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Peter Bauer, Peter Schlapp - Frankfurt / Main, TheaterGrueneSosse

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30<br />

Köln, Budapest, Fellbach, <strong>Frankfurt</strong>, Marburg, Duisburg, Wolfsburg, Brackenheim, Schwaigern,<br />

Der Anfang eines Frühlings während des<br />

Wintermärchens<br />

Wir sitzen auf einer Holzbank in einer kleinen Küche<br />

und ich beuge mich über einen winzigen Papierstreifen,<br />

der eine wichtige Botschaft verbirgt. Es ist noch zu<br />

früh. Wir müssen ein paar Minuten warten. Wir<br />

trinken Wasser. Ich rauche – gegen besseres Wissen<br />

– eine Zigarette.<br />

Ich bin mit meinem Freund Paul in der Wohnung von<br />

Sigi.<br />

Der Wohnungsinhaber selber ist nicht da. Er hat vor<br />

ein paar Monaten sein Herz an eine gewisse Doro<br />

verloren – eine tolle Frau, von der ich hoffe, dass sie<br />

ihm viel Licht und frischen Wind bringen wird. Sigi<br />

kommt heute Abend wahrscheinlich nicht nach Hause.<br />

Gut!<br />

Eine Minute verstreicht. Es ist eine gemütliche<br />

Wohnung. Ich habe ein phantasieloses Zimmer, in<br />

dem ich mich richtig wohl fühle, und Sigi ist ein guter<br />

Mitbewohner. Ich erzähle Paul von dem Eurodeutsch,<br />

dass ich – trotz meiner leidenschaftlichen Versuche,<br />

gut Deutsch zu sprechen - jeden Tag aufs Neue erfi nde.<br />

Sigi schreibt meine Kapriolen und Versprecher in ein<br />

Büchlein. Es würde mich nicht wundern, wenn es<br />

anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Deutsch-<br />

Niederländischen Jugendtheater Freundschaft<br />

gedruckt erscheint! Das Buch sollte unbedingt<br />

„Rahmenbeschützung“ heißen. (Mein Versuch, das<br />

Wort Gardine zu beschreiben.)<br />

Wieder verstreicht eine Minute. Ich erzähle Paul über<br />

die Proben zu Wintermärchen. Wir proben seit drei<br />

Wochen. Die Arbeit macht Spaß und ich fange an, ein<br />

gutes Bild von Willy, Sigi und Detlef zu bekommen.<br />

Aber ich mache mir auch Sorgen. Ist der Text jetzt<br />

gut oder ist er immer noch zu oberfl ächlich? Bin ich<br />

zu nachlässig, was Bühnenbild und Musik betrifft?<br />

Gehe ich auf die richtige Art mit meinen beiden<br />

Schauspielerinnen um? Ich frage mich, ob ich nicht<br />

viel zu besessen Theater machen will und dadurch die<br />

Leichtigkeit aus dem Auge verliere. Später wird man<br />

sagen: „Ja, ja Silvia. Pass auf! Wir kennen das. Du bist<br />

immer auf der Suche nach dem großen Drama auf der<br />

Bühne.“<br />

Wahrscheinlich stimmt das. An diesem Abend ganz<br />

sicher, obwohl es diesmal nicht um ein Schauspiel<br />

geht und jetzt allem Anschein nach ein großes Drama<br />

in meinem Privatleben seinen Lauf nehmen wird.<br />

Die Minuten sind nun verstrichen, es ist soweit. Wir<br />

schauen, erschrecken, lesen die Gebrauchsanweisung<br />

noch einmal. Oh mein Gott, wir sind schwanger. Wir<br />

sind glücklich.<br />

Da, in der kleinen Küche in <strong>Frankfurt</strong>, weit weg<br />

von Amsterdam, fängt etwas ganz Neues an für<br />

mich, für uns. Als der werdende Papa Paul ein paar<br />

Tage später wieder in die Niederlande zurückkehrt,<br />

tausche ich ihn für drei „Papas mit Erfahrung“ ein.<br />

Ich darf nichts mehr heben, muss mich vorsehen beim<br />

Treppenlaufen, gesunde Säfte werden für mich geholt,<br />

Vitamine, Folsäure. Ja, sie waren ach so lieb und ach<br />

so fürsorglich damals … und sie wären es wieder.<br />

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, ob meine<br />

Schwangerschaft einen positiven oder negativen<br />

Einfl uss auf die Vorstellung oder unsere<br />

Zusammenarbeit hatte. Aber ganz gewiss werde ich<br />

immer mit viel Liebe an „die 3 Männer“ denken.<br />

Mike ist jetzt achteinhalb. Ich würde ihn gern mal<br />

mitnehmen zur Gruenen Sosse. Und dann werde<br />

ich sagen: „Schau mal Mike, das sind die Leute,<br />

wegen denen Mama so gern zu der Gruppe mit dem<br />

komischen Namen will. Es sind ganz besondere<br />

Leute, musst du wissen. Aber das wirst du schon selbst<br />

schnell genug merken.“<br />

Dag dag lieve mannen,<br />

Silvia Andringa.

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