Berlin 2009 - Wingender Hovenier Architecten
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Abspannwerk Wilhelmsruh, <strong>Berlin</strong>, 1925-1926<br />
Hans Heinrich Müller<br />
Die Ordnung der Baumassen und die<br />
Grunddisposition der technischen<br />
Anlagen entsprechen beim<br />
Abspannwerk Wilhelmsruh genau dem<br />
Werk Humboldt. Hinter einer lang<br />
gezogenen Phasenschieberhalle liegt im<br />
Innenhof ein Wartengebäude, seitlich<br />
platziert werden die Werkswohnungen<br />
und rückwärtig erhebt sich das<br />
Schalthaus mit zwei überhöhten<br />
Treppenhaustürmen. Der Gesamteindruck<br />
ist mit den seitlichen<br />
Überhöhungen und der geschlossenen<br />
Strassenfront wieder wehrhaft, auch<br />
bekrönen mächtige Dächer alle<br />
Gebäudeteile. Die beim Werk Humboldt<br />
beginnende vertikale Strukturierung der<br />
Fassadenflächen wird in Wilhelmsruh<br />
konsequent mit einer monotaktischen<br />
Reihung von Wandpfeilern mit zurück<br />
gestaffelten Feldern fortgesetzt. Hans<br />
Müller wollte vielleicht der Gefahr einer<br />
Eintönigkeit der Wandstruktur<br />
entgegenwirken, der er auch durch den<br />
Einsatz jeweils anderer Klinkersteine<br />
aus verschiedenen Herstellerwerken<br />
begegnete und so formatabhängig zu<br />
Nuancen im Verband und Fugenbild<br />
der Flächen gelangte - jede Anlage<br />
erhielt so einen eigenen Charakter. Das<br />
hier angewendete Gestaltungsprinzip<br />
eines lagenweise stufenförmig zurückspringenden<br />
Mauerwerks mindert die<br />
Masse der Wand, ohne sie verleugnen<br />
zu wollen, und verhilft dem Baukörper<br />
zu straffer Vertikalität. Auch die<br />
unterhalb des Gesimses angesetzten<br />
Bögen verbinden die Stützen zur<br />
Wandfläche, ohne kompositorisch das<br />
horizontale Gegengewicht des<br />
umlaufenden Gesimses zu stören.<br />
Bei dem Wartengebäude im Innenhof<br />
schiebt er die Abtreppungen so dicht<br />
zusammen, dass ein dreieckiger Pfeiler<br />
entsteht. Das Innere des Wartengebäudes<br />
ist noch aufwendiger gestaltet<br />
als im Werk Humboldt. Die grauen<br />
Marmortafeln der Apparate sind<br />
zusammen mit den Türen in dunklere,<br />
stark gemaserte Rahmen gefasst. Auch<br />
die Schaltpulte sind in dieser Ausstattung<br />
ausgeführt. Eine Putzvoute<br />
verbindet die Schaltschränke mit der<br />
Glasdecke und auch die Rückwände<br />
sind aufwendig mit Naturstein<br />
verblendet. In der Phasenschieberhalle<br />
ruht der Kontrollaustritt der Warte auf<br />
stufenweise auskragenden Klinkerkonsolen,<br />
eine materialgerechte<br />
Thematisierung der konstruktiven Logik<br />
des Backsteins, obwohl die Stahlträger<br />
dieser Unterstützung eigentlich nicht<br />
bedürfen. Die Auflager der Dachkonstruktion<br />
der Halle auf ein<br />
umlaufendes Gesims werden optisch<br />
unterstützt durch ein zinnenartiges<br />
Flächenmuster aus farbiger Keramik<br />
und die Türen und Fenster sind gegen<br />
die gelblichen Verblender mit rotbraunen<br />
Keramiksteinen abgesetzt.