Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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29 30 31 32 33 §52 Aufsichtsrat register nicht von der Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrats abhängig gemacht werden. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG enthält daher nicht nur eine Einrichtungsverpflichtung, sondern auch eine zwingende Änderung der Entscheidungsorganisation der GmbH. Die Änderung der Entscheidungsorganisation reicht jedoch nicht so weit wie nach dem MitbestG. bbb) Auf Tendenzunternehmen, also Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen, ist, soweit sie in der Rechtsform der GmbH organisiert sind, das DrittelbG nicht anzuwenden. Das DrittelbG findet auch keine Anwendung auf Unternehmen, die unmittelbar oder überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, § 1 Abs. 2 DrittelbG. ccc) Die Einrichtungsverpflichtung verlangt weiter, dass die GmbH in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer hat. Bei der GmbH & Co. KG erfolgt gegenüber der GmbH keine Zurechnung der Arbeitnehmer der KG. Die Komplementär- GmbH ist daher mitbestimmungsfrei, selbst wenn die KG mehr als 500, aber weniger als 2000 Arbeitnehmer hat 1 . Eine § 4 MitbestG entsprechende Zurechnungsvorschrift fehlt im DrittelbG. Der hierfür maßgebliche Begriff des Arbeitnehmers ergibt sich aus § 3 DrittelbG, der seinerseits auf § 5 BetrVG verweist 2 . Leitende Angestellte sind hiernach keine Arbeitnehmer. Sie sind bei Unternehmen im Anwendungsbereich des DrittelbG von der Mitbestimmung anders als nach MitbestG ausgeschlossen. Auf ihre Wahlberechtigung, also die Vollendung des 18. Lebensjahres, kommt es nicht an 3 . Nicht einzurechnen sind Arbeitnehmer von Auslandsniederlassungen 4 , Leiharbeitnehmer 5 und arbeitnehmerähnliche Personen. Dagegen sind Heimarbeiter unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hinzuzurechnen. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen Geschäftsführer, leitende Angestellte, soweit sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind, oder denen Generalvollmacht oder Prokura erteilt ist oder die Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig wegen ihrer Bedeutung für die Entwicklung des Betriebs nur aufgrund besonderen persönlichen Vertrauens des Arbeitgebers bestimmten Personen im Hinblick auf deren besonderen Erfahrungen und Kenntnissen übertragen werden. ddd) Sind die Geschäftsführer der Ansicht, dass der Aufsichtsrat nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist, so haben sie dies unverzüglich in den Gesellschaftsblättern und gleichzeitig durch Aushang in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft und ihrer Konzernunternehmen 1 Rieble, BB 2006, 2018. 2 Zur Abgrenzung von „selbständigen Mitarbeitern“: LG Mannheim, AG 2003, 51 (MLP). 3 Oetker, in: ErfKomm., § 1 DrittelbG Rdnr. 31. 4 Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 3 MitbestG Rdnr. 36; krit. Schiessl, AG 2002, 596. 5 OLG Düsseldorf, AG 2004, 616. 3018 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 bekanntzumachen, § 97 AktG. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob in der Satzung ein Aufsichtsrat vorgesehen ist oder nicht. Verhindert wird hierdurch, dass die Arbeitnehmer bei der Änderung übergangen werden und dass ein Gericht angerufen werden muss. Ist streitig oder ungewiss, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, so entscheidet darüber auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, § 98 AktG. Daher kann auch ein Gesellschafter diesen Antrag stellen, wenn er der Ansicht ist, dass die Bekanntmachung der Geschäftsführer unzutreffend ist (s. Rdnr. 44). eee) Die Zuständigkeit des nach DrittelbG mitbestimmten GmbH-Aufsichtsrats ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG, der auf eine Reihe aktienrechtlicher Bestimmungen verweist. Im Vergleich zu der früheren Regelung in § 77 Abs. 1 BetrVG 1952 wurde zusätzlich auf § 125 Abs. 4 sowie § 170 AktG verwiesen. Es handelt sich um das Recht auf Mitteilung der durch die Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse und die Pflicht zur Vorlage der Jahresabschlüsse. fff) Zur Bestellung der Arbeitnehmervertreter s. Rdnr. 235. bb) Konzern Ist die GmbH herrschendes Unternehmen im Konzern, so gelten nach § 5 MitbestG die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens. Dabei ist es für den Anwendungsbereich des MitbestG unerheblich, ob die Holdinggesellschaft selbst einen eigenen Geschäftsbetrieb und ob sie Arbeitnehmer hat1 . Für die Mitbestimmung nach dem DrittelbG ist demgegenüber zwischen der Einrichtungsverpflichtung einerseits und dem aktiven und passiven Wahlrecht andererseits zu unterscheiden: Für die Einrichtungsverpflichtung enthält § 2 Abs. 2 DrittelbG eine Beschränkung. Die Vorschrift unterscheidet zwischen dem Vertragskonzern und dem faktischen Konzern. Hiernach hat die herrschende GmbH nur dann einen Aufsichtsrat zu bilden, wenn die Zahl der Arbeitnehmer der GmbH und der Unternehmen, mit denen ein Beherrschungsvertrag besteht, oder die in das herrschende Unternehmen nach § 319 AktG eingegliedert sind, was für die GmbH keine praktische Bedeutung hat, 500 übersteigt. Die beherrschte Gesellschaft kann jede Rechtsform haben 2 . Verlangt ist nur, dass sie beherrschtes Unternehmen im Vertragskonzern sein kann. Die Arbeitnehmer der anderen nur faktisch in den Konzern einbezogenen Unternehmen und nur abhängiger Unternehmen sind nicht mitzuzählen 3 . Auch reicht nicht aus, dass mit der herrschenden GmbH ein Gewinnabführungsver- 1 OLG Stuttgart, DB 1989, 1128; OLG Stuttgart, ZIP 1995, 1004 mit Anm. Mankowski; zur Widerlegung der Konzernvermutung: BayObLG, AG 2002, 511. 2 BayObLG, NJW 1993, 1805; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 2 DrittelbG Rdnr. 13; Deilmann, NZG 2005, 660. 3 LG Berlin, AG 2007, 455. Uwe H. Schneider | 3019 34 35 36 37 38 39

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register nicht von der Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrats abhängig gemacht<br />

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der GmbH. Die Änderung der Entscheidungsorganisation reicht jedoch nicht so<br />

weit wie nach dem MitbestG.<br />

bbb) Auf Tendenzunternehmen, also Religionsgemeinschaften und ihre karitativen<br />

und erzieherischen Einrichtungen, ist, soweit sie in der Rechtsform der<br />

GmbH organisiert sind, das <strong>Dr</strong>ittelbG nicht anzuwenden. Das <strong>Dr</strong>ittelbG findet<br />

auch keine Anwendung auf Unternehmen, die unmittelbar oder überwiegend<br />

politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen,<br />

wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung<br />

oder Meinungsäußerung dienen, § 1 Abs. 2 <strong>Dr</strong>ittelbG.<br />

ccc) Die Einrichtungsverpflichtung verlangt weiter, dass die GmbH in der Regel<br />

mehr als 500 Arbeitnehmer hat. Bei der GmbH & Co. KG erfolgt gegenüber<br />

der GmbH keine Zurechnung der Arbeitnehmer der KG. Die Komplementär-<br />

GmbH ist daher mitbestimmungsfrei, selbst wenn die KG mehr als 500, aber<br />

weniger als 2000 Arbeitnehmer hat 1 . Eine § 4 MitbestG entsprechende Zurechnungsvorschrift<br />

fehlt im <strong>Dr</strong>ittelbG. Der hierfür maßgebliche Begriff des Arbeitnehmers<br />

ergibt sich aus § 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, der seinerseits auf § 5 BetrVG verweist 2 .<br />

Leitende Angestellte sind hiernach keine Arbeitnehmer. Sie sind bei Unternehmen<br />

im Anwendungsbereich des <strong>Dr</strong>ittelbG von der Mitbestimmung anders als<br />

nach MitbestG ausgeschlossen. Auf ihre Wahlberechtigung, also die Vollendung<br />

des 18. Lebensjahres, kommt es nicht an 3 . Nicht einzurechnen sind Arbeitnehmer<br />

von Auslandsniederlassungen 4 , Leiharbeitnehmer 5 und arbeitnehmerähnliche<br />

Personen. Dagegen sind Heimarbeiter unter den Voraussetzungen<br />

des § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hinzuzurechnen.<br />

Nicht zu berücksichtigen sind dagegen Geschäftsführer, leitende Angestellte, soweit<br />

sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der<br />

Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind, oder denen Generalvollmacht<br />

oder Prokura erteilt ist oder die Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig<br />

wegen ihrer Bedeutung für die Entwicklung des Betriebs nur aufgrund<br />

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Hinblick auf deren besonderen Erfahrungen und Kenntnissen übertragen werden.<br />

ddd) Sind die Geschäftsführer der Ansicht, dass der Aufsichtsrat nicht nach den<br />

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sie dies unverzüglich in den Gesellschaftsblättern und gleichzeitig durch Aushang<br />

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1 Rieble, BB 2006, 2018.<br />

2 Zur Abgrenzung von „selbständigen Mitarbeitern“: LG Mannheim, AG 2003, 51 (MLP).<br />

3 Oetker, in: ErfKomm., § 1 <strong>Dr</strong>ittelbG Rdnr. 31.<br />

4 Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 3 MitbestG Rdnr. 36;<br />

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