Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 Unverzüglichkeit liegt. Die Rückbeziehung der Legitimationswirkung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung und ohne Eintreten weiterer Umstände wie des Bedingungseintritts erfolgen kann 1 . Allerdings kann der Rechtsnachfolger in den Genuss der Rückbeziehung der Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 kommen, wenn er die Rechtshandlung nach Bedingungseintritt bestätigt (§ 141 Abs. 1 BGB). Dabei sind an die Bestätigung der Rechtshandlung keine hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere ist konkludentes Verhalten dann ausreichend, wenn es übereinstimmend von sämtlichen Gesellschaftern sowie von der Geschäftsführung der GmbH erfolgt. d) Rechtshandlungen eines schwebend unwirksam bestellten Geschäftsführers Der Gesetzgeber verfolgt mit der Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 2 u.a. das Ziel, dass ein durch den noch nicht legitimierten Rechtsnachfolger bestellter Geschäftsführer, dessen Bestellung dann zunächst schwebend unwirksam ist, vollständig handlungsfähig sein soll2 . Dieses unterstützenswerte Ziel lässt sich nur durch die gesetzliche Anordnung erreichen, dass mit der rückwirkenden Wirksamkeit der Rechtshandlung des Rechtsnachfolgers auch alle Handlungen des von ihm (mit)bestellten Geschäftsführers mit Wirkung ex tunc wirksam werden3 . Dies hat allerdings auch zur Folge, dass bei Nichteintritt der Rückwirkungsfiktion (z.B. weil die Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht unverzüglich i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 2 erfolgt) alle Rechtshandlungen des Geschäftsführers nach allgemeinen Vorschriften endgültig unwirksam werden. Dieses Ergebnis ist im Wege einer teleologischen Erweiterung des § 16 Abs. 1 Satz 2 aus Verkehrsschutzgesichtspunkten nicht hinzunehmen: Sofern der in dieser Weise bestellte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist, gilt bereits § 15 Abs. 3 HGB. Ansonsten sollte dies aus den Grundsätzen zur fehlerhaften Organstellung folgen4 . Einseitige Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers werden in jedem Fall unter den Voraussetzungen des § 180 Satz 2 BGB i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2 rückwirkend wirksam. Dem gesetzgeberischen Willen entspricht es auch, dass der noch schwebend unwirksam bestellte Geschäftsführer in den Fällen des § 40 Abs. 1 die Gesellschafterliste verändern, unterzeichnen und zum Handelsregister zur Aufnahme einreichen kann5 . Unabhängig von der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 sichert sich der Rechtsnachfolger in der Regel dadurch ab, dass er auf einer vertraglichen Verpflichtung des Rechtsvorgängers besteht, dass jener den Rechtshandlungen 1 Zutr. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 38; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 405. 2 Ebenso Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39; Gasteyer/Goldschmidt, ZIP 2008, 1906, 1907. 3 Ebenso i.E. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 7; Gasteyer/Goldschmidt, ZIP 2008, 1906 ff.; Barthel, GmbHR 2009, 569, 572 ff. (unter Anwendung der Grundsätze zur fehlerhaften Organstellung). 4 Vgl. hierzu Band I, § 6 Rdnr. 73 ff.; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Vor § 35 Rdnr. 11; BGHZ 41, 282, 287 für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften. – Jetzt hierzu auch Barthel, GmbHR 2009, 569, 570 ff. 5 Ebenso Wicke, Rdnr. 11; offen gehalten von Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39. Seibt | 3357 49 50

51 52 § 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel des Erwerbers bis zur Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste (ggf. unter einer entsprechenden Haftungsfreistellung) zustimmt oder dass der Rechtsvorgänger den Rechtsnachfolger hierzu ausdrücklich bevollmächtigt 1 . Im Zweifel ergibt sich eine Zustimmungspflicht bzw. eine solche zur Erteilung einer Vollmacht auch als vertragliche Nebenpflicht zum dem Rechtsübergang zu Grunde liegenden Kausalgeschäft 2 . Aus Sicht des Rechtsnachfolgers ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung sowie die Aushändigung einer Vollmachtsurkunde empfehlenswert 3 . IV. Haftung für rückständige Einlagen (§ 16 Abs. 2) 1. Gesamtschuldnerische Haftung von Veräußerer und Erwerber Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 regelt – wie nach bisheriger Rechtslage § 16 Abs. 3 a.F. – eine gesamtschuldnerische Haftung von Veräußerer und Erwerber für zum maßgeblichen Anfangszeitpunkt der Legitimationswirkung rückständige Einlageverpflichtungen, während für Leistungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig waren, nach § 16 Abs. 1 Satz 1 allein der Erwerber haftet. Diese Regelung dient dem Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsschutz und damit den Interessen der Mitgesellschafter sowie Gesellschaftsgläubiger und ist konsequenterweise zwingend (vgl. Rdnr. 13). Ausweislich des Wortlauts von § 16 Abs. 2 bezieht sich die (gesamtschuldnerische) Haftung auf „Einlageverpflichtungen“. Demgegenüber bezog sich die gesamtschuldnerische Haftung nach § 16 Abs. 3 a.F. auf alle zurzeit der Anmeldung auf den Geschäftsanteil rückständigen „Leistungen“. Von diesem Leistungsbegriff waren sowohl die Haftung für Einlagen als auch das Schulden bzw. die Haftung aus anderen Rechtsgrundlagen erfasst, z.B. aus Erwerb einer Vorratsgesellschaft, aus verdeckter Sacheinlage, aus Differenzhaftung, aus Vorbelastungshaftung, aus einer Nachschussverpflichtung, aus einer Verpflichtung zur Nebenleistung oder aus Ausfallhaftung 4 . Die Erwerberhaftung erstreckte sich auch auf mitgliedschaftliche Regressansprüche von Mitgesellschaftern. Der Erwerber haftete jedoch nicht für Schadenersatzansprüche der GmbH gegen den Veräußerer aus schuldhaft verletzter mitgliedschaftlicher Treuepflicht oder wegen Verletzung der verschuldensunabhängigen Gründerhaftung aus § 9a, und zwar auch nicht im Hinblick auf ein etwaigen Verzugsschaden 5 . Ebenso wenig haftete der Erwerber nach § 16 Abs. 3 a.F. auf Erstattung unzulässiger und vom Veräußerer als Empfänger erhaltener Einlagenrückgewähr gemäß § 31 Abs. 1; 1 Vgl. hierzu auch die Fallgestaltung bei BGH, GmbHR 2008, 702; vgl. auch Gasteyer/ Goldschmidt, ZIP 2008, 1906; Hasselmann, NZG 2009, 409, 411; Wachter, ZNotP 2008, 378, 381 f. 2 So wohl auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39. 3 Vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 40; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13 Rdnr. 392; Gottschalk, DZWiR 2009, 45, 48; Hasselmann, NZG 2009, 409, 411; Wachter, ZNotP 2008, 378, 382 (mit Formulierungsvorschlag). 4 Zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 40. 5 Zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 40. 3358 | Seibt

Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16<br />

Unverzüglichkeit liegt. Die Rückbeziehung der Legitimationswirkung kommt<br />

jedoch nur dann in Betracht, wenn die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste<br />

unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung und ohne Eintreten<br />

weiterer Umstände wie des Bedingungseintritts erfolgen kann 1 . Allerdings kann<br />

der Rechtsnachfolger in den Genuss der Rückbeziehung der Legitimationswirkung<br />

nach § 16 Abs. 1 Satz 2 kommen, wenn er die Rechtshandlung nach Bedingungseintritt<br />

bestätigt (§ 141 Abs. 1 BGB). Dabei sind an die Bestätigung der<br />

Rechtshandlung keine hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere ist konkludentes<br />

Verhalten dann ausreichend, wenn es übereinstimmend von sämtlichen<br />

Gesellschaftern sowie von der Geschäftsführung der GmbH erfolgt.<br />

d) Rechtshandlungen eines schwebend unwirksam bestellten Geschäftsführers<br />

Der Gesetzgeber verfolgt mit der Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 2 u.a. das Ziel, dass<br />

ein durch den noch nicht legitimierten Rechtsnachfolger bestellter Geschäftsführer,<br />

dessen Bestellung dann zunächst schwebend unwirksam ist, vollständig<br />

handlungsfähig sein soll2 . Dieses unterstützenswerte Ziel lässt sich nur durch<br />

die gesetzliche Anordnung erreichen, dass mit der rückwirkenden Wirksamkeit<br />

der Rechtshandlung des Rechtsnachfolgers auch alle Handlungen des von ihm<br />

(mit)bestellten Geschäftsführers mit Wirkung ex tunc wirksam werden3 . Dies<br />

hat allerdings auch zur Folge, dass bei Nichteintritt der Rückwirkungsfiktion<br />

(z.B. weil die Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht<br />

unverzüglich i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 2 erfolgt) alle Rechtshandlungen des Geschäftsführers<br />

nach allgemeinen Vorschriften endgültig unwirksam werden.<br />

Dieses Ergebnis ist im Wege einer teleologischen Erweiterung des § 16 Abs. 1<br />

Satz 2 aus Verkehrsschutzgesichtspunkten nicht hinzunehmen: Sofern der in<br />

dieser Weise bestellte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist, gilt<br />

bereits § 15 Abs. 3 HGB. Ansonsten sollte dies aus den Grundsätzen zur fehlerhaften<br />

Organstellung folgen4 . Einseitige Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers<br />

werden in jedem Fall unter den Voraussetzungen des § 180 Satz 2 BGB i.V.m.<br />

§ 16 Abs. 1 Satz 2 rückwirkend wirksam. Dem gesetzgeberischen Willen entspricht<br />

es auch, dass der noch schwebend unwirksam bestellte Geschäftsführer<br />

in den Fällen des § 40 Abs. 1 die Gesellschafterliste verändern, unterzeichnen<br />

und zum Handelsregister zur Aufnahme einreichen kann5 .<br />

Unabhängig von der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 sichert sich<br />

der Rechtsnachfolger in der Regel dadurch ab, dass er auf einer vertraglichen<br />

Verpflichtung des Rechtsvorgängers besteht, dass jener den Rechtshandlungen<br />

1 Zutr. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 38; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 405.<br />

2 Ebenso Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39; Gasteyer/Goldschmidt, ZIP 2008,<br />

1906, 1907.<br />

3 Ebenso i.E. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen,<br />

Rdnr. 7; Gasteyer/Goldschmidt, ZIP 2008, 1906 ff.; Barthel, GmbHR 2009, 569, 572 ff.<br />

(unter Anwendung der Grundsätze zur fehlerhaften Organstellung).<br />

4 Vgl. hierzu Band I, § 6 Rdnr. 73 ff.; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Vor § 35 Rdnr. 11;<br />

BGHZ 41, 282, 287 für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften. – Jetzt hierzu<br />

auch Barthel, GmbHR 2009, 569, 570 ff.<br />

5 Ebenso Wicke, Rdnr. 11; offen gehalten von Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 39.<br />

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