Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 Aufnahme beim Handelsregister entweder (i) vom zuständigen Geschäftsführer auf Grund einer zurechenbaren und mit Nachweis versehenen Mitteilung eines hierzu Befugten oder (ii) vom zuständigen, an der Veränderung mitwirkenden Notar von Amts wegen erfolgt (hierzu ausführlich Nachtrag MoMiG § 40 Rdnr. 14 ff. in diesem Band) 1 . Die Erstellung einer Gesellschafterliste und Einreichung beim Handelsregister durch eine dritte Person, z.B. einen ausländischen Notar oder einen Gesellschafter, führt nicht zur Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 2 . Allerdings schadet es nicht, wenn ein solcher Dritter die Gesellschafterliste zwar erstellt, aber die nach § 40 zuständige Person (also insbesondere der zuständige Geschäftsführer) sich diese zu eigen macht und diese dann auch beim Handelsregister zur Anmeldung einreicht. Dabei ist selbstverständlich auch eine offen gelegte und bestehende Vertretung des oder Botenschaft für den an sich zuständigen Geschäftsführer oder Notar unschädlich. Ein solches Vorgehen liegt im Zweifel bei der Listeneintragung und Übermittlung durch einen ausländischen Notar vor. Zu den für die Legitimationswirkung erheblichen Eckpunkten gehört die der Gesellschafterliste beizufügende Bescheinigung des Notars (§ 40 Abs. 2 Satz 2) nicht, so dass deren Fehlen für die Legitimationswirkung bedeutungslos ist 3 . Das Gleiche gilt für das Fehlen der Unterschrift des zuständigen Geschäftsführers oder zuständigen Notars unter der Gesellschafterliste. Das für den Eintritt der Legitimationswirkung erforderliche Merkmal der Zurechenbarkeit der Mitteilung eines hierzu Befugten fehlt, wenn in Abweichung zu der Mitteilung eine andere Person als Gesellschafter oder ein unzutreffender Beteiligungsumfang eingetragen wurde. Das Gleiche gilt, wenn die Mitteilung durch einen unbefugten Dritten oder auf Grund von vis absoluta oder einer in ihrer Intensität bzw. Wirkung gleichkommender vis compulsiva oder durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht (einschließlich der Fälle gefälschter Vollmacht) erfolgt 4 . An der Zurechenbarkeit der Mitteilung fehlt es auch, wenn diese zwar durch den an sich Befugten geschieht, dieser aber geschäftsunfähig oder nur beschränkt geschäftsfähig ist 5 . Keine Legitimationswirkungen lösen auch die gefälschte Mitteilung oder die gefälschte Gesellschafterliste aus 6 . Eine in Kenntnis aller Beteiligten (einschließlich des für die Erstellung der Gesellschafterliste und zur Einreichung beim Handelsregister zuständigen Geschäftsführer) nur zum Schein abgegebene Mitteilung unter Vorlage eines sachlich unrichtigen, aber die Mitteilung deckenden Nachweises führt demgegenüber zur Legitimationswirkung des Eingetragenen. Denn in diesem Fall ist die Mitteilung zurechenbar und es sind die Eckpunkte des gesetzlich geregelten Ver- 1 Ebenso Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 13; Wicke, Rdnr. 9; Tebben, RNotZ 2008, 441, 451 f.; abweichend Reymann, BB 2009, 506, 508 f. 2 Wicke, Rdnr. 9; a.A. Tebben, RNotZ 2008, 441, 454. 3 Ebenso Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 13; Kort, GmbHR 2009, 169, 172; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 415. 4 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 14; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11; Reymann, BB 2009, 506, 507 f.; einschränkend Wiersch, S. 219 f. 5 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 14; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11; Reymann, BB 2009, 506, 507 f. 6 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 14; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 11; Reymann, BB 2009, 506, 507 f.; einschränkend Wiersch, S. 219 f. Seibt | 3345 24

25 26 27 § 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel fahrens eingehalten. Bei der Abwegung zwischen der Geltung der materiellen Rechtslage einerseits und dem Verkehrsschutz mit der Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger andererseits ist in diesen Fällen dem Verkehrsschutz Vorrang einzuräumen 1 . b) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit aa) Mängel des Abtretungsvertrages Die Frage nach der dinglichen Rechtsinhaberschaft ist strikt von derjenigen nach dem Berechtigten und Verpflichteten der relativen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 zu unterscheiden: So wird die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Abtretungsvertrages nicht durch die Eintragung in der Gesellschafterliste oder deren Aufnahme im Handelsregister geheilt2 . Die Regeln über den vollzogenen fehlerhaften Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften sind auf die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH nicht anwendbar. Die Nichtigkeit und die Anfechtung des Abtretungsvertrages haben vielmehr auch nach erfolgter Eintragung in die Gesellschafterliste grundsätzlich rückwirkende Kraft; Ausnahmen ergeben sich im Verhältnis zur GmbH nur aus § 163 . Umgekehrt erfasst die Nichtigkeit des Abtretungsvertrages ohne weitere Handlungen (nämlich die Vornahme einer neuen Eintragung in der Gesellschafterliste und ihre Aufnahme in das Handelsregister) die Eintragung in der Gesellschafterliste und damit auch die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 nicht 4 . Dies wäre nämlich mit den Verkehrsschutzzwecken des § 16 nicht zu vereinbaren (Rdnr. 4). Ausnahmen gelten nur bei Unwirksamkeit wegen fehlender Geschäftsfähigkeit, bei nicht zurechenbaren Willenserklärungen zur Anteilsübertragung (z.B. vis absoluta, Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht [falsus procurator]) oder bei kollusiven Zusammenwirken unter Kenntnis des zuständigen Geschäftsführers bzw. Notars (vgl. Rdnr. 29, 105). Dagegen bleibt es auch bei Verstößen des Abtretungsvertrages gegen gesetzliche Verbote (z.B. gegen das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB oder das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach § 1 GWB) bei der Legitimationswirkung. Mängel des Abtretungsvertrages berechtigen aber zur Berichtigung der Gesellschafterliste nach Maßgabe des Verfahrens in § 40. Die Legitimationswirkung entfällt dann mit Wirkung ex nunc 5 . Das Gleiche gilt für die Rücknahme der zum Handelsregister gereichten Gesellschafterliste (Rdnr. 31 f.). 1 Gleichsinnig Kort, GmbHR 2009, 169, 170; a.A. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 14; zu § 67 Abs. 2 AktG a.A. Bayer, in: MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2008, § 67 AktG Rdnr. 69 und 74; hiergegen zweifelnd z.B. Hüffer, § 67 AktG Rdnr. 15. 2 Zur früheren Rechtslage unter Geltung des Anmeldeprinzips Band I, § 16 Rdnr. 22; zur jetzigen Rechtslage Wicke, Rdnr. 2; Hasselmann, NZG 2009, 409, 410. 3 Gleichsinnig zur früheren Rechtslage unter Geltung des Anmeldeprinzips Band I, § 16 Rdnr. 22. 4 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 25; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 14; gleichsinnig zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 23. 5 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 26. 3346 | Seibt

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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />

fahrens eingehalten. Bei der Abwegung zwischen der Geltung der materiellen<br />

Rechtslage einerseits und dem Verkehrsschutz mit der Gesellschafterliste als<br />

Rechtsscheinträger andererseits ist in diesen Fällen dem Verkehrsschutz Vorrang<br />

einzuräumen 1 .<br />

b) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit<br />

aa) Mängel des Abtretungsvertrages<br />

Die Frage nach der dinglichen Rechtsinhaberschaft ist strikt von derjenigen<br />

nach dem Berechtigten und Verpflichteten der relativen Legitimationswirkung<br />

des § 16 Abs. 1 Satz 1 zu unterscheiden: So wird die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit<br />

des Abtretungsvertrages nicht durch die Eintragung in der Gesellschafterliste<br />

oder deren Aufnahme im Handelsregister geheilt2 . Die Regeln über den<br />

vollzogenen fehlerhaften Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften sind<br />

auf die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH nicht anwendbar. Die<br />

Nichtigkeit und die Anfechtung des Abtretungsvertrages haben vielmehr auch<br />

nach erfolgter Eintragung in die Gesellschafterliste grundsätzlich rückwirkende<br />

Kraft; Ausnahmen ergeben sich im Verhältnis zur GmbH nur aus § 163 .<br />

Umgekehrt erfasst die Nichtigkeit des Abtretungsvertrages ohne weitere Handlungen<br />

(nämlich die Vornahme einer neuen Eintragung in der Gesellschafterliste<br />

und ihre Aufnahme in das Handelsregister) die Eintragung in der Gesellschafterliste<br />

und damit auch die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1<br />

nicht 4 . Dies wäre nämlich mit den Verkehrsschutzzwecken des § 16 nicht zu<br />

vereinbaren (Rdnr. 4). Ausnahmen gelten nur bei Unwirksamkeit wegen fehlender<br />

Geschäftsfähigkeit, bei nicht zurechenbaren Willenserklärungen zur Anteilsübertragung<br />

(z.B. vis absoluta, Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht<br />

[falsus procurator]) oder bei kollusiven Zusammenwirken unter Kenntnis<br />

des zuständigen Geschäftsführers bzw. Notars (vgl. Rdnr. 29, 105). Dagegen<br />

bleibt es auch bei Verstößen des Abtretungsvertrages gegen gesetzliche Verbote<br />

(z.B. gegen das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB oder das Verbot wettbewerbsbeschränkender<br />

Vereinbarungen nach § 1 GWB) bei der Legitimationswirkung.<br />

Mängel des Abtretungsvertrages berechtigen aber zur Berichtigung der Gesellschafterliste<br />

nach Maßgabe des Verfahrens in § 40. Die Legitimationswirkung<br />

entfällt dann mit Wirkung ex nunc 5 . Das Gleiche gilt für die Rücknahme<br />

der zum Handelsregister gereichten Gesellschafterliste (Rdnr. 31 f.).<br />

1 Gleichsinnig Kort, GmbHR 2009, 169, 170; a.A. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff,<br />

Rdnr. 14; zu § 67 Abs. 2 AktG a.A. Bayer, in: MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2008, § 67<br />

AktG Rdnr. 69 und 74; hiergegen zweifelnd z.B. Hüffer, § 67 AktG Rdnr. 15.<br />

2 Zur früheren Rechtslage unter Geltung des Anmeldeprinzips Band I, § 16 Rdnr. 22; zur<br />

jetzigen Rechtslage Wicke, Rdnr. 2; Hasselmann, NZG 2009, 409, 4<strong>10.</strong><br />

3 Gleichsinnig zur früheren Rechtslage unter Geltung des Anmeldeprinzips Band I, § 16<br />

Rdnr. 22.<br />

4 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 25; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 14;<br />

gleichsinnig zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 23.<br />

5 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 26.<br />

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