Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
96 97 98 99 §52 Aufsichtsrat – Zu achten ist auf die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung. Die Geschäftsführer haben sich bei ihrer Tätigkeit, vor allem bei der Unternehmensleitung, an die gesetzlichen Bestimmungen und die Satzung zu halten. Und der Aufsichtsrat hat darüber zu wachen, dass die Geschäftsführer ihrerseits die Mitarbeiter des Unternehmens anhalten, sich an die gesetzlichen Gebote und Verbote zu halten („Zuchtmeisterpflicht“; s. bei § 43 Rdnr. 41, 371); denn die Unternehmen und die Geschäftsführer persönlich sind mit einer Vielzahl öffentlicher Gebote und Verbote belastet, angefangen bei den steuerrechtlichen Vorschriften über die Normen des Umweltrechts, des Kartellrechts, des Vergaberechts, des Datenschutzrechts bis hin zu den Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts und des Verbots der Korruption 1 . Werden diese Gebote und Verbote verletzt, so drohen den Unternehmen unter Umständen schwere wirtschaftliche Nachteile und drakonische Strafen. Erkennt der Aufsichtsrat rechtswidriges Verhalten der Geschäftsführer oder deren pflichtwidriges Verhalten, weil sie ihre „Zuchtmeisterpflichten“ verletzt haben, so hat der Aufsichtsrat dagegen einzuschreiten. Die Gesellschafter sind aber nur zu informieren, wenn es sich um schwerwiegende Rechtsverstöße handelt. – Zu achten hat der Aufsichtsrat ferner auf die Einhaltung der Satzung. Dazu gehört die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung, die Wahrung der Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung für die Grundzüge der Unternehmenspolitik und für ungewöhnliche Maßnahmen (s. bei § 37 Rdnr. 12 ff.). – Die Überwachung umfasst die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Hieran zu messen ist die sachgerechte Organisation der Tätigkeit der Geschäftsführer, das Einhalten bestimmter Verfahren bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung, die Organisation des Unternehmens usw. Zu den Aufgaben des Vorstands der Aktiengesellschaft gehört nach § 91 Abs. 2 AktG die Einrichtung eines Überwachungssystems, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Entsprechende Pflichten bestehen unter Berücksichtigung von Art und Größe des Unternehmens für den Geschäftsführer einer GmbH (s. bei § 43 Rdnr. 96). Im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit muss demgemäß der Aufsichtsrat einer GmbH auch auf die Einrichtung und Funktionsfähigkeit eines solchen Systems achten 2 . – Die Überwachung erstreckt sich vor allem aber auch auf die Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung 3 . Dazu gehört einerseits, darauf hinzuwirken, dass die Geschäftsführer im Rahmen des Gegenstands des Unternehmens die Unternehmensziele verfolgen. Es ist andererseits die 1 Brooks, in: FS Peltzer, 2001, S. 32. 2 Altmeppen, ZGR 1999, 291, 310; ferner Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 251; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 221. 3 Allg. Ansicht: BGHZ 75, 120, 133; BGHZ 114, 127, 130; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, Rdnr. 221; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 126 f.; Semler, in: MünchKomm. AktG, § 111 Rdnr. 122; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 11; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 83 f.; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Rdnr. 235; Henze, BB 2000, 215; a.A. Mertens, ZGR 1977, 270, 278. 3036 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 Aufgabe des Aufsichtsrats, dafür zu sorgen, dass die Geschäftsführer die kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmensziele verfolgen, getroffene Entscheidungen umsetzen, dabei keine unangemessenen Risikogeschäfte eingehen oder sonstige Handlungen verwirklichen, die mit nicht zu verantwortenden Risiken für das Unternehmen belastet sind. Im Rahmen seiner Überwachung hat der Aufsichtsrat zwar nicht jede einzelne Maßnahme des Tagesgeschäfts, einzelne Verträge, Abfindungen, Spenden etc. aufzugreifen. Er hat sich vielmehr auf die Überwachung der Leitung der Gesellschaft zu beschränken. Zu würdigen sind aber Einzelgeschäfte, wenn sie für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind 1 , die Veräußerung oder der Erwerb wesentlicher Beteiligungen usw. dd) Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung Das Verfahren der Überwachung ist gesetzlich nicht geregelt. § 111 Abs. 2 AktG bestimmt lediglich das Aufsichtsinstrumentarium. Für die Frage, ob der Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ein gerichtlich nicht überprüfbares Beratungs- und Überwachungsermessen hat, muss differenziert werden: Zu unterscheiden ist zwischen der nachträglichen, der begleitenden und der vorausschauenden Überwachung: In Bezug auf letztere hat der Aufsichtsrat ein weites Überwachungsermessen, da es um die Realisierung eines typischen Gestaltungsspielraumes der Unternehmensführung geht. Demgegenüber hat der Aufsichtsrat bei der ex post-Kontrolle (s. Rdnr. 92) schon getroffener Entscheidungen grundsätzlich kein unternehmerisches Ermessen und ist daher z.B. i.d.R. verpflichtet, gegen rechtswidriges Handeln der Geschäftsführung vorzugehen2 . Ein Ermessen ist dem Aufsichtsrat dementsprechend z.B. bei der Frage der Einräumung eines Zustimmungsvorbehaltes nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG grundsätzlich zuzubilligen. Aber auch dieses Ermessen kann sich im Einzelfall, etwa bei gesetzwidrigen Handlungen der Geschäftsführer, zu einer bestimmten Handlungspflicht verdichten („Ermessensreduzierung auf Null“) 3 . Zur Konkretisierung der rechtlichen Mindestanforderungen an eine sorgfältige Überwachung und zur Konkretisierung der Erwartungen im Rahmen des Beratungs- und Überwachungsermessens ist vorgeschlagen worden, „Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung“ zu entwickeln 4 . Allgemeine Grundsätze sol- 1 LG Stuttgart, DB 1999, 2462. 2 Für die AG: BGHZ 135, 244 ff.; Thümmel, DB 1999, 885 ff.; Schaefer/Missling, NGZ 1998, 441, 446; s. auch Götz, NJW 1997, 3275 ff.; Horn, ZIP 1997, 1129 ff.; Jaeger/ Trölitzsch, ZIP 1997, 1157 ff.; Lutter, ZIP 1995, 441 f.; Raiser, NJW 1996, 552 ff.; Henze, NJW 1998, 3312 ff.; a.A. die Vorinstanz zum BGH OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1371 ff.; Dreher, ZHR 159 (1995), 614 ff. 3 BGHZ 124, 111, 127; BGH, WM 1994, 22 = JZ 1994, 680 mit Anm. Schön; s. auch LG Düsseldorf, AG 1994, 326 (AG); LG Bielefeld, BB 1999, 2632; Semler, AG 1983, 141 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 17; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 106; einschränkend Götz, ZGR 1990, 633, 637; s. auch Rdnr. 143. 4 Theisen, Die Überwachung der Unternehmensführung, 1987; Theisen, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2007; Peltzer, in: Hommelhoff/Rowedder/ Uwe H. Schneider | 3037 100 101 102
- Seite 1 und 2: Weitere Informationen unter www.ott
- Seite 3 und 4: Aufsichtsrat §52 2. Die Geschäfts
- Seite 5 und 6: Aufsichtsrat §52 c) Aufgaben . . .
- Seite 7 und 8: Aufsichtsrat §52 Otto, Auswirkunge
- Seite 9 und 10: Aufsichtsrat §52 Aufsichtsrat im K
- Seite 11 und 12: Aufsichtsrat §52 scher, Aufsichtsr
- Seite 13 und 14: Aufsichtsrat §52 I. Der Aufsichtsr
- Seite 15 und 16: Aufsichtsrat §52 auszuwählen und
- Seite 17 und 18: Aufsichtsrat §52 enthaltenen Koste
- Seite 19 und 20: Aufsichtsrat §52 den Geschäftsfü
- Seite 21 und 22: Aufsichtsrat §52 bekanntzumachen,
- Seite 23 und 24: Aufsichtsrat §52 e) Der Aufsichtsr
- Seite 25 und 26: Aufsichtsrat §52 dessen Einrichtun
- Seite 27 und 28: Aufsichtsrat §52 dd) Zweifelhaft s
- Seite 29 und 30: Aufsichtsrat §52 fassung, insbeson
- Seite 31 und 32: Aufsichtsrat §52 innere Ordnung de
- Seite 33 und 34: Aufsichtsrat §52 nen, können sie
- Seite 35 und 36: Aufsichtsrat §52 Der Aufsichtsrat
- Seite 37: Aufsichtsrat §52 ten werden, ihre
- Seite 41 und 42: Aufsichtsrat §52 damit begnügen,
- Seite 43 und 44: Aufsichtsrat §52 Gelegentlich verl
- Seite 45 und 46: Aufsichtsrat §52 also etwa an Gesc
- Seite 47 und 48: Aufsichtsrat §52 auch außerhalb e
- Seite 49 und 50: Aufsichtsrat §52 des Aufsichtsrats
- Seite 51 und 52: Aufsichtsrat §52 dem § 76 AktG ve
- Seite 53 und 54: Aufsichtsrat §52 der Geschäftsfü
- Seite 55 und 56: Aufsichtsrat §52 rung von Unterneh
- Seite 57 und 58: Aufsichtsrat §52 hatte er sich bei
- Seite 59 und 60: Aufsichtsrat §52 beauftragt (§ 11
- Seite 61 und 62: Aufsichtsrat §52 Die Feststellung
- Seite 63 und 64: Aufsichtsrat §52 ven Aufsichtsrat
- Seite 65 und 66: Aufsichtsrat §52 a) Rechtsgeschäf
- Seite 67 und 68: Aufsichtsrat §52 befugt, die Recht
- Seite 69 und 70: Aufsichtsrat §52 schlussprüfers h
- Seite 71 und 72: Aufsichtsrat §52 Aufsichtsrat zust
- Seite 73 und 74: Aufsichtsrat §52 die Aufgabe des A
- Seite 75 und 76: Aufsichtsrat §52 IV. Die Zusammens
- Seite 77 und 78: Aufsichtsrat §52 V. Die Bestellung
- Seite 79 und 80: Aufsichtsrat §52 Personen, etwa ei
- Seite 81 und 82: Aufsichtsrat §52 nen, die Entsendu
- Seite 83 und 84: Aufsichtsrat §52 4. Gerichtliche E
- Seite 85 und 86: Aufsichtsrat §52 Die Wahl ist durc
- Seite 87 und 88: Aufsichtsrat §52 Mitglied eines Au
Aufsichtsrat §52<br />
Aufgabe des Aufsichtsrats, dafür zu sorgen, dass die Geschäftsführer die kurz-,<br />
mittel- und langfristigen Unternehmensziele verfolgen, getroffene Entscheidungen<br />
umsetzen, dabei keine unangemessenen Risikogeschäfte eingehen<br />
oder sonstige Handlungen verwirklichen, die mit nicht zu verantwortenden<br />
Risiken für das Unternehmen belastet sind.<br />
Im Rahmen seiner Überwachung hat der Aufsichtsrat zwar nicht jede einzelne<br />
Maßnahme des Tagesgeschäfts, einzelne Verträge, Abfindungen, Spenden<br />
etc. aufzugreifen. Er hat sich vielmehr auf die Überwachung der Leitung<br />
der Gesellschaft zu beschränken. Zu würdigen sind aber Einzelgeschäfte,<br />
wenn sie für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft von besonderer<br />
Bedeutung sind 1 , die Veräußerung oder der Erwerb wesentlicher Beteiligungen<br />
usw.<br />
dd) Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung<br />
Das Verfahren der Überwachung ist gesetzlich nicht geregelt. § 111 Abs. 2<br />
AktG bestimmt lediglich das Aufsichtsinstrumentarium. Für die Frage, ob der<br />
Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ein gerichtlich nicht überprüfbares<br />
Beratungs- und Überwachungsermessen hat, muss differenziert werden:<br />
Zu unterscheiden ist zwischen der nachträglichen, der begleitenden und<br />
der vorausschauenden Überwachung: In Bezug auf letztere hat der Aufsichtsrat<br />
ein weites Überwachungsermessen, da es um die Realisierung eines typischen<br />
Gestaltungsspielraumes der Unternehmensführung geht. Demgegenüber hat<br />
der Aufsichtsrat bei der ex post-Kontrolle (s. Rdnr. 92) schon getroffener Entscheidungen<br />
grundsätzlich kein unternehmerisches Ermessen und ist daher<br />
z.B. i.d.R. verpflichtet, gegen rechtswidriges Handeln der Geschäftsführung vorzugehen2<br />
. Ein Ermessen ist dem Aufsichtsrat dementsprechend z.B. bei der<br />
Frage der Einräumung eines Zustimmungsvorbehaltes nach § 111 Abs. 4 Satz 2<br />
AktG grundsätzlich zuzubilligen. Aber auch dieses Ermessen kann sich im Einzelfall,<br />
etwa bei gesetzwidrigen Handlungen der Geschäftsführer, zu einer bestimmten<br />
Handlungspflicht verdichten („Ermessensreduzierung auf Null“) 3 .<br />
Zur Konkretisierung der rechtlichen Mindestanforderungen an eine sorgfältige<br />
Überwachung und zur Konkretisierung der Erwartungen im Rahmen des Beratungs-<br />
und Überwachungsermessens ist vorgeschlagen worden, „Grundsätze<br />
ordnungsmäßiger Überwachung“ zu entwickeln 4 . Allgemeine Grundsätze sol-<br />
1 LG Stuttgart, DB 1999, 2462.<br />
2 Für die AG: BGHZ 135, 244 ff.; Thümmel, DB 1999, 885 ff.; Schaefer/Missling, NGZ<br />
1998, 441, 446; s. auch Götz, NJW 1997, 3275 ff.; Horn, ZIP 1997, 1129 ff.; Jaeger/<br />
Trölitzsch, ZIP 1997, 1157 ff.; Lutter, ZIP 1995, 441 f.; Raiser, NJW 1996, 552 ff.; Henze,<br />
NJW 1998, 3312 ff.; a.A. die Vorinstanz zum BGH OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995,<br />
1371 ff.; <strong>Dr</strong>eher, ZHR 159 (1995), 614 ff.<br />
3 BGHZ 124, 111, 127; BGH, WM 1994, 22 = JZ 1994, 680 mit Anm. Schön; s. auch LG<br />
Düsseldorf, AG 1994, 326 (AG); LG Bielefeld, BB 1999, 2632; Semler, AG 1983, 141 ff.;<br />
Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 17; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats,<br />
4. Aufl., Rdnr. 106; einschränkend Götz, ZGR 1990, 633, 637; s. auch Rdnr. 143.<br />
4 Theisen, Die Überwachung der Unternehmensführung, 1987; Theisen, Information und<br />
Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2007; Peltzer, in: Hommelhoff/Rowedder/<br />
Uwe H. Schneider | 3037<br />
100<br />
101<br />
102