Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
221 222 223 §52 Aufsichtsrat Regel der Bestellung eine Rechtsgrundlage im Gesellschaftsvertrag haben muss, empfiehlt sich eine genaue satzungsmäßige Ausgestaltung. Das Entsendungsrecht eines oder mehrerer Gesellschafter begründet ein unübertragbares, ohne Zustimmung unentziehbares Sonderrecht, das durch satzungsändernden Mehrheitsbeschluss (§ 53) eingeräumt wird und der Zustimmung aller benachteiligten Gesellschafter bedarf 1 . Die Entsendungsrechte können bei der AG insgesamt höchstens für ein Drittel der sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergebenden Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft eingeräumt werden, § 101 Abs. 2 AktG. Für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH gilt diese Beschränkung nicht 2 . c) Bestellung durch Nichtgesellschafter Nichtgesellschaftern kann nach h.M. durch die Satzung das Sonderrecht und damit die Befugnis zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern nicht eingeräumt werden (s. bei § 46 und bei § 38 Rdnr. 24 [Abberufung]). Dabei wird allerdings nicht problematisiert, ob die Gesellschafter durch die Satzung ein besonderes Organ einrichten und ihm eine entsprechende Befugnis zuweisen können (s. dazu oben Rdnr. 53). Nach h.A. kann aber Nichtgesellschaftern durch die Satzung die Befugnis zur Bestellung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern eingeräumt werden 3 . Das kann nicht bedeuten, dass Nichtgesellschaftern ein entsprechendes Sonderrecht zugewiesen wird. Vielmehr richten die Gesellschafter ein eigenständiges Organ ein, weisen ihm die Befugnis zur Bestellung und/oder zur Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern zu und bestellen den oder die Nichtgesellschafter zu Organmitgliedern. § 101 Abs. 2 AktG steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift ist ohnehin in § 52 nicht genannt. In § 100 Abs. 2 RegE GmbHG 1971 4 war die Möglichkeit, Nichtgesellschaftern die Bestellkompetenz zuzuweisen, ausdrücklich vorgesehen. Auch § 100 Abs. 1 AktG, auf den § 52 verweist, ist nicht zwingend. Organmitglied kann demnach nicht nur eine natürliche Person sein, sondern auch eine juristische Person (s. Rdnr. 254). Aus diesem Grund kann nicht nur Nichtgesellschaftern, die natürliche Personen sind, wie etwa Gesellschaftern des herrschenden Unternehmens, sondern auch juristischen 1 S. auch Priester bei § 53. 2 Simon, GmbHR 1999, 263. 3 Ebenso: Heyder, in: Michalski, Rdnr. 91; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 40, 43; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 6; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 9; Müller, in: Beck GmbH-HB, § 6 Rdnr. 32; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 128; Mussaeus, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch der GmbH & Co. KG, 19. Aufl., § 5 Rdnr. 179; Hölters, Der Beirat der GmbH und GmbH & Co. KG, 1979, S. 30; Hommelhoff, ZHR 148 (1984), 118, 120; einschränkend: Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970, S. 199 (solange die so bestellten Aufsichtsratsmitglieder in der Minderheit sind); a.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 43; Ulmer, in: FS Werner, 1985, S. 911, 920: Gesellschaftsvertrag entfaltet Wirkung nur gegenüber Gesellschaft und Gesellschaftern; Ulmer, in: FS Wiedemann, 2002, S. 1297. 4 BT-Drucks. VI/3088. 3076 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 Personen, etwa einem Kreditinstitut, durch die Satzung der Gesellschaft das Recht zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern eingeräumt werden. Die Ausübung eines solchen Entsendungsrechts durch den oder die Berechtigten unterliegt dem Gebot der Treupflicht 1 ; denn durch die Einräumung des Entsendungsrechts tritt der Dritte in ein organschaftliches Rechts- und Pflichtengefüge ein, wodurch eine Vertrauensbeziehung geschaffen wird, aufgrund derer er zur Rücksichtnahme der Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter verpflichtet ist 2 . Ob das Bestellungsrecht nur fremdnützig oder auch eigennützig ausgeübt werden darf, hängt von der Stellung des Organs ab. Eine Abberufung des durch den Dritten bestellten Aufsichtsratsmitglieds ist in Analogie zu § 103 Abs. 2 AktG durch den zur Entsendung Berechtigten und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch die Gesellschafterversammlung mit Dreiviertelmehrheit möglich 3 . Unabhängig hiervon bleibt den Gesellschaftern nur die Entziehung des Entsendungsrechts durch Satzungsänderung (Kompetenz-Kompetenz). Die Zustimmung des Dritten ist nicht erforderlich, da ihm gegenüber kein aus der Mitgliedschaft resultierendes Sonderrecht begründet werden kann (s. Rdnr. 223). Die Entsendung erfolgt durch Erklärung des Berechtigten gegenüber den Gesellschaftern oder gegenüber dem Geschäftsführer. Der Entsandte wird durch Annahme seiner Benennung Aufsichtsratsmitglied mit denselben Rechten und Pflichten wie die gewählten Mitglieder. Vor allem ist der Entsandte wie jedes Aufsichtsratsmitglied nur der Gesellschaft gegenüber verpflichtet. d) Ersatzmitglied Die Bestellung von Ersatzmitgliedern ist nach § 52 Abs. 1 nicht vorgesehen. § 101 Abs. 3 AktG wird in § 52 nicht genannt. Das steht einer analogen Anwendung von § 101 Abs. 3 AktG aber nicht entgegen (str.); denn durch die Bestellung von Ersatzmitgliedern wird die Stellung des Aufsichtsrats im gesellschaftsinternen Entscheidungsgefüge der GmbH nicht berührt (s. Rdnr. 70). Die Gesellschafter können daher mit einfacher Mehrheit beschließen, dass Ersatzmitglieder bestellt werden. Ist dies geschehen oder sieht der Gesellschaftsvertrag die Bestellung von Ersatzmitgliedern vor, so erfolgt ihre Bestellung ebenso wie die Bestellung der ordentlichen Mitglieder4 . Ist die GmbH im Anwendungsbereich des DrittelbG, so gilt für Arbeitnehmervertreter § 7 DrittelbG. Danach kann in jedem Wahlvorschlag zusammen mit jedem Bewerber ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Wird ein Bewerber als Aufsichtsratsmitglied gewählt, so ist auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene Ersatzmitglied gewählt. 1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 43 f.; Simon, GmbHR 1999, 259. 2 Vgl. BGHZ 36, 296, 309. 3 Str.; anders: Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11: einfache Mehrheit; s. auch Rdnr. 288, 291. 4 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 45, 192 f.; zum Verfahren im Einzelnen: BGHZ 99, 211; Rellermeyer, ZGR 1987, 563; Roussos, AG 1987, 239. Uwe H. Schneider | 3077 224 225 226 227 228
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Personen, etwa einem Kreditinstitut, durch die Satzung der Gesellschaft das<br />
Recht zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern eingeräumt werden.<br />
Die Ausübung eines solchen Entsendungsrechts durch den oder die Berechtigten<br />
unterliegt dem Gebot der Treupflicht 1 ; denn durch die Einräumung des Entsendungsrechts<br />
tritt der <strong>Dr</strong>itte in ein organschaftliches Rechts- und Pflichtengefüge<br />
ein, wodurch eine Vertrauensbeziehung geschaffen wird, aufgrund derer<br />
er zur Rücksichtnahme der Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter<br />
verpflichtet ist 2 . Ob das Bestellungsrecht nur fremdnützig oder auch eigennützig<br />
ausgeübt werden darf, hängt von der Stellung des Organs ab.<br />
Eine Abberufung des durch den <strong>Dr</strong>itten bestellten Aufsichtsratsmitglieds ist in<br />
Analogie zu § 103 Abs. 2 AktG durch den zur Entsendung Berechtigten und bei<br />
Vorliegen eines wichtigen Grundes durch die Gesellschafterversammlung mit<br />
<strong>Dr</strong>eiviertelmehrheit möglich 3 . Unabhängig hiervon bleibt den Gesellschaftern<br />
nur die Entziehung des Entsendungsrechts durch Satzungsänderung (Kompetenz-Kompetenz).<br />
Die Zustimmung des <strong>Dr</strong>itten ist nicht erforderlich, da ihm<br />
gegenüber kein aus der Mitgliedschaft resultierendes Sonderrecht begründet<br />
werden kann (s. Rdnr. 223).<br />
Die Entsendung erfolgt durch Erklärung des Berechtigten gegenüber den Gesellschaftern<br />
oder gegenüber dem Geschäftsführer. Der Entsandte wird durch Annahme<br />
seiner Benennung Aufsichtsratsmitglied mit denselben Rechten und<br />
Pflichten wie die gewählten Mitglieder. Vor allem ist der Entsandte wie jedes<br />
Aufsichtsratsmitglied nur der Gesellschaft gegenüber verpflichtet.<br />
d) Ersatzmitglied<br />
Die Bestellung von Ersatzmitgliedern ist nach § 52 Abs. 1 nicht vorgesehen.<br />
§ 101 Abs. 3 AktG wird in § 52 nicht genannt. Das steht einer analogen Anwendung<br />
von § 101 Abs. 3 AktG aber nicht entgegen (str.); denn durch die Bestellung<br />
von Ersatzmitgliedern wird die Stellung des Aufsichtsrats im gesellschaftsinternen<br />
Entscheidungsgefüge der GmbH nicht berührt (s. Rdnr. 70). Die Gesellschafter<br />
können daher mit einfacher Mehrheit beschließen, dass Ersatzmitglieder<br />
bestellt werden. Ist dies geschehen oder sieht der Gesellschaftsvertrag<br />
die Bestellung von Ersatzmitgliedern vor, so erfolgt ihre Bestellung ebenso wie<br />
die Bestellung der ordentlichen Mitglieder4 .<br />
Ist die GmbH im Anwendungsbereich des <strong>Dr</strong>ittelbG, so gilt für Arbeitnehmervertreter<br />
§ 7 <strong>Dr</strong>ittelbG. Danach kann in jedem Wahlvorschlag zusammen mit<br />
jedem Bewerber ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Wird ein Bewerber<br />
als Aufsichtsratsmitglied gewählt, so ist auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene<br />
Ersatzmitglied gewählt.<br />
1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 43 f.; Simon, GmbHR 1999, 259.<br />
2 Vgl. BGHZ 36, 296, 309.<br />
3 Str.; anders: Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11: einfache Mehrheit; s. auch<br />
Rdnr. 288, 291.<br />
4 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 45, 192 f.; zum Verfahren im Einzelnen: BGHZ 99,<br />
211; Rellermeyer, ZGR 1987, 563; Roussos, AG 1987, 239.<br />
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