Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16<br />
V. Gutgläubiger Erwerb (§ 16 Abs. 3)<br />
1. Grundlagen<br />
a) Gesetzgeberische Motivlage und Konzeption des Gutglaubensschutzes<br />
Ein weiterer Bestandteil der auch hier geforderten Akzentverschiebung zu Gunsten<br />
der kapitalgesellschaftsrechtlichen Seite der GmbH ist die Normierung des<br />
Gutglaubenstatbestands des § 16 Abs. 3, mit dem es einem Gutgläubigen – vorbehaltlich<br />
des Sonderfalls nach § 2366 BGB1 – erstmals seit dem Inkrafttreten<br />
des <strong>GmbHG</strong> möglich ist, Geschäftsanteile bzw. Rechte an diesen von einer<br />
anderen Person als dem Anteilsinhaber zu erwerben. Die Möglichkeit des gutgläubigen<br />
Erwerbs vertieft die Unterschiede zwischen einer Beteiligung an einer<br />
GmbH und an einer Personengesellschaft, bei der ein gutgläubiger Erwerb gesetzlich<br />
nicht vorgesehen ist2 . Demgegenüber ist das Eigentum an Inhaberaktien gemäß<br />
§§ 932 ff., 935 Abs. 2 BGB und an Namensaktien nach § 68 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG, Art. 16 Abs. 2 WG ebenfalls einem gutgläubigen Erwerb zugänglich3 . Die<br />
Regelung des gutgläubigen Erwerbs in § 16 Abs. 3 wird begleitet und ermöglicht<br />
durch (i) eine bessere Identifikation der einzelnen Geschäftsanteile (§§ 8 Abs. 1<br />
Nr. 3, 40 Abs. 1 Satz 1), (ii) die Deregulierung der Vorschriften zur Größe von<br />
Geschäftsanteilen und der Übernahme von Geschäftsanteilen (§ 5 Abs. 2), (iii) die<br />
Deregulierung der Vorschriften zur Teilung von Geschäftsanteilen (Aufhebung<br />
von § 17) und (iv) die Aufwertung der Gesellschafterliste und die sich hierauf<br />
beziehende Pflichtenverschärfung für Geschäftsführer und Notare (§ 40).<br />
Mit der Akzentverschiebung zur kapitalgesellschaftlichen Seite der GmbH und<br />
der Einführung eines gutgläubigen Erwerbs von Geschäftsanteilen hat der<br />
MoMiG-Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die Attraktivität der Rechtsform der<br />
GmbH zu steigern und die Rahmenbedingungen für GmbH-Gesellschafter und<br />
ihre Vertragspartner zu verbessern sowie Geschäftsanteile als Gegenstand des<br />
Rechtsverkehrs, der Nachfolgeplanung und als Sicherheitengrundlage zu erhöhen.<br />
Immerhin ist die GmbH bei Unternehmens- und Beteiligungskäufen in<br />
Deutschland die am meisten vorkommende Rechtsform der Zielgesellschaft 4 .<br />
Im Speziellen verfolgte der Gesetzgeber mit der Einführung des gutgläubigen<br />
Erwerbs von Geschäftsanteilen das Anliegen, dass Risiko der Erwerber von<br />
Geschäftsanteilen zu verringern, diese mangels Verfügungsbefugnis des Veräußerers<br />
nicht wirksam erwerben zu können 5 . Nach bisheriger Rechtslage ohne<br />
gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen waren Erwerber in der Regel darauf<br />
verwiesen, detaillierte Nachforschungen (sog. Due Diligence-Untersuchungen)<br />
über die Gesellschafterstellung des Veräußerers und die historische Entwick-<br />
1 Die Regelung des § 2366 BGB überwindet die mangelnde Erbenstellung des Verfügenden<br />
in der (Ausnahme-)Konstellation, dass Geschäftsanteile zum Vermögen eines verstorbenen<br />
Gesellschafters gehörten und ein durch einen Erbschein legitimierter Scheinerbe<br />
über diese zugunsten eines in Bezug auf die vermeintliche Erbenstellung gutgläubigen<br />
Erwerbers verfügte; hierzu z.B. Schlüter, in: Erman, 12. Aufl. 2008, § 2366 BGB<br />
Rdnr. 2.<br />
2 Hierzu rechtspolitisch kritisch Freitag, WM 2007, 1681, 1684.<br />
3 Zum gutgläubigen Erwerb von Aktien Eder, NZG 2004, 107, 108 f.<br />
4 Vgl. z.B. Müller, GmbHR 2006, 953.<br />
5 BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07, S. 87 = Begr. RegE zu § 16; vgl. auch Wiersch, S.5.<br />
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