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Von Teenies bis Oldies: Lebenszyklen im Wandel - Klinikmagazin

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Gefangen <strong>im</strong> Teufelskreis<br />

<strong>Klinikmagazin</strong> Nr. 15 2012<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrie ■<br />

aus Angst und Verantwortung<br />

Psychische Erkrankung eines Elternteils belastet die gesamte Familie<br />

Die psychische Erkrankung eines Familienmitglieds<br />

hat große Auswirkungen auf die<br />

übrigen Familienangehörigen. Ängste und<br />

Sorgen – oft über Jahre hinweg – um Mutter,<br />

Vater, Sohn oder Tochter können zermürben,<br />

selbst wieder in schwerwiegenden<br />

Erkrankungen münden. Und zeigen<br />

zugleich: Der psychisch Erkrankte darf nie<br />

isoliert betrachtet werden. Das hat auch<br />

Konsequenzen für die Facheinrichtungen,<br />

die die seelische Gesundheit ihrer Patienten<br />

in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt<br />

haben.<br />

Bereits seit den 30er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts setzen sich Wissenschaftler<br />

mit dem Thema „Kinder psychisch<br />

kranker Patienten“ auseinander. Sir Michael<br />

Rutter, prägende Gestalt der Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie <strong>im</strong> 20. Jahrhundert,<br />

verfasste seine Doktorarbeit in den 50er-<br />

Jahren unter dem Titel „Kinder von kranken<br />

Eltern“. In den letzten 50 Jahren verdreißigfachten<br />

sich schließlich die Veröffentlichungen<br />

zu diesem Thema – heute gibt es jedes<br />

Jahr über 100 Fachveröf-<br />

fentlichungen.<br />

Es ist unstrittig, dass die<br />

psychische Erkrankung eines<br />

Elternteils zu einer Belastung<br />

der gesamten Familie<br />

führt und das Risiko erhöht, dass die<br />

Kinder ebenfalls psychisch erkranken. Dabei<br />

gilt: Bis zu einem Fünftel der stationär behandelten<br />

Patienten in der Erwachsenenpsychiatrie<br />

haben minderjährige Kinder.<br />

Es gibt heute zahlreiche Anstrengungen,<br />

pr<strong>im</strong>är oder sekundär vorbeugend vorzugehen.<br />

So bieten Beratungsstellen Gruppenangebote<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

an, deren Eltern psychisch erkrankt sind.<br />

Sie sind Anlaufstellen für Kinder, die sich<br />

informieren wollen über die Erkrankung<br />

der Eltern und die den Wunsch haben, sich<br />

auszutauschen, Erfahrungen weiterzugeben.<br />

Zugleich besteht hier aber auch die<br />

Möglichkeit, bereits bestehende Nöte und<br />

Ängste anzusprechen. Die Angebote sind<br />

somit pr<strong>im</strong>är präventiv, haben aber auch<br />

schon sekundär vorbeugenden Charakter.<br />

Ein weiteres Ziel dieser Anlaufstellen ist es,<br />

bereits manifest erkrankte Kinder und Jugendliche<br />

herauszufiltern und ihnen einen<br />

Therapieplatz zu vermitteln.<br />

Viele Patienten<br />

haben minderjährige<br />

Kinder.<br />

Da ein erheblicher<br />

Teil der stationär<br />

behandelten Patientenminderjährige<br />

Kinder haben, ist<br />

es jedoch zusätzlich<br />

erforderlich, dass<br />

die Heranwachsenden<br />

bereits in<br />

den psychiatrischen<br />

Krankenhäusern<br />

nach ihrem Befinden<br />

gefragt und in<br />

den Kliniken selber<br />

niedrigschwellige<br />

Angebote unterbreitet<br />

oder vermittelt<br />

werden.<br />

Im Landschaftsverband<br />

Westfalen-<br />

Lippe gibt es bereits<br />

eine Kooperation zwischen dem Ärztlichen<br />

Direktor PD Dr. Bernward Vieten von der<br />

LWL-Klinik Paderborn und Professor Albert<br />

Lenz von der Katholischen<br />

Fachhochschule in Paderborn.<br />

In vielen Untersuchungen und<br />

Veröffentlichungen wurden<br />

dabei Zusammenhänge hergestellt<br />

und die Notwendigkeit<br />

der Intervention erkannt und bewiesen.<br />

Eine besondere Klientel sind die psychisch<br />

erkrankten Mütter (Wöchnerinnen)<br />

unmittelbar nach der Geburt, denn<br />

die Kinder sind in dieser Phase emotional<br />

besonders verwundbar; jetzt entsteht die<br />

Bindung zur pr<strong>im</strong>ären Bezugsperson und<br />

psychische Widerstandskräfte – so genannte<br />

Resilienzen – werden gebildet, um<br />

belastende Erlebnisse gut zu ertragen. Daher<br />

muss hier intensiv und früh unterstützt<br />

werden.<br />

Der LWL ist hierzu mit einem Modellprojekt<br />

aktiv. In der LWL-Klinik Herten gibt es<br />

eine spezielle Station für psychisch erkrankte<br />

Mütter, die dort stationär zusammen mit<br />

ihrem max<strong>im</strong>al sechs Monate alten Baby<br />

behandelt werden. Dort steht nicht nur die<br />

Behandlung der Depression oder Psychose<br />

<strong>im</strong> Fokus, sondern auch der notwendige<br />

Beziehungsaufbau zum Kind, sodass eine<br />

stabile und sichere Bindung zum Kind entstehen<br />

kann.<br />

Foto: LWL-Klinik Marl-Sinsen<br />

Spielend Ängste abbauen: Spezielle Beratungsstellen und Kliniken<br />

bieten Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche,<br />

deren Eltern psychisch erkrankt sind.<br />

Es bedarf also einer besonderen Aufmerksamkeit<br />

der Fachleute, die mit psychisch<br />

erkrankten Erwachsenen arbeiten.<br />

Die Frage nach Kindern, nach Belastungen<br />

und Symptomen der Kinder muss verlässlich<br />

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