Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

otto.schmidt.de
von otto.schmidt.de Mehr von diesem Publisher
28.11.2012 Aufrufe

46 47 48 §52 Aufsichtsrat Hat die Gesellschaft bisher keinen Aufsichtsrat, so sind die §§ 97–99 AktG vom Wortlaut her nicht anzuwenden. Sie sind auf die Aktiengesellschaft zugeschnitten, die zwingend einen Aufsichtsrat hat. Weitgehend Einigkeit besteht aber über die sinngemäße Anwendung der genannten Bestimmungen 1 , wenn Übergang zu obligatorischem Aufsichtsrat erfolgen soll. Es bedarf daher entweder der entsprechenden Bekanntmachung oder der gerichtlichen Entscheidung. g) Freiwillige Einführung eines mitbestimmten Aufsichtsrats Auch wenn die Gesellschaft nicht durch Gesetz verpflichtet ist, einen mitbestimmten Aufsichtsrat einzuführen, können die Gesellschafter Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat wählen. Ein solches Vorgehen kann Umstrukturierungen, die zum Abschmelzen der Mitbestimmung führen, erleichtern. Zu Stimmbindungsvereinbarungen mit Dritten, z.B. einer Gewerkschaft, s. bei § 47. Die Gesellschafter können in der Satzung die Arbeitnehmereigenschaft zur Wählbarkeitsvoraussetzung machen. Zur Übertragung der Zuständigkeit zur Bestellung auf Dritte s. Rdnr. 223. 3. Die organisationsrechtliche Stellung anderer Gremien (Beirat, Verwaltungsrat) a) Die Fragestellung Im Blick auf die vielfältigen in der Praxis anzutreffenden Bezeichnungen (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat usw.) und bei Würdigung der ganz unterschiedlichen Ausgestaltung der Zusammensetzung und der Zuständigkeiten2 stellen sich drei Fragen, nämlich erstens, welche Aufgaben einem Organ mindestens übertragen sein müssen, damit es als Aufsichtsrat qualifiziert werden kann, zweitens, welche Aufgaben dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden dürfen, und drittens, ob es zulässig ist, neben dem Aufsichtsrat oder auch, ohne dass ein Aufsichtsrat gebildet wird, ein Organ einzurichten, das nicht die typischen Aufgaben eines Aufsichtsrats hat und welche Aufgaben diesem Organ gegebenenfalls übertragen werden können. b) Der schuldrechtliche Beirat Der fakultative Aufsichtsrat ist ein Organ der Gesellschaft, das nur durch einen organisationsrechtlichen Akt, in der Regel also durch die Satzung eingerichtet werden kann. Kein Aufsichtsrat i.S.v. § 52 ist daher der Beirat auf schuldrechtlicher Grundlage. Das ist ein Gremium, das durch einfachen Gesellschafterbeschluss3 49 oder auch durch die Geschäftsführer gebildet werden kann oder zu 1 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 15; Deutler, DB 1969, 691; a.A. Lutter/ Hommelhoff, Rdnr. 22. 2 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 6 ff.; Härer, Erscheinungsformen und Kompetenzen des Beirats in der GmbH, 1991; Mertens, in: FS Stimpel, 1985, S. 417; Hinterhuber/Minrath, BB 1991, 1201; Haack, BB 1993, 1607 (GmbH & Co. KG); Bea/Scheurer, DB 1996, 1193; Buth/Hermanns, DStR 1996, 597. 3 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 63. 3022 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 dessen Einrichtung sich die Gesellschaft in schuldrechtlichen Verträgen, z.B. in einem Darlehensvertrag oder in einer Konsortialvereinbarung, verpflichtet hat. Schuldrechtliche Beiräte haben keine organschaftlichen Befugnisse, etwa das Recht auf Bericht, und ihnen können keine organschaftlichen Befugnisse 1 zur Überwachung oder gar organschaftliche Weisungsbefugnisse übertragen werden. Auch solche schuldrechtlichen Beiräte sind zwar nicht auf die Beratung beschränkt 2 . Beschlüsse eines solchen Beirats, z.B. mit dem Begehren auf Information oder gar Beschlüsse zur Unternehmensleitung, insbesondere die Zustimmung oder deren Verweigerung zu bestimmten Maßnahmen, können aber nur schuldrechtliche Rechte und Pflichten (Ansprüche) auslösen. Auch kann die Nichtbeachtung entsprechender Beschlüsse zur Kündigung eines schuldrechtlichen Vertrages, etwa eines Darlehensvertrages aus wichtigem Grund berechtigen. Mitglieder eines schuldrechtlichen Beirats können auch juristische Personen sein. Diese werden dann durch ihr geschäftsführendes Organ vertreten. c) Originäre und zusätzliche Aufgaben des fakultativen Aufsichtsrats Einem statutarisch begründeten Aufsichtsrat3 können neben der Überwachung zusätzliche Aufgaben übertragen werden, ohne dass dadurch die Qualifizierung als Aufsichtsrat in Frage gestellt würde. Dazu gehört etwa die Begründung von Zustimmungsbefugnissen auf dem Gebiet der Unternehmensleitung, die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer usw. In welchem Umfang die Übertragung von Zuständigkeiten im Rahmen der Unternehmensleitung zulässig ist, ist streitig (s. dazu Rdnr. 160). Zu den Mindestaufgaben eines fakultativen Aufsichtsrats gehört die Überwachung und Beratung der Geschäftsführer 4 . Das schließt nicht aus, dass auch in der Satzung ein Gremium vorgesehen werden kann, dem die Überwachungsaufgabe fehlt (s. dazu Rdnr. 87). Ein Organ, das lediglich Beratungsfunktion hat, und das der Kontaktpflege zu Dritten dient, ist aber kein Aufsichtsrat i.S.v. § 52. Die Mitglieder eines solchen beratenden Beirats haften daher auch nicht entsprechend §§ 116, 93 AktG, wenn sie keine Überwachung vornehmen. d) Sonstige statutarische Gremien (Beirat usw.) aa) Teilweise wird in der Lehre die Ansicht vertreten, neben der Gesellschafterversammlung und den Geschäftsführern könne als drittes Organ nur ein Aufsichtsrat eingerichtet werden, nicht aber ein sonstiges Gesellschaftsorgan5 53 . Dem ist nicht zuzustimmen. Die Gestaltungsfreiheit erlaubt es vielmehr den 1 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 63; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 318. 2 So aber Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 63. 3 RGZ 146, 145: Ermächtigung zur Einrichtung im Gesellschaftsvertrag genügt; Thümmel, DB 1995, 2461. 4 Allg. Auff.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 86, 89; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 10; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 21. 5SoReuter, in: FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631. Uwe H. Schneider | 3023 50 51 52

Aufsichtsrat §52<br />

dessen Einrichtung sich die Gesellschaft in schuldrechtlichen Verträgen, z.B. in<br />

einem Darlehensvertrag oder in einer Konsortialvereinbarung, verpflichtet hat.<br />

Schuldrechtliche Beiräte haben keine organschaftlichen Befugnisse, etwa das<br />

Recht auf Bericht, und ihnen können keine organschaftlichen Befugnisse 1 zur<br />

Überwachung oder gar organschaftliche Weisungsbefugnisse übertragen werden.<br />

Auch solche schuldrechtlichen Beiräte sind zwar nicht auf die Beratung<br />

beschränkt 2 . Beschlüsse eines solchen Beirats, z.B. mit dem Begehren auf Information<br />

oder gar Beschlüsse zur Unternehmensleitung, insbesondere die Zustimmung<br />

oder deren Verweigerung zu bestimmten Maßnahmen, können aber<br />

nur schuldrechtliche Rechte und Pflichten (Ansprüche) auslösen. Auch kann<br />

die Nichtbeachtung entsprechender Beschlüsse zur Kündigung eines schuldrechtlichen<br />

Vertrages, etwa eines Darlehensvertrages aus wichtigem Grund berechtigen.<br />

Mitglieder eines schuldrechtlichen Beirats können auch juristische Personen<br />

sein. Diese werden dann durch ihr geschäftsführendes Organ vertreten.<br />

c) Originäre und zusätzliche Aufgaben des fakultativen Aufsichtsrats<br />

Einem statutarisch begründeten Aufsichtsrat3 können neben der Überwachung<br />

zusätzliche Aufgaben übertragen werden, ohne dass dadurch die Qualifizierung<br />

als Aufsichtsrat in Frage gestellt würde. Dazu gehört etwa die Begründung von<br />

Zustimmungsbefugnissen auf dem Gebiet der Unternehmensleitung, die Bestellung<br />

und Abberufung der Geschäftsführer usw. In welchem Umfang die<br />

Übertragung von Zuständigkeiten im Rahmen der Unternehmensleitung zulässig<br />

ist, ist streitig (s. dazu Rdnr. 160).<br />

Zu den Mindestaufgaben eines fakultativen Aufsichtsrats gehört die Überwachung<br />

und Beratung der Geschäftsführer 4 . Das schließt nicht aus, dass auch in<br />

der Satzung ein Gremium vorgesehen werden kann, dem die Überwachungsaufgabe<br />

fehlt (s. dazu Rdnr. 87). Ein Organ, das lediglich Beratungsfunktion hat,<br />

und das der Kontaktpflege zu <strong>Dr</strong>itten dient, ist aber kein Aufsichtsrat i.S.v.<br />

§ 52. Die Mitglieder eines solchen beratenden Beirats haften daher auch nicht<br />

entsprechend §§ 116, 93 AktG, wenn sie keine Überwachung vornehmen.<br />

d) Sonstige statutarische Gremien (Beirat usw.)<br />

aa) Teilweise wird in der Lehre die Ansicht vertreten, neben der Gesellschafterversammlung<br />

und den Geschäftsführern könne als drittes Organ nur ein Aufsichtsrat<br />

eingerichtet werden, nicht aber ein sonstiges Gesellschaftsorgan5 53<br />

.<br />

Dem ist nicht zuzustimmen. Die Gestaltungsfreiheit erlaubt es vielmehr den<br />

1 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 63; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 318.<br />

2 So aber Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 63.<br />

3 RGZ 146, 145: Ermächtigung zur Einrichtung im Gesellschaftsvertrag genügt; Thümmel,<br />

DB 1995, 2461.<br />

4 Allg. Auff.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 86, 89; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 10;<br />

Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 21.<br />

5SoReuter, in: FS 100 Jahre <strong>GmbHG</strong>, 1992, S. 631.<br />

Uwe H. Schneider | 3023<br />

50<br />

51<br />

52

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!