Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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251 252 253 254 §52 Aufsichtsrat der Aufsichtsrat nach MitbestG zusammengesetzt, so folgt vielmehr aus § 24 Abs. 1 MitbestG, dass die Wahl eines Arbeitnehmervertreters auch dann nichtig ist, wenn ihm die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und nach § 7 Abs. 2 und 3 MitbestG fehlen. Wenn ein Aufsichtsratsmitglied nach § 24 Abs. 1 MitbestG schon bei nachträglichem Verlust der Wählbarkeit sein Amt verliert, so muss wohl erst recht die Wahl nichtig sein, wenn die Wählbarkeitsvoraussetzungen von Anfang an fehlen 1 . Die Anfechtung der Wahl von Arbeitnehmervertretern ist in § 22 MitbestG geregelt. c) Für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats ist § 250 AktG aus mehreren Gründen nur beschränkt entsprechend anwendbar 2 . Zum einen sind die in § 250 Abs. 1–3 AktG genannten Vorschriften für die GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat nicht entsprechend heranzuziehen. Zum anderen ergeben sich Einschränkungen aus der Gestaltungsfreiheit. Nichtig ist die Wahl einer nicht voll geschäftsfähigen natürlichen Person zum Aufsichtsratsmitglied 3 . Dagegen führt das Überschreiten der Höchstzahl von Aufsichtsratsmandaten, nach h.M. die Verletzung der Inkompatibilität zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat 4 und die entsprechende Unvereinbarkeit im Konzern nach § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG nur zur Anfechtbarkeit. 6. Die persönlichen Voraussetzungen für die Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied a) Der fakultative Aufsichtsrat aa) Zwingende gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen Das Gesetz enthält eine Reihe von zwingenden gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Denkbar sind weitere Fälle der Unvereinbarkeit5 . aaa) Durch die Verweisung in § 52 Abs. 1 auf § 100 Abs. 1 AktG wird klargestellt, dass Aufsichtsratsmitglied in der Regel nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein kann. Nicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, sondern erst die Volljährigkeitserklärung gibt dem beschränkt Geschäftsfähigen die Eignung zum Aufsichtsratsmitglied. Die Vorschrift ist aber beim fakultativen Aufsichtsrat nicht zwingend mit der Folge, dass auch juristische Personen bestellt werden können 6 . 1 Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 22 MitbestG Rdnr. 7; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 22 MitbestG Rdnr. 49 f.; Raiser, § 22 MitbestG Rdnr. 21; Wlotzke, ZGR 1977, 382; a.A.: Ulmer/Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 22 MitbestG Rdnr. 13; Naendrup, in: GK-MitbestG, § 6 Rdnr. 72 und § 7 Rdnr. 41; Stein, AG 1983, 53. 2 Enger: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, § 47 Rdnr. 75: nicht entsprechend anwendbar. 3 Lutter/Hommelhoff, Anh. § 47 Rdnr. 22; Karsten Schmidt, oben bei § 45 Rdnr. 78. 4 S. aber Rdnr. 256; a.A. nämlich „Nichtigkeit“: OLG Frankfurt, DB 1987, 87. 5 Eb. Säcker, in: FS Rebmann, 1989, S. 781 (Behördenvertreter, die in einem latenten Dauerkonflikt mit Interessenkollisionsgefahr stehen). 6 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 34; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 56; a.A. BGHZ 36, 311; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 9; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des 3084 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 Mitglied eines Aufsichtsrats kann ferner nicht sein, wer Betreuter ist, der bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) unterliegt, § 100 Abs. 1 Satz 2 AktG (s. auch bei § 6 Rdnr. 11). Verliert das Aufsichtsratsmitglied nachträglich seine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, so wird seine Bestellung von selbst unwirksam 1 . bbb) § 52 i.V.m. § 105 Abs. 1 AktG verbietet, dass ein Aufsichtsratsmitglied zugleich Geschäftsführer, der dauernde Stellvertreter von Geschäftsführern (vgl. auch § 44 Rdnr. 4), Prokurist und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft ist2 . Niemand kann sich selbst überwachen. Aus diesem Grund kann nach h.M. die Satzung von dem Grundsatz der Funktionstrennung zwischen Geschäftsführung und Überwachung nicht abweichen3 . Der Beschluss, der hiergegen verstößt, ist nach überwiegender Ansicht nichtig4 . Das überzeugt nicht. Das Prinzip der Funktionstrennung ist zwar bei der Aktiengesellschaft zum Schutz der Aktionäre und Gläubiger zwingend. Bei der GmbH bedarf es eines solchen erhöhten Schutzes aber nicht; denn die Gesellschaft ist auf eine beschränkte Zahl von Gesellschaftern angelegt, der einzelne Gesellschafter hat, anders als der Aktionär, ein umfassendes Informationsrecht und die tatsächlichen Verhältnisse sind in der Regel überschaubar. Im Vordergrund der Aufgaben des Aufsichtsrats bei der GmbH steht daher nicht die nachträgliche, sondern die begleitende Kontrolle der Geschäftsführer durch die gemeinsame Beratung. Geht man hiervon aus, so sollte § 52 nicht hindern, den Aufsichtsrat in der Satzung als kooperatives Organ zu organisieren, in dem neben den externen Aufsichtsratsmitgliedern auch solche Aufsichtsratsmitglieder Sitz und Stimme haben, die zugleich Geschäftsführer sind. Um eine funktionsfähige Überwachung sicherzustellen, wäre lediglich Voraussetzung, dass die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich Geschäftsführer sind. Folgt man dieser Ansicht und lässt gleichzeitig zu, dass diesem Organ unternehmensleitende Zuständigkeiten, insbesondere die Festlegung der Geschäftspolitik, übertragen werden (s. Rdnr. 160 ff.), so lässt sich bei der GmbH durch die Satzung ein Organ einrichten, das dem „board“ einer amerikanischen Corporation nachgebildet ist5 . Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 970; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 30; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 8. 1 BayObLG, DB 1993, 577: Geschäftsführer. 2 Für den Generalbevollmächtigten: Hübner, ZHR 143 (1979), 3. 3 OLG Frankfurt, BB 1981, 1543 und BB 1987, 22 = WuB II C. § 52 GmbHG 1.87 (Stützle); Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 9; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 8; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 28; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 137; Konow, JR 1966, 166; a.A. für den stellvertretenden Geschäftsführer: KGJ 20 A 49. 4 OLG Frankfurt, BB 1987, 22; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 9. 5 Ebenso mit unterschiedlichen Einschränkungen: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 36: Partielle Personalunion zulässig; Rohleder, Die Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, 1991, S. 111 ff.: aber Stimmverbot für Geschäftsführer als Beiratsmitglieder; Großfeld/Brondics, AG 1987, 299 f.; Baums, ZIP 1995, 11, 14; Loges, ZIP 1997, 437; s. auch Windbichler, ZGR 1985, 50; Bleicher/Paul, Die Betriebswirtschaft 1986, 263; zur Übertragung von unternehmensleitenden Zuständigkeiten auf den Aufsichtsrat s. auch Rdnr. 48 ff. und 160 ff. Uwe H. Schneider | 3085 255 256

Aufsichtsrat §52<br />

Mitglied eines Aufsichtsrats kann ferner nicht sein, wer Betreuter ist, der bei<br />

der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt<br />

(§ 1903 BGB) unterliegt, § 100 Abs. 1 Satz 2 AktG (s. auch<br />

bei § 6 Rdnr. 11). Verliert das Aufsichtsratsmitglied nachträglich seine unbeschränkte<br />

Geschäftsfähigkeit, so wird seine Bestellung von selbst unwirksam 1 .<br />

bbb) § 52 i.V.m. § 105 Abs. 1 AktG verbietet, dass ein Aufsichtsratsmitglied<br />

zugleich Geschäftsführer, der dauernde Stellvertreter von Geschäftsführern (vgl.<br />

auch § 44 Rdnr. 4), Prokurist und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter<br />

Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft ist2 . Niemand kann sich selbst<br />

überwachen. Aus diesem Grund kann nach h.M. die Satzung von dem Grundsatz<br />

der Funktionstrennung zwischen Geschäftsführung und Überwachung<br />

nicht abweichen3 . Der Beschluss, der hiergegen verstößt, ist nach überwiegender<br />

Ansicht nichtig4 .<br />

Das überzeugt nicht. Das Prinzip der Funktionstrennung ist zwar bei der Aktiengesellschaft<br />

zum Schutz der Aktionäre und Gläubiger zwingend. Bei der<br />

GmbH bedarf es eines solchen erhöhten Schutzes aber nicht; denn die Gesellschaft<br />

ist auf eine beschränkte Zahl von Gesellschaftern angelegt, der einzelne<br />

Gesellschafter hat, anders als der Aktionär, ein umfassendes Informationsrecht<br />

und die tatsächlichen Verhältnisse sind in der Regel überschaubar. Im Vordergrund<br />

der Aufgaben des Aufsichtsrats bei der GmbH steht daher nicht die nachträgliche,<br />

sondern die begleitende Kontrolle der Geschäftsführer durch die gemeinsame<br />

Beratung. Geht man hiervon aus, so sollte § 52 nicht hindern, den<br />

Aufsichtsrat in der Satzung als kooperatives Organ zu organisieren, in dem neben<br />

den externen Aufsichtsratsmitgliedern auch solche Aufsichtsratsmitglieder Sitz<br />

und Stimme haben, die zugleich Geschäftsführer sind. Um eine funktionsfähige<br />

Überwachung sicherzustellen, wäre lediglich Voraussetzung, dass die Mehrheit<br />

der Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich Geschäftsführer sind. Folgt man dieser<br />

Ansicht und lässt gleichzeitig zu, dass diesem Organ unternehmensleitende<br />

Zuständigkeiten, insbesondere die Festlegung der Geschäftspolitik, übertragen<br />

werden (s. Rdnr. 160 ff.), so lässt sich bei der GmbH durch die Satzung ein Organ<br />

einrichten, das dem „board“ einer amerikanischen Corporation nachgebildet ist5 .<br />

Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 970; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 30; Koppensteiner,<br />

in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 8.<br />

1 BayObLG, DB 1993, 577: Geschäftsführer.<br />

2 Für den Generalbevollmächtigten: Hübner, ZHR 143 (1979), 3.<br />

3 OLG Frankfurt, BB 1981, 1543 und BB 1987, 22 = WuB II C. § 52 <strong>GmbHG</strong> 1.87 (Stützle);<br />

Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 9; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 8;<br />

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 28; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht,<br />

2. Aufl., S. 137; Konow, JR 1966, 166; a.A. für den stellvertretenden Geschäftsführer:<br />

KGJ 20 A 49.<br />

4 OLG Frankfurt, BB 1987, 22; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 9.<br />

5 Ebenso mit unterschiedlichen Einschränkungen: Raiser/Heermann, in: Ulmer,<br />

Rdnr. 36: Partielle Personalunion zulässig; Rohleder, Die Übertragbarkeit von Kompetenzen<br />

auf GmbH-Beiräte, 1991, S. 111 ff.: aber Stimmverbot für Geschäftsführer als<br />

Beiratsmitglieder; Großfeld/Brondics, AG 1987, 299 f.; Baums, ZIP 1995, 11, 14; Loges,<br />

ZIP 1997, 437; s. auch Windbichler, ZGR 1985, 50; Bleicher/Paul, Die Betriebswirtschaft<br />

1986, 263; zur Übertragung von unternehmensleitenden Zuständigkeiten auf den<br />

Aufsichtsrat s. auch Rdnr. 48 ff. und 160 ff.<br />

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