28.11.2012 Aufrufe

Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung §64<br />

verschleppungsschaden geringer ist, ist eine Frage des Gegenbeweises im Einzelfall<br />

(Rdnr. 57).<br />

4. Der kritische Zeitpunkt<br />

Die Haftung nach § 64 Satz 1 setzt voraus, dass im Zeitpunkt, in dem die<br />

Zahlungen „geleistet“ werden, materielle Insolvenz eingetreten ist 1 . Es kommt<br />

auf den Zeitpunkt des zurechenbaren Verhaltens an (z.B. Überweisung, Scheckeinreichung,<br />

Nicht-Widerruf einer Lastschriftermächtigung), nicht auf den<br />

Zeitpunkt der Erfüllungswirkung. Nach § 64 Satz 1 entscheidet der „Eintritt“<br />

der Zahlungsunfähigkeit (Rdnr. 35) oder die „Feststellung“ der Überschuldung<br />

(Rdnr. 36).<br />

a) Zahlungsunfähigkeit ist definiert in § 17 Abs. 2 InsO (dazu Vor § 64<br />

Rdnr. 6 f.). Der objektive Eintritt der Zahlungsunfähigkeit genügt.<br />

b) Der Tatbestand der Überschuldung ergibt sich aus § 19 Abs. 2 InsO (dazu<br />

Vor § 64 Rdnr. 15 f.). Der Tatbestand des § 19 Abs. 2 InsO ist auch für § 64<br />

Satz 1 in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar verbindlich 2 . Der Gesetzeswortlaut<br />

stellt, wie schon vor dem MoMiG, hinsichtlich der Überschuldung<br />

nicht auf deren „Eintritt“, sondern auf deren „Feststellung“ ab. Diese Formulierung<br />

geht zurück auf die frühere Rechtslage, die bis 1986 3 für den Überschuldungsbegriff<br />

noch auf dessen bilanzielle Feststellung abgestellt hatte 4 . Das<br />

Merkmal ist obsolet 5 . Auch bei der Überschuldung genügt also deren objektiver<br />

Eintritt. Die „Erkennbarkeit“, auf die BGHZ 143, 184, 185 stattdessen abstellt 6 ,<br />

sollte als eine Frage des Verschuldens angesehen werden (Rdnr. 46 f.), nicht des<br />

objektiven Tatbestands.<br />

c) Keine <strong>Dr</strong>eiwochenfrist: Die <strong>Dr</strong>eiwochenfrist des § 15a Abs. 1 InsO (vor dem<br />

MoMiG § 64 Abs. 1) gilt nicht für § 64 7 . Das muss nicht zu sanierungsfeindlichen<br />

Ergebnissen führen und steht nicht im Widerspruch zu dem hier vertretenen<br />

Zusammenhang mit § 15a InsO (Rdnr. 14). Solange die <strong>Dr</strong>eiwochenfrist für<br />

Sanierungsbemühungen genutzt werden darf (Anh. § 64 Rdnr. 32), können Zahlungen<br />

mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sein (vgl.<br />

§ 64 Satz 2 und dazu Rdnr. 41) 8 . Dann greift § 64 Satz 1 im Ergebnis nicht ein.<br />

1 BGH, GmbHR 2009, 654 = ZIP 2009, 860; Bork, NZG 2009, 775.<br />

2 Vgl. für § 64 Abs. 2 a.F. und für den von 1998 bis 2008 geltenden Überschuldungsbegriff<br />

des § 19 Abs. 2 InsO 1994 BGH, DStR 2006, 2186 mit Anm. Goette = GmbHR 2006,<br />

1334 = ZIP 2006, 2171.<br />

3 Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 18. 5. 1986 (BGBl. I<br />

1086, 721).<br />

4 BGHZ 143, 184, 185 = GmbHR 2000, 182 = NJW 2000, 668 = ZIP 2000, 184.<br />

5 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 6; Wicke, Rdnr. 20; h.M.<br />

6 Dem folgend Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 7; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen,<br />

Rdnr. 6.<br />

7 BGHZ 143, 184, 188 f. = GmbHR 2000, 182, 184 = NJW 2000, 668, 669 = ZIP 2000, 184,<br />

186: Die <strong>Dr</strong>eiwochenfrist sei von § 64 (Abs. 2. a.F.) „miterfasst“; BGH, NJW 2009, 1598<br />

= ZIP 2009, 860, 861; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 2; Bork, NZG 2009, 775.<br />

8 Vgl. Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZHR 168 (2004), 637, 638; Wicke, Rdnr. 21.<br />

Karsten <strong>Schmidt</strong> | 4175<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!