Berlin 2009 - Wingender Hovenier Architecten

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28.11.2012 Aufrufe

Abspannwerk Leibniz, Berlin, 1925 Hans Heinrich Müller Dem im gleichen Jahr in einer heute unglaublichen Bauzeit von nur sieben Monaten errichteten Abspannwerk Leibniz liegt dasselbe technische Organisationsschema zugrunde. Die Ölschalterzellen und Trafokammern orientieren sich zu einem parallel zur Hauptfront platzierten Innenhof. Die Schaltanlagen, Kabelböden, Drosselspulen und Akkumulatoren sind in gleicher Ausrichtung darüber gestapelt und die 6-kV- Einrichtungen verbinden rechtwinklig dazu an den Seiten beide Flügel. Der Wartenraum liegt jedoch mittig in der Gesamtanlage und die Fluchttreppen sind an die Gebäudeecken geschoben. So formt sich in der Gesamtheit ein großer autonomer Kubus und eine Erweiterungsmöglichkeit verbleibt nur an der Rückseite. Den enormen Flächenbedarf der Anlagenteile bringt Müller in der monumentalen Form eines italienischen Renaissance- Palasts unter, dessen städtebauliche Dominanz in einer von Gründerzeitwohnhäusern geprägten Umgebung er durch die Schaffung eines Vorplatzes noch steigert. Die Wucht der Backsteinmassen und die Wirkung der Geschlossenheit werden durch Müllers kompositorische Bescheidenheit noch verstärkt. Die Fenster sind ohne besondere Hervorhebung in das ordnende Netz der Backsteine geschnitten und die Unterteilung in Geschosse schmälert nicht die Fläche. Kleine, gerahmte Öffnungen der Kabelböden überziehen als horizontales Gurtgesims die Fassaden, deren Kanten durch vertikale Fensterschlitze als Eckrustika ein Auseinanderlaufen verhindern. Die Abstraktion einer Sitzbank in Form leicht hervortretender Sockelsteine bildet die Basis und ein ausladendes, schweres Kranzgesims bekrönt umlaufend den Kubus. Zwei Zufahrten setzen als Portale einen symmetrischen Mittelakzent, über dem der Wartenraum als “Sala Grande” durch vier geschossübergreifende Langfenster angedeutet ist. Die Öffnungen sind nur eine Projektion des Raumes, denn dieser ist, zur Vermeidung störender Lichtreflektionen auf den Instrumenten, im Inneren liegend über eine Glasdecke von oben belichtet. Die würdevolle Ruhe des Ausdrucks und das “Schweigen” der technischen Bestimmung vermitteln ein Gefühl von Ewigkeit. Das leider nur in der ersten Baustufe von Müller errichtete Gebäude wurde 1952 in veränderter Form erweitert. Ein zwischengefügter, höherer Risalit vermittelt zwischen den beiden Abschnitten und lässt die ursprünglich beabsichtigte grandiose Wirkung monumentaler Geschlossenheit nunmehr nur erahnen.

Abspannwerk Leibniz, <strong>Berlin</strong>, 1925<br />

Hans Heinrich Müller<br />

Dem im gleichen Jahr in einer heute<br />

unglaublichen Bauzeit von nur sieben<br />

Monaten errichteten Abspannwerk<br />

Leibniz liegt dasselbe technische<br />

Organisationsschema zugrunde. Die<br />

Ölschalterzellen und Trafokammern<br />

orientieren sich zu einem parallel zur<br />

Hauptfront platzierten Innenhof. Die<br />

Schaltanlagen, Kabelböden, Drosselspulen<br />

und Akkumulatoren sind in<br />

gleicher Ausrichtung darüber gestapelt<br />

und die 6-kV- Einrichtungen verbinden<br />

rechtwinklig dazu an den Seiten beide<br />

Flügel. Der Wartenraum liegt jedoch<br />

mittig in der Gesamtanlage und die<br />

Fluchttreppen sind an die Gebäudeecken<br />

geschoben. So formt sich in<br />

der Gesamtheit ein großer autonomer<br />

Kubus und eine Erweiterungsmöglichkeit<br />

verbleibt nur an der Rückseite. Den<br />

enormen Flächenbedarf der Anlagenteile<br />

bringt Müller in der monumentalen<br />

Form eines italienischen Renaissance-<br />

Palasts unter, dessen städtebauliche<br />

Dominanz in einer von Gründerzeitwohnhäusern<br />

geprägten Umgebung er<br />

durch die Schaffung eines Vorplatzes<br />

noch steigert. Die Wucht der Backsteinmassen<br />

und die Wirkung der Geschlossenheit<br />

werden durch Müllers kompositorische<br />

Bescheidenheit noch verstärkt.<br />

Die Fenster sind ohne besondere<br />

Hervorhebung in das ordnende Netz<br />

der Backsteine geschnitten und die<br />

Unterteilung in Geschosse schmälert<br />

nicht die Fläche. Kleine, gerahmte<br />

Öffnungen der Kabelböden überziehen<br />

als horizontales Gurtgesims die<br />

Fassaden, deren Kanten durch<br />

vertikale Fensterschlitze als Eckrustika<br />

ein Auseinanderlaufen verhindern. Die<br />

Abstraktion einer Sitzbank in Form<br />

leicht hervortretender Sockelsteine<br />

bildet die Basis und ein ausladendes,<br />

schweres Kranzgesims bekrönt<br />

umlaufend den Kubus. Zwei Zufahrten<br />

setzen als Portale einen symmetrischen<br />

Mittelakzent, über dem der Wartenraum<br />

als “Sala Grande” durch vier<br />

geschossübergreifende Langfenster<br />

angedeutet ist. Die Öffnungen sind<br />

nur eine Projektion des Raumes, denn<br />

dieser ist, zur Vermeidung störender<br />

Lichtreflektionen auf den Instrumenten,<br />

im Inneren liegend über eine Glasdecke<br />

von oben belichtet.<br />

Die würdevolle Ruhe des Ausdrucks<br />

und das “Schweigen” der technischen<br />

Bestimmung vermitteln ein Gefühl von<br />

Ewigkeit. Das leider nur in der ersten<br />

Baustufe von Müller errichtete<br />

Gebäude wurde 1952 in veränderter<br />

Form erweitert. Ein zwischengefügter,<br />

höherer Risalit vermittelt zwischen<br />

den beiden Abschnitten und lässt die<br />

ursprünglich beabsichtigte grandiose<br />

Wirkung monumentaler Geschlossenheit<br />

nunmehr nur erahnen.

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