Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 spruch auf Änderung der Gesellschafterliste besteht, andererseits aber unter Hinweis auf eigene Haftungsgefahren die Erfüllung dieses Anspruchs ablehnen und nur „zur Sicherheit“ einen Widerspruch beantragen 1 . Haben die Mitgesellschafter Zweifel an der Richtigkeit der Gesellschafterliste, so haben sie die Geschäftsführung zu einer Prüfung und ggf. Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste anzuhalten. Ist für die Geschäftsführer die materielle Rechtslage nicht mit hinreichender Sicherheit aufzuklären, können diese gegenüber dem möglichen Prätendenten anregen, den Erlass eines Widerspruchs im einstweiligen Verfügungsverfahren zu beantragen. d) Widerspruch im Einvernehmen von Veräußerer und Erwerber Die Zuordnung eines Widerspruchs zu der Gesellschafterliste ist auch auf der Grundlage einer einseitigen Bewilligung (als materiell-rechtliche Erklärung) oder einer Vereinbarung zwischen dem in der Gesellschafterliste eingetragenen Veräußerer und dem Erwerber bzw. Dritten zulässig, und zwar unabhängig davon, ob die dem Widerspruch zugeordnete Listeneintragung zu diesem Zeitpunkt materiell rechtlich unrichtig ist2 . Bei einer einvernehmlichen Bewilligung des Widerspruchs durch den Eingetragenen sind keine weiteren Nachweise zu verlangen und dem Registergericht kommt auch keine Prüfungskompetenz über die materielle Rechtslage oder die materielle Berechtigung des Widerspruchs zu3 . Das Registergericht kann aber überprüfen, ob die Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet, (formal) wirksam ist. Insoweit kann das Registergericht auch kontrollieren, ob die Bewilligung von dem Listenberichtigten stammt. Die Bewilligung ist daher (nämlich zur Ermöglichung einer registergerichtlichen Prüfung) und entsprechend der Wertung des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO in öffentlich beglaubigter Form (analog § 12 Abs. 1 HGB) zusammen mit dem Widerspruch und dem Antrag auf Zuordnung einzureichen4 95 . In der Praxis wird eine Widerspruchszuordnung trotz materiell-rechtlicher Richtigkeit der Listeneintragung vor allem in zwei Fällen vorkommen, nämlich (i) zum Schutz des Erwerbers vor Zwischenverfügungen des Veräußerers bei aufschiebend bedingten oder befristeten Abtretungen von Geschäftsanteilen oder bei Bestehen von Rechtsbedingungen (s. auch Rdnr. 83) oder (ii) zur Sicherung eines späteren Rückerwerbs durch den Veräußerer, insbesondere bei der treuhänderischen Abtretung von Geschäftsanteilen oder bei der Sicherungsübertragung von Geschäftsanteilen aus Finanzierungsgründen. 1 Zutr. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 74; Wiersch, S. 125; a.A. aber Harbarth, ZIP 2008, 57, 61; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13 Rdnr. 119; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 422 f.; Kort, GmbHR 2009, 169, 175; Wachter, in: Römermann/Wachter, GmbH-Beratung nach dem MoMiG, GmbHR-Sonderheft 2008, S. 51, 60. 2 Ebenso Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 72; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 70; Wachter, ZNotP 2008, 378, 397; Wicke, NotBZ 2009, 1, 15. 3 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 73; offen lassend LG Köln, ZIP 2009, 1915. 4 Zirngibl, in: Bunnemann/Zirngibl, Auswirkungen des MoMiG auf bestehende GmbHs, 2008, § 4 Rdnr. 52; a.A. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2007, 735, 739. Seibt | 3385
§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel e) Aufnahme neuer Gesellschafterliste nach Zuordnung eines Widerspruchs Da das Registergericht einen elektronisch eingereichten Widerspruch mit einer bestimmten, im elektronischen Registerordner eingestellten Gesellschafterliste verbindet, stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen, wenn nach der Zuordnung eines Widerspruchs gegen eine bestimmte Eintragung eine weitere materiell-rechtlich unrichtige Gesellschafterliste im Handelsregister aufgenommen wird1 . Der Kreis der möglichen Praxisfälle ist groß und reicht von einer vom betreffenden Nichtberechtigten selbst veranlassten neuen, in dem den Widerspruch betreffenden Punkt allerdings ungeänderten Gesellschafterliste, über Fälle, in denen auf Grund eines Geschäfts eines Drittgesellschafters der mitwirkende Notar eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, bis hin zu Fällen, in denen der Geschäftsführer der Gesellschaft unabsichtlich eine neue, erneut in dem den Widerspruch betreffenden Punkt fehlerhafte (aber in anderer Form fehlerhaften) Gesellschafterliste einreicht. In allen diesen Fällen beschränkt sich die rechtsscheinzerstörende Wirkung des Widerspruchs alleine auf die ihm zugeordnete Gesellschafterliste und erstreckt sich nicht automatisch auf spätere, im Handelsregister aufgenommene Listen2 . Für ein solches konkretes Zuordnungsverhältnis vom Widerspruch zur Gesellschafterliste spricht zunächst der Wortlaut der Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 3, der für den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs voraussetzt, dass der Widerspruch „der Liste“ zugeordnet ist. Dies macht es nicht nahe liegend, die durch den Widerspruch zunächst in Bezug genommene Gesellschafterliste und später im Handelsregister aufgenommene Listen als eine Einheit, gleichsam als „die Liste“ zu begreifen. Selbst bei Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten ist zu beachten, dass sich ein Erwerb vom Nichtberechtigten allein auf der Basis der zeitlich Letzten im Registerordner eingestellten Liste vollziehen kann. Entscheidend gegen die Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten in der Weise, dass ein einer bestimmten Gesellschafterliste zugeordnete Widerspruch auch den gutgläubigen Erwerb auf der Grundlage einer zeitlich später eingestellten Liste ausschließt, sprechen aber Wertungsüberlegungen: Der Rechtsbehelf des Widerspruchs würde nämlich bei Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten das Rechtserhaltungsinteresse des Berechtigten in höherem Maße schützen, als dies durch die Einreichung einer richtigen Gesellschafterliste der Fall wäre, da im letzteren Fall ein Rechtsverlust auf der Grundlage einer zeitlich später eingereichten, dann wieder unrichtigen Liste erfolgen könnte3 96 . Zudem würde dieser Bedeutungszuwachs des Widerspruchs zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Verkehrsinteressen führen. Mit Einstellung einer im Hinblick auf eine vom Widerspruch in Bezug genommenen Eintragung unrichtigen Gesellschafterliste entsteht die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste mit der Folge neu, dass für den Beginn der 3-Jahres-Frist auf den Zeitpunkt der Aufnahme der neuen Gesellschafterliste im Handelsregister abzustellen ist. Deshalb ist ein gutgläubiger Erwerb nach dem reinen Rechtsscheinsprinzip frühestens drei Jahre nach dem Zeitpunkt möglich, ein früherer gutgläubiger 1 Hierzu Wiersch, S. 126 ff. 2 Ebenso Wiersch, S. 128 ff. 3 Ebenso Wiersch, S. 128 f. 3386 | Seibt
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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />
e) Aufnahme neuer Gesellschafterliste nach Zuordnung eines Widerspruchs<br />
Da das Registergericht einen elektronisch eingereichten Widerspruch mit einer<br />
bestimmten, im elektronischen Registerordner eingestellten Gesellschafterliste<br />
verbindet, stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen, wenn nach der Zuordnung<br />
eines Widerspruchs gegen eine bestimmte Eintragung eine weitere materiell-rechtlich<br />
unrichtige Gesellschafterliste im Handelsregister aufgenommen<br />
wird1 . Der Kreis der möglichen Praxisfälle ist groß und reicht von einer vom<br />
betreffenden Nichtberechtigten selbst veranlassten neuen, in dem den Widerspruch<br />
betreffenden Punkt allerdings ungeänderten Gesellschafterliste, über<br />
Fälle, in denen auf Grund eines Geschäfts eines <strong>Dr</strong>ittgesellschafters der mitwirkende<br />
Notar eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht,<br />
bis hin zu Fällen, in denen der Geschäftsführer der Gesellschaft unabsichtlich<br />
eine neue, erneut in dem den Widerspruch betreffenden Punkt fehlerhafte (aber<br />
in anderer Form fehlerhaften) Gesellschafterliste einreicht. In allen diesen Fällen<br />
beschränkt sich die rechtsscheinzerstörende Wirkung des Widerspruchs<br />
alleine auf die ihm zugeordnete Gesellschafterliste und erstreckt sich nicht<br />
automatisch auf spätere, im Handelsregister aufgenommene Listen2 . Für ein<br />
solches konkretes Zuordnungsverhältnis vom Widerspruch zur Gesellschafterliste<br />
spricht zunächst der Wortlaut der Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 3, der für<br />
den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs voraussetzt, dass der Widerspruch<br />
„der Liste“ zugeordnet ist. Dies macht es nicht nahe liegend, die durch den<br />
Widerspruch zunächst in Bezug genommene Gesellschafterliste und später im<br />
Handelsregister aufgenommene Listen als eine Einheit, gleichsam als „die Liste“<br />
zu begreifen. Selbst bei Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten ist<br />
zu beachten, dass sich ein Erwerb vom Nichtberechtigten allein auf der Basis<br />
der zeitlich Letzten im Registerordner eingestellten Liste vollziehen kann. Entscheidend<br />
gegen die Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten in der<br />
Weise, dass ein einer bestimmten Gesellschafterliste zugeordnete Widerspruch<br />
auch den gutgläubigen Erwerb auf der Grundlage einer zeitlich später eingestellten<br />
Liste ausschließt, sprechen aber Wertungsüberlegungen: Der Rechtsbehelf<br />
des Widerspruchs würde nämlich bei Annahme einer Einheit der Gesellschafterlisten<br />
das Rechtserhaltungsinteresse des Berechtigten in höherem Maße<br />
schützen, als dies durch die Einreichung einer richtigen Gesellschafterliste der<br />
Fall wäre, da im letzteren Fall ein Rechtsverlust auf der Grundlage einer zeitlich<br />
später eingereichten, dann wieder unrichtigen Liste erfolgen könnte3 96<br />
. Zudem<br />
würde dieser Bedeutungszuwachs des Widerspruchs zu einer unangemessenen<br />
Beeinträchtigung der Verkehrsinteressen führen. Mit Einstellung einer<br />
im Hinblick auf eine vom Widerspruch in Bezug genommenen Eintragung unrichtigen<br />
Gesellschafterliste entsteht die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste<br />
mit der Folge neu, dass für den Beginn der 3-Jahres-Frist auf den Zeitpunkt der<br />
Aufnahme der neuen Gesellschafterliste im Handelsregister abzustellen ist.<br />
Deshalb ist ein gutgläubiger Erwerb nach dem reinen Rechtsscheinsprinzip<br />
frühestens drei Jahre nach dem Zeitpunkt möglich, ein früherer gutgläubiger<br />
1 Hierzu Wiersch, S. 126 ff.<br />
2 Ebenso Wiersch, S. 128 ff.<br />
3 Ebenso Wiersch, S. 128 f.<br />
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