Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 II. Allgemeine Bedeutung der Eintragung in der Gesellschafterliste 1. Anteilsübergang und Eintragung in der Gesellschafterliste Der Konzeptionswechsel vom Anmeldeprinzip zum Prinzip der Eintragung in der Gesellschafterliste als Basis für die Legitimationsfiktion ändert nichts daran, dass der Rechtsübergang des Geschäftsanteils sich durch Abtretung nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 vollzieht. Die Eintragung in die Gesellschafterliste lässt die materielle Rechtslage im Grundsatz unberührt und sie ist weder Bestandteil der Abtretung noch, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes nach § 15 Abs. 5 bestimmt, Bedingung des Anteilsübergangs noch eine Beitrittserklärung des Erwerbers 1 . Allerdings wird dieser Grundsatz nun im Falle des gutgläubigen Erwerbs nach Maßgabe von § 16 Abs. 3 durchbrochen (dazu Rdnr. 57 ff.). Die Eintragung in der Gesellschafterliste legitimiert den Eingetragenen gegenüber der GmbH, und zwar gilt nur er im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter (§ 16 Abs. 1 Satz 1). Die vom Gesetz früher an die Anmeldung und nun an die veröffentlichte Eintragung in der Gesellschafterliste geknüpfte Fiktion der materiellen Berechtigung 2 bezweckt den Schutz sowohl der GmbH vor den Unsicherheiten eines Gesellschafterwechsels als auch des Eingetragenen und des Vor-Eingetragenen in ihrer Stellung gegenüber der GmbH; sie ist damit eine besondere Ausprägung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und verdrängt diese. Die bloße Kenntnis von einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils darf die GmbH (ohne entsprechende Mitteilung nach § 40 Abs. 1 Satz 2) deshalb auch nicht beachten 3 . Denn trotz der Neufassung von §§ 16 und 40 gibt es – im Rahmen der Satzungsregelungen – ein „Recht auf Privatheit/Vertraulichkeit“ (z.B. Nicht-Aufdeckung von Treuhandbindungen). Dritte werden nun im Rahmen des Instituts des gutgläubigen Erwerbs (§ 16 Abs. 3) durch die Eintragung in der Gesellschafterliste geschützt, da die Listeneintragung Rechtsscheinträger für den gutgläubigen Erwerb ist. Darüber hinaus können als Reflex des Gesellschaftsschutzes bestimmte Rechtswirkungen auch ihnen zugute kommen, so z.B. wenn ein Scheingesellschafter an einem ausnahmsweise nach außen wirkenden Gesellschafterbeschluss (z.B. über die Bestellung und Anstellung eines Fremdgeschäftsführers, über die Zustimmung zu einem Gewinnabführungsvertrag, über die Genehmigung einer Anteilsabtretung nach § 15 Abs. 5) mitgewirkt hat. 1 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 5; Wicke, Rdnr. 1; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13 Rdnr. 249; Böhringer, BWNotZ 2008, 104, 112; Gehrlein, Der Konzern 2007, 790; Hasselmann, NZG 2009, 409, 410; Kort, GmbHR 2009, 169, 173; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 404; Wachter, ZNotP 2008, 378, 379. 2 Zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 2 m.w.N.; zur jetzigen Rechtslage Kort, GmbHR 2009, 169, 170; a.A. (unwiderlegliche Vermutung) Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 5; Wicke, Rdnr. 3; Hasselmann, NZG 2009, 409, 410; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13 Rdnr. 374; Tebben, RNotZ 2008, 441, 457. 3 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 2. Seibt | 3337 5 6 7
8 9 10 § 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel 2. Verhältnisse bis zur Eintragung in der Gesellschafterliste a) Rechte und Pflichten der Gesellschaft und der Gesellschafter Der zuletzt in Bezug auf einen bestimmten Geschäftsanteil in der Gesellschafterliste Eingetragene gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 bis zur Eintragung einer Veränderung der GmbH gegenüber als Gesellschafter. Die Gesellschaft ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Eingetragenen in jedem Fall – und sogar trotz Kenntnis von einer (allerdings nicht in der Gesellschafterliste eingetragenen) Veränderung – als Gesellschafter zu behandeln1 . Die §§ 407, 413 BGB gelten hier nicht, sondern sind durch § 16 Abs. 1 Satz 1 ersetzt, der es weiterhin grundsätzlich den an einer Veränderung der Gesellschafterverhältnisse Beteiligten überlässt, ob und wann sie die Veränderung gegenüber der Gesellschaft zur Geltung bringen wollen. Der bisher in Bezug auf einen Geschäftsanteil Eingetragene und daher gegenüber der GmbH Legitimierte kann vor der Eintragung der Veränderung die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten allein 2 . Umgekehrt kann der nicht in der Gesellschafterliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte keine Gesellschafterrechte ausüben und haftet grundsätzlich auch nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil 3 . Er muss auch alle Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen, die vor seiner Eintragung in der Gesellschafterliste von der Gesellschaft gegenüber dem bisher Legitimierten und von diesem gegenüber der Gesellschaft in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommen worden sind. Ein Recht auf die Eintragung in der Gesellschafterliste können die an einer Veränderung der Gesellschafterstruktur Beteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag oder dem der Veränderung zugrunde liegenden Kausalgeschäft haben. Darüber hinaus kommt dem eintretenden oder hinzuerwerbenden Gesellschafter ein gesetzlicher Anspruch gegen die Gesellschaft auf Einreichung der Gesellschafterliste in das Handelsregister zu 4 . Demgegenüber kommt der Gesellschaft selbst ein solches Recht weiterhin und trotz der auf Transparenzzugewinn ausgerichteten Aufwertung der Gesellschafterliste nicht zu 5 . Sie kann weder auf Bewirkung der Mitteilung noch auf Feststellung der Veränderung in der Gesellschafterstruktur klagen noch die Mitteilung tatsächlich (z.B. durch Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten) erzwingen 6 . Nur wenn streitig ist, ob eine wirksame Eintragung in der Gesellschafterliste erfolgt oder ob die ihr zugrunde liegende Veränderung rechtsgültig ist, wird man der Gesellschaft ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung (§ 256 ZPO) zuerkennen müssen 7 . 1 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 5. 2 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 6. 3 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 7. 4 Vgl. BR-Drucks. 354/07, S. 86 = Begr. RegE zu § 16; vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 40 Rdnr. 14; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 16 Rdnr. 5 und § 40 Rdnr. 10; Kort, GmbHR 2009, 169, 172; abweichend Hasselbach, NZG 2009, 486, 489 (Anspruch gegen Geschäftsführer persönlich). 5 S. auch Rdnr. 6. 6 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 8. 7 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 8. 3338 | Seibt
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II. Allgemeine Bedeutung der Eintragung in der Gesellschafterliste<br />
1. Anteilsübergang und Eintragung in der Gesellschafterliste<br />
Der Konzeptionswechsel vom Anmeldeprinzip zum Prinzip der Eintragung in<br />
der Gesellschafterliste als Basis für die Legitimationsfiktion ändert nichts daran,<br />
dass der Rechtsübergang des Geschäftsanteils sich durch Abtretung nach Maßgabe<br />
von § 15 Abs. 3 vollzieht. Die Eintragung in die Gesellschafterliste lässt die<br />
materielle Rechtslage im Grundsatz unberührt und sie ist weder Bestandteil der<br />
Abtretung noch, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes nach § 15 Abs. 5<br />
bestimmt, Bedingung des Anteilsübergangs noch eine Beitrittserklärung des Erwerbers<br />
1 . Allerdings wird dieser Grundsatz nun im Falle des gutgläubigen Erwerbs<br />
nach Maßgabe von § 16 Abs. 3 durchbrochen (dazu Rdnr. 57 ff.).<br />
Die Eintragung in der Gesellschafterliste legitimiert den Eingetragenen gegenüber<br />
der GmbH, und zwar gilt nur er im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter<br />
(§ 16 Abs. 1 Satz 1). Die vom Gesetz früher an die Anmeldung und nun<br />
an die veröffentlichte Eintragung in der Gesellschafterliste geknüpfte Fiktion<br />
der materiellen Berechtigung 2 bezweckt den Schutz sowohl der GmbH vor den<br />
Unsicherheiten eines Gesellschafterwechsels als auch des Eingetragenen und<br />
des Vor-Eingetragenen in ihrer Stellung gegenüber der GmbH; sie ist damit eine<br />
besondere Ausprägung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und verdrängt<br />
diese. Die bloße Kenntnis von einer Veränderung in den Personen der<br />
Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils<br />
darf die GmbH (ohne entsprechende Mitteilung nach § 40 Abs. 1 Satz 2)<br />
deshalb auch nicht beachten 3 . Denn trotz der Neufassung von §§ 16 und 40 gibt<br />
es – im Rahmen der Satzungsregelungen – ein „Recht auf Privatheit/Vertraulichkeit“<br />
(z.B. Nicht-Aufdeckung von Treuhandbindungen).<br />
<strong>Dr</strong>itte werden nun im Rahmen des Instituts des gutgläubigen Erwerbs (§ 16<br />
Abs. 3) durch die Eintragung in der Gesellschafterliste geschützt, da die Listeneintragung<br />
Rechtsscheinträger für den gutgläubigen Erwerb ist. Darüber hinaus<br />
können als Reflex des Gesellschaftsschutzes bestimmte Rechtswirkungen auch<br />
ihnen zugute kommen, so z.B. wenn ein Scheingesellschafter an einem ausnahmsweise<br />
nach außen wirkenden Gesellschafterbeschluss (z.B. über die Bestellung<br />
und Anstellung eines Fremdgeschäftsführers, über die Zustimmung zu<br />
einem Gewinnabführungsvertrag, über die Genehmigung einer Anteilsabtretung<br />
nach § 15 Abs. 5) mitgewirkt hat.<br />
1 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 5; Wicke, Rdnr. 1; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger,<br />
Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13 Rdnr. 249;<br />
Böhringer, BWNotZ 2008, 104, 112; Gehrlein, Der Konzern 2007, 790; Hasselmann,<br />
NZG 2009, 409, 410; Kort, GmbHR 2009, 169, 173; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 404;<br />
Wachter, ZNotP 2008, 378, 379.<br />
2 Zur früheren Rechtslage Band I, § 16 Rdnr. 2 m.w.N.; zur jetzigen Rechtslage Kort,<br />
GmbHR 2009, 169, 170; a.A. (unwiderlegliche Vermutung) Altmeppen, in: Roth/Altmeppen,<br />
Rdnr. 5; Wicke, Rdnr. 3; Hasselmann, NZG 2009, 409, 410; Heidinger, in:<br />
Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 13<br />
Rdnr. 374; Tebben, RNotZ 2008, 441, 457.<br />
3 Zur früheren Rechtslage beim Anmeldeprinzip Band I, § 16 Rdnr. 2.<br />
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