Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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103 104 105 106 §52 Aufsichtsrat len die Anforderungen an die personellen und institutionellen Elemente des Überwachungsverfahrens formulieren. Besondere Grundsätze sollen dagegen die Überwachung der Unternehmensführung als Prozess regulieren 1 . Rechtlich verbindlich können solche Grundsätze nicht sein. Sie können lediglich einen Versuch darstellen, Maßstäbe für eine ordnungsgemäße Überwachung zu liefern. Eine weitergehende Konkretisierung ist bislang nicht gelungen 2 . Zum einen bestehen aber Grenzen für das Beratungs- und Überwachungsermessen, zum anderen ist der Aufsichtsrat bei seiner Tätigkeit an bestimmte Verfahrensregeln gebunden: ee) Ermittlung des Sachverhalts, Berichtspflicht Das Verfahren bei der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats gliedert sich in vier Abschnitte, nämlich: – in die Ermittlung des Sachverhalts, – in die Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat, – in die Einwirkung auf die Geschäftsführer oder/und – in die Einberufung und Information der Gesellschafterversammlung. aaa) Informationsrecht und Berichtspflicht § 52 verweist nur auf § 90 Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2 AktG. Eine Verweisung auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG fehlt auch in § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und in § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG sowie in § 6 Abs. 2 InvG. Daraus darf man schließen, dass den Geschäftsführern bewusst keine laufende Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat auferlegt wurde und kein Grund dafür besteht, dies als überholt anzusehen3 . Der Aufsichtsrat seinerseits ist freilich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihm regelmäßig von der Geschäftsführung Bericht erstattet wird4 . Das Informationssystem der GmbH unterscheidet sich somit von dem Informationssystem der Aktiengesellschaft. Es verlangt, sofern nichts anderes in der Satzung vorgesehen ist, eine Initiative des Aufsichtsrats. Ist die Gesellschaft prüfungspflichtig (§ 316 Abs. 1 Satz 1 HGB), so darf sich der Aufsichtsrat nicht Ulmer, Hachenburg 3. Gedächtnisvorlesung, 1998, S. 49, 70; Lutter, DB 1995, 1925; Semler, in: FS Peltzer, 2001, S. 489; zustimmend, aber mit Vorbehalten: Scheffler, ZGR 1993, 75. 1 Theisen, Die Überwachungsaufgabe der Unternehmensführung, 1987, S. 277; v. Werder, DB 1999, 2221; s. auch bei § 43 Rdnr. 84. 2 S. aber v. Werder, DB 1999, 2221. 3 Wie hier: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 238; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 16; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 754 f.; v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529; Gaul/Otto, GmbHR 2003, 7; a.A. Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 115; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 69. 4 Ebenso: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 238; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 16; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 923; Semler, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 11. 3038 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 damit begnügen, lediglich die ihm vorzulegenden Prüfungsberichte, § 42a Abs. 1 Satz 3, heranzuziehen. Der Prüfungsbericht ist nicht zeitnah, und er gibt u.U. nur ein verkürztes Bild, weil er auch Dritten, z.B. dem Finanzamt und den Kreditinstituten, zugänglich gemacht werden muss. Im Blick hierauf haben die Geschäftsführer auf Ersuchen des Aufsichtsrats über alle Angelegenheiten der Gesellschaft, über die Beziehungen zu den verbundenen Unternehmen und über die Angelegenheiten der Konzernunternehmen (konzernweite Berichtspflicht) umfassend zu berichten 1 („Grundsatz der gewissenhaften Berichterstattung“). Zur selbständigen Berichterstattung sind die Geschäftsführer nur punktuell in besonderen Fällen verpflichtet. Der Aufsichtsrat kann seiner Überwachungs- und Beratungsfunktion nur nachkommen, wenn die Geschäftsführer auch ohne Befragen über solche Maßnahmen berichten, die zwar nicht den Gesellschaftern vorzulegen, die aber gleichwohl für die Entwicklung der Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung sind. Im Übrigen können die Gesellschafter in der Satzung und der Aufsichtsrat durch Ersuchen an die Geschäftsführer eine laufende Berichterstattung sicherstellen. Das Informationsrecht des Aufsichtsrats und spiegelbildlich die Berichtspflicht der Geschäftsführer erstreckt sich auf die „Angelegenheiten der Gesellschaft“, soweit deren Kenntnis „zur Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats erforderlich ist“, § 90 Abs. 3 AktG 2 . Die Geschäftsführer haben daher im Blick auf die zurückschauende und die begleitende Überwachung über in der Vergangenheit und in der Gegenwart liegende Sachverhalte und zwar insbesondere die Geschäfts- und die Ertragsentwicklung zu berichten. Auch insoweit ist vorgeschlagen worden, im Rahmen der „Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung“ (s. Rdnr. 101) besondere „Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung“ zu entwickeln 3 . Die Berichterstattung hat problemorientiert und zeitnah zu erfolgen. Zu berichten ist entsprechend § 90 Abs. 1 AktG über den Gang der Geschäfte, die Lage und die Rentabilität der Gesellschaft und Vorgänge von erheblicher tatsächlicher oder rechtlicher Bedeutung (z.B. Insolvenzgefahr beim Hauptabnehmer; Rechtsgeschäfte mit erheblichem Risikopotential usw.). Abweichungen von den Planzahlen sind zu begründen, entsprechend § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG 4 . Da die Kontrolle aber auch die vorausschauende Überwachung 5 mit ein- 1 Zum Auskunftsrecht über Angelegenheiten von Konzernunternehmen: Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 149 f.; Uwe H. Schneider, BB 1981, 252; entsprechend für die Gesellschafter: Uwe H. Schneider, in: Der GmbH- Konzern, 1976, S. 101. 2 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 90 Rdnr. 4; Mertens, AG 1980, 67; Sina, NJW 1990, 1018; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 8; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Rdnr. 163; Uwe H. Schneider, in: FS Kropff, 1997, S. 271, 274. 3 Den Aufbau eines Aufsichtsrats-Informationssystems verlangen etwa bei der AG: Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 775 ff.; s. auch v. Schenck, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 109. 4 Leyens, Information des Aufsichtsrats, 2006, S. 144. 5 BGH, NJW 1991, 1830, 1831; s. dazu bei Rdnr. 92. Uwe H. Schneider | 3039 107 108 109

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§52 Aufsichtsrat<br />

len die Anforderungen an die personellen und institutionellen Elemente des<br />

Überwachungsverfahrens formulieren. Besondere Grundsätze sollen dagegen<br />

die Überwachung der Unternehmensführung als Prozess regulieren 1 . Rechtlich<br />

verbindlich können solche Grundsätze nicht sein. Sie können lediglich einen<br />

Versuch darstellen, Maßstäbe für eine ordnungsgemäße Überwachung zu liefern.<br />

Eine weitergehende Konkretisierung ist bislang nicht gelungen 2 .<br />

Zum einen bestehen aber Grenzen für das Beratungs- und Überwachungsermessen,<br />

zum anderen ist der Aufsichtsrat bei seiner Tätigkeit an bestimmte Verfahrensregeln<br />

gebunden:<br />

ee) Ermittlung des Sachverhalts, Berichtspflicht<br />

Das Verfahren bei der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats gliedert sich in<br />

vier Abschnitte, nämlich:<br />

– in die Ermittlung des Sachverhalts,<br />

– in die Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat,<br />

– in die Einwirkung auf die Geschäftsführer oder/und<br />

– in die Einberufung und Information der Gesellschafterversammlung.<br />

aaa) Informationsrecht und Berichtspflicht<br />

§ 52 verweist nur auf § 90 Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2 AktG. Eine Verweisung<br />

auf § 90 Abs. 1 und 2 AktG fehlt auch in § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG und in § 25<br />

Abs. 1 Nr. 2 MitbestG sowie in § 6 Abs. 2 InvG. Daraus darf man schließen,<br />

dass den Geschäftsführern bewusst keine laufende Berichtspflicht gegenüber<br />

dem Aufsichtsrat auferlegt wurde und kein Grund dafür besteht, dies als überholt<br />

anzusehen3 . Der Aufsichtsrat seinerseits ist freilich verpflichtet, dafür zu<br />

sorgen, dass ihm regelmäßig von der Geschäftsführung Bericht erstattet wird4 .<br />

Das Informationssystem der GmbH unterscheidet sich somit von dem Informationssystem<br />

der Aktiengesellschaft. Es verlangt, sofern nichts anderes in der<br />

Satzung vorgesehen ist, eine Initiative des Aufsichtsrats. Ist die Gesellschaft<br />

prüfungspflichtig (§ 316 Abs. 1 Satz 1 HGB), so darf sich der Aufsichtsrat nicht<br />

Ulmer, Hachenburg 3. Gedächtnisvorlesung, 1998, S. 49, 70; Lutter, DB 1995, 1925;<br />

Semler, in: FS Peltzer, 2001, S. 489; zustimmend, aber mit Vorbehalten: Scheffler, ZGR<br />

1993, 75.<br />

1 Theisen, Die Überwachungsaufgabe der Unternehmensführung, 1987, S. 277; v. Werder,<br />

DB 1999, 2221; s. auch bei § 43 Rdnr. 84.<br />

2 S. aber v. Werder, DB 1999, 2221.<br />

3 Wie hier: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 238; Lutter/Hommelhoff,<br />

Rdnr. 16; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 754 f.;<br />

v. Hoyningen-Huene/Powietzka, BB 2001, 529; Gaul/<strong>Otto</strong>, GmbHR 2003, 7; a.A. Raiser/Heermann,<br />

in: Ulmer, Rdnr. 115; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 69.<br />

4 Ebenso: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 238; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 16;<br />

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 923; Semler,<br />

in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 1<br />

Rdnr. 11.<br />

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Uwe H. Schneider

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