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Peter Bauer, Peter Schlapp - Frankfurt / Main, TheaterGrueneSosse

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Osaka war unser Ziel, das Bühnenbild bereits<br />

verschifft und in unseren Köpfen die Vorstellung<br />

von den undurchschaubaren Japanern, höfl ich,<br />

freundlich, diszipliniert und ernst. Ernst, das war die<br />

größte Sorge, doch zu unserer Erleichterung fi ng das<br />

Publikum während des Theaterstücks „Strandläufer“<br />

schon bald an zu lachen. Da war das mit den Hunden.<br />

Erwachsene Männer bellen, schnüffeln, jaulen und<br />

springen herum wie ein Haufen Straßenköter. Ein<br />

Junge konnte gar nicht mehr aufhören mit Lachen<br />

und seine Freude war so spürbar und herzerweichend<br />

wunderbar, dass der ganze Saal<br />

bald mitlachte.<br />

Sonst lachen die Erwachsenen in<br />

Japan nicht so viel, sie arbeiten<br />

viel, eine Hauptarbeit und einen<br />

Nebenjob, mindestens. So sind<br />

sie meistens müde. Aber der<br />

Schlaf lässt sich in öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln leicht wieder<br />

aufholen. Das Nahverkehrsystem<br />

ist nahezu perfekt, es ist sicher<br />

und vor allem ist es pünktlich,<br />

auf die Sekunde möchte ich<br />

sagen. Eben für müde Menschen<br />

gemacht, aber dazu später mehr.<br />

In unserer Vorstellung schläft<br />

keiner, dazu ist die Stimmung zu gut, bei John Lee<br />

Hooker und unserer Fingergymnastik kommt Freude<br />

auf und der Spaß endet auch nicht, als wir uns<br />

ausziehen, was uns sehr beruhigt. Weiß man‘s vorher?!<br />

Aber zurück zum Nahverkehr: Die Wege sind<br />

organisiert, man geht zügig, rennt aber nicht.<br />

Überall sind Blindenschrift und Bodenmarkierungen<br />

angebracht, jede Möglichkeit zum Stolpern ist farblich<br />

gekennzeichnet und vor der Einfahrt<br />

in eine Station weist eine freundliche Stimme auf die<br />

Gefahren des Ein- und Aussteigens hin. Manchmal<br />

spielt auch eine Melodie und ihr Crescendo kündigt<br />

in Japan Kishiwada, Osaka, Naruto, Suita, Himeji<br />

den herannahenden Zug an, um bei seinem<br />

Stillstand nach einem musikalischen Höhepunkt zu<br />

verstummen. Aber nur kurz, der nächste Zug kommt<br />

sofort, ist voll und pünktlich. Die Fahrgäste stellen<br />

sich in Doppelreihen an, drängeln nicht und wer<br />

kann setzt sich. Steigt an der nächsten Station ein<br />

altes Mütterlein ein, kann allerdings niemand für sie<br />

aufstehen, denn erstens ist das unüblich und zweitens<br />

sind bereits alle eingeschlafen.<br />

Ohne diesen Schlaf wäre die arbeitende Bevölkerung<br />

vermutlich erledigt, oder unpünktlich, was wohl<br />

eine nationale Katastrophe<br />

bedeuten würde. So, als der<br />

Hochgeschwindigkeitszug<br />

Shinkanzen einmal 43 Minuten<br />

Verspätung hatte! 43 echte<br />

Minuten! Während unseres<br />

gesamten Aufenthaltes in Japan<br />

ist es uns nicht einmal gelungen<br />

einen japanischen Busfahrer,<br />

unsere LKW-Fahrerin, einen der<br />

weißbehandschuhten Zugführer<br />

oder gar unsere wunderbare<br />

Programm-Assistentin, auch nur<br />

bei einer einzigen Minus-Minute<br />

zu erwischen. So wurde denn<br />

dieses blamable Ereignis auch<br />

anderntags medial verbreitet und stand landesweit<br />

auf der ersten Seite aller Zeitungen.<br />

Aber zurück zum Theater und dem Schlaf. Bei<br />

uns schläft immer noch keiner und nach dem,<br />

für japanische Verhältnisse überdurchschnittlich<br />

langen Applaus, bauen wir ab, laden auf und fahren<br />

mit dem Überlandbus 2 Stunden zurück nach<br />

Osaka. Inzwischen haben wir uns nicht nur beim<br />

Essen, Begrüßen und Biertrinken den Landessitten<br />

angepasst, sondern auch beim Busfahren: Anstellen,<br />

Einsteigen, Hinsetzen, Einschlafen! Sigi<br />

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