Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung §64<br />
„Zahlungen“ ähnlich wie bei § 30 Satz 1: Der Begriff ist teleologisch im Lichte<br />
des Gläubigerschutzes durch Masseerhaltung zu verstehen. Im Einzelnen ist<br />
vieles streitig.<br />
a) Geldleistungen und Nicht-Geldleistungen als „Zahlungen“: Zahlungen i.S.<br />
von § 64 sind zunächst Geldleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen, sei es<br />
als Barzahlungen (Übereignung von Sachgeld), sei es durch Verschaffung von<br />
Buchgeld (dazu Rdnr. 25 ff.) 1 . Nicht-Geldleistungen können „Zahlungen“ i.S.<br />
von § 64 Satz 1 sein 2 , wenn sie im masseschmälernden Transfer aus dem Gesellschaftsvermögen<br />
bestehen (zu dieser Voraussetzung vgl. Rdnr. 22). Beispielsweise<br />
gehören hierher: Leistungen an Zahlungs statt oder zahlungshalber 3 . Insbesondere<br />
eine Forderungsabtretung kann „Zahlung“ i.S. von § 64 Satz 1 sein 4 ,<br />
ebenso kann jede sonstige Übertragung von Wirtschaftsgütern (Immobilien,<br />
Waren, gewerblichen Schutzrechten) eine „Zahlung“ darstellen 5 , nach manchen<br />
sogar die Leistung von Diensten (dagegen aber Rdnr. 22) 6 . In diesen Fällen ist<br />
allerdings besonders auf die Frage zu achten, ob nicht ein Bargeschäft vorliegt<br />
(Rdnr. 31). Eine von der Gesellschaft erklärte Aufrechnung (§§ 387, 389 BGB)<br />
bzw. ein Verrechnungsvertrag kann unter § 64 Satz 1 fallen.<br />
b) Nicht jede masseschmälernde Rechtshandlung ist eine „Zahlung“ i.S. von<br />
§ 64 Satz 1. Das ist allerdings keineswegs selbstverständlich. Wenn man in § 64<br />
Satz 1 ein spezifisches Verbot sehen will (dazu aber Rdnr. 9), dann kann es sich<br />
nur um ein Verbot der Masseschmälerung handeln (Rdnr. 11) 7 . Die Masseschmälerung<br />
im Allgemeinen ist aber unabhängig von § 64 Satz 1 bereits von<br />
der Insolvenzverschleppungshaftung erfasst, denn sie vergrößert den nach § 15a<br />
InsO, § 823 Abs. 2 BGB, § 130a Abs. 2 HGB zu ersetzenden Quotenschaden<br />
(Anh. § 64 Rdnr. 81). Aber die spezifische Funktion des § 64 Satz 1 (bzw. § 130a<br />
Abs. 1 Satz 1 HGB), nämlich die Beweiserleichterung bei der haftungsausfüllenden<br />
Kausalität (Rdnr. 18) passt nur bei dem vom Gesetz ungenau als „Zahlung“<br />
bezeichneten typischen Sachverlauf. Vermögensschmälerungen, die nicht auf<br />
diesem typischen Verlauf beruhen, gehen im allgemeinen Insolvenzverschleppungsschaden<br />
(Anh. § 64 Rdnr. 81) auf. Das bedeutet:<br />
aa) Nur echter Vermögenstransfer kann unter § 64 Satz 1 fallen. Daran fehlt es,<br />
wenn weder Bargeld noch Buchgeld noch ein sonstiges Wirtschaftsgut übertragen<br />
wird. Keine Zahlung ist deshalb die bloße Leistung von Diensten (im Gegensatz<br />
zu Werkleistungen) 8 oder eine bloße Unterlassung, nicht einmal die<br />
1 Vgl. statt vieler Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84.<br />
2 Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84; Nerlich, in: Michalski, Rdnr. 42; Altmeppen, in: Roth/<br />
Altmeppen, Rdnr. 11.<br />
3 Vgl. auch zur Begebung eines Schecks Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84.<br />
4 Vgl. Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84; Wicke, Rdnr. 20: Übertragung von Rechten.<br />
5 Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 7; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84.<br />
6 So jedenfalls OLG Düsseldorf, GmbHR 1996, 616, 619 = NJW-RR 1996, 1443, 1445;<br />
Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 7; Wicke, Rdnr. 20.<br />
7 Vgl. denn auch Altmeppen, ZIP 2001, 2201, 2206 ff.; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 77<br />
m.w.N.<br />
8 A.M. OLG Düsseldorf, GmbHR 1996, 616, 619 = NJW-RR 1996, 1443, 1445; Schulze-<br />
Osterloh, in: FS Bezzenberger, 2000, S. 415, 424; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 84; Kleindiek,<br />
in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 7.<br />
Karsten <strong>Schmidt</strong> | 4169<br />
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