)b. FACING THE FUTUREPAST PoR FUTUREGesehen Sichtbar Nicht gesehenNicht vor AugenVor AugenGesehen>GewusstNicht gesehen>vorgestelltDeutsch:MorgenGesternGeste nach vorne > FUTUREGeste nach hinten > PAST


Points of Reference (7)c. Das chinesische Modellobenvornhintenunten• Mit: Yang = 'formlose <strong>Zeit</strong>• Yin = 'durch ein Objekt geformte <strong>Zeit</strong>' (mit zwei Grenzen)


Externer PoR:Points of Reference (8)PAPoRFUSeparatumProjektionBasales Verfahren


Externer PoR (1)Points of Reference (9)PAvorFUnachSeparatumProjektionProfilierung des <strong>Zeit</strong>-Abschnittes (1): PoR ‚blickt‘ in dieVergangenheit [PoR <strong>ist</strong> intrinsisch ‚links‘ profiliert]:Ich komme vor dem Essen (vor der <strong>Zeit</strong> des Essens) [MOTION in einen<strong>Zeit</strong>raum hinein, der vor dem des Essens liegt]Ich komme nach dem Essen (nach/hinter der <strong>Zeit</strong> des Essens) [Motion ineinen <strong>Zeit</strong>raum hinein, der hinter dem des Essens liegt.]


Points of Reference (10)Externer PoR (2)PAnachFUvorSeparatumProjektionProfilierung des <strong>Zeit</strong>-Abschnittes (1): PoR ‚blickt‘ in dieZukunft [PoR <strong>ist</strong> intrinsisch ‚rechts‘ profiliert].


Points of Reference (11)Analog zu PoR / extern (1):Vor-fahren (~gehen) / Nach-kommenVor-gestern / *nach morgen (vgl. engl. after tomorrow)t nt ovor nach nach nach nach nach->vor ->vor ->vor ->vor -vor


5. AbschnittConclusio


CONCLUSIO (1)Tizian: Allegorie der <strong>Zeit</strong> (1565; Org. 75,5 x 68,5 cm)Auschnitt:OriginalUmstellunglinks/rück rechts/vorn links/vor rechts/rück


Conclusio (2)1. Kognitive Lingu<strong>ist</strong>ik kann nicht klären, was ZEIT <strong>ist</strong>,sondern nur wie etwas als <strong>Zeit</strong> konzeptualisiertwird.2. Es gibt keinen universellen ZEIT-Begriff.3. Universell <strong>ist</strong> die Konzeptualisierung vongedächtnisbezogenes kognitiven Ereignissen.1. Dabei gilt: <strong>Die</strong> Triade der ZEIT (PAST/PRES/FUT) <strong>ist</strong> eineuniverselle, operationale Eigenschaft der humanenKognition.2. <strong>Die</strong> emergente Konzeptualisierung dieser Eigenschaft alse.g. ‚Vergangenheit‘, ‚Gegenwart‘ und ‚Zukunft‘ erwächst mitder zunehmenden Verarbeitung von Gedächtnis-Ereignissen als kognitionsinterne Reize (‚Bewusstwerdung‘)3. ZEIT <strong>ist</strong> das Wissen um die eigene Erfahrung.


Conclusio (3)4. <strong>Die</strong> sprachbasierte Konzeptualisierung von ZEIT-Dimensionen beruht nicht auf der Vorstellung von ‚<strong>Zeit</strong>‘,sondern resultiert aus der Metaphorisierung heterogenerQuelldomänen. Eine umfassende lexikalische Typologie,die Präferenzen für bestimmte Quelldomänen in denSprachen der Welt aufzeigen würde, fehlt jedoch noch.5. <strong>Die</strong> Fraktionierung der ZEIT (Triade) wird hingegenweitaus einheitlicher konzeptualisiert. MOTION undVISION sind die zentralen Verfahren.6. <strong>Die</strong> Fraktionierung der ZEIT läuft dabei konzeptuellanalog zur Dimension der Trajektor-Landmark-Beziehung (Essiv, Ablativ, Allativ).


Conclusio (4)7. <strong>Die</strong> Grammatikalisierung der ZEIT-Fraktionen beruht auf derExplikation oder Unterspezifikation der TriadePRES/PAST/FUTURE. Der Grad der Differenzierung <strong>ist</strong>sprachspezifisch.8. TEMPUS <strong>ist</strong> eine rein lingu<strong>ist</strong>ische Kategorie und reflektiertdie kognitiven Verfahren zur Konzeptualisierung der ZEIT-Triade nur bruchstückhaft.9. Ergo: ZEIT <strong>ist</strong> keine lingu<strong>ist</strong>ische Kategorie. Als kognitivesSegment <strong>ist</strong> ZEIT eine emergente Struktur, die sekundär‚vergesellschaftet‘ und als konzeptuelle Entität reifiziertwerden kann.10. <strong>Die</strong> Annahme, dass bestimmte Sprachgemeinschaften keinen<strong>Zeit</strong>-Begriff hätten, <strong>ist</strong> falsch (sie basiert irrig auf derParallelsetzung von Tempus und <strong>Zeit</strong>).11. ZEIT erfährt man, man ‚hat‘ sie nicht.

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