Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 b) Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber Der Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber beurteilt sich nach dem der (dinglichen) Abtretung zugrunde liegenden Kausalgeschäft (Kaufvertrag, Schenkung usw.). Schreibt der Gesellschaftsvertrag (ausnahmsweise und in einem zulässig-erweiterten Verständnis von § 401 ) vor, dass die Abtretung erst mit Eintragung der Veränderung in der Gesellschafterliste auf der Grundlage einer Mitteilung des Veräußerers unter Nachweis des Kausalgeschäfts wirksam wird, so ist es im Zweifel Vertragspflicht des Verkäufers, die Mitteilung unter Nachweis des Kausalgeschäfts gegenüber der Gesellschaft zu bewirken2 . Besteht eine vertragliche Mitteilungspflicht, so kann sie von dem Vertragsgegner – im Zweifel aber nicht von der Gesellschaft – durch Klage erzwungen werden. Im Grundsatz ist auch eine Vereinbarung zulässig, mit der bestimmt wird, dass eine Mitteilung zum Zwecke der Eintragung der Veränderung in der Gesellschafterliste nicht erfolgen soll. Dies entspricht einer ebenfalls zulässigen schuldrechtlichen Vereinbarung, der bisherige Rechtsinhaber solle so gestellt werden, als habe er noch die Rechte und Pflichten des Gesellschafters. Etwas anderes gilt nur, wenn die Wirksamkeit der Abtretung von Geschäftsanteilen statutarisch an die Eintragung in der Gesellschafterliste nach Maßgabe der Mitteilung geknüpft ist3 . Ist im Kausalgeschäft vereinbart, dass Nutzen und Lasten zu einem bestimmten Termin auf den Erwerber übergehen, so muss zwar der Erwerber der Gesellschaft gegenüber alle zwischen ihr und dem Veräußerer bis zur Eintragung in der Gesellschafterliste vorgenommenen Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen, der Veräußerer hat aber den auf den Geschäftsanteil von ihm bezogenen und von der Gesellschaft nur an ihn auszuzahlenden Gewinn an den Erwerber weiter abzuführen. Umgekehrt muss der Erwerber den Veräußerer für alle Lasten, die Letzterer im Verhältnis zur Gesellschaft zu tragen hat, schadlos halten, soweit diese Lasten nach dem vereinbarten Stichtag fällig werden. Bis zur Eintragung in der Gesellschafterliste hat auch der Veräußerer das Stimmrecht in der Gesellschaft auszuüben; er muss es aber auf der Grundlage des Kausalgeschäfts im Interesse des Erwerbers ausüben, falls die Wahrnehmung dieses Interesses nicht der gegenüber der Gesellschaft fortbestehenden Treuepflicht widerspricht. c) Verhältnis zwischen Veräußerer und Dritten Im Verhältnis zu Dritten (außer der Gesellschaft) ist der Geschäftsanteil mit 12 der formgerechten Abtretung (§ 15 Abs. 3 und Abs. 5) übergegangen, auch wenn die Eintragung der Veränderung in der Gesellschafterliste nicht erfolgt ist. Der Geschäftsanteil gehört von der Abtretung an zum Vermögen des Erwerbers, nicht mehr des Veräußerers. 1 Zwar sieht § 40 vor, dass die Einreichung der Liste erst nach Wirksamwerden des Anteilsübergangs erfolgt. Dies sollte aber der Statuierung der Listeneintragung als einer letzten, aufschiebenden Bedingung für die dingliche Abtretung entgegenstehen, zumal dann die Rechtssicherheit auch nicht gefährdet ist. 2 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip und weiteren Einzelheiten Band I, § 16 Rdnr. 10. 3 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 10. Seibt | 3339 11

13 14 15 § 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel 3. Zulässigkeit abweichender Satzungsbestimmungen Die Regelungen in § 16 sind grundsätzlich zwingender Natur, können also durch die Satzung nicht abbedungen werden. Allerdings sind wie nach bisherigem Recht solche Satzungsbestimmungen zulässig, die im Rahmen und zur Konkretisierung von § 40 Abs. 1 Form- und Fristanforderungen an die Mitteilung (z.B. Schrift- oder Textform) bzw. den Nachweis (z.B. Erbschein) aufstellen, was sich mittelbar auf die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 bis Abs. 3 auswirkt 1 . Weitergehend könnte aus der Regelung des § 15 Abs. 5, demzufolge die Abtretung der Anteile durch Satzungsbestimmung von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht oder sogar ausgeschlossen werden kann, mit einem argumentum a majore ad minus geschlossen werden, dass dann auch die Satzung einen Erwerb vom Nichtberechtigten nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 beschränken können müsste. Diese Überlegung findet allerdings im Wortlaut von § 16 Abs. 3 keine Stütze, da dort eben kein Satzungsvorbehalt geregelt ist. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Anregungen im Gesetzgebungsverfahren 2 verworfen, eine Regelung vorzusehen, wonach die Gesellschafter in der Satzung bestimmen können, ob die Geschäftsanteile an der Gesellschaft einem gutgläubigen Erwerb zugänglich sind oder nicht. Die Satzungsdispositivität von § 16 Abs. 3 stünde auch dem Verkehrsschutzinteresse der Allgemeinheit und der Zielsetzung des Gesetzgebers entgegen, die Fungiblität von Geschäftsanteilen zu erhöhen und die Transaktionskosten (z.B. durch aufwendige Due Diligence- Prüfung historischer Erwerbsketten) zu senken. Schließlich ist es keineswegs zwingend aus der Möglichkeit, die Übertragbarkeit eines Rechts ausschließen zu können, zu folgern, auch die grundsätzliche Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs sei durch Rechtsgeschäft ausschließbar. So lässt sich etwa die Übertragbarkeit einer Grundschuld ausschließen, ohne allerdings dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks und der Gläubiger einer übertragbaren Grundschuld mit Wirkung gegen Dritte die Nichtanwendbarkeit der Regelung des § 892 BGB vereinbaren können. In gleicher Weise beseitigt die Aufnahme einer Vinkulierungsklausel in die Satzung keineswegs die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs, nämlich in dem Fall, dass der Antrag des Nichtberechtigten auf Zustimmung positiv beschieden wird. Im Ergebnis kann also die Satzung den gutgläubigen Erwerb von Nichtberechtigten materiell nicht beschränken oder gar ausschließen 3 . Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob auf Grund einer Satzungsregelung auch Belastungen von Geschäftsanteilen (in Form eines Nießbrauchs oder eines Pfandrechts) in die Gesellschafterliste aufgenommen werden können. Dies wird in der Literatur zum Teil mit der Begründung abgelehnt, dass 1 Seibt, in: MünchAnwHdb. GmbH-Recht, 2. Aufl. 2009, § 2 Rdnr. 231c und 231d (mit Musterformulierung); Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 1. – Zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 4; Ebbing, in: Michalski, Rdnr. 3; Jasper, in: MünchHdb. GmbH, § 24 Rdnr. 225. 2 So Vorschläge von Grunewald und Gehling, in: Grunewald/Gehling/Rodewig, ZIP 2006, 685, 688, 689 und 692. 3 So bereits Seibt, in: MünchAnwHdb. GmbH-Recht, 2. Aufl. 2009, § 2 Rdnr. 231c. 3340 | Seibt

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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />

3. Zulässigkeit abweichender Satzungsbestimmungen<br />

Die Regelungen in § 16 sind grundsätzlich zwingender Natur, können also<br />

durch die Satzung nicht abbedungen werden. Allerdings sind wie nach bisherigem<br />

Recht solche Satzungsbestimmungen zulässig, die im Rahmen und zur<br />

Konkretisierung von § 40 Abs. 1 Form- und Fristanforderungen an die Mitteilung<br />

(z.B. Schrift- oder Textform) bzw. den Nachweis (z.B. Erbschein) aufstellen,<br />

was sich mittelbar auf die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 bis Abs. 3 auswirkt<br />

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Weitergehend könnte aus der Regelung des § 15 Abs. 5, demzufolge die Abtretung<br />

der Anteile durch Satzungsbestimmung von der Zustimmung der Gesellschaft<br />

abhängig gemacht oder sogar ausgeschlossen werden kann, mit einem<br />

argumentum a majore ad minus geschlossen werden, dass dann auch die Satzung<br />

einen Erwerb vom Nichtberechtigten nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 beschränken<br />

können müsste. Diese Überlegung findet allerdings im Wortlaut von<br />

§ 16 Abs. 3 keine Stütze, da dort eben kein Satzungsvorbehalt geregelt ist. Darüber<br />

hinaus hat der Gesetzgeber die Anregungen im Gesetzgebungsverfahren 2<br />

verworfen, eine Regelung vorzusehen, wonach die Gesellschafter in der Satzung<br />

bestimmen können, ob die Geschäftsanteile an der Gesellschaft einem gutgläubigen<br />

Erwerb zugänglich sind oder nicht. Die Satzungsdispositivität von § 16<br />

Abs. 3 stünde auch dem Verkehrsschutzinteresse der Allgemeinheit und der<br />

Zielsetzung des Gesetzgebers entgegen, die Fungiblität von Geschäftsanteilen<br />

zu erhöhen und die Transaktionskosten (z.B. durch aufwendige Due Diligence-<br />

Prüfung historischer Erwerbsketten) zu senken. Schließlich ist es keineswegs<br />

zwingend aus der Möglichkeit, die Übertragbarkeit eines Rechts ausschließen<br />

zu können, zu folgern, auch die grundsätzliche Möglichkeit eines gutgläubigen<br />

Erwerbs sei durch Rechtsgeschäft ausschließbar. So lässt sich etwa die Übertragbarkeit<br />

einer Grundschuld ausschließen, ohne allerdings dass der Eigentümer<br />

des belasteten Grundstücks und der Gläubiger einer übertragbaren<br />

Grundschuld mit Wirkung gegen <strong>Dr</strong>itte die Nichtanwendbarkeit der Regelung<br />

des § 892 BGB vereinbaren können. In gleicher Weise beseitigt die Aufnahme<br />

einer Vinkulierungsklausel in die Satzung keineswegs die Möglichkeit eines<br />

gutgläubigen Erwerbs, nämlich in dem Fall, dass der Antrag des Nichtberechtigten<br />

auf Zustimmung positiv beschieden wird. Im Ergebnis kann also die<br />

Satzung den gutgläubigen Erwerb von Nichtberechtigten materiell nicht beschränken<br />

oder gar ausschließen 3 .<br />

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob auf Grund einer Satzungsregelung<br />

auch Belastungen von Geschäftsanteilen (in Form eines Nießbrauchs<br />

oder eines Pfandrechts) in die Gesellschafterliste aufgenommen werden können.<br />

Dies wird in der Literatur zum Teil mit der Begründung abgelehnt, dass<br />

1 Seibt, in: MünchAnwHdb. GmbH-Recht, 2. Aufl. 2009, § 2 Rdnr. 231c und 231d (mit<br />

Musterformulierung); Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 1. – Zur früheren Rechtslage<br />

Band I, § 16 Rdnr. 4; Ebbing, in: Michalski, Rdnr. 3; Jasper, in: MünchHdb. GmbH,<br />

§ 24 Rdnr. 225.<br />

2 So Vorschläge von Grunewald und Gehling, in: Grunewald/Gehling/Rodewig, ZIP<br />

2006, 685, 688, 689 und 692.<br />

3 So bereits Seibt, in: MünchAnwHdb. GmbH-Recht, 2. Aufl. 2009, § 2 Rdnr. 231c.<br />

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