Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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40 41 §52 Aufsichtsrat trag abgeschlossen wurde oder dass steuerliche Organschaft besteht und die herrschende GmbH die Konzernleitung etwa durch das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung bei der abhängigen GmbH durchsetzt 1 . Ist aber die GmbH als herrschendes Unternehmen verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden, so gelten für das aktive Wahlrecht die Arbeitnehmer aller Konzernunternehmen als Arbeitnehmer der herrschenden GmbH, § 2 Abs. 1 DrittelbG. Daher wirken auch die Arbeitnehmer der beherrschten Unternehmen, mit denen nur ein faktisches Konzernverhältnis besteht, an der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens mit 2 . Ob dies auch für das passive Wahlrecht gilt, ist streitig (s. Rdnr. 212). Ist die GmbH zugleich persönlich haftende Gesellschafterin einer KG, handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, so werden ihr die Arbeitnehmer der KG nicht zugerechnet. Eine § 4 MitbestG entsprechende Vorschrift fehlt im DrittelbG. § 2 Abs. 2 DrittelbG kann nicht zur Anwendung gelangen; denn der Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit einer Personengesellschaft als beherrschtem Unternehmen 3 oder die Eingliederung einer KG ist nicht zulässig. d) Der Aufsichtsrat bei „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ Die EU-Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen vom 17. Mai 20064 sieht in Art. 41 vor, dass ein „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ einen Prüfungsausschuss zu bilden hat. Das kann nur ein Ausschuss eines Aufsichtsrats sein5 42 und nicht der Gesellschafterversammlung. Deshalb ist davon auszugehen, dass bei „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ der deutsche Gesetzgeber vorsehen wird, dass diese einen Aufsichtsrat zu bilden haben. Dazu können auch GmbHs gehören. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ sind nach Art. 2 Nr. 13 der Richtlinie Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedstaats fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind. Zu diesen Wertpapieren zählen auch Anleihen oder andere verbriefte Schuldtitel. 1 BayObLG, NJW 1993, 1805; OLG Düsseldorf, ZIP 1997, 548; OLG Zweibrücken, NZG 2006, 32; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 2 DrittelbG Rdnr. 13; Walter/Stümper, GmbHR 2003, 449. 2 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 23. 3 Str.; gegen Zulässigkeit: Karsten Schmidt, ZGR 1981, 477; Stimpel, in: Ulmer (Hrsg.), Probleme des Konzernrechts, 1989, S. 18; Uwe H. Schneider, ZGR 1975, 265; Uwe H. Schneider, ZGR 1980, 511, 517; für Zulässigkeit: Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 2 DrittelbG Rdnr. 13; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, S. 462 f. m.w.N.; offengelassen in BayObLG, GmbHR 1993, 166: Bei einer GmbH & Co. OHG, an der natürliche Personen als Gesellschafter nicht beteiligt sind, liege es nahe, den Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit der OHG nicht an deren Rechtsform scheitern zu lassen. 4 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, ABl. EG L 157 v. 9. 6. 2006, S. 87. 5 Für Einrichtung auch in einem Beirat bei nicht vorhandenem Aufsichtsrat: Lanfermann/Maul, BB 2006, 1505, 1507 f. 3020 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 e) Der Aufsichtsrat nach sonstigen Vorschriften Unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer hat eine GmbH einen Aufsichtsrat einzurichten, wenn sie ein Kreditinstitut betreibt, dessen Geschäftsbereich darauf gerichtet ist, Sondervermögen zu verwalten und Dienstleistungen und Nebendienstleistungen zu erbringen, § 6 Abs. 2 InvG. Im Geltungsbereich des DrittelbG bzw. des MitbestG gehen diese Gesetze als spezielle Regelungsmaterien dem InvG vor1 . f) Das Statusverfahren Ist streitig oder ungewiss, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, insbesondere ob und welche mitbestimmungsrechtlichen Regelungen anzuwenden sind, so entscheidet auf Antrag das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Nach § 27 EGAktG gelten für die GmbH die § 96 Abs. 2 und §§ 97–99 AktG sinngemäß. Eine entsprechende Verweisung enthalten § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 6 Abs. 2 MitbestG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG und § 3 MitbestErgG. Anzuwenden ist das Statusverfahren auch bei Satzungsänderungen, etwa bei Veränderung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder; denn Gesetz i.S.d. Vorschrift ist auch die Satzung2 . Hat die GmbH bereits einen Aufsichtsrat, so führt die Veränderung der tatsächlichen Voraussetzungen, wie etwa die Zunahme oder das Absinken der Zahl der Arbeitnehmer, der Erwerb von Unternehmen oder die Schließung von Betrieben nicht automatisch dazu, dass der Aufsichtsrat rechtswidrig zusammengesetzt ist. Es gilt vielmehr der Grundsatz der Kontinuität, § 96 Abs. 2 AktG. Die erforderliche Umbildung kann nur unter Einhaltung des in § 97 AktG vorgesehenen Verfahrens, also nach der entsprechenden Bekanntmachung durch die Geschäftsführer in den Gesellschaftsblättern usw. oder aufgrund gerichtlicher Entscheidungen nach den §§ 98 f. AktG erfolgen 3 . Solange das Statusverfahren nicht eingeleitet wird, bleibt es daher bei der bisherigen Zusammensetzung. Die Geschäftsführer, die in Kenntnis der geänderten Umstände das Statusverfahren nicht einleiten, verletzen ihre Pflichten 4 und machen sich schadensersatzpflichtig, § 43. Weitere Sanktionen sind nicht vorgesehen. 1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 10. 2 BAG, WM 1990, 633 = WuB II A. § 97 AktG 1.90 mit Anm. Peterhoff; Oetker, ZHR 149 (1985), 575, 584; a.A. OLG Hamburg, GmbHR 1989, 333 = WM 1988, 1487 = WuB IX C 3. § 7 MitbestG 1.89 mit Anm. Peterhoff; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 14; Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 97 Rdnr. 3; Hoffmann-Becking, in: Münch Hdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 50; Rosendahl, AG 1985, 325, 329; Göz, ZIP 1998, 1523. 3 Zum Statusverfahren s. BAG, WM 1990, 633; OLG Zweibrücken, AG 2005, 928 (Arbeitnehmerlos gewordene AG); zum Statusverfahren bei der GmbH: Weiler, NZG 2004, 988; Schnitker/Grau, NZG 2007, 486 sowie die aktienrechtlichen Kommentare; ferner Martens, DB 1978, 1065; Oetker, ZHR 149 (1985), 575; Rosendahl, AG 1985, 325; Krause-Ablaß/Link, GmbHR 2005, 731 und die Rspr.-Übersicht bei Theisen, AG 1998, 155. 4 Dazu Rittner, DB 1969, 2165. Uwe H. Schneider | 3021 43 44 45

Aufsichtsrat §52<br />

e) Der Aufsichtsrat nach sonstigen Vorschriften<br />

Unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer hat eine GmbH einen Aufsichtsrat<br />

einzurichten, wenn sie ein Kreditinstitut betreibt, dessen Geschäftsbereich darauf<br />

gerichtet ist, Sondervermögen zu verwalten und Dienstleistungen und Nebendienstleistungen<br />

zu erbringen, § 6 Abs. 2 InvG. Im Geltungsbereich des<br />

<strong>Dr</strong>ittelbG bzw. des MitbestG gehen diese Gesetze als spezielle Regelungsmaterien<br />

dem InvG vor1 .<br />

f) Das Statusverfahren<br />

Ist streitig oder ungewiss, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat<br />

zusammenzusetzen ist, insbesondere ob und welche mitbestimmungsrechtlichen<br />

Regelungen anzuwenden sind, so entscheidet auf Antrag das<br />

Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Nach § 27<br />

EGAktG gelten für die GmbH die § 96 Abs. 2 und §§ 97–99 AktG sinngemäß.<br />

Eine entsprechende Verweisung enthalten § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 6 Abs. 2<br />

MitbestG, § 3 Abs. 2 MontanMitbestG und § 3 MitbestErgG. Anzuwenden ist<br />

das Statusverfahren auch bei Satzungsänderungen, etwa bei Veränderung der<br />

Zahl der Aufsichtsratsmitglieder; denn Gesetz i.S.d. Vorschrift ist auch die<br />

Satzung2 .<br />

Hat die GmbH bereits einen Aufsichtsrat, so führt die Veränderung der tatsächlichen<br />

Voraussetzungen, wie etwa die Zunahme oder das Absinken der Zahl der<br />

Arbeitnehmer, der Erwerb von Unternehmen oder die Schließung von Betrieben<br />

nicht automatisch dazu, dass der Aufsichtsrat rechtswidrig zusammengesetzt<br />

ist. Es gilt vielmehr der Grundsatz der Kontinuität, § 96 Abs. 2 AktG. Die erforderliche<br />

Umbildung kann nur unter Einhaltung des in § 97 AktG vorgesehenen<br />

Verfahrens, also nach der entsprechenden Bekanntmachung durch die Geschäftsführer<br />

in den Gesellschaftsblättern usw. oder aufgrund gerichtlicher Entscheidungen<br />

nach den §§ 98 f. AktG erfolgen 3 . Solange das Statusverfahren<br />

nicht eingeleitet wird, bleibt es daher bei der bisherigen Zusammensetzung.<br />

Die Geschäftsführer, die in Kenntnis der geänderten Umstände das Statusverfahren<br />

nicht einleiten, verletzen ihre Pflichten 4 und machen sich schadensersatzpflichtig,<br />

§ 43. Weitere Sanktionen sind nicht vorgesehen.<br />

1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. <strong>10.</strong><br />

2 BAG, WM 1990, 633 = WuB II A. § 97 AktG 1.90 mit Anm. Peterhoff; Oetker, ZHR 149<br />

(1985), 575, 584; a.A. OLG Hamburg, GmbHR 1989, 333 = WM 1988, 1487 = WuB<br />

IX C 3. § 7 MitbestG 1.89 mit Anm. Peterhoff; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck,<br />

Rdnr. 14; Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 97 Rdnr. 3; Hoffmann-Becking, in: Münch Hdb.<br />

GesR IV AG, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 50; Rosendahl, AG 1985, 325, 329; Göz, ZIP 1998,<br />

1523.<br />

3 Zum Statusverfahren s. BAG, WM 1990, 633; OLG Zweibrücken, AG 2005, 928 (Arbeitnehmerlos<br />

gewordene AG); zum Statusverfahren bei der GmbH: Weiler, NZG 2004,<br />

988; Schnitker/Grau, NZG 2007, 486 sowie die aktienrechtlichen Kommentare; ferner<br />

Martens, DB 1978, 1065; Oetker, ZHR 149 (1985), 575; Rosendahl, AG 1985, 325;<br />

Krause-Ablaß/Link, GmbHR 2005, 731 und die Rspr.-Übersicht bei Theisen, AG 1998,<br />

155.<br />

4 Dazu Rittner, DB 1969, 2165.<br />

Uwe H. Schneider | 3021<br />

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