Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Aufsichtsrat §52<br />
innere Ordnung des Aufsichtsrats, also die §§ 107–109 AktG 1 . Nicht entsprechend<br />
anwendbar sind dagegen § 89, §§ 96–99, § 115, § 147, § 172, §§ 399, 400,<br />
404 Abs. 1 Nr. 1 AktG.<br />
b) Soweit für den obligatorischen Aufsichtsrat durch § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG<br />
oder durch § 25 MitbestG auf aktienrechtliche Vorschriften verwiesen wird, ist<br />
die Anwendung dieser Vorschriften einseitig zwingend. Die Satzungsautonomie<br />
wird durch die unternehmensrechtlichen Normen begrenzt. Durch Regelungen<br />
in der Satzung dürfen die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmervertreter im<br />
Aufsichtsrat nicht beeinträchtigt werden 2 . Wohl aber können dem nach <strong>Dr</strong>ittelbG<br />
obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH zusätzliche Befugnisse und Aufgaben<br />
zugewiesen werden 3 . Zu denken ist an alle Befugnisse des Aufsichtsrats<br />
der Aktiengesellschaft, also die Bestellung, Abberufung und Wiederbestellung<br />
von Geschäftsführern, das Recht zur Mitentscheidung über den Jahresabschluss<br />
usw. Die Grenze bildet § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG (s. Rdnr. 132). Voraussetzung<br />
ist jedoch eine Änderung der Satzung. Vereinbarungen mit <strong>Dr</strong>itten, die durch<br />
die Geschäftsführung abgeschlossen werden, haben keine organisationsrechtliche<br />
Wirkung 4 .<br />
Ebenso wie bei der Verweisung in § 52 für den fakultativen Aufsichtsrat kann<br />
es sich auch bei der Verweisung in § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG und in § 25<br />
MitbestG nur um eine sinngemäße Übertragung der aktienrechtlichen Vorschriften<br />
handeln. Durch die zwingende Einrichtungsverpflichtung und durch<br />
die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern sollte der Aufsichtsrat der GmbH<br />
nicht dieselbe Stellung wie der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft erhalten,<br />
mögen auch die Gemeinsamkeiten, insbesondere beim Aufsichtsrat nach MitbestG,<br />
größer sein.<br />
Soweit es sich dabei um Fragen handelt, die für die Mitwirkung der Arbeitnehmervertreter<br />
nicht bedeutsam sind, sind bei der Anwendung und Auslegung der<br />
aktienrechtlichen Vorschriften sowie bei der Lückenfüllung die Besonderheiten<br />
der Entscheidungsstruktur der GmbH in vollem Umfang zu beachten. Insbesondere<br />
ist daran zu denken, dass auch in der mitbestimmten GmbH die Gesellschafterversammlung<br />
das originäre Entscheidungszentrum für alle unternehmensleitenden<br />
Entscheidungen geblieben ist. Soweit die Fragen jedoch die<br />
Mitwirkung der Arbeitnehmervertreter beeinflussen, ist vor allem im Anwendungsbereich<br />
des MitbestG streitig, ob „die Politik des Mitbestimmungsgesetzes“<br />
bei der Auslegung und Lückenfüllung Vorrang haben soll. Danach wäre im<br />
Einzelfall die Auslegung geboten, die eine gleichberechtigte und gleichgewich-<br />
1 Eb. Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 22; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 18; zur entsprechenden<br />
Anwendung von § 108 Abs. 2 Satz 4 AktG: BGH, WM 1983, 836; zur analogen<br />
Anwendung von § 101 Abs. 3 AktG s. bei Rdnr. 227; a.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck,<br />
Rdnr. 79 (nicht automatisch, teilweise aber aus der Natur der Sache).<br />
2 OLG Bremen, NJW 1977, 1154; Biedenkopf/Säcker, ZfA 1971, 262.<br />
3 OLG Bremen, NJW 1977, 1154; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 232; Th. Raiser,<br />
ZGR 1976, 108.<br />
4 Zu den Mitbestimmungsvereinbarungen: Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis,<br />
8. Aufl., S. 160; Th. Raiser, BB 1977, 1468; Wlotzke/Wißmann, DB 1981, 623; Mertens,<br />
AG 1982, 141; Hommelhoff, ZHR 148 (1984), 118.<br />
Uwe H. Schneider | 3029<br />
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