Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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119 120 121 §52 Aufsichtsrat bbb) Einsichts- und Prüfungsrecht Das Informationsrecht des Aufsichtsrats wird durch ein Besichtigungs- und Einsichtsrecht ergänzt, § 52 i.V.m. § 111 Abs. 2 AktG. Um den für die Überwachung erforderlichen Sachverhalt festzustellen, hat der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 2 AktG ein eigenständiges Besichtigungsrecht der Betriebsstätten usw. und vor allem ein eigenständiges Einsichts- und Prüfungsrecht in die Bücher und alle Unterlagen (eingeschlossen Personalakten) 1 , Steuerbescheide, Bankauszüge usw., unabhängig davon, in welcher Form die Daten gespeichert werden. Das Besichtigungsrecht erstreckt sich auf alle Vermögensgegenstände einschließlich der Betriebe im In- und Ausland2 . Auch hierfür gelten aber die oben beschriebenen institutionellen Schranken. Die zu erlangenden Informationen müssen für die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats „erforderlich“ sein. Das verlangt keinen konkreten Anlass, wohl aber die abstrakte Geeignetheit3 . Mit der Wahrnehmung dieser Rechte können auch ein Ausschuss und einzelne Mitglieder beauftragt werden, § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG. Zur Einschaltung von Sachverständigen s. Rdnr. 159. Das Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats im Konzern s. Rdnr. 186 ff. ccc) Informationsrecht gegenüber Gesellschaftern Zweifelhaft ist es, ob der Aufsichtsrat ein eigenständiges Informationsrecht gegenüber den Gesellschaftern hat. In § 90 AktG wird ein solches Informationsrecht nicht genannt, was seinen Grund darin hat, dass die Hauptversammlung nur ganz ausnahmsweise unternehmensleitende Beschlüsse fasst. Anders ist die Lage bei der GmbH, so dass hier eine Lücke im Informationssystem entsteht. Gegen ein Informationsrecht lässt sich nicht einwenden, es sei nicht die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Gesellschafterversammlung zu überwachen. Dem ist zwar zuzustimmen. Das Informationsrecht ist jedoch erforderlich, um dem Aufsichtsrat eine angemessene Willensbildung und Entscheidungsfindung zu ermöglichen, soweit er in die gesellschaftsinterne Willensbildung integriert ist 4 . ddd) Sachverständige und Prüfungsaufträge In der Regel ist der Aufsichtsrat auf die vollständige und wahre Information durch die Geschäftsführer angewiesen. Er kann sich auf zutreffende Information verlassen. Er ist insbesondere weder berechtigt noch verpflichtet, sich im Rahmen der Regelüberwachung an Angestellte des Unternehmens5 122 , an Dritte, 1 Roth, AG 2004, 7; krit. Mertens, in: FS W. Werner, 1984, S. 570, für Gesellschafter. 2 OLG Düsseldorf, AG 1984, 275. 3 Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2132; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 111 Rdnr. 42. 4 Ebenso: Kallmeyer, in: GmbH-Hdb., Rdnr. I 1864 ff. 5 Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Rdnr. 172. 3042 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 also etwa an Geschäftspartner 1 , an Behörden usw. zu wenden, um Informationen zu erlangen, sie weiterzugeben oder gar auf diese einzuwirken 2 . Bei Zweifeln an Sachverhalt und Bewertung kann der Aufsichtsrat aber Auskunftspersonen, darunter auch Mitarbeiter, Organmitglieder von Tochtergesellschaften, Kreditgeber und Kreditnehmer usw., zuziehen. Auf § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG ist in § 52 zwar nicht verwiesen, doch ist die Vorschrift analog heranzuziehen 3 . Der Aufsichtsrat, nicht dagegen einzelne Aufsichtsratsmitglieder, kann darüber hinaus „für bestimmte Aufgaben“ Sondergutachten durch Sachverständige anfordern und Sachverständige anhören 4 . Zum Abschluss entsprechender Verträge mit Sachverständigen hat der Aufsichtsrat Vertretungsmacht 5 . Er muss daher die Geschäftsführer nicht einschalten. Bei schwerwiegenden Zweifeln an den Informationen durch die Geschäftsführer ist er zu weitergehender Aufklärung verpflichtet 6 . Und vor allem ist der Aufsichtsrat in solchen Fällen zur Information der Gesellschafter verpflichtet (s. Rdnr. 126). ff) Beratung und Einwirkung auf die Geschäftsführer Aufgabe des Aufsichtsrats ist es nicht nur, abgeschlossene Sachverhalte aufzuklären und zu bewerten, sondern vor allem auch im Wege der vorausschauenden begleitenden Kontrolle die grundsätzlichen Fragen künftiger Geschäftspolitik mit den Geschäftsführern zu erörtern und hierbei die Geschäftsführer zu beraten7 124 . Es geht dabei nicht nur darum, Maßnahmen, die der Aufsichtsrat für rechtswidrig hält, zu verhindern, sondern auch darum, die Ordnungsmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu bewerten, sie mit den Geschäftsführern zu erörtern. Die Beratungspflicht ist daher Teil der begleitenden Kontrolle. Dagegen besteht keine weitergehende umfassende institutionalisierte Beratungspflicht. Hierzu sind die Aufsichtsratsmitglieder, die nur nebenamtlich tätig sind, nicht in der Lage. So gehört es nicht zu den zwingenden 1 OLG Zweibrücken, AG 1991, 70. 2 Schwintowski, NJW 1990, 1010; Fleck, in: FS Heinsius, 1991, S. 105; zur Einschaltung von Sachverständigen s. Rdnr. 159. 3 Roth, AG 2004, 8; enger Dreher, in: FS Ulmer, 2003, S. 99, s. auch Rdnr. 70. 4 BGHZ 85, 293, 296; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 12; Kropff, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 141; Möllers, ZIP 1995, 1725, 1728; Brandi, ZIP 2000, 176. 5 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 113 Rdnr. 6; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 12; Semler, in: MünchKomm. AktG, § 111 Rdnr. 309; Semler, in: FS Claussen, 1997, S. 398. 6 LG Bielefeld, ZIP 2000, 20. 7 Für die AG: BGHZ 114, 127 = DB 1991, 1212 mit Anm. Theisen = WuB II A. § 114 AktG 1.91 (Werner); Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Rdnr. 249 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 20; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 94; Schlaus, AG 1968, 376; Martens, BB 1973, 1118, 1121; Mertens, in: FS Steindorff, 1990, S. 173; Scheffler, DB 1994, 794; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, 5. Aufl., Rdnr. 104: Beratung nur „im Grundsätzlichen“; kritisch: Steinmann/Klaus, AG 1987, 30: Strukturelle Unvereinbarkeit von Beratung und Kontrolle; a.A. Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 592, 598: keine Organpflicht; Höhn, GmbHR 1993, 777, 778; Jäger, DStR 1996, 671. Uwe H. Schneider | 3043 123
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also etwa an Geschäftspartner 1 , an Behörden usw. zu wenden, um Informationen<br />
zu erlangen, sie weiterzugeben oder gar auf diese einzuwirken 2 .<br />
Bei Zweifeln an Sachverhalt und Bewertung kann der Aufsichtsrat aber Auskunftspersonen,<br />
darunter auch Mitarbeiter, Organmitglieder von Tochtergesellschaften,<br />
Kreditgeber und Kreditnehmer usw., zuziehen. Auf § 109 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG ist in § 52 zwar nicht verwiesen, doch ist die Vorschrift analog heranzuziehen<br />
3 . Der Aufsichtsrat, nicht dagegen einzelne Aufsichtsratsmitglieder, kann<br />
darüber hinaus „für bestimmte Aufgaben“ Sondergutachten durch Sachverständige<br />
anfordern und Sachverständige anhören 4 . Zum Abschluss entsprechender<br />
Verträge mit Sachverständigen hat der Aufsichtsrat Vertretungsmacht 5 . Er muss<br />
daher die Geschäftsführer nicht einschalten. Bei schwerwiegenden Zweifeln an<br />
den Informationen durch die Geschäftsführer ist er zu weitergehender Aufklärung<br />
verpflichtet 6 . Und vor allem ist der Aufsichtsrat in solchen Fällen zur<br />
Information der Gesellschafter verpflichtet (s. Rdnr. 126).<br />
ff) Beratung und Einwirkung auf die Geschäftsführer<br />
Aufgabe des Aufsichtsrats ist es nicht nur, abgeschlossene Sachverhalte aufzuklären<br />
und zu bewerten, sondern vor allem auch im Wege der vorausschauenden<br />
begleitenden Kontrolle die grundsätzlichen Fragen künftiger Geschäftspolitik<br />
mit den Geschäftsführern zu erörtern und hierbei die Geschäftsführer zu beraten7<br />
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. Es geht dabei nicht nur darum, Maßnahmen, die der Aufsichtsrat für<br />
rechtswidrig hält, zu verhindern, sondern auch darum, die Ordnungsmäßigkeit<br />
und die Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu bewerten, sie mit den Geschäftsführern<br />
zu erörtern. Die Beratungspflicht ist daher Teil der begleitenden<br />
Kontrolle. Dagegen besteht keine weitergehende umfassende institutionalisierte<br />
Beratungspflicht. Hierzu sind die Aufsichtsratsmitglieder, die nur nebenamtlich<br />
tätig sind, nicht in der Lage. So gehört es nicht zu den zwingenden<br />
1 OLG Zweibrücken, AG 1991, 70.<br />
2 Schwintowski, NJW 1990, 1010; Fleck, in: FS Heinsius, 1991, S. 105; zur Einschaltung<br />
von Sachverständigen s. Rdnr. 159.<br />
3 Roth, AG 2004, 8; enger <strong>Dr</strong>eher, in: FS Ulmer, 2003, S. 99, s. auch Rdnr. 70.<br />
4 BGHZ 85, 293, 296; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 12; Kropff, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.),<br />
Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 141; Möllers, ZIP 1995,<br />
1725, 1728; Brandi, ZIP 2000, 176.<br />
5 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 113 Rdnr. 6; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 12; Semler, in:<br />
MünchKomm. AktG, § 111 Rdnr. 309; Semler, in: FS Claussen, 1997, S. 398.<br />
6 LG Bielefeld, ZIP 2000, 20.<br />
7 Für die AG: BGHZ 114, 127 = DB 1991, 1212 mit Anm. Theisen = WuB II A. § 114<br />
AktG 1.91 (Werner); Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft,<br />
2. Aufl., Rdnr. 249 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl.,<br />
Rdnr. 20; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 94;<br />
Schlaus, AG 1968, 376; Martens, BB 1973, 1118, 1121; Mertens, in: FS Steindorff, 1990,<br />
S. 173; Scheffler, DB 1994, 794; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, 5. Aufl., Rdnr. 104:<br />
Beratung nur „im Grundsätzlichen“; kritisch: Steinmann/Klaus, AG 1987, 30: Strukturelle<br />
Unvereinbarkeit von Beratung und Kontrolle; a.A. Hoffmann/Kirchhoff, WPg<br />
1991, 592, 598: keine Organpflicht; Höhn, GmbHR 1993, 777, 778; Jäger, DStR 1996,<br />
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