Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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265 266 267 §52 Aufsichtsrat trollbeteiligung sein“. Die Liste ist exemplarisch. Sie entspricht nicht bewährter deutscher Konzernpraxis 1 . Sie ist auch im Übrigen wenig überzeugend. Zulässig ist daher, dass vormalige Vorsitzende der Geschäftsführung zum Aufsichtsratsmitglied bestellt und dann zum Vorsitzenden gewählt werden 2 . Dafür spricht seine bisherige Erfahrung, dagegen, dass er auch seine frühere Tätigkeit kontrollieren soll 3 . bb) Vertragliche Wählbarkeitsvoraussetzungen Der Gesellschaftsvertrag kann über die gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen hinaus für Aufsichtsratsmitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats weitere Eignungsvoraussetzungen aufstellen, z.B. eine bestimmte Familienzugehörigkeit, ein bestimmtes Alter, eine fachliche Qualifikation4 , die Arbeitnehmereigenschaft oder eine bestimmte Nationalität. b) Der mitbestimmte Aufsichtsrat aa) Für den Aufsichtsrat nach DrittelbG und für den Aufsichtsrat nach MitbestG gelten die gesetzlichen Beschränkungen der §§ 100, 105 AktG für die Gesellschaftervertreter und für die Arbeitnehmervertreter in gleicher Weise. Für den Aufsichtsrat nach MitbestG sind die §§ 100, 105 AktG jedoch nur mit der Maßgabe anwendbar, dass die Wählbarkeit eines Prokuristen als Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer nur ausgeschlossen ist, wenn dieser dem zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organ unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Organs ermächtig ist, § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG5 . Für den Aufsichtsrat nach DrittelbG gilt diese Einschränkung nicht6 . Neben die gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen nach § 100 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 sowie § 105 AktG (s. Rdnr. 256) tritt die Begrenzung auf höchstens zehn Aufsichtsratsmandate, § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG 7 , und das Verbot der Überkreuzverflechtung, § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG. Für die Höchstzahl der Mandate werden bis zu fünf Aufsichtsratssitze in abhängigen Konzernunternehmen, § 100 Abs. 2, und Mitgliedschaften in fakultativen Aufsichtsräten, § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG, nicht mitgezählt. Dagegen werden bei der Überkreuzverflechtung Mitgliedschaften in einem fakultativen Aufsichtsrat angerechnet 8 . 1 Nagel, NZG 2007, 166; Lutter, ZHR 171 (2007), 371. 2 LG München, AG 2005, 623. 3 Krit. etwa Schiessl, AG 2002, 598. 4 S. dazu Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdnr. 310 S. 317. 5 Stein, AG 1983, 49; s. auch Martens, in: FS Hilger/Stumpf, 1983, S. 437, 464. 6 Dietz/Richardi, § 76 BetrVG 1952 Rdnr. 76. 7 Prinz, Juden im Deutschen Wirtschaftsleben 1850–1914, 1984, S. 183: „Carl Fürstenberg saß noch im Alter von 80 Jahren in 44 Aufsichtsräten“. 8 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 177, 280; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 100 Rdnr. 22; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rdnr. 46; a.A.: Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 100 Anm. 6. 3088 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 bb) Zusätzliche gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach DrittelbG ergeben sich aus § 4 DrittelbG und durch die Verweisungsvorschriften aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 100 Abs. 3 AktG. Der Gesellschaftsvertrag kann insoweit weder Einschränkungen noch weitere persönliche Voraussetzungen vorsehen (§ 100 Abs. 3 und Abs. 4 AktG). Da es sich um echte Wählbarkeitsvoraussetzungen handelt, müssen sie im Zeitpunkt der Wahl vorliegen, ansonsten ist die Wahl entsprechend § 250 Abs. 1 Nr. 4 und § 251 AktG nichtig 1 . Eine nachträgliche Heilung ist nicht möglich 2 . Der nachträgliche Wegfall einer Eignungsvoraussetzung der Arbeitnehmervertreter (z.B. die Arbeitnehmereigenschaft nach Kündigung) führt automatisch zum Amtsverlust 3 . Ist die Arbeitnehmereigenschaft Wählbarkeitsvoraussetzung, so dürfte die lösende Aussperrung nicht zum Verlust des Aufsichtsratsmandats führen. Für den Aufsichtsrat nach MitbestG ergeben sich zusätzliche gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter aus §§ 6, 7 Abs. 2 bis 4 MitbestG. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat stellt aber kein Wahlhindernis dar 4 . cc) Für die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter im mitbestimmten Aufsichtsrat kann der Gesellschaftsvertrag wie beim fakultativen Aufsichtsrat weitere persönliche Eignungsvoraussetzungen aufstellen. Für die Arbeitnehmervertreter ist dies nicht zulässig. c) Nachträglicher Wegfall von Wählbarkeitsvoraussetzungen Fällt nachträglich eine satzungsmäßige Voraussetzung für die Amtsfähigkeit weg, so erlischt das Amt nur, wenn dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht. Im anderen Fall ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied zur Amtsniederlegung verpflichtet. Zugleich haben die Gesellschafter bei Wegfall einer Dauervoraussetzung die Möglichkeit zur Abberufung. Außerdem ist die Wahl entsprechend § 251 AktG anfechtbar. Beim Wegfall zwingender gesetzlicher Wählbarkeitsvoraussetzungen, z.B. beim Wegfall der Geschäftsfähigkeit, verliert ein Aufsichtsratsmitglied automatisch seine Organstellung. Für § 105 AktG gilt der Prioritätsgrundsatz. Wird ein Aufsichtsratsmitglied zum Geschäftsführer bestellt, so verliert er hierdurch 1 Vgl. Dietz/Richardi, § 76 BetrVG 1952 Rdnr. 119. 2 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG Rdnr. 54. 3 Vgl. Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 184 (nicht aber, wenn dem Aufsichtsrat mehr als zwei Arbeitnehmer angehören); Oetker, in: ErfKomm., 7. Aufl. 2007, § 12 DrittelbG Rdnr. 12; s. aber auch LAG Hamburg, DB 2000, 1770: Keine Beendigung bei Eintritt in die Freizeitphase der Altersteilzeit mit Blockarbeitszeit sowie dazu Windbichler, SAE 2001, 207. 4 A.A.: Reuter, AcP 179 (1979), 564 f.; Reuter, ZfA 1982, 467; wie hier: Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 7 MitbestG Rdnr. 47. Uwe H. Schneider | 3089 268 269 270 271 272 273

Aufsichtsrat §52<br />

bb) Zusätzliche gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen für die Arbeitnehmervertreter<br />

im Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG ergeben sich aus § 4 <strong>Dr</strong>ittelbG<br />

und durch die Verweisungsvorschriften aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 100<br />

Abs. 3 AktG. Der Gesellschaftsvertrag kann insoweit weder Einschränkungen<br />

noch weitere persönliche Voraussetzungen vorsehen (§ 100 Abs. 3 und Abs. 4<br />

AktG).<br />

Da es sich um echte Wählbarkeitsvoraussetzungen handelt, müssen sie im<br />

Zeitpunkt der Wahl vorliegen, ansonsten ist die Wahl entsprechend § 250<br />

Abs. 1 Nr. 4 und § 251 AktG nichtig 1 . Eine nachträgliche Heilung ist nicht<br />

möglich 2 . Der nachträgliche Wegfall einer Eignungsvoraussetzung der Arbeitnehmervertreter<br />

(z.B. die Arbeitnehmereigenschaft nach Kündigung) führt automatisch<br />

zum Amtsverlust 3 . Ist die Arbeitnehmereigenschaft Wählbarkeitsvoraussetzung,<br />

so dürfte die lösende Aussperrung nicht zum Verlust des Aufsichtsratsmandats<br />

führen.<br />

Für den Aufsichtsrat nach MitbestG ergeben sich zusätzliche gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen<br />

für die Arbeitnehmervertreter aus §§ 6, 7 Abs. 2 bis 4<br />

MitbestG. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat stellt aber kein Wahlhindernis<br />

dar 4 .<br />

cc) Für die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter im mitbestimmten Aufsichtsrat<br />

kann der Gesellschaftsvertrag wie beim fakultativen Aufsichtsrat weitere<br />

persönliche Eignungsvoraussetzungen aufstellen. Für die Arbeitnehmervertreter<br />

ist dies nicht zulässig.<br />

c) Nachträglicher Wegfall von Wählbarkeitsvoraussetzungen<br />

Fällt nachträglich eine satzungsmäßige Voraussetzung für die Amtsfähigkeit<br />

weg, so erlischt das Amt nur, wenn dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht. Im<br />

anderen Fall ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied zur Amtsniederlegung<br />

verpflichtet. Zugleich haben die Gesellschafter bei Wegfall einer Dauervoraussetzung<br />

die Möglichkeit zur Abberufung. Außerdem ist die Wahl entsprechend<br />

§ 251 AktG anfechtbar.<br />

Beim Wegfall zwingender gesetzlicher Wählbarkeitsvoraussetzungen, z.B. beim<br />

Wegfall der Geschäftsfähigkeit, verliert ein Aufsichtsratsmitglied automatisch<br />

seine Organstellung. Für § 105 AktG gilt der Prioritätsgrundsatz. Wird ein<br />

Aufsichtsratsmitglied zum Geschäftsführer bestellt, so verliert er hierdurch<br />

1 Vgl. Dietz/Richardi, § 76 BetrVG 1952 Rdnr. 119.<br />

2 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 6 MitbestG<br />

Rdnr. 54.<br />

3 Vgl. Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 184 (nicht aber, wenn dem Aufsichtsrat mehr<br />

als zwei Arbeitnehmer angehören); Oetker, in: ErfKomm., 7. Aufl. 2007, § 12 <strong>Dr</strong>ittelbG<br />

Rdnr. 12; s. aber auch LAG Hamburg, DB 2000, 1770: Keine Beendigung bei Eintritt in<br />

die Freizeitphase der Altersteilzeit mit Blockarbeitszeit sowie dazu Windbichler, SAE<br />

2001, 207.<br />

4 A.A.: Reuter, AcP 179 (1979), 564 f.; Reuter, ZfA 1982, 467; wie hier: Henssler, in:<br />

Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 7 MitbestG Rdnr. 47.<br />

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