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ISSN 1614-3523, 3-2013ExtremismusIslamismus – Ein Chamäleonpasst sich anRettungsketteGelungener AuftaktOrganisierteKriminalitätGaunerzinkenS. 3S. 25S. 53www.homeland-sec.deNationale Sicherheit - Bevölkerungsschutz - Katastrophenhilfe


Neues LED Zweifarben-Modulmit intergriertem ECE-BlinkerNeues LED Zweifarben-Modul:Das neue Modul ermöglicht – je nach Einsatz – eine Umstellungdes Blaulichtdauerbetriebs des stehenden Fahrzeugsam Einsatzort auf gelbes Warnlicht. Eine Ablenkung anderer,unbeteiligter Verkehrsteilnehmer wird so reduziert.Integrierte Fahrtrichtungsanzeiger :Die Fahrtrichtungsanzeiger sind ECE typgeprüft undsynchronisiert als Wiederholfunktion zu den serienmäßigenFahrzeugblinkern ansteuerbar.HELLA KGaA Hueck & Co.Rixbecker Straße 7559552 Lippstadt / Germanywww.hella.com /emergency


EditorialLiebe Leserin, lieber Leser,Extremismus bildet unser Schwerpunktthema: Die Ereignisse des11. September und die darauffolgenden Anschläge in London und Madriddürfen sich nicht wiederholen; das ist das Credo der zivilisiertenWelt. Extremismus und Terrorismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewaltsind stete Herausforderungen für den demokratischen Rechtsstaat.Politischer Extremismus lehnt den demokratischen Verfassungsstaatab; will ihn beseitigen. So negieren alle Varianten des Extremismusdie Pluralität der Interessen, das damit verbundene Mehrparteiensystemund das Recht auf Opposition (Handwörterbuch des politischenSystems der Bundesrepublik). Unbestritten ist, dass sich einewehrhafte Demokratie gegen Bedrohungen des Verfassungsstaatesschützen muss. Was aber können wir konkret gegen z. B. den internationalenTerrorismus aufbringen? Wir präsentieren Ihnen eine Auswahlvon Problembeschreibungen und Lösungsmöglichkeiten. So betontz. B. der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, OliverMalchow: „Das Ziel der Polizei ist es aber zuvorderst, es erst gar nichtzu Anschlägen kommen zu lassen. Insofern sind wirksame präventiveMaßnahmen entscheidend. Dazu gehört vor allem die enge Zusammenarbeitaller Sicherheitsbehörden.“Tri-nationale Übungen im Sanitätsdienst bilden ein weiteresSchwerpunktthema. Wir veranschaulichen Ihnen die Unterschiedeund Gemeinsamkeiten der Kooperation zwischen mehreren Nationen –u. a. auch am Beispiel des Hochwassereinsatzes.Mit der zivilen Sicherheit von Straßeninfrastrukturen befasst sichdie Bundesanstalt für Straßenwesen; mit der Sicherheit der StraßenverkehrsteilnehmerHELLA. Ein möglicher Einsatz des „YELP“-Signalsdurch die Polizei, um für eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu sorgen,wird diskutiert. Narda informiert über ein Verfahren zur Erfassungund geographischen Lokalisierung von Hochfrequenzsignalen in unbekannterUmgebung. Abschließend informieren wir Sie, wie Ganovensich der fast vergessenen Zeichensprache bedienen, um in unbekannterUmgebung „Beute“ zu machen.Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit Ihrem Original <strong>Homeland</strong><strong>Security</strong> und freuen uns wieder auf Ihre Resonanz.IhreDr. Nadine SeumenichtNew York, N.Y., 24. September 2001: Das Urban Search andRescue Team der Federal Emergency Management Agency(FEMA) sucht nach Überlebenden in den Trümmern des WorldTrade Centers. (Quelle: FEMA/Andrea Booher)<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 1


ExtremismusIslamismus –Ein Chamäleon passt sich anDie Augen – links! Augen – rechts! Augen – offen?„Wir bleiben wachsam und halten Kursgegen jede Form von Extremismus.Das ist unser Auftrag – wir braucheneine wehrhafte Demokratie!“, so InnenministerRalf Jäger, Innenminister inNRW, bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes2012. Der Verfassungsschutzberichtzeige, „dass wir esweiterhin mit zwei zentralen Herausforderungenzu tun haben: Dem Rechtsextremismusund der wachsenden Bedrohungdurch den Salafismus“.Wird unser Staat von Extremisten indie Zange genommen? Unstreitig ist, dasser sich permanenter Gewalt von links undrechts, dem internationalen Terrorismusund der hässlichen Fratze des Salafismus erwehrenmuss. So gesehen, wirkt Extremismusdurch seine vielfältigen Ausprägungenwie ein Chamäleon der Neuzeit: Stets wandelbarund hochgradig anpassungsfähig.Um das Gewaltmonopol – Prinzip demokratischerStaaten und Grundlage für dasFunktionieren des Rechtsstaates – beimStaat zu belassen, braucht es u. a. einenleistungsfähigen Verfassungsschutz. Jäger:„Wir brauchen seine Erkenntnisse und seineExpertise, um den Kampf gegen dieFeinde unserer Demokratie konsequentfortzuführen.“ Das ist auch die Meinungder „von der Innenministerkonferenz undder Bundesregierung eingesetzten Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus“.Sie ist kürzlich „zu dem Ergebnis gekommen,dass der Verfassungsschutz eine nichtwegzudenkende Säule unserer Sicherheitsarchitekturist“.Was also tun, wenn Terroristen sich wieein Chamäleon verhalten und sich geschicktihrer Umgebung anpassen? Beschäftigenwir uns derweil zu viel mit internen Problemendes Verfassungsschutzes, und laufendabei Gefahr, die nationalen und internationalenGefahren aus dem Blick zu verlieren?(K)ein „Weiter so!“?Sicherlich hat Jäger recht, wenn er sagt,dass es ein „Weiter so!“ mit der inhaltlichenAufgabenstellung des Verfassungsschutzesnicht geben kann. In diesem Zusammenhangverweist er auf Fortschritte in NRW:„Wir brauchen vielmehr einen Verfassungsschutz,der akzeptiert und in der Mitte derGesellschaft verankert ist. In NRW habenwir hierzu bereits einen entsprechendenGesetzentwurf auf den Weg gebracht.“ Dabeisetzt das bevölkerungsreichste Bundeslandauf mehr Transparenz und eine intensivereKontrolle durch das Parlament. Mitklaren gesetzlichen Vorgaben für den Einsatzvon V-Leuten will NRW das Vertrauender Bürgerinnen und Bürger in den Verfassungsschutzzurückgewinnen und zeigen,dass der Verfassungsschutz unsere Demokratieschützt.Die Sicherheitsbehörden in NRW sindschlagkräftiger geworden. Jäger: „Sie greifendurch, wo immer es rechtlich möglichist. Vor allem die Verbote der Kameradschaftenin Köln, Aachen, Dortmund undHamm waren ein erfolgreicher Schlag gegendie rechtsextremistische Szene.“ Sohat beispielsweise das Landeskriminalamt(LKA) Nordrhein-Westfalen auf Grundlagedes 2001 von der Ständigen Konferenzder Innenminister und -senatoren der Länderbeschlossenen Definitionssystems „Politischmotivierte Kriminalität (PMK)“ fürdas Jahr 2012 in Nordrhein-Westfalen insgesamt3.024 Straftaten im Bereich derPMK-Rechts erfasst, darunter 192 Gewaltdelikte,2.020 Verstöße gegen §§ 86, 86 aStGB „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidrigerOrganisationen“ sowie341 Volksverhetzungen, 230 Sachbeschädigungensowie 148 Beleidigungen (s. hierzuMinisterium für Inneres und Kommunalesdes Landes Nordrhein-Westfalen, für dieMitglieder des Innenausschusses Straftatenim Bereich der Politisch motiviertenMichael Zacher<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 3


Extremismusdem Modell der islamischen Frühzeit an,wollen unsere westliche Welt zurückbombenins Mittelalter. Dazu gehört zwingenddie vollständige Übernahme der Schariadurch unsere Gesellschaft. Und dies nichtirgendwo auf diesem Planeten, sondernauf dem Boden unserer westlichen Zivilisation,in Europa, in Deutschland, vor unsererHaustür! Für Salafisten ist die Scharia„von Gott gemachtes“ Recht und damitalleingültiges Recht. Starken Zulauf erhaltendiese religiösen Fanatiker vor allem inund aus Nordafrika. In Deutschland lebenderzeit ca. 3.800 Salafisten. Der Salafismuswirkt insbesondere auf junge Menschen:Er verspricht scheinbar klare Regeln, Orientierungund eine starke Gemeinschaftsbindung.Selbst wer außerhalb der Gesellschaftsteht, kann z. B. über Foren imInternet mit dem Salafismus Kontakt aufnehmen.Methodisch geschickt aufgebautemissionarische Inhalte werden dort ebensoangeboten wie Abschiedsvideos terroristischerAttentäter.Zehn von hundert Salafisten sind gewaltbereiteJihadistenNew York, N.Y., 16. September 2001: Mitglieder des New York Fire Departmentund Mitglieder der Urban Search and Rescue teams führen die Suche nachÜberlebenden in den Trümmern fort. (Quelle: FEMA/Andrea Booher)Kriminalität – Rechts und Straftaten mitantisemitischem Hintergrund im Jahr 2012,Landtag NRW, 16. Wahlperiode, Vorlage16/1153, S. 2 ff., 16.09.2013). Dortmundkommt auf insgesamt 293 Straftaten, Wuppertalauf 120 sowie Düsseldorf und Kölnjeweils auf 111. Das LKA NRW hat aufGrundlage des Definitionssystems PMK imJahr 2012 insgesamt 216 Straftaten mit antisemitischemHintergrund erfasst, darunterneun Gewaltdelikte (s. hierzu Ministeriumfür Inneres und Kommunales desLandes Nordrhein-Westfalen, für die Mitgliederdes Innenausschusses Straftaten imBereich der Politisch motivierten Kriminalität– Rechts und Straftaten mit antisemitischemHintergrund im Jahr 2012, LandtagNRW, 16. Wahlperiode, Vorlage 16/1153, S.21, 16.09.2013).Und wie steht es um den Kampf gegenden Salafismus? Die Salafisten streben mitallen Mitteln die Wiederherstellung einerursprünglichen und reinen Religion nachDer Salafismus steht im besonderen Fokusdes NRW-Verfassungsschutzes: „Nichtnur Boston, London und Paris, auch wir inNRW stehen im Fadenkreuz des islamistischenTerrorismus. Das zeigen der versuchteBombenanschlag auf dem BonnerHauptbahnhof im Dezember und der vereitelteAnschlag auf einen rechtsextremistischenPolitiker im März dieses Jahres“, soInnenminister Jäger. Während der Verfassungsschutzim Jahre 2011 noch von ca. 500Salafisten ausging, wird im Verfassungsschutzbericht2012 das Personenpotenzialauf ca. 1.000 geschätzt. „Aufgrund der aktuellenErkenntnislage müssen wir davonausgehen, dass sich die Zahl in diesem Jahrauf eine Größenordnung von 1.500 erfasstenSalafisten zubewegen wird. Wir rechnendabei jeden Zehnten zum gewaltbereitenjihadistischen Salafismus“, so Jäger.Besorgniserregend ist der seit dem Vorjahrdeutliche Anstieg der Ausreisen jungerSalafisten aus Deutschland mit demZiel, den bewaffneten Kampf islamistischerOrganisationen im Ausland zu unterstützen.Hauptziel ist inzwischen Syrien. 2012sind dem Verfassungsschutz rund vierzigjihadistisch motivierte Ausreisen aus NRW4 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Extremismusbekannt geworden. 2013 sind es bereitsmehr als zwanzig Ausreisen überwiegendjunger Männer unter 30 Jahren. In siebenFällen konnten Ausreisen vor allem dankder Erkenntnisse des Verfassungsschutzesdurch Passentzug verhindert werden.Die Rückkehrer aus Kampfgebieten stellenein besonderes Sicherheitsrisiko dar.Sie gelten in ihrem Umfeld als Autoritätenund tragen maßgeblich zur Radikalisierungweiterer Personen bei. Die Aktivitäten dieserTerrorgruppen beobachtet und analysiertder Verfassungsschutz mit besondererAufmerksamkeit. Er setzt alles daran, Anschlägezu verhindern. Die Islamisten sindüberwiegend in Deutschland aufgewachsen,sprechen Deutsch und sind deutscheStaatsbürger. Deswegen ist die vorgeschlageneVerschärfung des Ausweisungsrechtsauch lediglich ein stumpfes Schwert.„Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzessind beinahe alle islamistischenTerroraktivitäten in Deutschland dem fundamentalistischenSalafismus zuzurechnen“,schreibt Harnischmacher im Beitrag„Islamistischer Terrorismus“ [s. S. 13 ff.].Für die Situation in Deutschland kommt eineumfangreiche Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriumsaus dem Jahr 2007u. a. zu dem Ergebnis, dass etwa 40 Prozentder befragten Muslime physische Gewaltfür ein legitimes Mittel der Auseinandersetzungbei einem Angriff des Westensgegen den Islam halten, dass aber über 90Prozent der Befragten Selbstmordattentateund Terror für nicht legitim halten. In ganzEuropa wächst die Angst vor einer muslimischenGemeinschaft über alle europäischenGrenzen. „Nur ein Euro-Islam als entpolitisierter,gleichsam toleranter und liberalerIslam ist in Europa integrationsfähig. DerFundamentalismus und seine Repolitisierungdes Islam stimmen mit dem islamischenGlauben und der verfassungsrechtlichenWirklichkeit nicht überein. Als Mittelzur Abwehr der destruktiven Intoleranz desislamistischen Fundamentalismus könntendie Menschenrechte ein gemeinsames Instrumentder islamischen und der westlichenZivilisation werden“, so Harnischmacher.Das Miteinander der WeltreligionenDas Miteinander der Weltregionen nach9/11 ist schwieriger geworden. Das bestätigtdie Beauftragte für Kirchen undReligionsgemeinschaften der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Maria Flachsbarthim Interview mit <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> [s. S.9 ff.]. „Terroristen versuchen, ihre Gewaltherrschaftdurchzusetzen, indem sie dieMenschen in Angst und Schrecken versetzen;sie nehmen die Religion in Geiselhaftund erklären, dass sie im Namen der Religionen– hier im Namen der muslimischenReligion – andere angreifen müssen, um ihreigenes System oder ihr eigenes Regimedurchzusetzen“. Das beschreibt die eineSeite der Medaille. Die andere Seite: „Dasist genauso wenig zu verantworten und gutzu heißen wie es Terror im Namen christlicherReligionen ist. Denken Sie z. B. anNordirland: Jedes Mal wird Religion für anderemachtpolitische Hintergründe in Geiselhaftgenommen. Religion wird benutzt“,betont Dr. Flachsbarth auf unsere Frage,warum es nach dem 9. September 2001schwieriger geworden ist.Rechtsstaatlichkeit und DatenschutzEin Blick auf die Exekutive: Der Bundesvorsitzendeder Gewerkschaft der Polizei(GdP), Malchow, fordert im Interview mit<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> [s. S. 22 ff.]: „Das Zielmuss darin bestehen, die Polizei personellund materiell so auszustatten, dass ihr hoherGrad an Professionalität nicht sinkt,sondern steigt. Das gilt grundsätzlich fürdie Gewährleistung der Sicherheit und imBesonderen für die Bekämpfungdes Terrorismusund der Schwerstkriminalität.Weiterhinerwartet die Polizei,dass ihr die Rechtsstaatlichkeitund Zuverlässigkeitihrer Arbeit vonParlamentariern nichtpauschal abgesprochenwird.“ Auch das seit Jahrenandauernde Gezänkum die Vorratsdatenspeicherungbehinderedie polizeiliche BekämpfungextremistischenTerrors und der Schwerkriminalität.Geht hierDatenschutz vor Schutzder Bevölkerung? „Geradebei der Mindestspeicherungso genannterNew York, N.Y., 5. Oktober 2001:Rettungskräfte suchen weiter nachVerschütteten am World TradeCenter.(Quelle: FEMA/Andrea Booher)<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 5


ExtremismusVerkehrsdaten von Telekommunikationsnutzernwerden noch heute Schreckensbilderstaatlicher Datenkraken und einespolizeilichen Überwachungsstaates gezeichnet.Das ist nach Auffassung der GdPPanikmache und schadet dem Ansehen derPolizei. Sämtliche Ermittlungsschritte derPolizei sind überprüfbar und richterlicheGenehmigungen Voraussetzung für die polizeilicheEinsicht in Telekommunikationsdaten.Neben dem Richtervorbehalt sollenmeine Kolleginnen und Kollegen nur bei derVerfolgung schwerster Straftaten auf dieseDaten zugreifen dürfen. Außerdem stelltdie so genannte Vorratsdatenspeicherungfür die Polizei nur einen Baustein der zurVerfügung stehenden Ermittlungsinstrumentedar und ersetzt keineswegs die klassischeErmittlungsarbeit. Es geht ja nichtallein um Datenschutz. Der Zugriff auf Telekommunikationsdatenwird oft ideologischbewertet. Gefolgert wird, dass der Datenzugriffzu einem Überwachungsstaat führt.Durch Richtervorbehalt und Straftatenkatalogwerden jedoch einerseits Bürgerrechtegewahrt und polizeiliches Handeln kontrolliert.Datenschutz ist auch Schutz derBevölkerung“, so Malchow.WegweisendJäger fragt, was wir tun können. „Zurzeitschaffen wir ein Netzwerk mit kommunalenund privaten lokalen Partnern. Dazu gehörenneben Schulen, Sozialämtern und Jugendberatungsstellenauch Moscheevereineund Imame. Sie sind besonders wichtig,weil sie glaubwürdig vermitteln können,dass religiöser Fanatismus und Gewaltnicht zum Islam gehören“. Beginnen wirdNRW mit dem „Wegweiser“ in den StädtenBochum, Bonn und Düsseldorf. Dort knüpftNRW bereits an vorhandene Strukturenan und kann so zeitnah Erfahrungen sammeln.„Wir wollen das Programm im Dialogmit den islamischen Verbänden weiter ausbauen“.„Wegweiser“ ist Teil eines Gesamtkonzeptsgegen Extremismus. NRW willweiterhin entschlossen gegen jede Form extremistischerHetze vorgehen. „Mir ist vorallem wichtig, dass wir uns gemeinsam fürden gesellschaftlichen Zusammenhalt unddas lebendige Miteinander mit den 1,5 Millionenfriedliebenden Muslimen in unseremLand einsetzen“, betont Jäger. Das Fundamentfür Freiheit und Demokratie bildenaufgeklärte und engagierte Bürgerinnenund Bürger.Klar ist: Nur auf andere zu zeigen undzu kritisieren, nichts oder nur sehr wenigwende sich zum Positiven oder alles würdenur noch schlimmer, reicht nicht aus. Demokratiemuss gelebt werden – und zwarvon und durch jeden einzelnen. Also: Augenauf – und zwar in alle Richtungen, denn ein„jeder von uns ist aufgerufen, Flagge zu zeigen.Wir werden weiter Kurs halten gegenExtremismus. Dazu braucht es einen langenAtem. Den haben wir“, so Jäger.Umfassende Informationen und Broschürenüber die Themen des Extremismus findenSie unter:www.mik.nrw.de/verfassungsschutzDer Verfassungsschutzbericht 2012 stehtIhnen hier zum Download zur Verfügung:www.mik.nrw.de/verfassungsschutzInformationen zum Präventionsprogrammgegen politischen Salafismus „Wegweiser“NRW finden Sie unter:www.wegweiser.nrw.deNew York, N.Y., 14. Oktober 2001:Das New York Fire DepartmentBattalion 44 ist damit beschäftigt,Schwelbrände zu löschen.(Quelle: FEMA/Andrea Booher)6 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Extremismus10 Fakten zu Salafi smusMichael Hartung1. Was ist Salafismus?Salafismus ist eine radikale Strömung innerhalbdes Islamismus, deren Anhängerden Koran besonders streng auslegen.Salafisten richten ihr Leben strikt nach denPrinzipien des Koran und den Lehren desPropheten Mohammed aus.2. Ist Salafismus ein neues Phänomen?Nein. Schon im 18. Jahrhundert predigteMohammed Abdel Wahhab die strenge undwörtliche Auslegung der islamischen Gebote.In Deutschland sind Salafisten seitden späten 1990er Jahren aktiv. Der breitenÖffentlichkeit zeigen sie sich aber erstseit wenigen Jahren, etwa bei Veranstaltungenin Fußgängerzonen. Mit der Verteilungkostenloser Ausgaben des Koranerreichten sie zuletzt eine große medialeAufmerksamkeit.3. Wie unterscheiden sich Salafistevon anderen Muslimen?Im Salafismus gelten besonders strengeBekleidungsvorschriften, die aus den ursprünglichenÜberlieferungen des Koranabgeleitet werden. Salafisten tragen deshalbmeist nur weite Gewänder, Kopfbedeckungund lange Bärte. Frauen die keinKopftuch tragen, begehen nach salafistischerÜberzeugung eine schwere Sünde.4. Was sind die Ziele des Salafismus?Oberstes Ziel des Salafismus ist die Wiederherstellungeiner ursprünglichen und reinenReligion nach dem Modell der islamischenFrühzeit. Mit diesem Ziel einher gehtdas Ziel einer vollständigen Umsetzungder Scharia innerhalb der Gesellschaft.Für Salafisten ist die Scharia „von Gott gemachtes“Recht und steht somit über jedemRecht, welches von Menschen erdachtwurde.5. Ist der Salafismus politisch?Im Wesentlichen gibt es zwei Strömungen innerhalbdes Salafismus: eine politische undeine jihadistische. Während letztere die traditionellenstaatlichen Strukturen vollständigablehnt, versucht der politische Salafismuseher diese Strukturen zu nutzen. So istetwa die salafistische „Partei des Lichts“aus den ersten freien Parlamentswahlenin Ägypten 2011/12 als zweitstärkste Krafthervorgegangen. Das Ziel beider Strömungenist jedoch die grundlegende Umgestaltungder Gesellschaft.6. Wie verbreitet ist Salafismus?Der Salafismus ist beinahe weltweit verbreitet.Starken Zulauf erhält die Bewegungheute vor allem in Nordafrika. In Deutschlandgibt es derzeit etwa 3.800 salafistischeAnhänger.7. Wie steht der Salafismus zu Gewalt?Nach salafistischer Auslegung des Islamhat dieser einen universellen Geltungsanspruchund ist notfalls auch mit Gewaltdurchzusetzen. Innerhalb der salafistischenGruppen herrscht aber kein Konsensdarüber, unter welchen Umständen Gewaltanwendunggerechtfertigt ist.8. Wie gefährlich ist salafistischePropaganda?Besonders für Jugendliche und junge Erwachseneist der Salafismus attraktiv. Erbietet klare Regeln, Orientierung und einestarke Gemeinschaftsbindung. Jugendliche,die sich selbst außerhalb der Gesellschaftsehen, können z. B. über Foren im Internetmit dem Salafismus in Kontakt kommen.Methodisch geschickt aufgebaute,missionarische Inhalte, werden dort ebensoangeboten, wie die Abschiedvideos vonAttentätern.9. Welche Strategien gibt es gegen denSalafismus?Es gibt eine breite Palette an Möglichkeiten,gegen den Salafismus vorzugehen. Siereicht von einer Beobachtung salafistischerGruppierungen durch den Verfassungsschutz,über SicherheitspartnerschaftenAusstellungsplakatWanderausstellung:„Die missbrauchteReligion – Islamistenin Deutschland“Das BfV will mit dieserAusstellung sachlich,differenziert undanschaulich über dasThema „Islamismus inDeutschland“ aufklären.Ein wesentliches Anliegender Ausstellung istes, zwischen der Weltreligiondes Islam und derextremistischen Ideolgiedes Islamismus zuunterscheiden.Es werden die Widersprüchedes Islamismuszu unserer freiheitlichendemokratischen Grundordnungaufgezeigtund die verschiedenenErscheinungsformen,Ziele und Aktivitätenislamistischer Organisationenin Deutschlanddargestellt. Die Ausstellungmacht zudemdeutlich, wie der Verfassungsschutzals Teilder nationalen Sicherheitsstrukturden Gefahrendes Islamismusentgegenwirkt.Weitere Informationenunter www.verfassungsschutz.de<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 7


Extremismusmit islamischen Organisationen in Deutschland,bis hin zu Aussteigerprogrammen fürradikalisierte Jugendliche. Für sich genommensind alle diese Maßnahmen auch sinnvollund geeignet. Es fehlt jedoch weiterhineine geeignete öffentliche Aufklärung überdas Thema Salafismus.10. Sollte man den Salafismus verbieten?Ein Verbot ist grundsätzlich nur da möglich,wo eine Organisation vorhanden ist,etwa bei Parteien oder Vereinen. Die Hürdenfür ein solches Verbot sind zudem sehrhoch. Nur wenn einer Organisation eineeindeutig verfassungsfeindliche Grundhaltungnachgewiesen werden kann, kommtein Verbot in Betracht. Viele Aufrufe vonSalafisten sind zudem durch das Recht zurfreien Meinungsäußerung gedeckt. In letzterZeit wurden mehrere salafistische Vereinedurch den Bundesinnenminister verboten,da ihnen der Aufruf zu Gewalt unddie Verbreitung verfassungsfeindlicherSchriften nachgewiesen werden konnte.Die Gefahr bei solchen Verboten liegt immerdarin, dass die Mitglieder der verbotenenOrganisationen in den Untergrund gehenund ihre Ziele im Verborgenen weiterverfolgen.Michael HartungJahrgang 1978, war zwölfJahre lang Zeitsoldat derBundeswehr und als Offizierder Feldjägertruppetätig. Während dieserZeit absolvierte er zweiAuslandseinsätze: denKFOR-Einsatz als MP-StationCommander in Prizrenund die Mission ATALANTA als Führerder Feldjägerkräfte an Bord einer Fregatte.Heute ist er als Offizier der Reserve beordert,studiert Politikwissenschaften ander Universität Duisburg-Essen und ist beiHOMELAND SECURITY mitverantwortlichfür den Bereich „Vernetzte Sicherheit“.9th International Exhibitionfor Identification12th Annual World Summiton Biometrics, Cards, RFIDand Data CollectionFrankfurt am Main, 05. – 07.11.2013Technologie zum Anfassen:Die Euro ID Fachmesse bietet einen umfassenden Überblick über ID-Technologienzur Identifizierung, mobilen Datenerfassung und Datenübertragung.Das Jahreshighlightder ID-BrancheConceptual partnerEuro ID Exhibition:Key Player aus aller Welt kommen zumID World International Congress 2013:Die führenden Köpfe der Branche diskutieren die wesentlichen Fragen der Identifikationund ihrer weitgefächerten Einsatzfelder mit Regierungsvertretern und Experten.Conference HostID World Int. Congress:Weitere Informationen unter:www.autoid-frankfurt.com oder +49 711 61946-0


ExtremismusHeft des Handelns nicht vonTerroristen aus der Handnehmen lassen!Zusammenleben der Weltreligionen fördernAls Mitglied einer Partei, die seit mehrals 60 Jahren das „C“ in ihrem Namenführt, und als bekennender Christ istdas christliche Menschenbild der zentraleLeitfaden seiner politischen Überlegungenund Entscheidungen. VolkerKauder ist Fraktionsvorsitzenderder CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Einwichtiger Bestandteil der wertegeleitetenAußenpolitik ist es, weltweit füreine freie Ausübung des Glaubens zuwerben: „Christen haben weltweit amstärksten unter Bedrängnis und Verfolgungzu leiden. Doch diese erschreckendeTatsache ist durch die Medienin Deutschland, von den Kirchen, aberauch in der deutschen Öffentlichkeitlange nicht wirklich wahrgenommenworden. Dabei gibt es Schätzungen,dass Christen zunehmend von Diskriminierung,Bedrängnis und Gewalt betroffensind. Manche Organisationensprechen für das Jahr 2009 bereits vonetwa 100 Millionen betroffenen Menschen.“<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> sprach mitDr. Maria Flachsbarth, MdB und Beauftragtefür Kirchen und Religionsgemeinschaftender CDU/CSU-Bundestagsfraktion,über die Diskriminierungvon Christen und die Frage, ob das Verhältnisder Weltreligionen durch denMissbrauch der Religion durch gewaltbereiteExtremisten schwieriger gewordenist.Wir fragten Dr. Maria Flachsbarth, warumdie Diskriminierung von Christen inden deutschen Medien so wenig thematisiertwird: „<strong>Hier</strong> in Deutschland ist es soselbstverständlich, dass man seinen Glaubenoder Nichtglauben leben darf – völligfrei. Und auf Grund dieser Selbstverständlichkeitfehlt möglicherweise dieEmpfindsamkeit dafür. Dass es nämlichgar nicht so selbstverständlich ist, dassman tatsächlich frei und ungezwungen seinenGlauben leben darf“. Die Christen sinddie weltweit größte Glaubensgemeinschaft.Daraus folgt möglicherweise auch einestärkere Verfolgung. Im Fokus der wertegeleitetenAußenpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktionsind neben den Christenauch andere verfolgte religiöse Minderheiten.Das Menschenrecht der Religionsfreiheitsteht im Vordergrund. Dr. Flachsbarth:„Es geht uns auch um die Bahai im Irak, esgeht uns um die Muslime und um die Christen,die von fanatischen Hindus z. B. in Indienverfolgt werden. Es ist keinesfalls so,dass nur Christen unseres Schutzes undunserer Solidarität bedürfen, sondern alleverfolgten Minderheiten. Weil wir glauben,dass Religion tatsächlich ein Essential fürPersönlichkeitsbildung ist, für persönlicheFreiheit und für Individualität. Und weilwir davon überzeugt sind, dass die Kirchenund Religionsgemeinschaften einen unverzichtbarenBestandteil und Wert auch fürunseren demokratischen Staat haben.“Zusammenleben der WeltreligionenAuf Nachfrage bestätigte Dr. Flachsbarthunseren Eindruck, nach dem das Miteinanderder Weltreligionen nach 9/11 schwierigergeworden ist. „Terroristen versuchen,ihre Gewaltherrschaft durchzusetzen, indemsie die Menschen in Angst und Schreckenversetzen; sie nehmen die Religion inGeiselhaft und erklären, dass sie im Namender Religionen – hier im Namen der muslimischenReligion – andere angreifen müssen,um ihr eigenes System oder ihr eigenesRegime durchzusetzen. Das ist genausowenig zu verantworten und gut zu heißen<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 9


Extremismus1Bundesamt für Migration und Flüchtlinge(BAMF) – Redaktion DIK (Referat 312),Pressemeldung „Deutsche Islam-Konferenzam 27. September 2006, Ausgabe0001/2006, Datum 19.09.2006“; Pressemitteilungdes Bundesministeriums des Innernhttp://www.deutsche-islam-konferenz.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DIK/DE/060927-pressemitteilung-01-06-bmi.html?nn=3333746wie das Terror im Namen christlicher Religionist. Denken Sie z. B. an Nordirland:Jedes Mal wird Religion für andere machtpolitischeHintergründe in Geiselhaft genommen.Religion wird benutzt“, betontDr. Flachsbarth auf unsere Frage, warumes nach dem 11. September 2001 schwierigergeworden ist. Die Menschen werden inAngst und Sorge versetzt: Was wollen dieTerroristen? Sind alle Muslime plötzlich Islamistenoder Salafisten? In Deutschlandleben 4,3 Millionen Muslime aus unterschiedlichenKulturen und Konvenienzen;mit bis zu 50 verschiedenen Nationalitäten.Etwa die Hälfte sind türkischer Herkunft.Weniger als 40.000 der über vierMillionen Muslime in Deutschland sind lautVerfassungsschutzbericht dem islamistischenSpektrum zuzuordnen, davon sindMichael Zacher, Dr. Maria Flachsbarth und Dr. Nadine Seumenicht (von links nach rechts)im Jakob-Kaiser-Haus in Berlinca. 4.000 Salafisten. „Ein Promill gehört zuden militanten Aktionisten, den Salafisten,und ungefähr ein Prozent zu den Islamisten.Damit ist mein Nachbar, der Muslim ist,noch nicht automatisch Terrorist“, erklärtDr. Flachsbarth.Es gibt unterschiedliche Ansätze, diedazu dienen, ein vernünftiges Zusammenlebenunterschiedlicher Kulturen zu organisierenund zu fördern. Der Tag der offenenMoschee z. B. findet seit 1997 jährlicham 3. Oktober statt und soll im Rahmen vonBegegnungen und Gesprächen zwischenmuslimischen und nicht-muslimischen Bürgerinnenund Bürgern zum Abbau möglicherVorbehalte und Ängste beitragen. „DieMuslime, die bei uns leben, sind hier zuhause.Ungefähr die Hälfte sind deutsche10 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. AlleMenschen, die bei uns leben, haben aufGrund des Grundgesetzes selbstverständlichdas gleiche Recht, ihre Religion freiund ungehindert ausüben zu können – auchin Gotteshäusern“, ergänzt Dr. Flachsbarth.Als wichtigen Schritt sieht Dr. Flachsbarthdie Initiierung der Islamkonferenz imJahr 2006 durch den damaligen BundesinnenministerDr. Wolfgang Schäuble. DieKonferenz dient als Dialog zwischen demdeutschen Staat und den in Deutschlandlebenden Muslimen. Nach Darstellung desBundesinnenministeriums soll sie zu einerverbesserten religions- und gesellschaftspolitischenIntegration der muslimischenBevölkerung in Deutschland beitragen. 1„Eigentlich hätte der Bundesminister dazukeinen Grund gehabt, die Islamkonferenzeinzuberufen. Schließlich sind die wesentlichenFragen im Verhältnis zu den Kirchenund Religionsgemeinschaften auf der Ebeneder Länder zu regeln. Wolfgang Schäublehat aber erkannt, wie wichtig die Fragendes Verhältnisses zum Islam für ganzDeutschland sind. Er hat letztendlich auchinnerhalb der muslimischen Gemeinschaftin Deutschland einen Prozess initiiert, sichzu organisieren, um in den Belangen desReligionsverfassungsrechts besser mitwirkenzu können. Anders als beim Christentumoder Judentum sind die Muslime nichtin Kirchen oder hierarchischen Strukturenorganisiert, sondern lediglich in Moscheegemeindenoder -vereinen. Von daher istdieser Schritt aus meiner Sicht sehr kluggewesen“, so Dr. Flachsbarth. In der Folgeist es in einzelnen Bundesländern zurUnterzeichnung von Staatsverträgengekommen. Als zweites Bundesland nachHamburg (November 2012) hat Bremen imJanuar 2013 einen Staatsvertrag mit denmuslimischen Verbänden unterzeichnet.Dieser soll die Beziehungen zwischen derLandesregierung und den Muslimen regeln.In der Vereinbarung aus Bremen geht esu. a. um den Bau von Moscheen, Feiertageund Bestattungen nach islamischem Recht.In Schulen soll islamischer ReligionsunterrichtMuslime an der positiven Dimensionder Religionsfreiheit in Deutschlandteilhaben lassen und so letztendlich auchzum friedlichen Zusammenleben beitragen.Auf Anregung des Wissenschaftsrates gibtes entsprechende Ausbildungsstätten andeutschen Universitäten in Osnabrück,


ExtremismusErlangen, Nürnberg, Tübingen und Frankfurt.Dort werden Imame und islamischeReligionslehrer, ausgebildet, sodass Religionsunterrichtin deutschen Schulen nachund nach flächendeckend etabliert werdenkann. „Das Zusammenleben von muslimischenund nicht-muslimischen Bürgerinnenund Bürgern wird auf andere Füße gestellt.Dass man nicht auf 9/11 guckt wiedas Kaninchen auf die Schlange und vollkommenhilflos ist. Wir wollen uns das Heftdes Handelns nicht von Terroristen aus derHand nehmen lassen. Auf gar keinen Fall!“,so Dr. Flachsbarth auf die Frage, was nach9/11 bereits getan wurde, um das Zusammenspielder Weltreligionen positiv zubeeinflussen.Misstrauen beseitigenNach 9/11 ist in der Bevölkerung ein gewissesMisstrauen gegenüber Muslimenzu spüren, wenn es z. B. um den Bau einerMoschee wie der Zentralmoschee derTürkisch-Islamischen Union (Ditib) in Kölngeht. „Dieses Misstrauen gibt es insbesonderebei den Menschen, die keine muslimischeFamilie kennen. Sobald diese Hürdegenommen ist und man sagt: „Das istdoch mein Verkäufer, der immer so frischesGemüse hat. Sobald man nicht mehr überdie Muslime sprechen kann, sondern überHerrn Gülcük z. B., sind die Diskussionenentspannter. Das ist jedenfalls meine Erfahrung“,beschreibt Dr. Flachsbarth ihreBegegnung mit diesem Misstrauen. In denKommunen, in denen intensiv und bewusstKontakt gesucht werde zur Moscheegemeindevor Ort, gäbe es wesentlich wenigerProbleme als in den Kommunen, in denendiese Nähe nicht gesucht und abstrakt über„die Muslime“ gesprochen werde. ZahlreicheProgramme sollen helfen, Misstrauenabzubauen. Programme für muslimischeMütter z. B., die hauptsächlich Hausfrausind: Sie werden in die Kindergärten eingeladen,um die deutsche Sprache zu lernenund z. B. Nähkurse zu belegen. Das förderedie Bereitschaft, auch zuhause Deutschzu sprechen und sich mit Nachbarinnen zutreffen. „Einerseits muss klar sein, dassder deutsche Rechtsstaat keine Parallelkulturund schon gar keine Parallelkulturen,die Gewalt als Identifikationskern sehen,zulässt. Andererseits sind die Menschenmuslimischen Glaubens, die bei uns leben,willkommen. Über 50 Prozent sind deutscheStaatsbürgerinnen und Staatsbürgerund selbstverständlich haben die eine Perspektivein unserem Land. Und das funktioniertnur, wenn es ein Miteinanderlebengibt und kein Nebeneinanderleben. Das istmeine Überzeugung als Kirchenpolitikerin“,ergänzt Dr. Flachsbarth und räumt ein,dass es vieler – auch politischer – Bemühungenbedarf, damit Menschen unterschiedlicherReligionen und kultureller Herkunftfriedlich und gut zusammen leben können.Dazu gehört auch, präventiv gegen Salafismusvorzugehen. So hat auf Länderebenez. B. Nordrhein-Westfalens InneministerRalf Jäger am 22. März 2013 ein Aussteigerprogrammfür Salafisten angekündigt. Diesessei bei der Bekämpfung ebenso wichtigwie Vorbeugung, Bildung und repressiveMaßnahmen. 2 Auf Bundesebene ist z. B. dieim Bundesamt für Migration und Flüchtlingezum 1. Januar 2012 eingerichtete „BeratungsstelleRadikalisierung“ ein zentralesProjekt der Initiative Sicherheitspartnerschaft:Eltern, Angehörige, Freunde undLehrer sind oft die ersten, denen eine Radikalisierungeines jungen Menschen auffälltund gleichzeitig die letzten, zu denen diesertrotz zunehmender Isolierung Kontakthält. Die Beratungsstelle unterstützt undhilft, der Radikalisierung entgegenzuwirken.Sie hat Kontakt zu verschiedenen Experten,bietet erste Informationen zur Thematikund zu bestehenden Hilfsangebotenund kann an kompetente Ansprechpartnervor Ort weitervermitteln. 3„Man wird nicht als Salafist geborenoder als Islamist, sondern das entwickeltsich. Ich behaupte, da gibt es meistensauch einen sozio-ökonomischen Hintergrund,wo jemand für sich in seinem Umfeldkeine wirtschaftliche Perspektive sieht,nicht eingebunden ist, möglicherweise inseiner Nachbarschaft nicht angenommenist, für sich selbst eine Art Loser-Mentalitätdefiniert hat und sagt: „Ich bin hier sowiesonicht gewünscht“. Dr. Flachsbarthbefürchtet, dass das zumindest den Bodenbereitet, sich zu radikalisieren – da mussder Staat auf verschiedenen Ebenen entgegenwirken.„Wenn es denn wirklich so ist,dass es gewaltbereite Menschen gibt, diedie Religion instrumentalisieren, ihre Gewaltphantasienauszuleben, dann muss derStaat auch mit aller Schärfe des Rechtsstaatesdagegen arbeiten. Dann hört die2http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_II/II.1/Pressemitteilungen-Informationen-Aufmacher/Aufmacher/Aufmacher.jsp3http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Beratung/beratung-node.html<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 11


Extremismusreine Gesprächsebene auf und dann musses polizeiliche Maßnahmen geben – überhauptkeine Frage“, betont Dr. Flachsbarthauf die Frage, wie Modelle von Bund undLändern zu bewerten sind, die z. B. präventivgegen Salafisten vorgehen.zuzugehen. Die Religionen müssen oft alsUrsache für scheinbar unüberwindbareGräben herhalten, müssten aber eigentlichnicht Ursache sein.“Umwidmung4http://www.frauenbund.de5http://www.cducsu.de/Titel__kardinal_hoeffner_kreis_in_der_karwoche_im_vatikan/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__18576/inhalte.aspx6Quelle: Forschungsgruppe Weltanschauungin Deutschland 2011/2012Toleranz fördernBeim Besuch in einer Synagoge fällt auf,dass bei den Ultrakonservativen auch heutenoch Frauen und Männer getrennt voneinandersitzen. Als ehrenamtliche Präsidentindes KDFB (Katholischer DeutscherFrauenbund) 4 ist Dr. Flachsbarth dieGleichberechtigung von Frauen und Männernin Gesellschaft und Kirche ein besonderesAnliegen. Dabei räumt sie ein, dassdas auch in der katholischen Kirche in einigenBereichen leider nicht gegeben ist: „Wirkämpfen seit über 100 Jahren für Gleichheitund Teilhabe von Frauen und Männern, vonLaien und Priestern in der katholischenKirche. Wir kämpfen derzeit für das Diakonatder Frau, für gleiche Teilhabe in unsererKirche – auch im Rahmen von Weiheämtern.Das kennt die katholische Kirchenicht. Ich mag meine Kirche, ich lebe gernin meiner Kirche, ich engagiere mich inmeiner Kirche, aber trotzdem gibt es Verbesserungsbedarf.In allen Religionen gibtes unterschiedliche Strömungen. Ich habez. B. sehr gute Kontakte zur liberal-jüdischenGemeinde in Hannover. Ihre Synagoge,die sie vor wenigen Jahren bezogenhat, ist übrigens als evangelische Kircheerbaut worden. Die Gemeinde macht einesehr engagierte Sozialpolitik; die Gemeindevorsitzendeist eine Frau. Ich will abernicht verhehlen, dass es Grenzen im interreligiösenVerhältnis geben kann und dasses zwischen den orthodoxen Vertretern derdrei großen Weltreligionen möglicherweisesogar unüberwindbare Probleme gebenkann.“ Gemeinsam mit dem Kardinal-Höffner-Kreisreiste Dr. Flachsbarth 2012 nachJerusalem und Bethlehem. 5 Viele Gesprächemit Vertretern der Religionen fanden dortstatt und vermehrt war zu hören: „Wenn esnicht schlechter wird als es heute ist, dannist das schon ein großer Fortschritt. DieseErkenntnis haben wir auch an besonderskonservativen Vertretern aller dreiWeltreligionen festmachen müssen. Aberich bin dennoch davon überzeugt, dass esimmer die Chance dazu gibt, aufeinanderDie Gesamtzahl der Kirchenmitglieder inDeutschland sinkt kontinuierlich. Währendim Jahr 2000 noch 53,064 MillionenDeutsche (64,5 Prozent der Bevölkerung)Mitglied in der evangelischen oder katholischenKirche waren, so sank die Zahl derKirchenmitglieder 2009 auf 49,103 Millionen(62 Prozent). Die Zahl der Kirchenmitgliederfür das Jahr 2010 wurde mit 48,49Millionen angegeben (Katholische Kirche:24,6 Millionen; Evangelische Kirche: 23,89Millionen). 6 Wir fragten Dr. Flachsbarth, obes nicht weht tut, wenn der Rückgang wiez. B. jüngst in Hamburg dazu beiträgt, dasseine Kirche in eine Moschee umgewidmetwird. „Es tut weh, weil es ein Hinweis dafürist, nicht wie stark der Islam in Deutschlandist – das würde mir nicht weh tun – sonderndass die beiden großen Kirchen in ihrer Bedeutung,in der Zahl ihrer Mitglieder, in derZahl ihrer Gemeinden, zurückgehen“, so Dr.Flachsbarth.ZukunftswünscheZum Abschluss fragten wir Dr. Flachsbarthnach ihren Wünschen im Hinblick auf denAusgang der diesjährigen Bundestagswahl:„Ich freue mich, dass Dr. Angela Merkel unsereBundeskanzlerin bleibt. Ich bin davonüberzeugt, dass es eine gute Entscheidungfür Deutschland ist. Weil ich in Zeiten wiediesen – die Eurokrise ist noch nicht überwunden,die Staatsschuldenkrise ist beiweitem noch nicht bezwungen – niemandensehe, auch nicht im restlichen Europa, deroder die in der Art und Weise, in der AngelaMerkel die Führung in Europa übernimmt,einspringen könnte. Deshalb ist das nichtnur gut für Deutschland, es ist auch gut fürEuropa. Wir sind einer von 27 und derzeitder wirtschaftlich Stärkste. Ein Zerfall Europaswäre für mich der Worst Case. AnDeutschland darf Europa auf gar keinenFall scheitern“, betont Dr. Flachsbarth.12 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


ExtremismusIslamistischer TerrorismusRobert F. J.Es war Terror ohne Beispiel, Terror jenseitsallen Vorstellungsvermögens. Ertraf die Macht- und Wirtschaftszentrender USA, abscheulich exakt vorbereitetund erschreckend gezielt. Er rissin einem perfiden Zusammenspiel teuflischenDenkens und Handelns Tausendeunschuldige Menschen in den Todund veränderte binnen Minuten nichtnur eine tief getroffene Nation, sondernauch den Globus. Und nur ein Worttrifft, gilt, zählt: Seit diesem 11. September2001 befindet sich die Welt imoffenen Krieg.Es ist ein Krieg mit einem Gegner ohneGesicht. Doch muss es das eines Satanssein, real existent und an seine Menschenverachtende Macht gekommen in einem fanatischenHass. Ein Hass, der nicht fragt,nicht zögert, der Gewalt auch der letztenFessel beraubt und nicht mehr hinsieht, wener tötet – nachdem er zuvor umso genauerhingesehen hat, was und wen er trifft. DerEintritt in diesen Krieg wird begleitet voneinem erschreckenden Eingeständnis: Demokratiewar, ist und bleibt verwundbar.Völligen Schutz gab es auch an den vielleichtbest bewachten Gebäuden der WeltmachtUSA nicht. Denn die neue Dimensiondes Terrors kam – Gott, welcher Zynismus– vom Himmel. Gibt es Trost? Symbolischvielleicht, im Zusammenrücken der Politik,der Kirchen, der Gesellschaft und ihrerMenschen, vereint in Trauer und hinter dieserTrauer auch im Erschrecken über die sodrastisch bewiesene Hilflosigkeit selbst desstärksten Staates.Die schlimmste Erkenntnis reicht weitüber diesen Tag und weit über die USA hinaus,trifft und betrifft jeden von uns. Werdiese Apokalypse erdenken, planen und indie Grauen erregende Realität umsetzenkonnte, der kann noch mehr. Und hält diegesamte Welt im eiskalten Griff – mit einerAngst, die seit dem 11. September 2001 keineGrenzen mehr kennt.Das Phänomen des TerrorismusTerrorismus, das ist die Pestbeule und derKrebs unserer Zeit. Der Terrorist, diesereinzige Kämpfer für Freiheit und Recht,dessen Legende rührend ist, er ist der guteSamariter, der Gift verspritzt, der ”heiligeFranz” mit der Bombe. Der Straftäter, derTerror ausübt, will seine Opfer verschrecken,genauer: im höchsten Maße verunsichernund sich durch Entmenschlichungals Opfer gefügig machen. Dazu gehört dieoffenbare Unberechenbarkeitseines Tuns. Je vollkommenerdie Infrastruktur eines Staates,je höher sein Zivilisationsgrad,je freiheitlicher dasLeben, desto leichter kannTerror inszeniert werden. Woalso selbst Chaos herrscht,bleibt Terror wirkungslos.Terrorismus, dieser Aktionismuskrimineller Barbarei, isteine besondere inzestuöse Artder Guerilla-Kriegsführung,deren Schlachtfeld der Fernsehbildschirmund die ersteSeite in der bunten Medienlandschaftist, denn ”deathby terrorism is big news”, dasSpielfeld einer psychologischenKriegsführung par excellence,dabei rational diemenschliche Irrationalitätbenützend, um Leidenschaften,Illusionen, infantile Erwartungenin der wertfreienSachlichkeit der Planung desUngeheuerlichen umzusetzen.Der internationale TerrorismusMarkant zu registrieren ist der wechselseitigeAustausch von Wissens- und Knowhow-und Modi Operandi-Transfer weltweitunter den terroristischen Vereinigungen,so z. B. bzgl. des Mittelmeerraumes mit derFernwirkung auch auf die BundesrepublikDeutschland:Türkei- die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans)-die Volksbefreiungsarmee Kurdistans(ARGK)- die Nationale Befreiungsfront Kurdistans(ERNK)- die Devrimci Sol (Revolutionäre Linke)HarnischmacherNew York, N.Y., 19. Oktober 2001: Kranarbeiteram World Trade Center. (Quelle: FEMA/Andrea Booher)<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 13


Extremismus- Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP – C)- Türkische-Kommunistische Partei (Marxisten– Leninisten – TKP ML)- Türkische Arbeiter- und Bauernbefreiungsarmee(TIKKO)- Föderation der türkisch-demokratischenIdealistenvereine in Europa e. V.(ADÜTDF)- Vereinigung der neuen Weltsicht in Europae. V. (AMGT)- Islamische Gemeinschaft Milli Görus e. V.(IGMG)- Europäische Islamische Union (AIBM)- Verband der islamischen Vereine und Gemeindene. V. Köln (ICCB)Algerien- Islamische Heilsfront (FIS)- Bewaffnete Islamische Gruppe (GIA)- Islamische Heilsarmee (AIS)- Bewegung der islamischen Gesellschaft(HAMAS)Ägypten-Muslimbruderschaft (MB)-Jihad Islami- Jama’a al-IslamiyaTunesien- En Nahda (Wiedererwachen)Nah- und Mittelost- Islamische Widerstandsbewegung(HAMAS)- Hizb Allah (Partei Gottes)- AMAL (Gruppen des libanesischenWiderstandes- Volksfront für die Befreiung Palästinas(PFLP)- Demokratische Front für die BefreiungPalästinas (DFLP)- Volksfront für die Befreiung Palästinas –Generalkommando (PFLP – GC)- Abu Nidal Organisation (ANO)- (Al Fatah und Palästinensische Befreiungsorganisation– PLO – sind von YassirArafat in den Friedensprozess eingebundenworden, ebenso die ”Allianz-PalästinensischerKräfte” – AFP)Iran- Organisation der Volksmodjahedin Iran(MEK)- Nationaler Widerstandsrat (NWRI)Balkan- Vereinigungen von serbischen, kroatischen,bosnisch-muslimischen, kosovoalbanischenund mazedonischen Kleinstgruppenoder EinzelpersonenNew York, N.Y., 13. Oktober 2001: New York Firefi ghters am Einsatzort.(Quelle: FEMA/Andrea Booher)Aber auch hier lässt sich als Headline feststellen:”Pecunia non olet” – ”Geld stinktnicht”. Denn, Geld ist der Kraftstoff, aberauch die Achillesferse des internationalenTerrorismus. Ohne Geld ist der Terroristohnmächtig. Waffenkäufe, Bomben, Häuser,moderne ”Jet-Set-Reisen”, Tarnaktionen,Nachrichtensammlungen sind kostspieligund erfordern beträchtliche Mengenan Geld, ohne internationale Unterstützunggeht nichts.Organisierte Kriminalität und Terrorismussind kein Gegensatz (Prof. Dr. Rebmann,Universität Karlsruhe). InternationalerTerrorismus, das ist ”big business”,insbesondere das Hardballgame ”Drogenund Terrorismus” (Prof. Dr. Wardlaw, AustralianInstitute of Criminology). Nichtumsonst sprechen Fachleute schon heutevom ”Narco-Terrorismus” (Boyce, F.B.I.).Es ist faktisch erwiesen, dass terroristischeOrganisationen/Vereinigungen jeglicherCouleur, Guerilla-Truppen und ganze14 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


”Befreiungsarmeen” sich und ihre ”Kriege”vielfach durch illegale Drogengeschäfte finanzierenund sich diese Ebene einer polizeilichenBekämpfung aus naheliegendenGründen fast völlig entzieht.Aber auch Bankraub gehört zur klassischenMethode, an Geld für ihre terroristischenAktionen zu kommen, sei es seinerzeitdie O.A.S. (Algerien), die BrigateRosse (Italien), die E.T.A. (Spanien). AndereEinnahmequellen im Terrorismus sinddie Prostitution und das Glücksspiel. Nichtzu vergessen das einträgliche Geschäft mitKidnapping, Erpressungen.Die Terroristen sind, wie ihre ”Connections”belegen, die ”Freibeuter” unsererfreien Gesellschaften weltweit.Hinsichtlich des arabischen Terrorismusz. B. stellt Prof. Dr. Kedouries (New York)fest: ”Terror und Terrorismus sind keine vorübergehendeErscheinung in der Politikder arabischen Staaten, sondern ”Manifestationeiner tiefverwurzelten Entgleisungder islamischen Gesellschaft im modernenZeitalter, der weitverbreiteten Überzeugung,dass gewalttätige politische Aktionfruchtbringend sei, […] (was) auch auf dieTatsache zurückgeht, dass zahlreiche islamischeRegime, die der Legitimität entbehren,sich zwecks Beibehaltung ihrer Herrschaftder Waffe der Verschwörung und desStaatsstreichs bedienen”.Der internationale Terrorismus kannauch ohne Sponsoren und ”Lords des Terrors”nicht leben. Namen wie ”The GreatCarlos”, Abu Nidal, Monzer Al Kassar etc.oder Staatsmänner als Förderer wie Gaddafi,Khomeini usw. drängen sich spontan auf.Und fortan nun auch Osama Bin Laden mitin der Galerie.Der Terrorismus, der eine ernstere Gefahrfür Europa darstellen wird als dieideologisch motivierten Terrorgruppen,kommt nicht aus den europäischen Ländern,sondern aus dem Mittleren Osten.Der Wettbewerb, der sich in den 1980erJahren zwischen den Terroranschlägen palästinensischerOrganisationen einerseitsund den Attentaten schiitischer Gruppenandererseits entwickelte, führt zu einer Eskalationdes Terrors. Inzwischen sind Libyenund Syrien als Sponsorstaaten des internationalenTerrorismus in den Hintergrundgetreten. Demgegenüber bestimmt jetzt diePolitik des Irak/Iran die Entwicklung im internationalenTerrorismus aus dem Nahen„SCHON KLEINE5. – 8. November 2013Düsseldorf, GermanyPersönlicher Schutz, betriebliche Sicherheitund Gesundheit bei der ArbeitInternationale Fachmesse mit Kongresswww.AplusA.deBETRIEBLICHEUNFÄLLEKÖNNEN IN EINERKATASTROPHEENDEN“Optimale Ausrüstung und Schulung sind zurVermeidung von Betriebsunfällen unerlässlich.Auf der A+A finden Sie die innovativsten Lösungenzur Prävention sowie spezielle Ausrüstungen fürden Katastrophenschutz. Seien Sie dabei undschließen Sie Sicherheitslücken.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 15


ExtremismusOsten, die sich gegen europäische Zielerichtet.Islamistische PositionenDer Islam, so heißt es immer wieder, seieine zutiefst politische und drüber hinausallumfassende Religion, die ihren Anhängernin jeder Lebenslage genaue Vorschriftenmache. Der Islam ist eine Buch-Religion,d. h. eine Religion, deren Mittelpunktnicht eine Person ist – etwa Muhammad –,sondern ein Buch: der Koran. Muhammadist der Prophet des Islams und der Verkünderdes Korans, aber nicht die Mitte der islamischenReligion. Die Mitte des Islamsbildet der Koran, das Buch, in dem die OffenbarungenGottes nach dem Glauben derMuslime wörtlich verzeichnet sind. Von einemBuch bezieht also der Islam seine Legitimation.Auf ein Buch begründet er seinendreifachen Anspruch: seinen Anspruch,nach dem Judentum und dem Christentumnun die einzig wahre Religion zu sein, alleanderen Religionen zu überbieten und sieso in ihrer universellen Geltung aufzuheben(Absolutheitsanspruch); seinen Anspruch,alle Bereiche des Lebens für dieEinzelnen, die Familie, die Gemeinschaftder Muslime, die Gesamtgesellschaft, denStaat sowie für die internationalen Beziehungennach seinen Ordnungsvorstellungenzu regeln und zu regieren (Totalitätsanspruch);endlich seinen Anspruch, alleMenschen zur Annahme des Islams aufzurufenund sie dem Gesetz des Islams zu unterwerfen(Universalitätsanspruch).Ob sich Muslime zu jeder Zeit und an jedemOrt genau an diese Vorschriften halten,ist aber eine ganz andere Frage. Letztlichist es die Realität, die darüber entscheidet,wie der Islam praktiziert wird. Darüberhinaus sind die Heiligen Texte des Islamsinterpretierbar. So gibt es zum Beispiel,entgegen landläufiger Meinung, weder imKoran noch in der Sunna die eindeutige Bestimmung,Religion und Politik zwangsläufigzusammenzufassen. Vielmehr gibt esbeispielsweise keine eindeutigen Aussagendarüber, wie ein islamischer Staat auszusehenhabe. Der Islam ist, so die BerlinerIslamwissenschaftlerin Gudrun Kramer,„überspitzt ausgedrückt, weitgehend das,was Muslime an einem bestimmten Ort undzu einer bestimmten Zeit als islamisch definierenund praktizieren“.Islam bedeutet Hingabe an den einenund einzigen Gott und Unterwerfung unterseinen Willen. Die Mehrzahl der islamistischenOrganisationen verfolgt das Ziel,die Regierungssysteme in ihren Heimatländerndurch eine auf die Scharia (islamischesRechtssystem) basierende islamistischeGesellschaftsordnung zu ersetzen.Das islamische Recht, das Scharia genanntwird – wörtlich übersetzt: der zu befolgendegerade Weg – oder das Gesetz Gottes,wurde von den muslimischen Theologenund Rechtsgelehrten auf der Grundlage derim Koran enthaltenen göttlichen Verkündigungund der „Sunna“ oder Tradition desPropheten ausgearbeitet.Unter der Scharia versteht man die nachislamischem Verständnis auf Gott beruhendeRechtsordnung. Sie ist ein zentraler Bestandteildes Islam und ein konstituierendesElement der islamischen Gemeinschaft.Als göttliches Recht ist sie grundsätzlichunveränderlich und einer weltlichen Gesetzgebungnicht zugänglich. Es handeltsich nicht um staatlich gesetztes Recht,sondern um außerstaatliches Recht, dasdas gesamte Leben des Muslims umfasst.Die Scharia wird gemeinhin als die idealereligiöse Rechtsordnung des Islam bezeichnet.Die Scharia als verfassungsmäßigeRechtsquelle, ein zinsloses Bank- und Versicherungswesen,polygyne Ehen und einseitigesScheidungsrecht des Mannes sowieKodifizierung und Vollstreckung drakonischerKörperstrafen sind Facetten von derfortbestehenden Vitalität der Scharia in derislamischen Welt.Auf Grund dieser Bindung des politischenLebens in der islamischen Gesellschaftan das von Gott in seiner Offenbarungerlassene Gesetz wird an die von Gottautorisierten Anordnungen seines Prophetendie islamische Staatsordnung als Theokratiebezeichnet.Während nach europäischer Auffassungdas Ziel des Rechts darin besteht, Lösungenfür die sozialen Probleme zu finden, bezwecktalso das islamische Recht die Regelungder Beziehungen des Gläubigen zuGott und mit seinesgleichen, damit er seinLeben auf dieser Welt ordnen und die Erlösungim anderen Leben erlangen kann.Deshalb ist im Islam die Unterwerfung unterdas Recht nicht nur eine soziale Pflicht,sondern gleichzeitig ein Gebot des Glaubens,und wer gegen eine gesetzliche Regel16 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Extremismusverstößt, ist auch vor Gott schuldig. Dieserfordert, dass das Recht aufrichtig undguten Glaubens erfüllt wird, weil Gott diemenschlichen Absichten genau kennt.Hinsicht seiner Ziele ist das islamischeRecht viel weitgehender als das europäische,denn es enthält die Gesamtheit desreligiösen politischen und sozialen Lebensjener, die sich zum Islam bekennen. So umfasstdie Scharia alle Gebiete des öffentlichenRechts und Privatrechts des innerenund des internationalen Rechts, einschließlicheiner ungeheuren Zahl von Gebieten,die im Westen nicht als zum Recht gehörigbezeichnet werden. Im Islam ist dasRecht sowohl der Gesellschaft als auch demStaat übergeordnet, wobei letzterer dieHauptaufgabe hat, das Recht – die Scharia– durchzusetzen, so wie es ausgearbeitetwurde. Die Befolgung der Scharia bringtden Frieden hervor, der die beste Gemeinschaftauszeichnet und der auf der weltlichenEbene das höchste Ziel ist. <strong>Hier</strong>beisehen insbesondere islamistische Gruppierungenaus dem arabischen und vorder-bzw. zentralasiatischen Raum auchden Einsatz von Gewalt legitimiert. Die Islamistenbegreifen die westliche Zivilisationals ständige Bedrohung ihrer Kulturund Religion. Unterdrückung spielt in derArgumentation der Islamisten immer nocheine große Rolle: die (vermeintliche) Unterdrückungder islamischen Kultur durch diewestliche Weltgemeinschaft, allen vorandie USA. Zusammengehörigkeit wird hierdurch die Religion des Islam definiert. OsamaBin Laden war nicht der erste arabischeFührer, der die Einheit aller Muslime beschwor,und er wird in der Geschichte auchnicht der Letzte sein. Mit ihren Taten wollensie sich und ihre Welt verteidigen, wobeisie sich auf den Koran als höchste Autoritätberufen. Sie beziehen sich dazu auf denim Koran aufgeführten Begriff des „Jihad“(wörtlich: innerer Kampf, Anstrengungoder Heiliger Krieg), der nach Ansicht islamistischerIdeologen alle zum Sieg der islamischenOrdnung verhelfenden Mittel einschließt.Sie sind aufgerufen, ihre eigenenWerte in einem „Jihad“ zu verteidigen. Wieweit dies geht, zeigt Art. 8 der Charta derHamas von August 1998, in dem es heißt:“Gott ist das Ziel, der Prophet der Führer,der Koran die Verfassung; der Heilige Kriegweist den Weg, und der Tod für Gott ist dieinnigste Sehnsucht“.Ground Zero – eine stolze Nation im Mark getroffenErst kürzlich nannte der französischePhilosoph Bernard-Henry Levy „den Islamin seiner fundamentalistischen Form ingewisser Weise“ den dritten Faschismus,„nach dem braunen und roten“. „In denZuckungen des islamischen Integrismus erlebenwir die letzten Höhepunkte des Totalitarismusaus dem 20. Jahrhundert“. „Impolitischen Islamismus verbindet sich dasKnow-how des 21. Jahrhunderts mit Bewusstseinsformendes 13. Jahrhunderts.Das Zeitalter der Aufklärung hat für dasChristentum stattgefunden, aber nicht fürden Islam. In keinem Staat, in dem der Islamvorherrscht, gibt es eine Demokratie“,so am 30. Oktober 2001 schon der BerlinerRechtsprofessor Ulrich Preuß im „Deutschlandfunk“.Demokraten sind immer vonTerroristen irritiert, weil Terrorismus in einemdemokratischen Rahmen unerklärlichist. In einer Demokratie dürfen Menschenkeine Bomben werfen. Demokratie bedeutetdie Schlichtung von Konflikten mit Wortenund durch Mehrheiten, nicht mit Stärkeund Gewalt.Islamisten gehen davon aus, dass mit denin der Scharia, d. h. im Koran, in der Sunna(Praxis der muslimischen Urgemeinde) undden Hadithen (Taten und Aussprüche desPropheten Mohammad) enthaltenden Bestimmungeneine alle Lebensbereiche regelndegöttliche Ordnung vorgegeben sei,die es überall zu verwirklichen gelte. Daherbemühen sich islamistische Organisationen<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 17


Extremismuszunehmend, ihren Anhängern in Deutschlandauch Räume für ein Leben nach derScharia zu schaffen. Nur die ”islamischeOrdnung” entspreche aufgrund ihres göttlichenUrsprungs vollständig der ”menschlichenNatur” und werde daher den imZerfall befindlichen Kapitalismus als Gesellschaftssystemnotwendigerweise ablösen.Staatliche Herrschaft komme alleinAllah zu und dürfe nicht der Willkür vonMenschen überlassen werden.Islamisten sind eine schmale Minderheitinnerhalb der arabisch-muslimischen Welt.Eine Minderheit allerdings, die unter Umständenerhebliche Unterstützung mobilisierenkann, wie der 11. September 2001beweist. Mit „Islamisten“ (Anhänger des„islamischen Fundamentalismus“ mit erheblichenErmessens- und Interpretationsspielraumauf den Fundamenten der ReligionIslam) spiegelt sich der Charakter derUmwandlung des Islam in eine ideologischeund politisierte Version der Glaubensformwider. Wie alle anderen Fundamentalistenauch, lehnen die Islamisten jede Form kritischerKoran-Exegese rundherum ab, siesind oft genug ein Sammelbecken für politischUnzufriedene, deren handfeste Ursachenu. a. auch in dem Unvermögen vielerislamischer Regierungen erkennbar werden,ihre hausgemachten Probleme zu bewältigenund die nötigen wirtschaftlichenund sozialen Reformen anzustoßen. So bekommenalle Unzufriedenen und Enttäuschteneine politische Stimme.Die allgemeine Anerkennung in der arabischenWelt galt den Elitestudenten, dieerfolgreich im Westen studiert hatten undoffensichtlich westliche Technologien meisterten.Jemand aus der Mitte ihrer Gesellschaftwar so gut integriert, dass man ihn„Schläfer“ nannte. Die gesteigerte Ablehnungalles Westlichen ist die Kehrseite desWunsches nach Integration und Teilhabean den Verheißungen der Moderne und sogardes American Way of Life, wie man unschweran arabischer Popkultur erkennenkann. Die arabische Bewunderung für dieAttentäter mischte sich mit Äußerungender Unterlegenheit: So wurde immer wiederbetont, dass Osama Bin Laden nicht derVerantwortliche sein könne, da Muslimekeinen Zugang zu den nötigen Technologienhätten (verschlüsselte Bildnachrichtenvia Internet; Flugsimulatoren; Transaktionenan der New Yorker Börse etc.).Die Bevölkerung in islamischen Regionenwächst explosionsartig; sie besteht zueinem großen Teil aus Jüngeren und Jugendlichen.Die Infrastruktur hat damit bei weitemnicht mehr Schritt gehalten; sie reichtzur Versorgung der Bevölkerung nichtmehr aus. Der Urbanisierungsprozess hatimmens zugenommen und führt zu Elendsviertelnam Rande der großen Städte, diemit der Unterbringung und Versorgung dervom Land kommenden Zuwanderer überfordertsind. Der Industrialisierungsprozessverläuft zögerlich und die Wirtschaftbleibt eng mit dem Staatsapparat verwoben,der zugleich der wichtigste Arbeitgeber ist.Wer hier kein Glück hat, findet dieses unterUmständen im expandierenden informellenoder gar illegalen Sektor. Hinzukommteine die Ohnmachtsgefühle und den Hassfördernde Politik, z. B. in der Region NaherOsten. Die wachsende Kluft im sozialenund ökonomischen Umfeld hat ein gewisses„kollektives Gefühl der Vergeblichkeit“ erzeugt,das sich im Hass auf die „Ungläubigen“kanalisiert, weil fehlender Fortschrittund Wohlstand mit dem Zusammenbruchsäkularer Ideologien einhergehen. <strong>Hier</strong>ausspeist sich die radikal-politisch pervertierteIslam-Interpretation eines Business-TerroristenOsama Bin Laden mit derschmerzhaften Erkenntnis gläubiger Muslime,sehend die hoffnungslose Unterlegenheitgegenüber der westlichen Technologievor Augen, weil gerade der Koran sie als die„beste Gemeinschaft“ bezeichnet („Ihr seiddie beste Gemeinde, die für die Menschenerstand. Ihr heißet, was man rechtens ist,und ihr verbietet das Unrechte und glaubetan Allah“ – Koran 3,106). Und eine traditionelleMaxime lautet: „Der Islam herrscht,er wird nicht beherrscht“.Der „Jihad“ – eine heilige Pflicht imSinne des KoransDer Jihad wurde nicht erst von islamistischenTerroristen erfunden, sondern spieltbereits im Koran und in der klassischen islamischenLehre eine bedeutende Rolle.Der Begriff bezeichnet allgemein den Einsatzder Gläubigen für den Islam, wobeidieser Einsatz nicht von vorneherein militärischverstanden werden muss. Nach klassischerLehre wird vielmehr zwischen demgroßen und kleinen Jihad unterschieden.Der große Jihad ist der innere Kampf des18 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


ExtremismusEinzelnen, in dem er seine Begierden überwindetund den Verführungen, die ihn vomPfad des rechten Glaubens abbringen können,widersteht. Der kleine Jihad hingegenist der nach außen gerichtete Kampf gegenUngläubige, nur auf ihn trifft die gängigeÜbersetzung „Heiliger Krieg“ zu.Die Unterscheidung von großem undkleinem, inneren und äußeren Jihad darfaber nicht darüber hinwegtäuschen, dassim Koran dem kleinen Jihad die mit Abstandgrößere Bedeutung zukommt. Bis auf wenigeAusnahmen bezeichnet der Begriff dortden Krieg, den Muhammad und seine Anhängervon Medina aus gegen die „Ungläubigen“,insbesondere gegen die polytheistischenStämme in Mekka, führten und derder Verbreitung des Islam und der Einigungder arabischen Halbinsel diente. Die Pflichtzum Heiligen Krieg wird im Koran immerwieder hervorgehoben: „Und wenn Ihr dieUngläubigen trefft, dann herunter mit demHaupt, bis Ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtethabt“. Der Kampf für die Verbreitungdes Islam bedeutet für den Muslim diePrüfung seiner Rechtgläubigkeit. „Und hätteAllah gewollt, wahrlich, er hätte selbstRache an ihnen (den Ungläubigen) genommen;jedoch wollte er die einen von euchdurch die anderen prüfen“ (Sure 47, Vers5). Erst im Einsatz des Lebens beweist sichdie völlige Hingabe des Menschen an Gott,der Lohn für diesen Einsatz ist das Paradies(8, 5-7; 148-151). Grundlage des Kampfes istein „Geschäft“ mit Gott (9, 112); wer sichvor dem Heiligen Krieg drückt, hält in diesem„Vertrag“ die eigene Leistung zurückund verliert in der Konsequenz die Aussichtauf das Paradies (9, 38). Im Unterschied jedochzum Vorgehen islamistischer Terroristenunterliegt der Heilige Krieg nach demKoran einer Begrenzung durch Regeln.Nicht alles ist erlaubt; insbesondere darfein „Gläubiger“ […] keinen Gläubigen töten“(4, 94 f.) und der Krieg gegen Juden undChristen darf nur so lange geführt werden,bis diese sich der politischen Herrschaftder Muslime unterworfen haben und alsGegenleistung für die Möglichkeit, ihre Religionweiter auszuüben, Tribut zahlen (9,29). Das Ziel ist in letzter Konsequenz dieWeltherrschaft des islamischen Gesetzes.„Und kämpfet […], bis alles an Allah glaubt“(8, 40).Der reformierte Euro-Islam, der aufdie Lehre von den zwei Reichen und damitauf die gewalttätige Expansion verzichtet,ist aus politischer Sicht zu begrüßen, dochdieses liberale Verständnis des Islam wirdvon der breiten Masse der Muslime nichtgeteilt. Aber der eigentliche Kampf, zu demdie Ideologen herausfordern, ist der großeJihad, nämlich das Ringen um die Überwindungdes eigenen Dogmatismus im Sinnedes Korans.Festzuhalten bleibt, dass sich die Gemeinschaftder Muslime als Vorbild dergesamten menschlichen Gesellschaft versteht.Darin begründet sich ihr Missionsauftrag.Der Koran bestätigt diesen Auftrag,indem er zu Muhammad spricht: „Undwir haben dich für die Menschen allesamtnur als Freudenboten und Warner gesandt“(34, 28; vgl. 7, 158). Mit dieser Verkündigungwill Gott das Gesetz des Islams allenMenschen auferlegen. Dass dies nämlichnicht nur als Angebot verstanden wird,sagt der Koran offen: „Er (= Gott) ist es,der seinen Gesandten mit der Rechtleitungund der Religion der Wahrheit gesandt hat,um ihr die Oberhand zu verleihen über alleReligion […]“ (9, 33; vgl. 61, 9; 48, 28).Zu diesem Sieg haben die Muslime beizutragen.Sie haben die Pflicht, sich um dieHerstellung der universalen Herrschaft desIslams in der Welt zu bemühen. Dieser Einsatz– „Jihad“ – gilt zunächst einmal für denSchutz des Islams gegen die Übergriffe undGefahren, von welcher Seite sie auch immerkommen (vgl. Koran 5, 57; 9, 23). Darüberhinaus geht es darum, den Islam positiv zustärken und seine Ausbreitung aktiv voranzutreiben,notfalls mit den Mitteln des „HeiligenKrieges“. Der Einsatz zur Errichtungder Oberhoheit des Islams ist eine ständigePflicht der Gemeinschaft; er hört erstauf, wenn alle Menschen den islamischenGlauben angenommen oder wenn sie sichdem Islam unterworfen haben. Im rechtlichenSinne ist der Jihad immer eine Handlungvon religiösem Charakter, der anderenReligionsgemeinschaften schlichtweg dogmatischdas Existenzrecht abspricht, alsoallen Nichtgläubigen und Polytheisten inder Welt nach den Vorstellungen des islamischenGesetzes. Markant zu beobachtenist hier die „Buchstabengläubigkeit und dasAusschließlichkeitsdenken“ der fundamentalistischenIslamisten, ein moralischer Rigorismusals Ressentiment gegenüber den„Anderen“.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 19


ExtremismusNew York, N.Y., 24. September 2001: Das Urban Search and Rescue Team der FederalEmergency Management Agency (FEMA) sucht nach Überlebenden in den Trümmerndes World Trade Centers. Quelle: FEMA/Andrea BooherNeue Weichenstellung des aktuellenislamistischen Terrorismus im internationalenEmpfängerhorizont: Krieg oderVerbrechen?Terror und Terrorismus sind Begriffe, welchedie so Bezeichneten überaus negativ konnotieren– als Feinde nämlich. Freunde hingegengelten positiverweise als Freiheitskämpfer,Revolutionäre, Stadtguerilleros, Kämpfer einer„bewaffneten Partei“ (wie die italienischenRoten Brigaden) oder Gotteskrieger im Jihad;als Regierungen stehen sie im harten, aberlegitimen Kampf gegen das Verbrechen, dieSabotage, den Umsturz. Der Terrorist weiß,wie im 18. Jahrhundert der Pirat, zum hostishumani generis, dass er zum Feind des Menschengeschlechtsmutiert. Die heutigen Terroristen,das hat der Terroreinsatz vom 11. September2001 augenscheinlich bewiesen, sind„kühle Rechner“; Angehörige der zukünftigentechnischen Elite der arabischen Welt führtendie Anschläge mit gezieltem Selbstmordattentataus. Markant präsent waren beim Septemberterrorder ideologisch-religiöse Rahmenund der Kontext des „neuen“ und „privatisierten“Krieges. Meisterhaft dokumentiert wurdennicht nur der „Krieg der Kulturen“ (SamuelHuntington), sondern auch hinsichtlich derGobalisierungsszenerie das Phänomen „CocaCola und Heiliger Krieg“ (Benjamin Barber).Der „Heilige Krieg“, in dem sich Osama BinLaden und seine Nachfolger und Gefolgsleutesehen, ist gerade nicht eine „bloße Fortsetzungder Politik mit anderen Mitteln“wie von Clausewitz die Logik des modernenKrieges definiert und beschrieben hat, sondernnegiert das Politische grundsätzlich.Der Krieg, an dem die Attentäter teilnahmen,ist Mittel einer „Identitätspolitik“ undnicht der „Ideenpolitik“, wie sich der Terrorismusder 1970er beschreiben lässt. Dieseneue Form des Krieges ist privatisiert undkehrt zum Krieg als Lebensform zurück.Geführt wird er von ethnischen Gruppierungen,Warlords und Guerillakämpfern.Organisierte Kriminalität und Drogenkartellesind ein integraler Bestandteil, wennsie sich nicht selbst als kriegführende Parteieinmischen. Entsprechend ist der Kriegein Geschäft für die unmittelbar Beteiligten(und gleichzeitig für den globalen Waffenhandelund international interessierte Parteien),ferner eine Frage der Ehre für diejungen Männer in einer aussichtslos ökonomischenLage, die bereits als Kinder fürden Krieg rekrutiert werden, da ihnen einewichtige Rolle in der vernetzten und hochmobilenKriegsführung zukommt; Kriegshandlungenund Gewalt sind das wichtigsteMittel für den Statusgewinn und den Zugewinnim Paradies danach. Die Schreckensbotschaftaus dem Untergrund ist von den„Schattenmännern“ weltweit angekommen,auch ihre neue Form der „Kommunikationsstrategie“.Gleiches gilt für die Sprachspiele,Formulierungen und Etikettierungender offenen Geschehnisse („Polizeiaktionmit militärischen Mitteln“, so Scharpingzum Vorgehen der Amerikaner in Afghanistan),die früher ohne weiteres als Krieg bezeichnetworden wären. Kriegsverbrechengibt es seit der Haager Landkriegsordnung,Verbrechen gegen die Menschlichkeit seitden Nürnberger Prozessen, aber relativneu ist, dass von vornherein kriegerischeHandlungen als Verbrechen und kriegerischeGegenmaßnahmen als Strafsanktioneninterpretiert werden. Der neue Kriegdes islamischen Jihad gegen den kapitalistischenMarkt und seine politische Abstützung,gegen McWorld, wird sich gezwungenermaßenauf punktuelle Gewalttatenbeschränken müssen, die leicht als Terrorismusetikettiert werden können, als illegitimesVerbrechen, wie es in jedem Staatmit den islamistischen Staaten ist. Er wirdletztendlich seinem Gegner nur nützen und20 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Extremismusdie militärische und politische Globalisierunglegitimieren und vorantreiben.Ist Deutschland bedroht?1960 gab es in Deutschland 1.200 Muslime,heute sind es rund drei Millionen. 1970 gabes in diesem Lande drei Moscheen, heutesind es rund 2.500. In 30 Jahren – errechnenExperten – werden 12 Millionen Muslime inDeutschland sein; in spätestens 100 Jahrenwerden es mehr Muslime als Christen sein.Lediglich eine Minderheit (rund 31.000) derMuslime in Deutschland hat sich bislang islamistischenOrganisationen angeschlossen.Die Zahl der Anhänger oder Sympathieträgerdürfte wesentlich höher sein.Die Politisierung dieses Konfliktpotentialsführt zur Ablehnung der westlich dominiertenWeltordnung, in Deutschland damit zurAblehnung der Werteordnung der freiheitlichendemokratischen Grundordnung. Geradedie Mehrheit der rechtstreuen Muslimein Deutschland sieht sich zunehmend einerpermanenten islamistischen Indoktrinationdesintegrativ wirkender islamistischer Organisationenausgesetzt (u. a. punktuelleInstrumentalisierung, politische/sozialeBeeinflussung ihrer repräsentativen gesellschaftlichenInstitutionen wie islamischeDachverbände, Ausländerbeiräte, Ausländervereineund dergleichen mehr). Deutschlandist erwähltes Rückzugsgebiet, wo manungestört Propaganda betreiben und Spendeneinsammeln kann, wo man eine neueorganisatorische und religiöse Heimat gefundenhat. Nachdenklich stimmen solltenaber immer im Sinne des „principiis obsta“Drohbriefe z. B. vom 31. März 2001. Darinheißt es: „Es wird ein Kinderspiel sein, dasKanzleramt, den Bundestag, Botschaften,Konzernzentralen, Rathäuser, Einkaufszentren,Synagogen, Kirchen oder Kraftwerkeaus sicherer Entfernung anzugreifen“. DerVerfasser nannte sich Amir al Umara. DieBriefe kündigten martialisch den „HeiligenKrieg“ gegen die gesamte Welt an. Amiral Umara warnte die Gegner des Islam vordem Beginn des Jihad: „Wir werden alle Regierungen,Militärs, Weltkonzerne, Bankenund Medien gezielt und systematischvernichten“.„Europa ist nicht mehr Europa, es ist„Eurabien“, eine Kolonie des Islam“, schriebOriana Fallaci. „Unterwürfigkeit gegenüberden Invasoren hat die Demokratievergiftet“. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzessind beinahe alle islamistischenTerroraktivitäten in Deutschlanddem fundamentalistischen Salafismus zuzurechnen.Für die Situation in Deutschlandkommt eine umfangreiche Studie imAuftrag des Bundesinnenministeriums ausdem Jahr 2007 u. a. zu dem Ergebnis, dassetwa 40 Prozent der befragten Muslimephysische Gewalt für ein legitimes Mittelder Auseinandersetzung bei einem Angriffdes Westens gegen den Islam halten, dassaber über 90 Prozent der Befragten Selbstmordattentateund Terror für nicht legitimhalten.In ganz Europa wächst die Angst vor einermuslimischen Gemeinschaft quer überalle europäischen Grenzen, quasi vor einerneuen („13.“) Nation der EG. Nur einEuro-Islam als entpolitisierter, gleichsamtoleranter und liberaler Islam ist in Europaintegrationsfähig. Der Fundamentalismusund seine Repolitisierung des Islamstimmen mit dem Glauben und mit der Realitätnicht überein. Als Mittel zur Abwehrder destruktiven Intoleranz des Fundamentalismusder Islamisten könnten die Menschenrechteein gemeinsames Interesseder islamischen und der westlichen Zivilisationwerden.[Literaturverzeichnis beim Verfasser]Robert F. J. Harnischmacherist internationalanerkannter Fachmannin Sachen Sicherheit undKriminalwissenschaften.Er ist wissenschaftlicherPublizist, Lehrbeauftragteran verschiedenenFachhochschulen, Akademienund Universitäten im In- und Ausland,als Instructor von Spezialeinheitenund Berater tätig. Durch sein Wirken ister in den Fachbereichen Polizei, Justiz,Militär, Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft,Sicherheit in der Wirtschaft, Intelligence,Gewerkschaft kein Unbekannter.Er ist Autor zahlreicher Publikationen wieEssays, Statements, Rezensionen, Dokumentationen,Broschüren, Sach- und Studienlehrbücher,Kommentare, World PoliceEncyclopedia. Zudem ist er Associate Editorverschiedener internationaler Facheditionenauf Universitätsebene.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 21


ExtremismusOliver MalchowBedrohungslage auchzwölf Jahre nach 9/11 ernstMalchow fordert mehr politische Unterstützungfür Bekämpfung von Terror und ExtremismusOliver MalchowDie Bedrohung Deutschlands durch denfundamentalistisch-religiös motiviertenTerrorismus ist nach Auffassungder Gewerkschaft der Polizei (GdP) auchzwölf Jahre nach den verheerenden Anschlägenauf New York und Washingtonunverändert ernst. Angesichts des gefährlichenSyrien-Konflikts müsse - soGdP-Bundesvorsitzender Oliver Malchowim Interview mit <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong>– so GdP-Bundesvorsitzender OliverMalchow im Interview mit <strong>Homeland</strong><strong>Security</strong> – eine Zuspitzung der Gefährdungslagehierzulande befürchtet werden.Selbst wenn die Bundesregierungeine Beteiligung an einem möglichenMilitärschlag gegen das Assad-Regimeausschließe, bleibe Deutschland im Fokusradikal-extremistischer Gruppierungen.Malchow: „Die Bundestagsparteienmüssen deshalb die innereSicherheit schnellstens an die Spitzeihrer Agenda setzen.“ Auch die Bundesregierungund ihr Innenministermüssen infolge des NSA-Skandals undder NSU-Mordserie den deutschen Sicherheitsbehördenklare Ziele bei derBekämpfung des internationalen Terrorismusund des politischen Extremismusvorgeben.“<strong>Homeland</strong>: Extremisten des Terrornetzwerksal-Qaida haben in diesen Tagen diein der Nähe der türkischen Grenze gelegenesyrische Stadt Azaz eingenommen.In einer Pressemeldung bewerten Sie dieBedrohung Deutschlands durch den fundamentalistisch-religiösmotivierten Terrorismusauch zwölf Jahre nach den verheerendenAnschlägen auf New York undWashington als unverändert ernst. Gleichzeitigfordern Sie für die Polizei mehr „politischenRückhalt“ und „praxistaugliche Gesetze“.Herr Malchow, welche Zielsetzungin Sachen Innere Sicherheit empfehlen Sieden Bundestagsparteien?Malchow: Das Ziel muss darin bestehen,die Polizei personell und materiell so auszustatten,dass ihr hoher Grad an Professionalitätnicht sinkt, sondern steigt. Dasgilt grundsätzlich für die Gewährleistungder Sicherheit und im Besonderen für dieBekämpfung des Terrorismus und derSchwerstkriminalität. Weiterhin erwartetdie Polizei, dass ihr die Rechtsstaatlichkeitund Zuverlässigkeit ihrer Arbeit von Parlamentariernnicht pauschal abgesprochenwird.Die GdP hat während des Wahlkampfesund nach der Wahl die Parteien nachträglichaufgefordert, sich endlich wiederden Themen der inneren Sicherheit anzunehmen.Weder das, was direkt vor denHaustüren der Bürgerinnen und Bürger geschieht,also beispielsweise der zunehmendeVandalismus, die sichtbare Verwahrlosungder Städte oder auch der spürbarsteigende Trend von Regelverletzungen imöffentlichen Raum, fand und findet bis heutein den Debatten statt. Noch wurde überdie erhöhte Gefahr durch im Ausland radikalisierte,deutschstämmige Extremistenein Wort verloren. Stattdessen hat die Politikin ihren Wahlprogrammen weitgehendüber die Polizei gesprochen und fast schonam Rande mitgeteilt, was meine Kolleginnenund Kollegen künftig besser und andersmachen müssten.Die Polizei weiß zwar um das große Vertrauen,dass die Bevölkerung ihr entgegenbringt.Doch ohne politischen Rückhalt,was eben auch politische Verantwortungbeinhaltet, wird das für meine Kolleginnenund Kollegen eminent wichtige Vertrauen –auch das weiß die Polizei mittlerweile sehrgenau – beginnen zu bröckeln. Denken Sienur an die seit Jahren steigende Zahl von22 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Extremismuswerden ja nicht speziell auf Angriffe bestimmterTerrorgruppierungen hin aus- undfortgebildet. Ein Terroranschlag ist zunächstein menschenverachtendes Verbrechen,bei dem die Stabilisierung der Lage,die Versorgung womöglicher Opfer, dieSpurensicherung und die sofortige Aufnahmevon Ermittlungen sowie die Verfolgungmutmaßlicher Täter im Vordergrundstehen. Die deutsche Polizei arbeitet daherpermanent an der Optimierung ihrerEinsatzszenarien. Zudem werden in regelmäßigenÜbungen Katastrophen, darunterauch Anschläge, nachgestellt und so Abläufetrainiert, überprüft, korrigiert und fortgeschrieben.Das Ziel der Polizei ist es aberzuvorderst, es erst gar nicht zu Anschlägenfvnmd5j fNATOCONFIDENTIALhl993ykdfalwidaihrflwaihl993ykdfalwidaihrflwaihl993ykdfalwidaihrflwaihl993ykdfalwidaihrflwaihl993cbvkskfb,jjdvj69g95jgfmfvnmdyc j654wgshdshcbdvdhh3321bvdjdvkr556ur8f8vxlfvsjfb4kfköfkbjöjrööxdvöodjösejavhvhjzjzju6dthtjfzkvlvgshdshcbdvdhh3321bvddvkr556ur8f8vxlfvsjfb4kfköfkbjöjrööxdvöodjösejavhvhjzjzju6dthtjfzkvlkreSECRETNATOSECRETSECRETSECRET993ykdfalwidaihrflwaihl993ykdfalwidaihrflwaihl993ykdfalwidaihrflwaihlNATOSECRETNATORESTRICTEDNATOSECRETSECRETNATORESTRICTEDNATORESTRICTEDSECRETNATOSECREThl993cbvkskfb,jjdvj69g95jgfmfvnmdycNATORESTRICTEDNATOSECRETNATOCONFIDENTIALf 0ldk jxclaehfleahfi47zgeugkuvykdfalwidaihrflwaihl99ü3äüaoefjf fj678i87kj 5j654wgshdshcbdvdhh3321bvdjdvkr556ur8f8vxlfvsjfb4kfköfkbjöjrööxdvöodjösejavhvhjzjzju6dthtjfzkvSECRETThe Art of Protecting Sensitive Data – SINA.SECRETNATOSECRETSECRETYou can rely on the exceptional performance of SINA. The onlyGerman Ipsec-based encryption system with international approvalsup to and including NATO SECRET and SECRET UE.SINA (Secure Inter-Network Architecture) is the integrated system architecturefor modern cryptosystems. Developed in collaboration with the FederalOffi ce for Information <strong>Security</strong> (BSI) for the highest security requirements ofpublic authorities, the armed forces and private companies entrusted withclassifi ed materials.SINA is convincing for all national and international scenarios that requiresophisticated security measures. With SINA, you can always work securely andeffi ciently – in the offi ce or on the road.www.secunet.com/sina/enIT security partner of theFederal Republic of GermanyWohnungseinbrüchen und die immer längerenWartezeiten auf gerufene Streifenwagenbesatzungen.Fakt ist, dass die politischVerantwortlichen die Polizei unabhängigvon steigender Aufgabenfülle personellschwächen. Das wirkt natürlich dämpfendauf die Motivation der Polizeibeschäftigten.Die Überstunden nehmen zu, dann auch dieKrankenstände.Der jahrelange parteipolitische Grabenkampfum die Mindestspeicherung vonTelekommunikationsdaten für die polizeilicheBekämpfung der Schwerstkriminalitäthat sich meinen Kolleginnen und Kollegenan manchem Tatort zudem als echtesHemmnis erwiesen. Unabhängig aber vonder Frage möglicher denkbarer Koalitionenmüssen das künftige Kabinett und derBundestag die Chance neu ergreifen, denfestgefahren Karren im Streit um wirksamereMethoden zur Gewährleistung derinneren Sicherheit in Deutschland wiederin Schwung zu bringen. Das Beharren aufpraxisfernen Positionen jenseits fundierterArgumente der Praktiker und das Sparenauf Biegen und Brechen bedeuten in derheutigen Welt ein hochgefährliches sicherheitspolitischesRisiko.<strong>Homeland</strong>: Wie werden die deutschen Polizistenauf mögliche Anschläge seitensal-Qaida vorbereitet?Malchow: Polizistinnen und Polizistenkommen zu lassen. Insofern sind wirksamepräventive Maßnahmen entscheidend.Dazu gehört vor allem die enge Zusammenarbeitaller Sicherheitsbehörden. Und dasmöglichst in einem Gemeinsamen Extremismus-und Terrorismuszentrum, wie dieGdP es noch unlängst gefordert hat.<strong>Homeland</strong>: Sie sagen „Einerseits soll diePolizei wirksam Terror und Extremismuslückenlos bekämpfen, andererseits aberstellt die Politik ihr weder die notwendigenpersonellen Mittel noch das dafür erforderlicheHandwerkszeug zur Verfügung.Nach Informationen der GdP wird seit Jahrendas Personal des polizeilichen Staatsschutzeshin und her geschoben und nicht<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 23


Extremismusentsprechend aufgestockt.“ Welche Auswirkungenhat dies konkret auf die Qualitätder Ermittlungen und welche Gefahren entstehenhierbei zusätzlich?Malchow: Wird eine Ermittlungsgruppepersonell gestärkt, erhöhen sich Ermittlungsmöglichkeiten.Personeller Aderlasssenkt den Ermittlungsumfang. Dass denKolleginnen und Kollegen da etwas durchdie Lappen gehen kann, weil beispielsweisenicht genügend Personal für eine akustischeWohnraumüberwachung gestellt werdenkann oder Observationen nicht rundum die Uhr durchgeführt werden oder aufeinen späteren Zeitpunkt verschoben werdenmüssen, liegt doch auf der Hand. PolizeilicheMöglichkeiten werden durch dasHin- und Herschieben des Personals nichtausgeschöpft. Weniger Straftaten werdenaufgeklärt und die Opfer erleben den Staatals machtlos.<strong>Homeland</strong>: Auch das seit Jahren andauerndeGezänk um die Mindestspeicherung vonTelekommunikationsdaten, so sagen Sie,behindere die polizeiliche Bekämpfung extremistischenTerrors und der Schwerkriminalität.Geht hier Datenschutz vor Schutzder Bevölkerung?Malchow: Gerade bei der Mindestspeicherungso genannter Verkehrsdaten vonTelekommunikationsnutzern werden nochheute Schreckensbilder staatlicher Datenkrakenund eines polizeilichen Überwachungsstaatesgezeichnet. Das ist nach Auffassungder GdP Panikmache und schadetdem Ansehen der Polizei. Sämtliche Ermittlungsschritteder Polizei sind überprüfbarund richterliche Genehmigungen Voraussetzungfür die polizeiliche Einsicht in Telekommunikationsdaten.Neben dem Richtervorbehaltsollen meine Kolleginnen undKollegen nur bei der Verfolgung schwersterStraftaten auf diese Daten zugreifen dürfen.Außerdem stellt die so genannte Vorratsdatenspeicherungfür die Polizei nur einenBaustein der zur Verfügung stehendenErmittlungsinstrumente dar und ersetztkeineswegs die klassische Ermittlungsarbeit.Es geht ja nicht allein um Datenschutz.Der Zugriff auf Telekommunikationsdatenwird oft ideologisch bewertet. Gefolgertwird, dass der Datenzugriff zu einem Überwachungsstaatführt. Durch Richtervorbehaltund Straftatenkatalog werden jedocheinerseits Bürgerrechte gewahrt und polizeilichesHandeln kontrolliert. Datenschutzist auch Schutz der Bevölkerung....eine Frage der ZeitNotfälle kommenaus heiterem Himmel.Rettung auch.Unterstützen Sie die DRF Luftr ettung.Werden Sie Fördermitglied.Info-Telefon 0711 7007-2211 · www.drf-luftrettung.de


RettungsketteGelungener AuftaktPremiere auf dem TruppenübungsplatzBodelsberg bei KemptenMedizinische Betreuung durchdeutsche und schweizerSanitätssoldatenErstmals haben rund 200 deutsche,schweizer und österreichische Soldatendie sanitätsdienstliche Zusammenarbeitbis auf Teamebene geübt.Im Szenar eines bürgerkriegsähnlichenZustandes stellten die Soldatenihre grenzüberschreitenden sanitätsdienstlichenFähigkeiten auf der Übung„Alpendreieck“ unter Beweis.Gemeinsam integrierten die Teilnehmerschweizer Sanitätsmodule mit einem deutschenRettungszentrum. Rein äußerlichsieht selbst der Laie – hier wurden unterschiedlicheZeltmodule miteinander kombiniert.Innen sind die Übergänge zwischendeutschen und schweizer Material nahezufließend. Wie die Zusammenarbeit der beidenNationen.Gemeinsamer WilleDeutsche und schweizer Sanitätssoldatenorganisierten sich in kleinen Teams z. B.in der Aufnahme, Pflege oder OP. „Mit vielHerzblut und Engagement haben sie ihreVerfahrensabläufe angepasst“, so HauptmannThomas Bamberger. Der Chef der 4.Kompanie des Gebirgssanitätsregiments42 ist von der länderübergreifenden Zusammenarbeitbegeistert und gibt den Teilnehmerndas Prädikat „Weltklasse“. Dasses bei unterschiedlichen militärischen Sanitätsdienstennicht alle Räder automatischineinandergreifen liegt in der Natur der Sache.Bamberger ist aber überrascht, wieeng man bereits beieinander liegt. „Mentalitätund Leistungsanspruch liegen nichtweit auseinander“.FeinjustierungAber auch die schweizer Soldaten zeigtensich durchaus angetan. „Es sind nur Feinheitenin den standardisierten Arbeitsabläufen,die angepasst werden müssen“, erläutertStabsadjutant Renè Lunardi. DerBerufsunteroffizier der schweizer Armeeist für die sanitätsdienstliche Ausbildungder Milizen zuständig. Ein solcher ist derGefreite Matthias Vogt. Insgesamt 300Tage am Stück muss er als Wehrpflichtigerin den Streitkräften dienen. „Ich war imVorfeld schon gespannt, wie die Deutschenmit ihren Einsatzerfahrungen aus Afghanistanarbeiten.“<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 25


RettungsketteWertvolleErfahrungenGeneralstabsarzt Dr. Pracht,Divisionär Dr. Stettbacher,Brigadier Dr. Hofmann(von links nach rechts) –Führende Repräsentanten der dreimilitärischen Sanitätsdienste.Aufnahme des Patientendurch schweizer PersonalDem Lob wollten sichauch die führendenRepräsentanten derdrei militärischenSanitätsdienste beiihrem Besuch aufder Übung anschließen.Gemeinsam betontensie den hohenGrad der Integrationin der Zusammenarbeit.Eine Zusammenarbeit,die übereinstimmend eineFortsetzung finden sollte. Der schweizerÜbungsdirektor Oberst Daniel Flückigerfasste es am Ende der Übung treffend zusammen:„Ich habe erlebt, was Integrationbedeutet, was es bedeutet, zu helfen, aberauch, sich gegenseitig auszubilden. Mit dieserÜbung haben wir eine Voraussetzunggeschaffen, die man weiterhin trainierenmuss, hin zu einem Ereignis, dass jederzeiteintreffen kann. Und wir wissen jetzt, wasgeht. Die gemachten Erfahrungen sind füruns sehr wertvoll“.HintergrundBereits jetzt arbeiten in den Einsatzgebietenverschiedene Nationen eng zusammen.VerwundetentransportDoch bisher lag der Schwerpunkt eher aufder Kooperation von nationalen Einheitenund Verbänden. Das heißt, es wurden geschlossenenationale Kapazitäten, z. B. Sanitätskräfte,als nationale Pakete mit multinationalenVerbänden zusammengefügtoder zumindest bereitgestellt. Knapperwerdende militärische Kräfte und Mittel erfordernaber eine immer höhere Effizienz.<strong>Hier</strong> präsentiert sich der Zentrale Sanitätsdienstder Bundeswehr als Vorreiter undversucht, die Kooperation bis auf die Arbeits-oder Teamebene. So können Nationenbei der Gestellung solcher Behandlungseinrichtungenintegriert und beteiligt werden,deren Kapazitäten für eine eigene nationaleSanitätseinrichtung nicht ausreichen.Die multinationale Übung „Alpendreieck“war nur der erste Schritt, quasi einWarmlaufen für die im September stattgefundeneÜbung „Vigorous Warrior 2013“.<strong>Hier</strong> waren neben Deutschland auch Frankreich,Italien, Ungarn, die Niederlande,Tschechien, England und die USA beteiligt.Die Herausforderung bei einem multinationalenAnsatz liegt in den sehr unterschiedlichenStandards, Grundlagen undVerständnissen der Sanitätsdienste dereinzelnen Nationen. Der Sanitätsdienst derBundeswehr arbeitet mit hohem Engagementan einer multinationalen Vereinheitlichungim Rahmen der Sanitätsdienste derNATO sowie EU.26 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


RettungsketteMedEvacTeamgeist in bester Form bei der Übung „Leuchtender Saphir“<strong>Homeland</strong>: Captain Sinclair, Sie kommengerade zurück aus Afghanistan. Wie langewaren Sie dort?Sinclair: Wir sind gerade zurück. Insgesamtwaren wir 12 Monate vor Ort im ständigenEinsatz. Das bedeutet, dass wir ca.1.800 Einsätze in Afghanistan geflogensind. Das sind sechs pro Tag. 2.700 Kameradenhaben wir in diesem Jahr evakuiert.<strong>Homeland</strong>: Wie sieht die medizinische Versorgungaus Ihrer Sicht in Afghanistan aus?Sinclair: Die Koalitionstruppen haben flächendeckendMedEvac-Unterstützung. Wirholen unsere verwundeten Kameraden unddie verbündeten verwundeten Kameradenraus; egal wo, wann und wie!<strong>Homeland</strong>: Was ist Ihr Auftrag bei derÜbung „Leuchtender Saphir“?Sinclair: Wir wollen unseren deutschenKameraden zeigen, was wir im Einsatz machen,um Patienten aus einer Gefahrenzoneherauszuholen. Wir zeigen den Kameraden,wie wir agieren, um dann nur noch mit Zeichensprachegemeinsam zu handeln.<strong>Homeland</strong>: Wen haben Sie in Afghanistantransportiert?Sinclair: Wir haben POWs, Kinder, LocalNationals, NATO- and U.S.-Forces transportiert.Es geht immer unter die Haut, wennman für ein Kind Sorge trägt; ein sehr emotionalerMoment.<strong>Homeland</strong>: Was war der aufregendste Momentin Afghanistan?Sinclair: Eine Mission habe ich ganz klarvor Augen: Ein U.S.-Marine war schwer verletzt.Bis wir ihn an Bord nehmen konnten,mussten wir mit dem Hubschrauber zweimalin die Kampfzone fliegen; der Hubschrauberwurde beim ersten Mal zu starkbeschossen. Als der verwundete Marine beiuns im Hubschrauber lag, hielt er in dereinen Hand sein Kreuz,nahm meine Hand undsagte „Ich danke euchso sehr, dass ihr michda rausgeholt habt.“ Daswar ein besonderer Momentfür mich.<strong>Homeland</strong>: Wenn Sie zurückins Lager fliegen, anwas denken Sie dann?Sinclair: Wenn wir nacheiner erfolgreichen Missionzurück ins Campfliegen und wir wissen,dass wir eine große Rollegespielt haben, in derwir Menschenleben gerettethaben und letztendlichFamilien wiederzusammenführen, dannerfüllt uns das mit Stolzund Ehre. Wenn wir Patientenins Krankenhausfliegen und ein Feedbackerhalten, dass sie überlebthaben, ist dies dasgrößte und stärkste Gefühl,was man sich vorstellenkann.<strong>Homeland</strong>: Was ist das Besondere an einersolchen Mission?Sinclair: Team und Team-Spirit. Wenn direin geretteter Kamerad direkt in die Augenschaut, ist das ein besonderes Gefühl. Wirwissen, er sieht seine Familie wieder.<strong>Homeland</strong>: Herr Kulmai, welche Erfahrungmachen Sie hier vor Ort?Kulmai: Für mich ist es die erste Übung,die ich mir vor Ort anschaue. Ich möchtemir einen kompletten Überblick verschaffen,wie seitens der Bundeswehr, also untermilitärischen Bedingungen, gearbeitetwird. Schnittstellen sehe ich zu uns insbesondereim Bereich des Rettungsdienstes.Captain Sinclair, 214th Aviation Regiment, Landstuhl, ArmyMedEvac Company.Stephan Kulmai, Personalleiter Johanniter-Unfall-Hilfe,Landesverband Rheinland-Pfalz/Saar bei der Übung“Leuchtender Saphir”.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 27


Rettungskette„Rhino Serpent“Drei Nationen – Ein TeamTransport eines veletzten SoldatenÜber 400 US-amerikanische, britischeund deutsche Sanitäter waren inder Zeit vom 5. bis 20. September 2012auf dem Truppenübungsplatz Sennelagerim realistischen Einsatz. Die realitätsnaheDarstellung fand ihren Höhepunktauch im Mitwirken der britischenSchauspielgruppe vom Team TraumaFX.„Rhino Serpent“ ist ein weiteres Modulder internationalen Zusammenarbeit dieserdrei vorbezeichneten Nationen. Nachder Federführung der deutschen Kameradenbei „Blue Travel“ in Hamm 2011 undunserer US-amerikanischen Kameradenauf der Übung „Starlight Principal“ hieltennun unsere britischen Freunde das Zepterin der Hand. Die Leitung übernahm ColonelAshleigh Boreham von der 1. BritischenPanzerdivision.Ziel von „Rhino Serpent“ war es, eineschnelle und professionelle medizinischeBehandlung verletzter Soldaten durch dasbereits zum dritten Male aktive internationaleTeam. Bei „Rhino Serpent“ – ähnlichund daher aufbauend auf den vorherigenÜbungen – wird der verletze Soldatzunächst erstversorgt, indem deutsche undbritische Sanitäter die Erstversorgung betreibenund hierbei wichtige lebensrettendeMaßnahmen durchführen, um sodann denweiteren Transport mit der Black Hawkzum Field Hospital der US-Amerikaner sicherzustellen.Im Field Hospital, federführendbetrieben von der 212nd Combat SupportHospital, arbeiten die drei Nationenwieder Hand in Hand: Ärzte, Sanitäter, aktiveSoldaten sowie Reservisten arbeitenmit hochmodernem Equipment. Wenige Minutenbevor der verwundete Soldat im FieldHospital eintrifft, erhalten die helfendenHände Informationen über Art und Umfangder Verwundung. Den Rettern stehen zweiOP-Säle und 84 Betten zur Verfügung.Realistischer kann man nicht üben. DieAbläufe der beteiligten drei Nationen sindzwar ähnlich, aber eben nicht identisch.Es gilt, eben diese Schnittstellenproblemezu beseitigen. Ein weiterer Vorteil dieserÜbung war es, dass Erfahrungen von älterenan jüngere Kameraden weitergegebenwurden. Dies speist sich auch aus den Erfahrungenaus den Einsätzen. Diese Kameradenwerden durch derartige „reale“Übungen fit für den Einsatz gemacht. „RhinoSerpent“ ist der Garant für den Erfolgeines Einsatzes und insbesondere die herausragendeund hohe Qualität der medizinischenVersorgung eines jeden einzelnenKameraden, der sich sicher sein kann,28 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Rettungsketteimmer die bestmögliche medizinische Versorgungzu erhalten.Oberstarzt Dr. Becker: Für mich ist esganz wichtig zu sehen, wenn die jüngerenSoldaten zusammen üben. Wichtig ist hierbei,die Sprachbarriere einzureißen. Dennwir merken immer wieder, dass die sprachlicheBarriere auch eine Barriere im Handelndarstellt und diese können wir nur abbauen,indem wir an solchen Übungen teilnehmenund uns alle gemeinsam einbringen,ohne Angst zu haben, uns zu blamieren. Eswird also keine negative Kritik geübt, sondernes wird positiv verbessert und das istsehr schön. Wir arbeiten im Team und jederKamerad kann sich auf den anderen verlassen.Wir üben auch sensitiv: Dem Abtastendes Patienten kommt insbesondere in unseremBereich eine besondere Rolle zu: Patientenkommen meist schreiend hier herein.Genau das wird insbesondere mit demTeam von Trauma FX geübt. Die Schreiesind teilweise so laut, dass eine normaleKommunikation nichtmehr möglich ist; wirkönnen einen starkschreienden Patienten,der eine simulierteSchusswunde hat,nicht einfach befragen.Auch das wirdtrainiert.Captain Beckerman,212th CSH: „RhinoSerpent“ ermöglichtuns ein realitätsnahesÜben. Wir werdenmit ganz unterschiedlichOberstarzt Dr. Nolte, Captain Beckerman, Oberstarzt Dr. Becker(von links nach rechts) in einem OPverletzten Patienten konfrontiert undmüssen sie versorgen. Das sind z. B. Patienten,die Medikamente benötigen, oder Patienten,die psychisch labil sind und unsereUnterstützung brauchen – das ganze Spektruman Patienten, die wir in dieser Art vonKrankenhaus auch real treffen würden.Neu: Der Baxter PAINfusor KatheterOnline!DocCheck ® geschütztAlles les auf einen Klick verfügbar!r!Einfache und übersichtlicheProduktauswahl über denKonfiguratorwww.painfusor.deAlles über die Weltder Schmerztherapie imOnline ne MediacentererNutzen Sie unsere Online-Bestellmöglichkeit in unseremWeb-Shop für Medizinprodukte – ein Klick und los gehtdas Erlebnis auf unserer interaktiven Website.HCEB0057ELA0813/2013-08-L-A071Der Baxter PAINfusor Katheter wird im Rahmen der kathetergestützten Analgesie im Wundgebiet (SSCA) eingesetzt. Bei diesem Verfahren zur postoperativen Schmerztherapie werdenLokalanästhetika oder Analgetika durch den fenestrierten Katheter direkt in die Operationswunde appliziert. Dabei kann das Verfahren für sich allein oder im Rahmen eines multimodalenAnalgesie-Konzeptes angewendet werden. Erfahren Sie wie und wo Sie die Methode der kathetergestützten Analgesie im Wundgebiet in Kombination mit dem Baxter INfusor anwendenkönnen. Erlernen Sie auf unserer virtuellen Schulungsplattform die Möglichkeiten, die der Baxter PAINfusor Katheter und der Baxter INfusor für eine erfolgreicheSchmerztherapiebietenbieten.


Rettungsketteschneller Entscheidungen treffen. Wichtigist, dass wir permanent üben, sonst laufenwir Gefahr, dass uns die Realität einholt.Trauma FX: Realistischer kann mannicht übenAuch die Experten von Trauma FX warenbei der Übung „Rhino Serpent“ zugegen.Insgesamt bestand das Team aus neun Mitgliedern:zwei Make-up Artists und siebenso genannte „Trauma Casualty Amputees“.20 „Casualties“ (Verwundete) wurden täglichan fünf Übungstagen vorbereitet, eingespieltund wieder „abgeschminkt“.Linzi Foxcroft, Trauma FX, zuständig fürMake-up bei den Verwundetendarstellernund die realitätsnahe Darstellung von Verletzungen:Wir sind hier gut integriert undes macht Spaß, mit den unterschiedlichenEinheiten zu arbeiten. Ich bin sehr dankbar,dass wir Teil dieser großen Übung sindund unsere Expertise zur Verfügung stellenkönnen. Ich hoffe, unser Engagement stelltsicher, dass Verwundete und Wunden so realistischwie möglich sind.Verwundetendarsteller: Ich wurde miteiner Behinderung an meinen Füßen geboren.Ich freue mich, dass ich diesen Job ausübenkann. Sie haben mich nie gefragt, wasich nicht kann, sondern was ich kann.Linzi Foxcroft von Trauma FX (2. von links) mit ihrem Team und einem Verwundetendarsteller (liegend)bei der Vorbereitung auf den ÜbungseinsatzOberstarzt Dr. Nolte:Ich bin im Operationsbereicheingeteilt. Wirunterstützen mit unserenKräften mit zweiReservisten als Ärzteim operativen Bereichund im Notaufnahmebereich.Wir haben eineMedEvacKomponentevom Sanitätsregiment21 und 22, die mit denEngländern zusammenden AbtransportOperationssaal in einem Combat Support Hospital (CSH)der Verwundeten organisiert.Die größten Unterschiede im Vergleichzum zivilen „Leben“ sehe ich in derNotfallbehandlung, die hier gänzlich unteranderen Bedingungen abläuft; wir müssenmit den Ressourcen, die wir haben,arbeiten. Wir können Patienten nur bedingtverlegen. Wir haben keine Möglichkeit,Patienten abzuweisen oder in andereEinrichtungen zu verbringen. Wir müssenschnell und effizient handeln und wir habennur bedingt diagnostische und therapeutischeMöglichkeiten; da muss sehr häufigimprovisiert und auch die eine oder andereschulmedizinische Regel etwas andersausgelegt werden, um zum Ziel zu kommen;aber insbesondere darum geht es ja.Am Ende der Übung hat man zwar immernoch „Lücken“, die gehen aber durch nachhaltigesÜben gegen Null. Ich denke, mandarf nicht unterschätzen, dass diese Arbeit,die die Kameraden vor Ort in Afghanistan– oder wo auch immer – tätigen, ein richtigerKnochenjob ist. Da müssen wir nochVersorgung eines Verwundeten30 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


RettungsketteDem Einsatz verpfl ichtetVon A wie Auftragbis Z wie Zivil-Militärische ZusammenarbeitDas Kommando SanitätsdienstlicheEinsatzunterstützung übernimmt alsKernaufgabe die Leitfunktion für alleEinsätze mit Beteiligung des ZentralenSanitätsdienstes. Als truppendienstlichesFührungskommando sind demKommando alle Regimenter, das KommandoSchnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienstsowie die Versorgungs- undInstandsetzungszentren Sanitätsmaterialunterstellt. Neben der Aufgabe alsLeitkommando für die Einsatzkontingentedes Sanitätsdienstes der Bundeswehrist es für territoriale Aufgaben,für die Zivil-Militärische Zusammenarbeitsowie für nationale und internationalesanitätsdienstliche Übungsunterstützungzuständig. Die Aufstellung desKommandos erfolgte im Rahmen derNeuausrichtung der Bundeswehr am1. Januar 2013 in Weißenfels. <strong>Homeland</strong><strong>Security</strong> sprach mit GeneralstabsarztDr. Michael Tempel, Kommandeur desKommandos Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützungin Weißenfels.<strong>Homeland</strong>: Herr Dr. Tempel, Sie sind ausgebildeterFallschirmjägeroffizier. Wannhaben Sie festgestellt, zusätzlich Arzt werdenzu wollen?Dr. Tempel: Ich habe das nicht irgendwannfestgestellt, dass ich noch etwas anderesmachen wollte, sondern ich wollte bereitsin frühen Jahren – insbesondere nach meinemAbitur – Medizin studieren. Ich wusstedamals nicht, dass die Bundeswehr dieSanitätsoffizierslaufbahn anbietet. Ich binzunächst in die Bundeswehr eingetreten.Mein Abi-Schnitt war nicht herausragend;ich hatte eine Wartezeit von über einemJahr auf einen Studienplatz für das FachMedizin. So habe ich mich dazu entschlossen,die Zeit zu nutzen, um das militärischeHandwerk – insbesondere das des Offiziers– fundiert zu erlernen. Ganz bewusst bin ichzur Fallschirmjägertruppe gegangen. Daranschloss sich meine Sanitätsoffizieran-wärterlaufbahn an. Kurzum:Es war kein Zufall, sondernsorgfältig im Vorfeld von mirgeplant. Ich hatte vier JahreVordienstzeit als Truppenoffizier.Und diese rein militärischeAusbildung hat mirbis zum heutigen Tage sehrgut getan.<strong>Homeland</strong>: Was würden Sieeinem jungen Menschen raten,der Medizin studierenmöchte?Dr. Tempel: Ich kann mittlerweile auf 40Jahre Berufserfahrung zurückblicken. Ichpersönlich würde immer wieder diesen Berufergreifen; die Verbindung eines Medizinersmit der Führungsverantwortung undder damit einhergehenden Verpflichtungeines Offiziers ist eine spannende und sogleichverantwortungsvolle Kombination.Der Beruf ist fordernd und sicher nicht immereinfach. Aber wer sich mit dem dienendenAspekt für unseren Staat identifiziert,für den ist der Beruf eines Soldaten und insbesondereOffiziers und Arztes in Uniformsicherlich auch sehr zukunftsfähig und interessant.Und das ist es für mich bereitsseit 40 Jahren.<strong>Homeland</strong>: Ihr Kommando SanitätsdienstlicheEinsatzunterstützung hat mehrereKernaufgaben: Diese sind u. a. die Leitfunktionfür alle Einsätze mit Beteiligungdes Zentralen Sanitätsdienstes sowie auchdas Leitkommando für Einsatzkontingente.Was haben wir uns darunter vorzustellen?Dr. Tempel: Der genaue Begriff müssteeigentlich „Dauerleitkommando“ heißen,denn wir sind das gesamte Jahr über Leitkommando.Im Rahmen des Auftrages desZentralen Sanitätsdienstes im Bereich derinternationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigungleisten wir Beiträge zumultinationalen „Stand by Kräften“, wieDr. Michael Tempel im Gespräch mit Michael ZacherKommandoSanitätsdienstlicheEinsatzunterstützungDas Kommando SanitätsdienstlicheEinsatzunterstützungübernimmtals Kernaufgabedie Leitfunktion für alleEinsätze mit Beteiligungdes Zentralen Sanitätsdienstes.Als truppendienstlichesFührungskommandosind demKommando alle Regimenter,das KommandoSchnelle EinsatzkräfteSanitätsdienst sowiedie Versorgungs- undInstandsetzungszentrenSanitätsmaterial unterstellt.Neben der Aufgabeals Leitkommandofür die Einsatzkontingentedes Sanitätsdienstesder Bundeswehr istes für territoriale Aufgaben,für die Zivil-MilitärischeZusammenarbeitsowie für nationale undinternationale sanitätsdienstlicheÜbungsunterstützungzuständig.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 31


RettungsketteGeneralstabsarzt Dr. Tempel im Einsatz bei der Flutkatastrophe 2013 in Fischerdorf an der Donauz. B. Nato Response Force oder EU BattleGroup. Für die militärische Evakuierungstellen wir Kräfte bereit; das sind Evakuierungsoperationendeutscher Staatsbürgeraus dem Ausland. Hinzu kommen grundlegendesanitätsdienstliche Aufgaben, wiez. B. die Ausbildung von Kameradinnen undKameraden, die in den Einsatz gehen. Wirsind auch für die Nachbereitung eines Einsatzesverantwortlich. Hinzu kommen diePlanung der Einsatzbeteiligung sowie dieSicherstellung der personellen, organisatorischenund materiellen Einsatzbereitschaftund die Aufstellung und Verlegungdes jeweiligen Kontingentes: Die Verlegungführen wir natürlich nicht selbst durch,sondern wir sind Truppensteller. Wichtigist die Einsatznachbereitung und -auswertung.Das fasse ich als „Lessons learned“zusammen, um dann wieder – auf Grundder intensiven Nachbereitung – gestärkt inden nächsten Einsatz zu gehen.<strong>Homeland</strong>: Wie viele Ihrer Kameradinnenund Kameraden sind derzeit im Einsatz?Dr. Tempel: Derzeit befinden sich etwa550 Angehörige des Sanitätsdienstes derBundeswehr weltweit im Einsatz. Dergrößte Anteil befindet sich in Afghanistan,dann folgen Kosovo, Mali und dieMarineoperationen.<strong>Homeland</strong>: Ihr Kommando nimmt auchterritoriale Aufgaben wahr. Der BereichZivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ)ist ein Erfolgsmodell in Deutschland. Vielesehen den damaligen Einsatz der Bundeswehrim Rahmen der Sturmflut in Hamburgim Jahre 1962 als Keimzelle. Damalswurde in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar1962 die gesamte Deutsche Nordseeküstevon einer schweren Sturmflut getroffen.Überall brachen Deiche und Menschenfanden in den Fluten den Tod. Die TeilkonzeptionZMZ der Bundeswehr regelt alsGrundlagendokument die Zusammenarbeitim In- und Ausland. Sie spiegelt die verändertensicherheitspolitischen Rahmenbedingungenwieder, wie sie im Weißbuch derBundeswehr im Jahre 2006 zur deutschenSicherheitspolitik formuliert wurden. ZurWeiterentwicklung der ZMZ stehen Bundund Länder in regelmäßigem Erfahrungsaustausch.Das Bundesamt für Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfe (BBK)kooperiert eng mit der Bundeswehr, insbesondereim Bereich der Ausbildung, beiÜbungen und allgemeinen Fragen der ZMZ.An der Akademie für Krisenmanagement,Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)werden u. a. Soldaten im Aufgabenfeld ZMZfür die Kreis- und Bezirksverbindungskommandosausgebildet. Inwieweit arbeitet dasKommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützungmit dem BBK und der AKNZzusammen?Dr. Tempel: Grundsätzlich sind wir nachEinführung der neuen Struktur für den BereichZMZ für ganz Deutschland zuständig.Bei einer derartigen Katastrophe – insbesonderewie damals bei der Sturmflutkatastrophein Hamburg – müssen alle nationalenKräfte gebündelt werden; dies ist heute– in unserem Falle – natürlich subsidiär gegliedert.Bei derartigen Unterstützungsmaßnahmenplanen, steuern und überwachendie sanitätsdienstlichen Anteile dienationalen, territorialen Vorsorgeaufgabenim Bereich der Katastrophenhilfe – auchim Rahmen der Amtshilfe und sonstigenHilfsleistungen. Wir arbeiten eng mit denHilfsorganisationen und im Rahmen unsererZMZ-Stützpunkte eng mit den zuständigenBundes- und Landesbehörden zusammen.Die Zusammenarbeit mit der AKNZist eine Erfolgsgeschichte. Wir führen dortAus-, Fort- und Weiterbildungen durch.Know-how und Infrastruktur stimmen. Insbesonderewerden dort unsere Reservedienstleistendenauf ihre anspruchsvollenAufgaben im Rahmen von ZMZ vorbereitet.32 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Rettungskette<strong>Homeland</strong>: Wie bewerten Sie hier die Aufgabenund den Stellwert der Reservisten?Dr. Tempel: Ich möchte die Reservistenin besonderem Maße hervorheben. Die Bekämpfungder Flut in diesem Sommer wäresicher nicht so erfolgreich verlaufen, wenndiese Kameradinnen und Kameraden nichttatkräftig unterstützt hätten.<strong>Homeland</strong>: Ihr Kommando war hier starkeingebunden. Wie bewerten Sie diesenEinsatz?Dr. Tempel: <strong>Hier</strong> waren natürlich Kräfteaus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz.Der nördlichste Verband, der unsuntersteht, ist in Seeth in Schleswig-Holsteinstationiert und der Südlichste liegt inKempten im Allgäu. Alle Truppenteile warenauf die eine oder andere Art mit unterschiedlicherIntensität an der Bekämpfungder Hochwasserkatastrophe beteiligt. Eswar die erste Bewährungsprobe der neuenFührungsstruktur – einschließlich ZMZ –und auch die erste Teilhabe am territorialenNetzwerk. Wir haben das LagezentrumInland getestet, welches 24/7 am Netz war.Originär ist dieses nicht schichtfähig, aberes wurde schichtfähig entwickelt. Wir hattenin der heißen Phase der Flut bei derVerteidigung der Deiche 85 Sanitätstruppsim Einsatz und zur Spitzenzeit kurzfristig100. Seitens der Logistik haben wir ca.3.000 Feldbetten zur Verfügung gestellt.Das stetige aktuelle Lagebild, das die Reservistenin ihrer Funktion im Rahmen vonKVK und BVK (Kreisverbindungskommandosund Bezirksverbindungskommandos)uns zur Verfügung stellten, gewährleisteteden engen Schulterschluss zwischen denZivilbehörden und uns. Über alle Grenzenhinweg haben die Zahnräder der einzelnenHilfsorganisationen, der Polizei und derBundeswehr ineinandergegriffen.<strong>Homeland</strong>: Wie empfanden Ihre Soldatenden Einsatz?Dr. Tempel: Das war ein Realeinsatz. DieserEinsatz bedeutete sehr viel für die Motivationunserer Soldaten. Realeinsätzehaben nicht zwingend etwas mit Auslandseinsätzenzu tun. Insofern war dies ein Realeinsatzin unserer Heimat. Die Soldatinnenund Soldaten waren hoch motiviert. IchIm OPGeneralstabsarzt Dr. Tempel verschafft sich ein persönliches Lagebild.habe persönlich direkt am Deichjunge Soldatinnen und Soldateneiner Grundausbildungskompanieerlebt, die innerhalb von dreiWochen verstanden und auchverinnerlicht haben, warum sieden Soldatenberuf ergriffen haben.Mich hat das mit Stolz undFreude erfüllt. Die Bevölkerunghat sich über alle Altersgruppenund Landesgrenzen hinweg gegenüberder Bundeswehr und denHilfskräften so verbunden undfreundschaftlich gezeigt und unsrund um die Uhr versorgt. Gleichzeitigwar es auch der Testlauffür das Zusammenspiel zwischendem Fähigkeitskommando TerritorialeAufgaben der Bundeswehrin Berlin und uns. Wir haben gemeinsamviel gelernt, ohne dassLagekarte Flutkatastrophe 2013 (Teilausschnitt)Reibungsverluste auftraten. Daswar für beide Kommandos ein guter Startim Hinblick auf die Zusammenarbeit.<strong>Homeland</strong>: Wie stark ist der Lerneffekt?Dr. Tempel: Der Lerneffekt ist enorm. ZumTeil haben wir „unterschiedliche Sprachen“gesprochen, wie z. B. beim Funkverkehr,denn es wurden auch andere Funkfrequenzengenutzt. Da hat uns dieser Realeinsatzsicher deutlich weiter gebracht als es eineÜbung jemals vermag.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 33


Rettungskette<strong>Homeland</strong>: Fließt so etwas auch in die Zusammenarbeitmit der AKNZ ein?Dr. Tempel: Das wird es sicherlich. Wir habendort jedoch kein standardisiertes Verfahren.Die AKNZ kann Informationen undAuswertungen nutzen, die wir gewonnenhaben. Umgekehrt sind wir auch bemüht zuerfahren, welches Know-how diesbezüglichan der AKNZ zusammenfließt.Generalstabsarzt Dr. Tempel bei der Lageeinweisung<strong>Homeland</strong>: Und wie werden die gewonnenenErfahrungen weiterverarbeitet bzw.weitergegeben?Dr. Tempel: Zunächst stimmen wir uns innerhalbunseres Kommandos ab und wertenden Einsatz aus. Der Kommandeur desFähigkeitskommando Territoriale Aufgabenin Berlin, Generalmajor Hans-WernerWiermann, hat sehr zeitnah eine Auswertungmit allen Beteiligten in Berlin durchgeführt.Anhand dieser „Lessons learned“konnten wir erkennen, was hervorragendlief und was noch verbesserungswürdigist. Es werden keine Erfahrungsberichte inSchreibtischschublagen abgelegt, sondernpraxisnah umgesetzt.<strong>Homeland</strong>: Ab 2016 wird der Sanitätsdienstsieben statt der bisher neun ZMZ-Stützpunkte durch die Sanitätsregimenter,das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst(KSES) und das Sanitätslehrregimentstellen. Was ändert sich für dasKommando in Weißenfels?Dr. Tempel: Mit Übergang in die neueStruktur werden diese Stützpunkte reduziert.Das ist für uns eine Herausforderung,weil die Aufgaben in der Fläche teilweiseanders organisiert werden. Maßgeblichwird uns das in der nationalen territorialenZusammenarbeit nicht beeinflussen. Ich binmir sicher, dass die Zusammenarbeit auchin Zukunft sehr gut funktionieren wird.<strong>Homeland</strong>: Welche Aufgaben übernimmtIhr Kommando bei der internationalen sanitätsdienstlichenÜbungsunterstützung?Dr. Tempel: Für uns ist das weniger eineÜbungsunterstützung, sondern mehr eineÜbungsbeteiligung. Wir stellen dort Truppe,Volltruppe oder Rahmenpersonalund Führungselemente in den Übungennational, wo nur die eigenen Teile üben,aber insbesondere international, wo wir zusammenmit Partnern aus der NATO oderEU im Bereich des „Pooling and Sharing –Smart Defense“ üben.<strong>Homeland</strong>: Welcher Philosophie folgen dieseinternationalen Übungen?Gemeinsam stark: Dr. Tempel im Gespräch mit den polizeilichen EinsatzkräftenDr. Tempel: Zunächst ist es das Kennenlernender unterschiedlichen Führungsstrukturenund der jeweiligen Philosophien. Esist das Ziel, eine gemeinsame Sprache zulernen – und das meine ich sowohl im wörtlichenals auch im übertragenen Sinne,nämlich das Begreifen, Erlernen und Beherrschender unterschiedlichen Führungsstrukturenund Einsatzgrundsätze. Es34 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Rettungskettemuss zukünftig so sein, dass innerhalb derEU und der NATO verbündete Streitkräfteunser Material kennen, unsere Spracheund Einsatzsprache beherrschen; natürlichauch umgekehrt.<strong>Homeland</strong>: Bei der Übung „Rhino Serpent“im vergangenen Jahr in Sennelagerwar ein Team Trauma FX aus Großbritannienvor Ort, die u. a. mit echten Versehrtengearbeitet haben. Diese Schauspielerhaben Verwundete gespielt. Eine derartigeForm der Darstellung kommt dem realenEinsatz sehr nah. Ist es möglich, noch realitätsbezogenerzu üben?Dr. Tempel: Wenn die Engländer so üben,ist das sicher sehr realitätsbezogen. Dasentspricht aber nicht unseren Einsatzgrundsätzenund auch nicht zwingend unsererDenkweise. Meines Erachtens sindwir durchaus in der Lage, mittels ausgefeilterSchminktechnik, Moulagen undinsbesondere hochmoderner Simulationstechnik– Simulationspuppen – die jeweiligenÜbungssituationen – auch mit einerentsprechenden Geräuschkulisse und denentsprechenden Umweltbedingungen undStressfaktoren – derart darzustellen, dasswir nicht gezwungen sind, Kriegsversehrtein die jeweiligen Übungslagen einspielen zumüssen. Das entspricht nicht unserer Philosophie.Wir sind der Meinung, dass ein solchesÜbungsszenario auch in einer anderenForm dargestellt werden kann. Aber dashat jeder für sich zu entscheiden. Mir istdas gemeinsame Ziel der Zusammenarbeitmit den alliierten Freunden, mit NATO- undEU-Partnern, aber auch mit Nicht-NATOundEU-Partnern, wichtig. Unsere Maxime:Nicht wir sagen, was gut ist, sondern dieoptimale Versorgung deutscher Soldatinnenund Soldaten im Einsatz im Falle einerErkrankung, Verunfallung oder Verwundungsteht im Vordergrund. <strong>Hier</strong> darf derMaßstab nicht gesenkt werden; wir müssenkontinuierlich auf höchstem Niveau arbeiten.Das ist unser gemeinsames Ziel; sicherist es sehr anspruchsvoll und auch logistischaufwendig sowie sehr kostenintensiv.Wir sollten aber keine Kompromisse eingehen.Ich bin froh, dass die deutsche Politikdies genauso sieht.<strong>Homeland</strong>: Im letzten Jahr war es „RhinoSerpent“, dieses Jahr war es „Alpendreieck“.Was kommt danach?Dr. Tempel: „Alpendreieck“ war die ersteoffizielle tri-nationale Zusammenarbeit imkleinen Rahmen zwischen Deutschland, Österreichund der Schweiz. Wir waren hieralle sehr erfolgreich. In diesem Jahr werdenwir noch eine multinationale Übung in Budapestbegleiten. In Schweden wird durchuns die Übung „Northern Coast“ mit demKSES begleitet. Diese Übungen, die zweibisdreimal im Jahr stattfinden, sind sehrwichtig, weil sie zukunftsweisend sind.<strong>Homeland</strong>: Wo wird das Kommando SanitätsdienstlicheEinsatzunterstützung inden nächsten drei Jahren stehen?Dr. Tempel: Ich hoffe – und ich bin mir sicher– dass wir bis dahin die neue Strukturvollständig eingenommen haben unddie verbliebenen drei Regimenter reibungslos„ans Netz“ gegangen sind. Auch das Beziehender notwendigen neuen Infrastrukturmuss bis dahin abgeschlossen sein. Indiesem Zeitfenster werden wir das Lagezentrumso aufbauen, dass wir unserer dienendenFunktion vollumfänglich gerechtwerden und das auf höchstem Niveau fürunsere Soldatinnen und Soldaten.<strong>Homeland</strong>: Was wünschen Sie sich sowohldienstlich als auch privat für die Zukunft?Dr. Tempel: Für die Bundeswehr: Die Einnahmeder neuen Struktur ohne einen allzugroßen Spagat zwischen Mitteln und Auftrag,das Verschlanken einer Armee im Sinneeiner zielgerichteten Auftragserfüllung;dort sind wir auf einem guten Weg. Für denSanitätsdienst: Eine Weiterentwicklungund Implementierung auf hohem und professionellemNiveau – auch im internationalenVergleich und unter dem Dach einerdienenden Funktion des Sanitätsdiensteszum Wohle unserer Soldatinnen und Soldaten.Ich wünsche mir weiterhin eine Intensivierungder internationalen Zusammenarbeitund – mit Hinblick auf jeden einzelnenSoldaten – eine Stärkung der CorporateIdentity, sprich: des gemeinsamen Selbstverständnissesaller Kameradinnen undKameraden, unserer Reservisten und zivilenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zusammengefasst:eine Stärkung der CorporateIdentity aller Menschen, die ihren<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 35


RettungsketteDienst im Sanitätsdienst der Bundeswehrverrichten.<strong>Homeland</strong>: Und privat?Dr. Tempel: Ich habe noch ca. dreieinhalbDienstjahre vor mir. Mir macht mein Berufnach 40 Jahren immer noch sehr großenSpaß, sodass ich noch nicht konkret darübernachdenke, was danach passiert. Dienächsten Jahre werde ich noch in vollen Zügenbei und mit der Bundeswehr genießen.<strong>Homeland</strong>: Herr Dr. Tempel, wir bedankenuns für das interessante Gespräch.GeneralstabsarztDr. med. MichaelTempelJahrgang 1954; 1973 Eintrittin die Bundeswehrbeim Fallschirmjägerbataillon251, Calw, Ausbildungzum Fallschirmjägeroffizier;1977 bis1983 Studium der Humanmedizin als Sanitätsoffizieranwärter(SanOA) in Würzburgund Heidelberg; 1983 bis 1984 Assistenzarztim Bundeswehrkrankenhaus Wildbad;1984 bis 1985 Truppenarzt beim Fallschirmjägerbataillon252, Nagold; 1985 bis1986 Chef der AMF-Sanitätskompanie, 2./Sanitätslehrbataillon 851, München; 1986bis 1988 Teilnahme am 29. Generalstabslehrgangan der Führungsakademie derBundeswehr, Hamburg; 1988 bis 1989 Austauschoffizieran der Academy of HealthSciences, San Antonio, Texas; 1989 bis 1993Kommandeur Gebirgssanitätsbataillon 8,Kempten, während dieser Zeit von Januarbis Dezember 1991 zum Aufbau der SanitätsbrigadeOst in Perleberg, Brandenburg;1994 bis 1995 Referent BMVg InSan II 1,Bonn; 1995 bis 2000 Leitender SanitätsoffizierWBK VI/1. Gebirgsdivision, München;2000 Lehrgangsteilnehmer am NATODefense College, Rom; 2000 bis 2001 DivisionsarztKLK /4. Division, Regensburg;2001 bis 2002 Referatsleiter BMVg InSanII 4, Bonn; 2002 bis 2006 AbteilungsleiterI – Ausbildung/Weiterentwicklung Sanitätsdienst,SanABw, München; 2006 StellvertretenderKommandeur und Chef desStabes Sanitätskommando II, Diez; 2007Stellvertretender Kommandeur und KommandeurRegionale SanitätseinrichtungenSanitätskommando II, Diez; 2007 bis 2012Kommandeur Sanitätskommando III, Weißenfels;seit 2013 Kommandeur KommandoSanitätsdienstliche Einsatzunterstützung,Weißenfels.Auslandseinsätze: 1993 bis 1994 KommandeurGerman Field Hospital UNTAC,Phnom Penh, Kambodscha; 1995 KommandeurFeldlazarett UNPF, Trogir/Kroatien;1998 bis 1999 Medical Advisor im HQSFOR, Sarajevo/Bosnien-Herzegowina.Zivil-Militärische Zusammenarbeit im InlandDie Zivil-Militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr umfasst Maßnahmen, Kräfte und Mittel, welche dieBeziehungen zwischen Dienststellen der Bundeswehr auf der einen Seite und zivilen Behörden sowie der Zivilbevölkerungauf der anderen Seite regeln, unterstützen oder fördern. Diese Hilfeleistungen im Rahmender Amtshilfe können unterstützend zur Bewältigung der Folgen von Naturkatastrophen und schweren Unglücksfällenoder als Unterstützungsleistung zur Vorsorge angefordert und erbracht werden.Unterstützungsleistungen des SanitätsdienstesDie Kernfähigkeiten der ZMZ-Stützpunkte Sanitätsdienst sind der bodengebundene Verletztentransportund die medizinische Behandlung in mobilen Sanitätseinrichtungen auf Containerbasis. Diese Fähigkeitensind in den Einheiten bereits im Grundbetrieb verfügbar und werden bei Übungen der Zivil-MilitärischenZusammenarbeit regelmäßig mit zivilen Rettungskräften trainiert.Ansprechpartner bei den BehördenInnerhalb der Kreis- bzw. Bezirksverbindungskommandos nehmen beauftragte Sanitätsstabsoffiziere ZMZ/Inland und beauftrage Sanitätsfeldwebel ZMZ/Inland beratende Funktionen bei der Zivil-Militärischen Zusammenarbeitwahr. Diese Reservisten sind die Ansprechpartner des Sanitätsdienstes der Bundeswehr fürdie zivilen Behörden.36 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


KatastrophenhilfeGroßschadensereignisseSchnelle und umfassende Aufklärung entscheidendDer Feuerwehrmann steuert denQuadrokopter und kann mithilfeder Brille die Lage von obenbegutachten.Ob bei Massenkarambolagen, Großbrändenoder Zugunglücken – bei Unfällenund Katastrophen ist eine schnelleund umfassende Aufklärung entscheidend.Doch Faktoren wie Rauchbildung,extreme Temperaturen durch Brändeoder andere Gefahrenquellen erschwerenes Rettungskräften erheblich, sichden nötigen Überblick über die Situationzu verschaffen. Moderne Flugplattformenwie die der Firma Microdroneshaben sich in den vergangenen Jahrenin Katastrophenschutz- und Sicherheitseinsätzenals wertvolle Ergänzungetabliert. Ausgestattet mit einer hochauflösendenKamera sind die ferngesteuertenVTOL (Vertical Take Off andLanding) Quadrokopter im Ernstfallsofort einsatzbereit und liefern aus derLuft einen besonders guten Überblickin schwierigen Situationen. Das internationaleOptik- und OptoelektronikunternehmenZEISS unterstützt die Flugplattformender Firma Microdrones seit2012 mit der 3D-Multimediabrille cinemizerOLED. Das mobile Display bringtdie Bilder der fliegenden Kamera livevor die Augen der Rettungskräfte undermöglicht ihnen so einen besondersdetaillierten und intuitiven Blick ausder Vogelperspektive – auch in chaotischenund zeitsensiblen Situationen sowiebei blendendem Sonnenlicht undanderen störenden Lichtquellen.Die TechnikDie von Microdrones entwickelten VTOL-Plattformen md4-200 und ihr größeresSchwestermodell md4-1000 lassen sich manuellper Fernbedienung oder GPS-gestütztautomatisiert fliegen und sind für eine Vielzahlvon Einsatzgebieten konzipiert. BeideModelle wiegen nur wenige Kilogramm,verfügen über einen wetterbeständigenKohlefaser-Body und bieten eine Flugdauervon 35 bzw. 88 Minuten. Die Outdoorkapazitätender Quadrokopter werden vonMicrodrones regelmäßig unter Beweis gestellt.Erst im Juni hat der komplett ausgerüstetemd4-1000 als erste ferngesteuerteFlugplattform erfolgreich die Alpenüberquert. Vom Schweizer Hospental hatder Quadrokopter die Rekordstrecke vonmehr als 12 km über das Gotthardmassivbis ins Dorf Airolo im benachbartenKanton erfolgreich zurückgelegt. Höhenunterschiedevon mehr als 1.600 Metern,<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 37


KatastrophenhilfeDurch den Einsatz der cinemizer OLED fühlt man sich als wäre man der Pilot.starke Sonneneinstrahlung im Süden sowieSchnee im Norden machten den Flugzur Belastungsprobe für den Quadrokopter,die jedoch erfolgreich gemeistert wurde.Der während des Alpenflugs eingesetztecinemizer OLED sorgte auch bei starkerSonneneinstrahlung für ein durchweg optimalesBild. So konnte das MicrodronesTeam während der Alpenüberquerung jederzeitlive sehen, was die On-Board-Kameraeinfängt.Der cinemizer OLED beinhaltet sämtlicheoptische Elemente in einem leichtenKunststoffgehäuse. Bei der Entwicklungund dem Design der Brille zählten nebendem geringen Gewicht auch ein hohesMaß an Ergonomie – etwa hinsichtlich derDioptrieneinstellung und der patentiertenHinterohrmulden-Halter. Die Displaytechnologiebasiert auf selbstleuchtenden OrganischenLeuchtdioden (OLED) mit einer Displaydiagonalevon 0,4 Zoll (ca. 1 cm). Die imcinemizer OLED verbauten Displays zeichnensich durch eine sehr kleine Pixelgrößevon 10 μm sowie somit eine Pixeldichte von2540 pixel per inch (ppi) aus und bieten demTräger somit ein besonders klares, detailliertesund bis zum Rand scharfes Bild. DieMultimediabrille lässt sich mit zahlreichenVideoquellen verbinden, etwa per HDMI,Composite oder Apple iPod/iPhone Adapter.Kommt eine 3D-Kamera zum Einsatz, kannder Träger der Brille bei Bedarf per Knopfdruckin einen 3D-Modus umschalten.Im EinsatzZahlreiche Behörden und Einrichtungen inDeutschland und im Ausland setzen bereitsseit Jahren erfolgreich auf die MicrodronesFlugplattformen und die Multimediabrillecinemizer OLED: Die Landespolizei Sachsennutzt die größere Variante md4-1000etwa zur Sicherung von Fußballspielenund anderen Großveranstaltungen. Die vonder am Quadrokopter installierten Kameraübermittelten Bilder geben den Polizeibeamtenvor Ort einen besonders guten Überblicküber die Bewegungen der Menschenmengenim Ein- und Ausgangsbereich desjeweiligen Stadions. Ausschreitungen undGewaltexzesse durch Hooligans und Ultraslassen sich so frühzeitig erkennen unddurch gezielte Maßnahmen unterbinden,bevor die Situation zu eskalieren droht. BeiFußballbegegnungen zwischen Vereinenmit besonders auffälligen Ultraszenen habensich die Flugplattformen bei den sächsischenPolizeihundertschaften schnellzum zentralen Equipment entwickelt. DieQuadrokopter sind schnell und vollständigmobil einsetzbar und ermöglichen eineumfassende Aufklärung, ohne Beamte undStadionbesucher in unnötige Gefahr zu versetzen.Auch international sind die Vorteileferngesteuerter Flugplattformen bei Polizeieinsätzenbekannt: Die MicrodronesQuadrokopter gehören landesweit zur Standardausrüstungder chinesischen Polizeikräfte(Chinese Armed Police Force, CAPF)bei zahlreichen Einsätzen.Der Fire Service der zentralbritischenWest Midlands nutzt die Flugplattformenebenfalls seit Jahren für ein breites Spektrumvon Einsätzen in der gesamten Region.Als fester Bestandteil der modern ausgestattenFeuerwachen unterstützen dieQuadropter die Feuerwehr bei der Brandbekämpfung,Inspektionen von Feuerorten,dem Aufspüren toxischer Partikel in giftigenRauchwolken sowie Strahlungs- undGasmessungen. Gerade bei Feuerwehreinsätzenermöglichen ferngesteuerte Flugplattformeneine gefahrenlose und mitkonventionellen Mitteln nahezu unmöglicheAufklärung. Im Fall von Waldbrändenlassen sich etwa aus der Luft Brandherde,Ausbreitung und Ursachen schnell und zuverlässigidentifizieren. Im Rahmen schwerkontrollierbarer Katastrophen ist somit eingezieltes und effektives Vorgehen möglich.Das Satellitenbeobachtungsprogrammder Vereinten Nationen, UNOSAT, arbeitetseit Anfang 2012 ebenfalls mit mehrerenExemplaren der Plattform md4-200. Die38 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


RettungsketteQuadrokopter spielen seit ihrer Einführungunter anderem eine zentrale Rolle in denBereichen Katastrophenschutz- und vorsorge,Notfallmaßnahmen, Umweltverträglichkeitsprüfungenund der Erstellung vonBasisdaten für digitale Höhenmodelle. DieDurchführung der Luftaufnahmen und ihredirekte Verarbeitung sind seitdem vollständigmobil an jedem Einsatzort von UNOSATmöglich. Auch andere UN-Organisationenund Partner profitieren von der schnellenund unkomplizierten Einsatzfähigkeitder Flugplattformen und den so gewonnenDaten.Mit einer minimalen Geräuschentwicklungvon weniger als 68 dBA aus drei MeternEntfernung sind die Flugplattformenkaum hörbar und ermöglichen auch in sensiblenSituationen und Umgebungen einendiskreten und unauffälligen Einsatz. In vielenFällen bietet der cinemizer OLED nichtzuletzt durch seine hohe Mobilität einepraktische und vielfältige Ergänzung zurMicrodrones Lösung: Die beiden OLED Displaysbieten auch dann ein optimales Bild,wenn andere Displays an ihre Grenzen stoßen– etwa bei starker Sonneneinstrahlungund anderen Umwelteinflüssen. Durch dasDesign der Brille kann der Träger stets direktenBlickkontakt mit der Plattform halten.Gerade bei Großveranstaltungen mitvielen Menschen ist diese Art von Kontrollefür Behörden aus Sicherheitsgründenunerlässlich.AusblickDie ferngesteuerten VTOL-Flugplattformender Firma Microdrones sind aus der Ausrüstungzahlreicher nationaler und internationalerBehörden und Organisationen kaummehr wegzudenken. Ob Rettungseinsätze,Suchmaßnahmen, Aufklärung oder Inspektionen– die kombinierte Lösung aus Quadrokopterund ZEISS Multimediabrille bietetRettungskräften, Beamten und Mitarbeiternzahlreiche und bewährte Vorteile: Nebender hohen Mobilität, der flexiblen undschnellen Einsatzfähigkeit bietet die Lösungeinen optimalen Überblick in schwierigenSituationen – etwa Unfälle, Großbrände,Such- und Rettungseinsätze – der sichmit konventionellen Methoden kaum odergar nicht erreichen ließe.Der cinemizer OLED hat sich alsStandard Add-On zu den MicrodronesDer Quadrokopter fl iegt in das Einsatzgebiet.Flugplattformen erfolgreichetabliert. Das Potential des Zusammenspielsaus Quadrokopterund Multimediabrille istdabei noch lange nicht ausgeschöpft:Ein für den cinemizerOLED optimiertes On-Screen-Display (OSD) ist bereits inPlanung und soll künftig allewichtigen Daten wie Geschwindigkeitoder Flughöhe direktauf die beiden OLED-Displaysbringen. Langfristig soll dieMultimediabrille dazu beitragen,die Tragbarkeit und Mobilitätder microdrones Lösungenzu erhöhen. So könnten etwadie Einsatzmöglichkeiten in besondersmobilitätsabhängigenBereichen wie der Bergrettungverbessert werden. Der seit Anfang2013 erhältliche cinemizerHeadtracker könnte nachEinschätzung von Microdroneskünftig eine größere Rolle spielen:Der Headtracker lässt sichmit einem Klick an der Brillebefestigen und wird per USBvon jedem PC und Notebook sofortals Maus erkannt – FirstPerson View (FPV) Anwendungenoder auch Computerspielelassen sich so komplett übereinfache Kopfbewegungensteuern. In Verbindung mit denFlugplattformen von Microdroneskönnten die daran angebrachtenKameras 1:1 durchsimples Drehen und Neigen desKopfes frei bewegt werden undEinsatzkräften einen noch intuitiverenÜberblick aus derLuft in schwierigen Situationenerlauben.


SicherheitsforschungSchutz europäischerVerkehrsinfrastrukturenSichere Straße – sicherer VerkehrJakob Haardt, M.A.,Dipl.-Ing Eva Hamann,Samuel Rothenpieler, M.A.Brennender LKW unter einerBrücke in Hamburg am17.04.2010(Quelle: Bundespolizei)Für den Verkehr auf Straße und Schienesowie für den Luft- und Seeverkehrsind kritische Infrastrukturen oft diezentralen Knotenpunkte, ohne derenFunktionieren der Güter- und Personenverkehrerheblich beeinträchtigtwerden kann. Die Wichtigkeit funktionierenderund robuster Verkehrsnetzeund eben dieser Knotenpunktewird bei Betrachtung der steigendenGütertransportmengen von intra-europäischenTransportaktivitäten deutlich:So soll sich der Verkehr zwischenden Europäischen Mitgliedsstaatenbis 2020 verdoppeln [1]. Eine umsichtigeInfrastrukturentwicklung spieltdaher eine besondere Rolle in Europa.So nehmen Planung und Ausbau desTEN-T-Netzes (Trans-European Networksof Transport) zwischen 2010und 2030 550 Milliarden Euro in Anspruch[2]. Gerade im Hinblick auf terroristischeoder kriminelle Bedrohungen,Großunfälle oder immer intensiverwerdende Extremwetterereignisse undandere Naturgefahren spielt die Sicherheitdieser Infrastrukturen eine wichtigeRolle in der Planung neuer sowiebeim Betrieb bestehender Bauwerke.Mitte 2012 veröffentlichte die EuropäischeKommission das „Commission StaffWorking Document on Transport <strong>Security</strong>“[3], in dem ein erheblicher Handlungs- undForschungsbedarf zur Verbesserung derTransportsicherheit in Europa identifiziertwird. Im Hinblick auf steigende Verkehrszahlenund einen immer enger verzahnteneuropäischen Binnenmarkt werden intermodaleTransportnetze als besondersschutzwürdig erachtet. Zwar seien in denletzten Jahren die Sicherheitsvorkehrungenetwa im Luftverkehr enorm gestiegen. Hingegensei aber vor allem der Straßen- undSchienentransport deutlich vernachlässigtworden, welche als „offene“ Verkehrsträgergeringeren Sicherheitsbestimmungenunterliegen. Der entscheidende Teil derFrachtaktivitäten spielt sich aber weiterhinnoch auf Straße und Schiene ab (2010 mehrals > 88 Prozent für Inlandtransport) [4].Sicherheitsforschung für denStraßenverkehrUm die Resilienz 1 des Bereichs Straßezu stärken, hat sich seit 2007 ein1Unter Resilienz wird die Toleranz des Straßensystemsgegenüber Störungen verstanden(Widerstandsfähigkeit). Faktoren derResilienz bei Straßeninfrastrukturen sind:Resistenz, Zuverlässigkeit, Redundanz undReaktion/Erholung.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 41


Sicherheitsforschungwird untersucht, welche Materialzusammensetzungdie optimale Schutzwirkungbei Detonationen entfaltet und inwieweitsich durch die Kombination verschiedenerMaterialien die Bauteildicken reduzierenlassen. Die positive Wirkung dieser Sandwichschalewurde bereits durch zahlreicheSprengversuche an originalmaßstäblichenProbekörpern validiert (s. nachfolgendeAbbildungen).VorderseiteRückseiteStahlbetonplatte, 15 cm, nach Kontaktdetonation(Quelle: HOCHTIEF)die Gefährdung auf diese Weise frühzeitigabgewendet werden.Auch mittels organisatorischer Maßnahmenzur Unterstützung der BetriebsundEinsatzkräfte kann insbesondereder Nutzerschutz erhöht werden. So wirdempfohlen, auch für Brücken regelmäßiggemeinsame Großübungen mit BetriebsundEinsatzdiensten sowie spezielle Schulungenfür die Operatoren der Tunnelleitzentralendurchzuführen. Zurzeit werdeneinheitliche Kriterien zur Übermittlung vonLageinformationen erarbeitet, um den Ablaufder Krisenbewältigung zu optimieren.Im Rahmen dessen wird auch die Möglichkeituntersucht, Lagebilder aus einer Tunnelleitzentraledirekt zu Polizei und Feuerwehrzu übertragen. Abgerundet wird derinterdisziplinäre Ansatz der SKRIBT-Projektedurch Schulungsmaßnahmen für Nutzermittels Informationsbroschüren oderein spezielles Training zu richtigem Verhaltenin Tunneln.Implementierung in die PraxisVorderseiteRückseiteStahlbetonplatte, 15 cm mit Sandwichvorsatzschale,nach Kontaktdetonation (Quelle: HOCHTIEF)Zudem werden zahlreiche betrieblicheMaßnahmen, darunter neue Detektionstechnologienund Sicherheitsmanagementsysteme,entwickelt und näher untersucht.Beispielsweise erprobt die Firma SIEMENSam Münchener Tunnel Aubing die Videodetektionvon Gefahrguttafeln und die Infrarotdetektionüberhitzter Fahrzeugteile.Die Gefahrgutdetektion ermöglicht esdem Operator sowie den Einsatzdiensten,zielgerichtet auf die aktuell im Tunnelherrschende Gefahr zu reagieren undgefahrgutspezifische Löschmaßnahmenund -mittel einzusetzen. Darüber hinauskann die Einhaltung der Tunnelkategoriegemäß ADR [Europäisches Übereinkommenüber die internationale Beförderunggefährlicher Güter auf der Straße] 2 überwachtwerden. Auch die Infrarotdetektionist ein wichtiges Instrument zur Erhöhungder Sicherheit im Tunnel: Im Fall einer Detektionkönnen überhitzte Fahrzeuge an einerEinfahrt in den Tunnel gehindert undAufbauend auf den Ergebnissen der vorgenanntenProjekte wurde u. a. im ProjektSecMan (<strong>Security</strong> Manual for Risk ManagementProcesses) [7] ein nutzerfreundlichesHandbuch zur Identifizierung von kritischenStraßeninfrastrukturen erstellt. Dieentwickelte Methodik orientiert sich an denbereits vorhandenen Verfahren und reduziertbzw. vereinfacht die Ansätze, um einepraxisnahe Umsetzung der Projektergebnissezu gewährleisten. Aus diesem Grundwurde ein zweistufiges Verfahren entwickelt,welches sowohl eine erste Aussageüber potentiell kritische Straßenbauwerkeermöglicht als auch Methoden einer detailliertenAnalyse aufzeigt. Somit erlaubtdieses Handbuch dem Anwender eine semiquantitativeBewertung seiner Straßenbauwerkeund zeigt weitergehende Praktikenund Analysen auf.Für die Zukunft gilt, dass gerade im Bereichder zivilen Sicherheitsforschung diepraxisorientierte Umsetzung stärker in denVordergrund rücken muss. Die Entwicklungvon Handbüchern und Richtlinien, welchedie Forschungsergebnisse den realen Erfordernissenanpassen, kann hierbei ein Werkzeugzur Verknüpfung von Forschung undPraxis darstellen. Im Folgenden werdenweitere Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine2Verfahren zur Kategorisierung von Straßentunnelngemäß ADR 2007, Bundesanstaltfür Straßenwesen (2009).<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 43


SicherheitsforschungVisualisierung eines detektierten Fahrzeugsmit Temperaturprofi l (Quelle: SIEMENS)kohärente und praxisorientierteSicherheitsforschungsowie -politik erreicht werdenkönnte.ZukünftigeHerausforderungenWie können wir Verkehrsinfrastrukturenund die Mobilität von Güternund Personen in Zukunft noch besserschützen? Eine der größten Herausforderungliegt sicherlich nicht nur auf der technischen,sondern auch auf der politischenEbene, nämlich die Diskussion darüber,wie sicher unsere Infrastrukturen werdensollen und wie viel die Gesellschaft bereitist, in neue Sicherheitsmaßnahmen zuinvestieren.Eine weitere Herausforderung betrifftinsbesondere die Berücksichtigung multibzw.intermodaler Konzepte. Hintergrundhierbei ist, dass moderne Warenkettenmehr als einen oder zwei Verkehrsträgerbeanspruchen. Gewisse Sicherheitsstandardssollten für alle Verkehrsträger eingehaltenwerden. Der Vergleich von Tunnelnund Brücken im Straßen- oder Schienenverkehrsowie anderen Infrastrukturbauwerkenanderer Verkehrsträger stellt dieverantwortlichen Organisationen wie Regierungen,Länder oder aber Eigentümerund Betreiber vor die Frage, welche Teiledes intermodalen Verkehrsnetzes priorisiertwerden sollten. Eine effektivere Vernetzungder relevanten Akteure der jeweiligenTransportmodi würde den AustauschJakob Haardt, M.A., Studium der Europawissenschaftenund Sicherheitspolitik in Maastricht und Stockholm.Seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter an derBundesanstalt für Straßenwesen im Bereich „ZivileSicherheitsforschung“.Dipl.-Ing. Eva Hamann, Studium Bauingenieurwesenan der Universität Duisburg-Essen; seit 2010 wissenschaftlicheMitarbeiterin bei der Bundesanstaltfür Straßenwesen, Forschung im Bereich Tunnel- undGrundbau, Tunnelbetrieb, Zivile Sicherheit.Samuel Rothenpieler, M.A., Studium der Sozialwissenschaftenund Internationalen Beziehungen in Düsseldorf,Kopenhagen und Bremen. Seit 2011 Tätigkeitals wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bundesanstaltfür Straßenwesen im Bereich „Zivile Sicherheit“.von Erfahrungen bzw. Best Practices ermöglichen.Auch könnte die sich ergebendeProblematik der Verknüpfungspunkte zwischenden verschiedenen Verkehrsträgernhinsichtlich unterschiedlicher Gefahrenpriorisierungenund Aufgaben- bzw. Verantwortungsbereichenentschärft werden.Insbesondere aber die Identifizierungkritischer Infrastrukturen stellt weiterhineine komplexe Aufgabe dar. Derzeit gibt eskein Standardverfahren zur Bestimmungvon kritischen Verkehrsinfrastrukturen imeuropäischen Vergleich, welches von jedemMitgliedsstaat angewendet werden könnte.Zwar haben die Projekte SeRoN undSecMan hierzu einen ersten Beitrag geleistet,jedoch werden in Zukunft weitereEntwicklungen von Nöten sein. So wird dieFortschreibung der Directive 200/114/ECzur Identifizierung von Europäischen KritischenInfrastrukturen [8] mit Spannungerwartet.Insgesamt zeigt sich, dass im Bereichder zivilen Sicherheitsforschung im Transportsektorbereits viel erreicht wurde.Auch wenn dies durch einige Projekte bereitsvoran getrieben wird, ist eine bessereVerzahnung relevanter Akteure innerhalbder Forschungslandschaft sowie im Bezugauf Politik und Endanwender wünschenswert.Erst durch den Austausch über Länder-sowie Verkehrsträger-Grenzen hinwegkann ein kohärentes und umfassendes Sicherheitsniveaufür das Europäische Transportnetzerreicht werden.Literaturverzeichnis[1] European Commission (2012). EU Transport in fi gures, Statistical Pocketbook2012, Luxembourg: Publications Offi ce of the European Union, 2012, p.19, in: http://ec.europa.eu/transport/facts-fundings/statistics/doc/2012/pocketbook2012.pdf[2] European Commission (2011). Commission Staff Working Paper ImpactAssessment Accompanying document to the White Paper Roadmap to a SingleEuropean Transport Area, Brussels, SEC (2011) 358 fi nal, p 85, in: http://ec.europa.eu/transport/themes/strategies/doc/2011_white_paper/white_paper_2011_ia_full_en.pdf[3] European Commission (2012). EU Transport in fi gures, Statistical Pocketbook2012, Luxembourg: Publications Offi ce of the European Union, 2012, p.37, in: http://ec.europa.eu/transport/facts-fundings/statistics/doc/2012/pocketbook2012.pdf[4] European Commission (2012). Commission Staff Working Document onTransport <strong>Security</strong>, Brussels, SWD (2012) 143 fi nal, in: http://ec.europa.eu/transport/themes/security/doc/2012-05-31-swd-transport-security.pdf[5] Projekt SKRIBT (2012). Schutz Kritischer Brücken und Tunnel im Zuge vonStraßen. http://www.skribt.org/[6] EU FP7 Projekt SeRoN (2012). <strong>Security</strong> of Road Transport Networks.http://www.seron-project.eu/[7] EU CIPS Projekt SecMan (2012). <strong>Security</strong> Risk Management Processes forRoad Infrastructure. http://www.secman-project.eu/[8] Council Directive (2008). On the identifi cation and designation of Europeancritical infrastructures and the assessment of the need to improve theirprotection, Brussels, 2008/114/EC, OJ L 345/75, in: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:345:0075:0082:EN:PDF44 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Bevölkerungsschutz[\'yelp\]Der Ton macht die Musik und verdrängt die KelleDer Lichtexperte Hella stelltdie Qualität seiner Dachbalkenmodulebereits in der Entwicklungsphasemit verschiedenenTests sicher: von Vibrations- undmechanischer Schockprüfung inder Produktentstehung bis hin zuKlimatests wie Temperatur (hierabgebildet), Staub- und Feuchtigkeitstests.(Quelle: Dieter Göllner)Seit dem 1. August 2013 ist es rechtlichmöglich, dass die Polizei das so genannte„YELP“-Signal (Yelp, englisch:gellender Schrei) einsetzt. Ob sie davonGebrauch machen kann, obliegtder Entscheidung eines jeden einzelnenBundeslandes. Das neue Modul soll füreine gesteigerte Aufmerksamkeit sorgenund so einen sicheren Anhaltevorgangeines zu stoppenden Fahrzeugsgewährleisten. <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong>sprach mit Peter Wagner, Zielgruppenmanagerbei HELLA für den BereichSpezielle Erstausrüstung (Special OE)von Einsatzfahrzeugen, über die Entwicklungund die Einsatzmöglichkeitendieses neuen Moduls.<strong>Homeland</strong>: Herr Wagner, als Sie erfuhren,dass die deutsche Polizei mit einem USamerikanischenSound fährt, was habenSie da gedacht?Wagner: Grundsätzlich ist das Thema nichtneu für uns. Bereits seit mehreren Jahrenwird die Einführung eines neuen Soundsdiskutiert, um den Anhaltevorgang eines zustoppenden Fahrzeugs sicher zu gestalten.Aber eines ist klar: Da prallen zwei Weltenaufeinander. Denn wir verbinden mit demSound zwangsläufig auch die US-amerikanischeKultur – quasi wie im Kino oderFernsehen. Wir werden abwarten müssen,wie der neue Sound dann flächendeckenderals bisher in der Bevölkerung aufgenommenwird.<strong>Homeland</strong>: Bislang wollen sechs Bundesländerdiesen Sound einsetzen.Wagner: Ja, und es gibt Bundesländer, dieden Sound bereits in der Vergangenheit erprobthaben; mit durchaus positiven Reaktionen,insbesondere aus dem Bereich derNutzer. Interessant wäre es, zu erfahren,wie der nicht-uniformierte Verkehrsteilnehmerauf den Sound reagiert; kaum jemandist an diesen gewöhnt.<strong>Homeland</strong>: Was ist Ihrer Meinung nach derGrund für den Einsatz des neuen Sounds?Die Kelle soll ersetzt werdenWagner: Ausgangspunkt war der polizeilicheAnhaltevorgang. Ursprünglich wurdemit Hilfe der so genannten „Kelle“ angehalten.Voraussetzung hierfür war und ist es,<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 45


Bevölkerungsschutz<strong>Homeland</strong>: Eigentlich wäre es doch fürDeutschland bzw. Europa typisch gewesen,ein neues und eigenes Signal zu entwickeln?Wagner: Ja, korrekt. Insbesondere bei denSignalanlagen ist die rechtliche Situationzweigeteilt: So unterliegt das Licht immerEU-Richtlinien (ECE), aber der Ton ist eineländerspezifische Angelegenheit. Hättenwir für Deutschland ein neues Signal entwickelt,dann wäre es international nichteinsetzbar gewesen. Und: Wer spezifiziertden neuen Sound? Der Anfragesteller, dasLand Bayern, war damals ein Bundesland,aber wir haben 16 Bundesländer. Also rücktenbereits vorhandenen Signale in den Fokus,die sich von den bestehenden und inAnwendung befindlichen Signalen unterscheiden.Auch europaweit sollte es nicht zuVerwechslungen kommen. So hat man sichfür US-Signale entschieden. Das Signal,das letztlich vorgeschlagen wurde, ist dasso genannte „YELP“-Signal, das US-Kreuzungssignal.Des Weiteren gibt es noch US-Signale, wie z. B. „WAIL“-, „HIGH LOW“- sowie„AIRHORN“.<strong>Homeland</strong>: Wieso wurde dann das „YELP“-Signal ausgewählt?Während der mehrstündigen Funktionsprüfung der gesamten Anlage wechselt die Temperaturim Klimaschrank von - 40 °C bis zu + 50 °C. (Quelle: Dieter Göllner)LED-Optikmodule im Langzeittest vonmehreren Tausend Stunden(Quelle: Dieter Göllner)dass der Streifenwagen den anzuhaltendenVerkehrsteilnehmer überholt, um ihm danndas Kellensignal zu zeigen. Aber das Überholenist nicht immer möglich und birgt zusätzlicheRisiken. Die Frage war: Wie kanndas Anhalten eines Verkehrsteilnehmersfür die Einsatzkräfte sicherer gestaltet werden?Daraufhin hat HELLA die ersten Anhaltesignalgeberin der RTK 4 entwickelt.Damals gab es wortspezifische Anhaltesignalgeber.Das war ein reiner Signalgeberfür den Anhaltevorgang; nach vorne galt„STOP POLIZEI!“ und nach hinten „BITTEFOLGEN!“. Das hat aber das ursächlicheProblem nicht gelöst. Das Kommando„STOP POLIZEI!“ wurde nicht von jedemVerkehrsteilnehmer wahrgenommen. Wiealso auf den Anhaltesignalgeber besser aufmerksammachen? Ein rotes Blitzlicht solltehelfen. In die neuen Anlagen wurde einzusätzlicher LED-Flash integriert. Als diesereingeführt wurde, stellte man fest, dassdieser in einer Vielzahl der Fälle ausreichte,aber nicht in allen Fällen, z. B. dann,wenn laute Musik oder ein intensives Gesprächim Auto im Fokus der Aufmerksamkeitstand. Eine weitere Eskalationsstufeist notwendig. So wurde auf Wunsch einerPolizeibehörde ein zusätzliches akustischesSignal ergänzt. Das zuvor in einigen Fällenzusätzlich eingesetzte Blaulicht hatte dazugeführt, dass Verkehrsteilnehmer nichtanhielten, sondern stattdessen der PolizeiPlatz machten. Das war suboptimal. Alsowar ein neues akustisches Signal notwendig,das mit dem klassischen „Tatü Tata“nicht verwechselt werden konnte.Wagner: Die überwiegende Anzahl an Verkehrsunfällenbei Einsätzen entsteht durchden Querverkehr. Deswegen gibt es in denUSA dieses Kreuzungssignal, ein ansteigenderTon, der sich von den Charakteristikader anderen Signaltöne komplettunterscheidet.<strong>Homeland</strong>: Werden andere Bundesländerfolgen?Wagner: Das können wir nicht beantworten.Für HELLA ist diese Entscheidung nahezuunerheblich. Das Land Bayern starteteseinerzeit eine Anfrage, die positiv aufgenommenwurde. Allerdings ist die Idee fürmehrere Jahre nicht weiterverfolgt worden.Aktuell ist diese Initiative wieder aufgeflammtund jetzt obliegt es jedem Bundesland,das Signal einzuführen oder nicht.Der maßgebliche Zeitpunkt für uns war dieBeauftragung zu einer technischen Lösungdurch das erste Bundesland. Ob wir dieseLösung für ein Bundesland oder mehrere-länder entwickeln, macht für uns als Systemanbieterkeinen großen Unterschied.46 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Bevölkerungsschutz<strong>Homeland</strong>: Können Sie diese Neuerung mitIhrer aktuellen Anlage RTK 7 abdecken?Wagner: Wir haben diese direkt in die Entwicklungder RTK 7 eingepflegt. Ursprünglichhatten wir diese Neuerung bereits fürden Vorgänger, die RTK 6, entwickelt. Wirkonnten sie dann in das Modulbaukastenprogrammder RTK 7 einfließen lassen.Für uns ist es ein Feature aus dem Hardwareprogrammder RTK 7, aus 150 verschiedenenHardwaremodulen und einemvon 180 Softwarekonfigurationspunkten;eine von vielen Systemlösungen.gemäß der Reihenfolge „STOP – Polizei“ –Fahrer bemerkt dieses Signal nicht – RoterBlitz – Fahrer bemerkt dieses Signal auchnicht – „YELP“-Signal. Konkret bedeutetdies: Um den „YELP“-Sound nutzen zu dürfen,müssen die roten LED vorhanden sein;das ist gesetzlich vorgeschrieben. Diese<strong>Homeland</strong>: Wie wirkt sich hierbei der Föderalismusaus?Wagner: Die RTK 6 ist vor vier Jahren ausgelaufen.Diese war in 450 katalogmäßigenVersionen erhältlich; hinzu kamen noch ca.300 Individuallösungen. Die RTK 6 war in750 Artikelvarianten verfügbar. Nach vierJahren im Einsatz ist die RTK 7 bereits inder 500. Version. So können wir uns durchausvorstellen, mit der RTK 7 noch in denvierstelligen Bereich vorzustoßen. Übrigens,eine RTK 7 wird auch in einer Stückzahlvon einem Stück gebaut.<strong>Homeland</strong>: Wie wird das Signal erstellt?Wagner: Das Signal entspricht einer US-Spezifikation, die für den US-Markt erstelltworden ist. <strong>Hier</strong>zu gibt es eine technischeVorschrift, aus der hervorgeht, welchesSignal in welcher Wellenlänge und Frequenzin welcher Form abgestrahlt werdenmuss. Anhand dieser Vorschrift entwickelnunsere Elektroniker das Signal mit der entsprechendenHard- und Software. <strong>Hier</strong>zugibt es verfügbare Dateien, so genanntewav-Dateien (Audiodaten). Diese Dateienwerden dann entsprechend an die Charakteristikader Lautsprecheranlage angepasst.Das Grundsignal ist also technischbeschrieben.<strong>Homeland</strong>: Kann ich eine bestehende Anlageentsprechend nachrüsten?Wagner: Grundsätzlich ja. <strong>Hier</strong>bei muss jedochdie verbaute Anlage beachtet werden.Wenn also der „YELP“-Ton ergänzt werdensoll, muss der „Rote Blitz“ bereits in der bestehendenAnlage integriert sein; immerPrüfi ngenieure diskutieren Ergebnisse des Langzeit-Klimatests direkt am Gerät.(Quelle: Dieter Göllner)können entweder in Kombination mit demFernblitz eingesetzt werden oder – wennder Fernblitz nicht gewünscht ist, weil eskein Fahrzeug der Autobahnpolizei ist – einzelnals Modul. Ist die Anlage bereits derartbestückt, dass das Blitzmodul mangelsPlatz nicht eingebaut werden kann, dannbieten wir einer Landespolizeibehörde auchfür ihre Bestandsanlagen an, gemeinsamzu überlegen, welches der bestehenden Moduleentfernt werden könnte, um den Blitzstattdessen einzubauen. So gibt es für jedeAnlage eine Lösung.<strong>Homeland</strong>: Was ist denn mit den andereneuropäischen Staaten?Wagner: Die Interessenlage im europäischenAusland weicht von der deutschenInteressenslage ab. Im Ausland sind anderetechnische Features im Fokus, diein Deutschland auf Grund unseres Datenschutzesnicht möglich sind. Stichwort„Vollautomatische Kameraüberwachung“.Spanien und Belgien interessieren sich fürsolche Systeme; Frankreich investiert bereitssehr stark in diese. <strong>Hier</strong> sind vollautomatischeKamerasysteme z. B. seit drei Jahrenim Einsatz; Spanien und Belgien wollennachziehen.<strong>Homeland</strong>: Vielen Dank für das Gespräch.<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 47


MesstechnikInterference and DirectionJürgen Gehrig,Narda Safety Test SolutionsAnalyzer IDA-3106Verfahren zur schnellen und systematischen Erfassungund geographischen Lokalisierung von Hochfrequenzsignalenin unbekannter Umgebung mittels IDA-3106Funksender bergen Hinweiseauf Gefahr oder helfen beiKommunikation und Rettung.IDA-3106 liefert dienotwendigen technischenInformationen.Diese Application Note beschreibt eineMethode der Nutzung des neuen HandheldReceivers IDA-3106 mit Spektrum-Management und Ortungsfunktionenintegriert im Gerät, die sich besondersfür die Verwendung im Rahmen der besonderenAufgaben von Spezialeinsatzkräfteneignet. Ein Anwendungsszenarioist das schnelle und systematischeErkennen von unerwünschter oder unerlaubterKommunikation im Feldeinsatzund deren Unterbindung durchtaktische Maßnahmen, zum Beispielaktives Stören. Ein weiteres Szenarioist die Unterstützung der Bekämpfungvon kriminellen oder paramilitärischenAktionen und die Festsetzungder Beteiligten durch eine unauffälligetaktische Lokalisierung der verwendetenKommunikationsgeräte.EinleitungBeim Aufbau flexibler militärischer Feldstrukturenist die Kenntnis der Ereignisseim Hochfrequenz (RF) – Spektrum vonhöchster Bedeutung. Es geht zum einenum eine möglichst umfassende Kenntnisder Kommunikation auf der Feindseite mitdem Ziel diesen zu eliminieren, aber auchum die Erfassung der Kommunikation vonbefreundeten Einheiten bei internationalenEinsätzen mit dem Ziel sich nicht gegenseitigzu stören. Mit dem vorgeschlagenenVerfahren ist es möglich, sowohl einzelneals auch mehrere Sender zu erkennen, zu48 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Messtechnikanalysieren und zu lokalisieren. Die hierzunotwendigen vorbereitenden Maßnahmen,die systematische Abarbeitung im Feld unddie anschließende Interpretation der Ergebnissesind hier beschrieben. Das Verfahrenergänzt bestehende stationäre undmobile Systeme durch eine portable Lösungfür den einzelnen Soldaten, mit demVorteil der Einsatzmöglichkeit auch in unzugänglicherUmgebung oder getarnt. ImRahmen dieser Aufgaben sind Geschwindigkeit,Flexibilität und Mobilität wesentlicheGrundanforderungen. Am Beispiel derUmgebung des Stuttgarter Flughafens wirdhier beschrieben, wie eine zunächst unbekannteUmgebung in fünf systematischenSchritten erfasst wird.Schritt 1: Analyse des SpektrumsDer erste Schritt besteht aus der Aufnahmedes tatsächlich genutzten Spektrums.<strong>Hier</strong>zu werden herkömmliche Einstellgrößendes Spektrum Analysers angepasst unddas Spektrum für den durch seine GPS-Koordinatenbestimmten Standort mittelsScreenshot im Gerät festgehalten. Abbildung2 zeigt als Beispiel das Spektrum desöffentlichen FM-Rundfunkbandes und desoberhalb im Spektrum angesiedelten Flugfunk-Bereichs.Ein zunächst unbekannterSender im Flugfunkband bei 116.875 MHzist mit dem Marker markiert.Abbildung 1: Stuttgarter Flughafen – Auf Grund des vielfach belegten Frequenzspektrumswurde diese Umgebung als Beispiel gewählt.systematisch in einer Tabelle zusammengefasst,der „Transmitter Table“ (Beispiel Tabelle1).Frequency Service86.475 MHz Fire Brigade112,500 MHz Unknown T007116,875 MHz Unknown T008118,800 MHz Aircraft Radio Tower 1119,050 MHz Aircraft Radio Tower 2126.125 MHz Automatic TransmitterIdentification System (ATIS)136.825 MHz Stuttgart Deicing148.290 MHz Bus Service Station Stuttgart154.290 MHz Technical ServicesTabelle 1: Transmitter Table erstellt für die Umgebung desStuttgarter FlughafensIm IDA-3106 werden die ausgewählten Senderbzw. Dienste, deren Eigenschaften undStandorte genauer interessieren, als TransmitterTabelle gespeichert und in der BetriebsartSpektrum durch Einfärbung hervorgehoben(Abbildung 3).Abbildung 2: Tatsächliche Belegung des Bandes für FM-Radiound Flugfunk und der Markierung eines zunächst unbekanntenSignals bei 118.875 MHzSchritt 2: Erstellung der TransmitterTable (Sendertabelle)Ausgehend von der Übersichtsmessungin Schritt 1, werden unter Zuhilfenahmeder Marker-Funktionen des IDA alle interessierendenund verdächtigen SenderAbbildung 3: Hervorgehobene Einträge der Transmitter Tabelle,die für eine weitere detaillierte Untersuchung bereitstehen<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 49


MesstechnikDie aufgenommenen Sender werden einernach dem anderen analysiert wie im folgendenSchritt 3 beschrieben.Schritt 3: SenderklassifizierungDie detaillierte Charakterisierung oderKlassifizierung der Sender erfolgt z. B.durch analoge FM, AM, LSB, USB Demodulationund Mithören im Audio-Band. Fürden zunächst unbekannten Sender T008kann ein erfahrener Hörer den Morse Codeder Buchstabenkombination STG (für Stuttgart)heraushören. Wenn man einen höherenZoomfaktor wählt, erkennt man einenHauptträger bei 116.850 MHz mit Nebenträgernim Abstand von 1020 kHz. Detailsder Klassifizierung können durch eine Zeitbereichsanalysedieses Trägers ermitteltwerden. Mit der Oszilloskop-Funktion (BetriebsartScope Mode) wird das Signal alsder VOR (VHF Omnidirectional Range) Navigationssenderdes Flughafens dokumentiert.Siehe auch Literaturstelle [3], [4] undAbbildungen 4 und 5.Schritt 4: SenderlokalisierungDie Lokalisierung mehrerer verdächtigerSignale erfolgt systematisch durch das Abarbeitender in der Transmitter Tabelle eingetragenenSender.Abbildung 6: Prinzipielle Darstellung der Kreuzpeilungenmehrerer Sender, die alle auf unterschiedlichenFrequenzen arbeiten.Abbildung 6 zeigt mittels einer prinzipiellenDarstellung die notwendigen Peilungen fürmehrere Sender, die auf verschiedenen Frequenzenarbeiten. Um alle Positionen undSender von Interesse abzuarbeiten, wirdauf dem Gerät ein „Lokalisierungsprojekt“eröffnet, welches erst wieder geschlossen(gespeichert) wird, nachdem alle erforderlichenPeilungen durchgeführt sind. DasMessergebnis kann jederzeit durch Öffnendes Lokalisierungsprojekts um weitere Peilungenergänzt werden.Abbildung 4: Verdächtiger Sender T008 bei 116.850 MHzdargestellt mit hoher Frequenzaufl ösung zeigt typischeSeitenlinien einer Amplitudenmodulation.Abbildung 7: Peilung von T008 in nördliche Richtung vomdurch GPS des IDA-3106 bestimmten Standort südlichder Landebahn unter Nutzung von Horizontal Scan.Abbildung 5: In der Darstellung des zeitlichen Verlaufs derSeitenlinie von T008 ist eine sich alle 7.5 Sekundenwiederholende Morsekennung der Buchstaben STG sichtbar.Nach Vergleich mit Angaben der ICAO Luftfahrtkarte [3]ist der Sender als VOR (VHF Omnidirectional Range)Navigationsdienst identifi ziert.Abbildung 7 zeigt eine einzelne Richtungspeilungdes Senders T008 im Polardiagrammals Ergebnis eines Horizontal Scan.Es sei angemerkt, dass das abgebildete360°-Diagramm eine nahezu ideale Situationabbildet. In vielen Fällen verursachenMehrwegeausbreitung und doppelte Belegungder Frequenzkanäle Störungen einer50 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Messtechnikgenauen Lokalisierung was aber sofort imPolardiagramm sichtbar würde.Abbildung 8: Kreuzpeilung auf 116.850 MHz, VOR (VHFOmni-directional Range) Sender, mit der Kennung STGAbbildung 8 zeigt die Geräteanzeige derKreuzpeilung des Senders T008 mit Fcenter= 116.850 MHz. Er ist nun geographischals der nördlich der Landebahn gelegeneVOR-Sender identifiziert.Schritt 5: RF-Senderlandkarteschnell und fundiert für Anwendungenim taktischenBereich oder für ähnlicheAufgaben erstellt werdenkann. Die suspekten Signalesind technisch analysiert,klassifiziert und geografischerfasst. Taktische Maßnahmenkönnen nun ergriffenwerden, wie z. B. die Zuweisungeigener Kommunikationskanäleoder das gezielteStören von unerlaubtenSendern. Das beschriebeneKonzept des IDA-3106 ist benanntals „Smart DF“ undkombiniert in intelligenterWeise Technologien, die allewesentlichen Anforderungenhinsichtlich Geschwindigkeit,Flexibilität und Mobilitäterfüllen.Abbildung 9: Durchführung eines Horizontal Scanmit IDA-3106 zur Peilung eines SendersWenn alle Peilungen für alle Frequenzenvon Interesse, an allen ausgewählten Positionen,abgespeichert sind, wird das „Lokalisierungsprojekt“auf dem Gerät geschlossenund alle gefundenen Senderstandortewerden auf einer vom Gerät angezeigtenRF-Senderlandkarte dargestellt. Für denjeweils markierten Sender werden Name,Mittenfrequenz und GPS-Koordinatenangegeben.Abbildung 10: RF-Senderlandkartemit der Lokalisierung aller interessierendenSender bzw. SignaleOptionale Vorbereitungsmaßnahmenmittels Multi-Channel TabellenZu Beginn eines Radio Monitoring Projekteskann es sinnvoll sein, den IDA-3106 mitden bekannten Dienste-Tabellen des interessierendenFrequenzbereichs vorzubelegen.Diese Dienste sind oft national oderinternational normiert und können unterZuhilfenahme öffentlich zugänglicher Quellen(Internet) recherchiert werden und alsMulti-Channel Tabellen auf das Gerät geladenwerden (Tabelle 2). Eine derartige Konfigurationerleichtert die Zuordnung einesausgewählten Senders zum zugeordnetenDienst.Frequency Band Service67 ÷ 68 MHz Television68 ÷ 88 MHz 4-m Land Mobile Radio88 ÷ 108 MHz FM Radio108 ÷ 136 MHz Aircraft Radio Navigation144 ÷ 174 MHz 2-m Band174 ÷ 230 MHz Television Band III230 ÷ 400 MHz Aircraft Radio Communication430 ÷ 440 MHz 70 cm Band Amateur Radio440 ÷ 470 MHz 70 cm Band Land Mobile, PMR470 ÷ 790 MHz Television Band IV / V864 ÷ 868 MHz Short Range Services858 ÷ 887 MHz Cordless PhonesTabelle 2: Typische Frequenztabellennationaler und internationalerFunkdiensteSchlussfolgerungenIn dem beschriebenen Beispiel wurde demonstriert,dass eine RF-SenderlandkarteLiteraturverzeichnis[1] “Handbook Spectrum Monitoring”, ITU 2011[2] “Interference and Direction Analyzer”, Broschüre Narda 2012[3] “Aeronautical Chart ICAO 1:500000 Stuttgart 2011 (NO 47/6)”, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH[4] “VHF Omnidirectional Range (VOR)”, Wikipedia<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 51


Aktion Deutschland HilftGemeinsam schneller helfenDanke für Ihre Hilfe!Die Hochwasserkatastrophe hat in Deutschland enorme Schäden verursacht.Jetzt ist das Wasser weg – unsere Hilfe aber bleibt. Nach der akuten Phase der Nothilfe helfen unsere Bündnispartnerden Menschen nun beim Wiederaufbau. Ihre Spende macht das möglich - dafür danken wir Ihnen sehr!Charity-SMS: Senden Sie ADH an 81190 (5€*)Mehr zur Hochwasser-Hilfe unter: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de52 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Organisierte KriminalitätGaunerzinkenHeike BarnitzkeSo bleibt man unter sichSuchbild: Haustür in Berlin – hier könntesich ein Zinken verstecken.Es braucht ein geschultes Auge, umeinen Zinken von einem Tag zu unterscheiden.Eine alte Tradition wird neu belebt: Immerhäufiger erscheinen so genannteGaunerzinken an Haustüren und -wänden,an Türstöcken, Straßenschildern,an Klingelschildern und Gartenpfosten,in den Großstädten ebenso wie aufkleinen Dörfern. Regelmäßig gehenWarnungen von Behörden und Versicherungenan Hausbesitzer aus, dieseZeichen so schnell wie möglich zu entfernen.Denn es könnten Hinweise sein,dass Einbrecher unterwegs sind. In Zeitenvon Mobiltelefon, SMS und Internetscheint diese archaisch anmutendeForm der Kommunikation eine Renaissancezu erleben. Doch was sind eigentlichZinken? Wer hat sie seit wann wofürverwendet?Das Wort Zinken oder Zink bezeichnetdie geheime Verständigung durch Laute,Gestik oder Mimik, vor allem aber durchgrafische Zeichen, die von Angehörigen des„fahrenden Volks“ benutzt und möglichstnur von ihnen verstanden wurden. Seit dem12., spätestens im 13. Jahrhundert ist dasRotwelsch in Deutschland feststellbar, dieGeheimsprache der Nichtsesshaften. UmMissverständnisse zu vermeiden, mussman betonen, dass der Begriff „Rotwelsch“eine historische Konstruktion ist, die dieGesamtheit verschiedenster Geheimsprachenumfasst. Eine gemeinsame Gaunersprachehat es nie gegeben.Dieses Rotwelsch entwickelte nebenzahlreichen Spezialausdrücken auchZeichen verschiedener Art. Alles dientedazu, die Absichten ihrer Benutzer vorDieses kleine unscheinbare Kreuz aneinem Berliner Klingelschild könnte eineMarkierung von Einbrechern sein.Außenstehenden zu verbergen, erfüllte aberauch den Zweck, sich von den Sesshaftenabzugrenzen und die Identität der eigenenGruppe zu stabilisieren. Zinken waren lautlich,mimisch oder gestisch. Mit dem Imitierenvon Tierlauten verständigte man sichüber Entfernungen oder in der Dunkelheit.Anhand von Grimassen, z. B. dem „Scheinlingszwack“,bei dem ein Auge geschlossenwurde, das andere leicht schielte, erkanntensich Gleichgesinnte. „Jadzinken“, auchGrifflingszinken genannt, benutzten daseinhändige Fingeralphabet, mit dem mansich selbst vor dem Richter noch heimlichverständigen konnte. Auch wurden Wörterin die Luft geschrieben oder bei völligerDunkelheit in einer Zelle z. B. in die Handdes „Gesprächspartners“. Die größte Gruppeder Zinken waren jedoch die grafischenZinken, von denen noch ausführlicher dieRede sein wird.Der Ausdruck Zinken selbst erschienerst im 18. Jahrhundert, und zwar in Zusammensetzungenwie Zinkenplatz (wo sichDiebe treffen), Zinken stechen (Zeichen geben),abzinken (kennzeichnen), Zinkfleppe,der Ausdruck für Steckbrief, oder abgezinktsein (erwischt, erkannt worden sein).Kluges Etymologisches Wörterbuch derDeutschen Sprache gibt die Herkunft desWortes aus dem althochdeutschen „zinko“,die Spitze oder der Zacken, an. Andere leitenes vom lateinischen „signum“, das Zeichen,ab.Wer waren die Benutzer dieser Geheimsprache,die „Sprecher“? Es handelte sichum eine Bevölkerungsgruppe, die ständig<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 53


Organisierte KriminalitätBissiger Hund! <strong>Hier</strong> gibt es Geld <strong>Hier</strong> gibt es nichtsLeute rufen Polizei Alleinstehende Person Kein Mann im Hausemit Repressionen zu rechnen hatte. Zu dieser„standlosen“ Bevölkerung zählten Verbrecherund Kleingauner, aber auch Bettlerund Hausierer, Fahrende, Landstreicheroder Kesselflicker. In der bürgerlichen Gesellschaft,die sich seit dem späten 18. Jahrhundertentwickelte, bildeten sie einen„standlosen Stand“, der von Seiten der sesshaftenBevölkerung stets misstrauisch beobachtetwurde.Die fahrenden Leute entwickelten ihreArt des Informationsaustausches, z. B. ineiner Form von Wandzeitung, in der NachfolgendenInformationen mitgeteilt wurden,die keineswegs krimineller Art seinmussten. Solche grafischen Zinken wurdenmit Kreide, Kohle oder Rötel gezeichnetoder direkt in den jeweiligen Untergrundeingeritzt. Sie waren vornehmlich anOrten zu finden, die von vielen möglichenAdressaten aufgesucht wurden: auf Toilettenin Wirtshäusern, Herbergen oder späterBahnhöfen, an Ortseingängen und -ausgängen,an Kirchen- und Klostermauern.Mitteilungszinken informierten über kriminelleAktivitäten, günstige Gelegenheitenzum Betteln, darüber, wo es kostenloseMahlzeiten oder Schlafplätze geben könnte.Erkennungszinken ermöglichten es, bestimmtefahrende Leute zu identifizieren.Ein falscher „Wandergeselle“ zum Beispielwurde schnell entlarvt, wenn er die entsprechendenZeichen nicht beherrschte.Richtungs- oder Wegweiserzinken teiltenmit, in welche Richtung einzelne Personenoder Gruppen weitergezogen waren. EineSondergruppe der Mitteilungszinken warendie Bettlerzinken. Sie gaben Auskunftdarüber, ob man als Bettler fromm oderzudringlich auftreten sollte, ob nur Frauenoder womöglich ein Polizeibeamter dasHaus bewohnten oder ob eine Mahlzeit nurgegen Arbeit zu bekommen war.Echte Gaunerzinken bildeten die größteGruppe der Mitteilungszinken. Komplizenkonnten damit angeworben werden,Nachrichten über Verhaftungen, Flucht,Geständnisse oder Verrat wurden verbreitet,ebenso Informationen über geplanteStraftaten und mehr oder weniger geeignetelokale Verhältnisse. Erkennungszinkenbezeichneten Familien und Einzelpersonenund hatten für ihre Träger einen hohen Stellenwert.Bewusste Nachahmungen galtenals schwere Kränkung und wurden entsprechendgeahndet. Solche Zinken hatten häufigÄhnlichkeit mit Wappen und bestandenaus Tierdarstellungen und geometrischenFiguren, oft ausgeschmückt mit Ornamenten.Richtungs- oder Wegweiserzinken54 | <strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013


Organisierte Kriminalitätwurden vornehmlich an Weggabelungenangebracht, auf Steinen, an Bäumen oderauf dem Boden. Sie wurden in den Sandgeschrieben, im Winter in den Schnee. EinPfeil gab die Richtung an, ein Datum denTag der Abreise, lange oder kurze Strichebezeichneten Männer und Frauen, kleineKreise oder andere Symbole stellten Kinderund Tiere dar. Wer sich auskannte, fürden ergaben sich in Kombination mit einemErkennungszinken sehr präzise Informationen.Die ersten bekannten grafischenZinken waren übrigens so genannteMordbrennerzinken.Woher man das weiß? Beinahe so altwie das „Rotwelsch“ sind die Bemühungender Strafverfolger, diese Geheimsprache zuverstehen und darüber aufzuklären. Der„Liber Vagatorum“ erschien 1510 erstmalsin Pforzheim und basierte auf dem „BaslerRathsmandat wider die Gilen und Lamen“,das wiederum 1450 verfasst wurde. Der„Liber“ war eine anschauliche Bildsammlungvon Bettlertypen und ihren verschiedenenTechniken, die dazu gedacht war, dieeinfachen Menschen, die nicht lesen konnten,zu informieren und zu warnen. AuchGaunerzinken waren schon „entlarvt“, alsim Jahre 1556 alle Stadtwachen in Württembergdie Order erhielten, auf auffälligeFremde zu achten und insbesondere jedesZeichen an Toren und Wänden unverzüglichzu entfernen. 1755 schließlich erschienerstmals in Frankfurt am Main eine ganze„Rotwelsche Grammatik“. Sie wurde einechter Bestseller, der insbesondere Reisendein den Stand versetzen sollte, Gaunergesprächein Wirtshäusern zu belauschen undentsprechende Vorsichtsmaßnahmen zutreffen. Die „Rotwelsche Grammatik“ enthältneben allen bekannten Ausdrücken übrigensauch eine Aufstellung von etwa 340bekannten Gaunerzinken.Was in einer vorbürgerlichen Gesellschaftals Kommunikation innerhalb desfahrenden Volkes gut funktionierte, erwiessich in den Städten als umso nützlicher,je größer und übersichtlicher diese wurden.Hans Gross (1847–1915), ein Begründerder Kriminalistik, gab 1893 in seinem„Handbuch für Untersuchungsrichter“ einelesenswerte Übersicht über die Entschlüsselungder Gaunerzinken. Noch bis zumErsten Weltkrieg waren Zinken recht weitverbreitet. Ob es daran lag, dass die Weltund die Gesellschaft sich änderte. Oder obes daran lag, dass die Zeichen inzwischenso vereinfacht wurden, dass sie alles andereals geheim waren – sie verschwandenlangsam und gerieten in Vergessenheit.Und nun tauchen sie wieder auf – andeutschen Haustüren und sogar in China:2007 veröffentlichte die Polizei von Chengdu,der Hauptstadt der Provinz Sichuan,eine Liste mit 17 Gaunerzinken, die eine eklatanteÄhnlichkeit aufweisen mit historischeneuropäischen Varianten. Ein erstaunlicherKulturexport: Da zeigen vier Kreisereiche Beute an, eine Wellenlinie warntvor einem bissigen Hund. In China nehmenWohnungseinbrüche massiv zu. Das ist eineFolge der zunehmenden Vereinzelung inden Großstädten, wo die Menschen aus dentraditionellen Hofsiedlungen in anonymeHochhäuser ziehen.<strong>Hier</strong> gibt es Geld Alte Leute Schnell abhauen!<strong>Homeland</strong> <strong>Security</strong> 2013 | 55


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