Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />
genden Zahl der Fälle zuzurechnen sein wird. Und selbst wenn dem Berechtigten<br />
die Unrichtigkeit im Ausnahmefall nicht zuzurechnen ist, führt dies nur zu<br />
einem dreijährigen Risiko des Zusammenbrechens von Erwerbsketten (im Gegensatz<br />
zu den unendlich wirkenden Regelungen der §§ 932 ff., 935 Abs. 1 BGB)<br />
und geht daher im Hinblick auf die Verkehrsfreundlichkeit andererseits deutlich<br />
über die §§ 932 ff. BGB (Gutglaubensschutz bei beweglichen Sachen) hinaus 1 .<br />
Die Gutglaubensregelung des § 16 Abs. 3 steht damit in der Mitte zwischen dem<br />
stärker legitimierten Verlust von Rechten an Grundeigentum und dem durch<br />
das bloße Risikoprinzip legitimierten Rechtsverlust hinsichtlich beweglicher<br />
Sachen.<br />
Zur Veranschaulichung der konzeptionellen Eingliederung des § 16 Abs. 3 in<br />
die Systematik anderer Gutglaubensvorschriften deutschen Rechts dient die<br />
Tabellenübersicht auf S. 3366 und 3367.<br />
b) Verfassungsmäßigkeit<br />
Entgegen vereinzelter in der Literatur geäußerter Zweifel2 ist § 16 Abs. 3 eine<br />
verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des von Art. 14 GG geschützten<br />
Eigentums3 . Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz erfordert<br />
insbesondere keine gesetzliche Regelung einer hoheitlichen oder notariellen<br />
Überprüfung der materiell-rechtlichen Richtigkeit der Gesellschafterliste. Vielmehr<br />
entspricht das Fehlen einer hoheitlichen oder notariellen Überprüfung der<br />
Gesellschafterliste den typischen (Zeit- und Kosten-)Interessen der Gesellschafter,<br />
und es kann von Gesellschaftern einer GmbH überdies erwartet werden,<br />
dass sie selbst für die Überprüfung der im Handelsregister aufgenommenen<br />
Gesellschafterliste Sorge tragen4 .<br />
c) Rechtspolitsche Bewertung<br />
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Der MoMiG-Gesetzgeber hat mit der Akzentverschiebung zur kapitalgesellschaftlichen<br />
Seite der GmbH und der Eröffnung eines gutgläubigen Erwerbs von<br />
Geschäftsanteilen Recht getan. Die Eröffnung des gutgläubigen Erwerbs wird<br />
zur Attraktivität der GmbH als Rechtsform und zur Erleichterung von Unternehmens-<br />
und Beteiligungskäufen, Nachfolgeregelungen sowie Finanzierungsgeschäften<br />
und damit zur Wertsteigerung von GmbH-Beteiligungen in den Händen<br />
der Gesellschafter einer GmbH beitragen. Die Grundkonzeption des § 16<br />
Abs. 3 mit ihrer Austarierung der Bestandsinteressen des Berechtigten einerseits<br />
und des Rechtsverkehrs andererseits unter Nutzung einer aufgewerteten<br />
Gesellschafterliste und mit zeitlicher Differenzierung zwischen einer Geltung<br />
des Veranlassungsprinzips und dem nachlaufenden Rechtsscheinprinzip ist<br />
1 Wiersch, S. 33 ff., 47.<br />
2 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit (Art. 14 GG) von § 16 Abs. 3 äußern Harbarth,<br />
ZIP 2008, 57, 62 ff.; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 431; Wegen, in: FS Lüer, S. 327 f.;<br />
Ziemons, BB-Spezial 7/2006, 9, 12 f.<br />
3 So bereits Band I, § 16 Rdnr. 52. Der hiesigen Auffassung folgend z.B. Wiersch, S. 49 ff.;<br />
Hamann, NZG 2007, 492, 493.<br />
4 Zutr. Wiersch, S. 55 ff.<br />
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