Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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80 81 82 83 84 §52 Aufsichtsrat III. Die Stellung und die Aufgaben des Aufsichtsrats 1. Der Aufsichtsrat als Innenorgan Der Aufsichtsrat ist ein Organ der Gesellschaft 1 . Dem Aufsichtsrat und nicht seinen einzelnen Mitgliedern sind innerhalb der Entscheidungsorganisation der Gesellschaft bestimmte Zuständigkeiten und Aufgaben zugeordnet, deren Wahrnehmung am Gesellschaftsinteresse auszurichten ist (institutioneller Organbegriff). Das Verhalten seiner Mitglieder wird, soweit sie als Amtsträger tätig sind, der Gesellschaft zugerechnet (funktioneller Organbegriff). Der Aufsichtsrat ist jedoch nicht selbst Korporation, er ist weder „teilrechtsfähig“ noch „teilpflichtenfähig“; er ist damit auch nicht „teilvermögensfähig“ 2 . Er ist nur eine Wirkungseinheit der juristischen Person: GmbH. Zur Parteifähigkeit s. Rdnr. 552. Die Stellung und die Aufgaben des Aufsichtsrats in der GmbH lassen sich nicht einheitlich beschreiben. Vielmehr bestehen große Unterschiede zwischen dem fakultativen Aufsichtsrat, dem Aufsichtsrat nach DrittelbG und dem Aufsichtsrat nach MitbestG. Die Stellung des fakultativen Aufsichtsrats ergibt sich aus den aktienrechtlichen Normen, auf die § 52 verweist. Im Übrigen sind seine Stellung und seine Aufgaben von dem Willen der Gesellschafter abhängig, soweit er in der Satzung Gestalt gewonnen hat. Beim obligatorischen Aufsichtsrat ist dies von den jeweiligen zwingenden Regelungen abhängig. Zugleich ergeben sich aus den unterschiedlichen Ordnungsprinzipien und aus der im Vergleich zur Hauptversammlung und zum Vorstand einer AG grundsätzlich anderen Stellung der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführer im Entscheidungsgefüge der GmbH nachhaltige Unterschiede im Vergleich zum Aufsichtsrat der AG. Behält man dies im Auge, so lassen sich doch eine Reihe typischer Merkmale des Aufsichtsrats festhalten: Der Aufsichtsrat ist kein Außenorgan, sondern ein Innenorgan der Gesellschaft. Er ist am internen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess beteiligt. Er hat nur ganz ausnahmsweise die Aufgabe, die Gesellschaft gegenüber Dritten zu vertreten (s. Rdnr. 173). Hiervon abgesehen ist er nicht befugt, Verbindung zu Geschäftspartern 3 , Behörden usw. aufzunehmen, um etwa Informationen zu beschaffen oder weiterzugeben. Der Aufsichtsrat ist kein zweites Geschäftsführungsorgan, sondern in erster Linie ein Beratungs- und Kontrollorgan. Seine Aufgaben im Verhältnis zu den Geschäftsführern werden wesentlich durch die Lage der Gesellschaft bestimmt. 1 Zum Organbegriff s. auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, 1980, S. 212; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 150; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 63 ff.; Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss im Gesellschaftsrecht, 2000, S. 157 ff. 2 A.A.: Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288; gegen Teilrechtsfähigkeit auch Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 271; Teichmann, in: FS Mühl, 1981, S. 663, 667. 3 OLG Zweibrücken, AG 1991, 70; s. auch Rdnr. 128. 3032 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 Der Aufsichtsrat ist teilweise zugleich das Bestellorgan für die Geschäftsführer (s. Rdnr. 164). Der Aufsichtsrat ist somit kein Organ, dessen Mitglieder lediglich Repräsentationsaufgaben erfüllen. Die Aufsichtsratsmitglieder sind vielmehr mit einer großen unternehmerischen Mitverantwortung 1 (s. aber auch Rdnr. 144) und daran anknüpfend mit einer Vielzahl von Pflichten belastet. Das erwartete hohe Maß an Sorgfalt stellt entsprechende Anforderungen an die Ausbildung, an die Erfahrung und an die Fähigkeiten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder (s. Rdnr. 516). Die Aufsichtsratsmitglieder sind in der Regel gegenüber der Gesellschaft steuerrechtlich selbständig 2 , und zwar nur im Nebenamt tätig 3 . Das ist bei den Aufgaben des Organs und der Umschreibung der Pflichten seiner Mitglieder zu berücksichtigen. a) Die Überwachung aa) Gegenstand der Überwachung Zu den wichtigsten und daher auch unabdingbaren Aufgaben des Aufsichtsrats gehört die Überwachung der Geschäftsführung, § 52 i.V.m. § 111 AktG. Für die „Geschäftsführung“ sind in der Regel die Geschäftsführer zuständig. Deren Tätigkeit unterliegt zugleich der Überwachung der Gesellschafterversammlung. Die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung ergänzen sich; denn weder durch die freiwillige Einrichtung eines Aufsichtsrats noch durch den obligatorischen Aufsichtsrat verliert die Gesellschafterversammlung die Befugnisse zur selbständigen Überwachung der Geschäftsführer4 . bb) Keine Überwachung der Gesellschafterversammlung Bei der Aktiengesellschaft obliegt die Geschäftsführung dem Vorstand, und 88 zwar nur dem Vorstand. Nur ganz ausnahmsweise kann nach § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG und nach § 119 Abs. 2 AktG über Fragen der Geschäftsführung die Hauptversammlung angerufen werden. Überwachung der Geschäftsführung bedeutet daher bei der Aktiengesellschaft Überwachung der Geschäftsführung durch den Vorstand. Bei der GmbH ist die Lage anders. Und daraus ergibt sich ein wesentlicher Unterschied in den Aufgaben des Aufsichtsrats. Zum einen entscheiden bei der GmbH die Gesellschafter über die Grundzüge der Geschäftspolitik (s. bei § 37 Rdnr. 10; str.). Zum zweiten fallen ungewöhnliche 1 Götz, ZGR 1990, 656. 2 BFH, GmbHR 1997, 375. 3 S. auch Mülbert, in: Feddersen/Hommelhoff/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Corporate Governance, 1996, S. 99, 102. 4 Für die nach MitbestG mitbestimmte GmbH: BGHZ 135, 48 = GmbHR 1997, 829; Semler, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 66; Zöllner, ZGR 1977, 319. Uwe H. Schneider | 3033 85 86 87

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III. Die Stellung und die Aufgaben des Aufsichtsrats<br />

1. Der Aufsichtsrat als Innenorgan<br />

Der Aufsichtsrat ist ein Organ der Gesellschaft 1 . Dem Aufsichtsrat und nicht<br />

seinen einzelnen Mitgliedern sind innerhalb der Entscheidungsorganisation der<br />

Gesellschaft bestimmte Zuständigkeiten und Aufgaben zugeordnet, deren<br />

Wahrnehmung am Gesellschaftsinteresse auszurichten ist (institutioneller Organbegriff).<br />

Das Verhalten seiner Mitglieder wird, soweit sie als Amtsträger<br />

tätig sind, der Gesellschaft zugerechnet (funktioneller Organbegriff). Der Aufsichtsrat<br />

ist jedoch nicht selbst Korporation, er ist weder „teilrechtsfähig“ noch<br />

„teilpflichtenfähig“; er ist damit auch nicht „teilvermögensfähig“ 2 . Er ist nur<br />

eine Wirkungseinheit der juristischen Person: GmbH. Zur Parteifähigkeit s.<br />

Rdnr. 552.<br />

Die Stellung und die Aufgaben des Aufsichtsrats in der GmbH lassen sich nicht<br />

einheitlich beschreiben. Vielmehr bestehen große Unterschiede zwischen dem<br />

fakultativen Aufsichtsrat, dem Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG und dem Aufsichtsrat<br />

nach MitbestG. Die Stellung des fakultativen Aufsichtsrats ergibt sich aus<br />

den aktienrechtlichen Normen, auf die § 52 verweist. Im Übrigen sind seine<br />

Stellung und seine Aufgaben von dem Willen der Gesellschafter abhängig, soweit<br />

er in der Satzung Gestalt gewonnen hat. Beim obligatorischen Aufsichtsrat<br />

ist dies von den jeweiligen zwingenden Regelungen abhängig. Zugleich ergeben<br />

sich aus den unterschiedlichen Ordnungsprinzipien und aus der im Vergleich<br />

zur Hauptversammlung und zum Vorstand einer AG grundsätzlich anderen<br />

Stellung der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführer im Entscheidungsgefüge<br />

der GmbH nachhaltige Unterschiede im Vergleich zum Aufsichtsrat<br />

der AG.<br />

Behält man dies im Auge, so lassen sich doch eine Reihe typischer Merkmale<br />

des Aufsichtsrats festhalten:<br />

Der Aufsichtsrat ist kein Außenorgan, sondern ein Innenorgan der Gesellschaft.<br />

Er ist am internen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess beteiligt.<br />

Er hat nur ganz ausnahmsweise die Aufgabe, die Gesellschaft gegenüber <strong>Dr</strong>itten<br />

zu vertreten (s. Rdnr. 173). Hiervon abgesehen ist er nicht befugt, Verbindung<br />

zu Geschäftspartern 3 , Behörden usw. aufzunehmen, um etwa Informationen<br />

zu beschaffen oder weiterzugeben.<br />

Der Aufsichtsrat ist kein zweites Geschäftsführungsorgan, sondern in erster<br />

Linie ein Beratungs- und Kontrollorgan. Seine Aufgaben im Verhältnis zu den<br />

Geschäftsführern werden wesentlich durch die Lage der Gesellschaft bestimmt.<br />

1 Zum Organbegriff s. auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, 1980, S. 212; H. P.<br />

Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften,<br />

1970, S. 150; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 63 ff.;<br />

Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss im Gesellschaftsrecht, 2000, S. 157 ff.<br />

2 A.A.: Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288; gegen Teilrechtsfähigkeit auch Häsemeyer,<br />

ZHR 144 (1980), 265, 271; Teichmann, in: FS Mühl, 1981, S. 663, 667.<br />

3 OLG Zweibrücken, AG 1991, 70; s. auch Rdnr. 128.<br />

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