Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16 Rechtsübergang erschöpfte sich in ihrer Bedeutung als Grundlage für die relative Legitimationsfiktion zur Gesellschaft im Zusammenhang mit Veräußerungen. Sie hatte keinerlei Auswirkung auf die Wirksamkeit von Verfügungsgeschäften und die rechtliche Inhaberschaft an Geschäftsanteilen. Mit der Neufassung von § 16 durch das MoMiG (i) ersetzt der Gesetzgeber die Anmeldung durch die Eintragung in der Gesellschafterliste (und Veröffentlichung im Handelsregister) als Grundlage für die relative Legitimationsfiktion zur Gesellschaft, (ii) erweitert den Anwendungsbereich der Legitimationsfiktion in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend und (iii) verstärkt schließlich in qualitativer Weise die Bedeutung des bislang primär verbandsinternen wirkenden Faktum zu einem Rechtsscheinsträger für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen, also einer Basis für eine Änderung in der rechtlichen Inhaberschaft von Geschäftsanteilen. Die Ersetzung des bisherigen Anmeldeprinzips durch die Eintragung in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste als Grundlage für die relative Legitimationsfiktion erfolgte in Anlehnung an die für Namensaktien geltende aktienrechtliche Vorschrift des § 67 Abs. 2 AktG 1 . Der Blick auf dieses Gesetzgebungsvorbild macht aber auch augenscheinlich, dass eine zwingende Verkoppelung der Funktion einer relativ zur Gesellschaft wirkenden Legitimationsfiktion einerseits und einer Rechtsscheinbasis für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen nicht zwingend ist. Die nähere Bestimmung der Eintragung in der Gesellschafterliste ist im ebenfalls durch das MoMiG geänderten § 40 niedergelegt, der mit dem § 16 ein Gesamtbild ergibt. Die beiden Hauptelemente und Regelungsfelder der Gesetzesneufassungen (ein doppelter Konzeptionswechsel), nämlich die Ersetzung des Anmeldeprinzips durch das Prinzip der veröffentlichten Eintragung in der Gesellschafterliste als Basis der relativen Legitimationsfiktion gegenüber der Gesellschaft und der Nutzung dieser Eintragung als Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb, waren bereits im BMJ-Referentenentwurf enthalten 2 . Die Diskussion über den BMJ-Referentenentwurf hat zu einer Reihe von Detailänderungen am Gesetzestext des § 16 geführt. Der Text des Regierungsentwurfs 3 ist trotz einer Überarbeitungsbitte des Bundesrats zu § 16 Abs. 3 (gutgläubiger Erwerb) 4 und kritischen Literaturanmerkungen 5 unverändert Gesetz worden. Der neugefasste § 16 mit seinen beiden Regelungsfeldern enthält drei Regelungskomplexe: (1) In § 16 Abs. 1 Satz 1 ist das Prinzip der Eintragung in der Gesellschafterliste als Basis für die Legitimationsfiktion zur Gesellschaft geregelt, d.h. die Bestimmungsbasis dafür, wer im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung im Verhältnis zur Gesell- 1 BR-Drucks. 354/07, S. 84 = Begr. RegE zu § 16. 2 RefE Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 29. 5. 2006, S. 4, 48 ff. 3 BR-Drucks. 354/07 = RegE Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 25. 5. 2007. 4 S. BR-Drucks. 354/07 (Beschluss), S. 14 f. = Stellungnahme BR zu § 16 Abs. 3. 5 Bednarz, BB 2008, 1854, 1858; Bohrer, DStR 2007, 995, 1001; Eidenmüller, ZGR 2007, 168, 203; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2007, 211, 214 f. Seibt | 3335 2 3

4 § 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel schaft als Gesellschafter gilt. Eine für die Unternehmenspraxis wichtige Rückbeziehung dieser Fiktion ist im Hinblick auf solche Rechtshandlungen des in der Gesellschafterliste eingetragenen bzw. einzutragenden Erwerbers vorgesehen, sofern die Gesellschafterliste unverzüglich nach Vornahme der Gesellschafterhandlung in das Handelsregister aufgenommen wird (§ 16 Abs. 1 Satz 2). Dieser Regelungskomplex entspricht funktional den bisherigen Regelungen in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 a.F. (2) Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 ordnet für rückständige „Einlageverpflichtungen“ (dazu Rdnr. 51 ff.) eine zusätzliche Haftung des Erwerbers des Geschäftsanteils neben dem Veräußerer an. Dies entspricht funktional – und nach dem gesetzgeberischen Willen auch materiell 1 – der bisherigen Regelung in § 16 Abs. 3 a.F. (3) Nach Maßgabe von § 16 Abs. 3 ist nunmehr der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen oder von Rechten an Geschäftsanteilen möglich. 2. Zwecke des Konzeptionswechsels Mit der Anhebung der Anforderungen an die Führung der Gesellschafterliste (hierzu Nachtrag MoMiG § 40 Rdnr. 2 in diesem Band) sowie des faktischen Drucks auf die Beteiligten auf Mitteilung der Veränderung (insbesondere auf Grund des ansonsten bestehenden Risikos auf Eigentumsverlust nach § 16 Abs. 3) und damit auch ihrer Richtigkeitsgewähr durch die Neufassung von § 40 sowie mit der Regelung der Eintragung in der Gesellschafterliste als Basis für die Legitimationsfiktion durch die Neufassung von § 16 Abs. 1 Satz 1 hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung die Zwecke der Missbrauchsbekämpfung, der Verhinderung von Geldwäscheaktivitäten und eine erhöhte Transparenz über Anteilseignerstrukturen verfolgt 2 . Diese Zwecke lassen sich unter zwei Hauptzwecke fassen: (1) Die Erhöhung der Transparenz der Gesellschafterstruktur im Hinblick auf die beteiligten Personen und deren gehaltene Geschäftsanteile soll missbräuchliche Unternehmensstrukturen und Straftaten vermeiden und die Transaktionskosten für Vertragspartner und Gläubiger der GmbH und ihrer Gesellschafter verringern. Dies sollte sowohl die Kosten im laufenden Geschäftsverkehr mit einer GmbH als auch bei Anteilsund Unternehmensverkäufen sowie Unternehmensfinanzierungen reduzieren. (2) Mit der erhöhten Transparenz der Anteilseignerstruktur geht ein Mehr an Rechtssicherheit und Verkehrsschutz einher. Der Aspekt der Rechtssicherheit wird auch durch die Regelung des gutgläubigen Erwerbs gestärkt. Die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke sind unterstützenswert und die Regelungsmethode (erhöhte Anforderungen an den Inhalt und die Führung der Gesellschafterliste, Eintragung in der Gesellschafterliste als Basis der Legitimationsfiktion und für einen gutgläubigen Erwerb) ist geeignet, diese Zwecke zu erreichen. 1 S. BR-Drucks. 354/07, S. 86 = Begr. RegE zu § 16 („Im neu gefassten § 16 Abs. 2 wird die bisherige Regelung in § 16 Abs. 3 aufgegriffen. Zeitlicher Anknüpfungspunkt ist hierfür – Absatz 1 folgend – nicht mehr die Anmeldung des Erwerbs bei der Gesellschaft, sondern der Zeitpunkt der Aufnahme der aktualisierten Gesellschafterliste im Handelsregister“). 2 S. BR-Drucks. 354/07, S. 84 = Begr. RegE zu § 16. 3336 | Seibt

Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16<br />

Rechtsübergang erschöpfte sich in ihrer Bedeutung als Grundlage für die relative<br />

Legitimationsfiktion zur Gesellschaft im Zusammenhang mit Veräußerungen.<br />

Sie hatte keinerlei Auswirkung auf die Wirksamkeit von Verfügungsgeschäften<br />

und die rechtliche Inhaberschaft an Geschäftsanteilen. Mit der Neufassung<br />

von § 16 durch das MoMiG (i) ersetzt der Gesetzgeber die Anmeldung<br />

durch die Eintragung in der Gesellschafterliste (und Veröffentlichung im Handelsregister)<br />

als Grundlage für die relative Legitimationsfiktion zur Gesellschaft,<br />

(ii) erweitert den Anwendungsbereich der Legitimationsfiktion in rechtlicher<br />

und tatsächlicher Hinsicht umfassend und (iii) verstärkt schließlich in<br />

qualitativer Weise die Bedeutung des bislang primär verbandsinternen wirkenden<br />

Faktum zu einem Rechtsscheinsträger für einen gutgläubigen Erwerb von<br />

Geschäftsanteilen, also einer Basis für eine Änderung in der rechtlichen Inhaberschaft<br />

von Geschäftsanteilen. Die Ersetzung des bisherigen Anmeldeprinzips<br />

durch die Eintragung in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste<br />

als Grundlage für die relative Legitimationsfiktion erfolgte in Anlehnung<br />

an die für Namensaktien geltende aktienrechtliche Vorschrift des § 67<br />

Abs. 2 AktG 1 . Der Blick auf dieses Gesetzgebungsvorbild macht aber auch augenscheinlich,<br />

dass eine zwingende Verkoppelung der Funktion einer relativ<br />

zur Gesellschaft wirkenden Legitimationsfiktion einerseits und einer Rechtsscheinbasis<br />

für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen nicht zwingend<br />

ist. Die nähere Bestimmung der Eintragung in der Gesellschafterliste ist<br />

im ebenfalls durch das MoMiG geänderten § 40 niedergelegt, der mit dem § 16<br />

ein Gesamtbild ergibt.<br />

Die beiden Hauptelemente und Regelungsfelder der Gesetzesneufassungen (ein<br />

doppelter Konzeptionswechsel), nämlich die Ersetzung des Anmeldeprinzips<br />

durch das Prinzip der veröffentlichten Eintragung in der Gesellschafterliste als<br />

Basis der relativen Legitimationsfiktion gegenüber der Gesellschaft und der<br />

Nutzung dieser Eintragung als Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb,<br />

waren bereits im BMJ-Referentenentwurf enthalten 2 . Die Diskussion<br />

über den BMJ-Referentenentwurf hat zu einer Reihe von Detailänderungen am<br />

Gesetzestext des § 16 geführt. Der Text des Regierungsentwurfs 3 ist trotz einer<br />

Überarbeitungsbitte des Bundesrats zu § 16 Abs. 3 (gutgläubiger Erwerb) 4 und<br />

kritischen Literaturanmerkungen 5 unverändert Gesetz worden.<br />

Der neugefasste § 16 mit seinen beiden Regelungsfeldern enthält drei Regelungskomplexe:<br />

(1) In § 16 Abs. 1 Satz 1 ist das Prinzip der Eintragung in der Gesellschafterliste<br />

als Basis für die Legitimationsfiktion zur Gesellschaft geregelt, d.h.<br />

die Bestimmungsbasis dafür, wer im Fall einer Veränderung in den Personen der<br />

Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung im Verhältnis zur Gesell-<br />

1 BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07, S. 84 = Begr. RegE zu § 16.<br />

2 RefE Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen<br />

(MoMiG) v. 29. 5. 2006, S. 4, 48 ff.<br />

3 BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07 = RegE Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung<br />

von Missbräuchen (MoMiG) v. 25. 5. 2007.<br />

4 S. BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07 (Beschluss), S. 14 f. = Stellungnahme BR zu § 16 Abs. 3.<br />

5 Bednarz, BB 2008, 1854, 1858; Bohrer, DStR 2007, 995, 1001; Eidenmüller, ZGR 2007,<br />

168, 203; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2007, 211, 214 f.<br />

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