Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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562 563 564 §52 Aufsichtsrat sellschaft, also gegen die Gesamtheit der Gesellschafter oder die Geschäftsführer. Ausgeschlossen sind Klagen der Gesamtheit der Gesellschafter oder der Geschäftsführer gegen den Aufsichtsrat. Das dürfte heute die überwiegende Ansicht sein 1 . b) Interorganstreit im Namen der Gesellschaft Das schließt es nicht aus, dass der Aufsichtsrat im Namen und im Interesse der Gesellschaft befugt ist, gegen ein pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen der Geschäftsführer gerichtlich vorzugehen2 . Bei der GmbH ist freilich insoweit zu beachten, dass bei Gesellschaften mit fakultativem Aufsichtsrat dieser zwar die Geschäftsführer zu überwachen hat. Er ist aber nicht befugt, selbständig gegen die Geschäftsführer vorzugehen. Vielmehr hat er nur die Gesellschafter zu informieren, wenn die Satzung nichts anderes vorsieht. In die Zuständigkeiten der Gesellschafter darf der Aufsichtsrat nicht eingreifen. Er hat kein Weisungsrecht bei rechtswidrigen oder nachteiligen Maßnahmen der Unternehmensleitung. Fehlt dem Aufsichtsrat aber die interne Zuständigkeit, fehlerhafte Maßnahmen der Geschäftsführer zu verhindern, so fehlt ihm auch die Befugnis, gegen pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführer gerichtlich vorzugehen. Das gilt erst recht für einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats 3 . Bei dem nach MitbestG mitbestimmten Aufsichtsrat ist der Aufsichtsrat dagegen nicht nur zur Überwachung, sondern auch zur Abberufung der Geschäftsführer befugt (§ 31 Abs. 1 MitbestG mit § 84 AktG). Zu seinen Aufgaben gehört daher auch, gegen pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführer einzuschreiten. Der Aufsichtsrat kann daher auch namens der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer gerichtlich vorgehen. Freilich fehlt es in der Regel an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil der Aufsichtsrat eben die Möglichkeit zur Abberufung der Geschäftsführer hat 4 . Ein Rechtsschutzinteresse ist aber etwa dann gegeben, wenn eine Abberufung aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, etwa weil dem Geschäftsführer ein satzungsmäßiges Sonderrecht zusteht, und das pflichtwidrige Verhalten für eine Abberufung nicht ausreicht. 1 Statt anderer: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 118; Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen, Rdnr. 46; Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006, § 11 C III 1a; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 37; Teichmann, in: FS Mühl, 1981, S. 663, 667; Karsten Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 219 ff.; anderer Ansicht aber: Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rdnr. 24a; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 232; Hommelhoff, ZHR 173 (1979), 288, 303 ff.; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, 1986, S. 67 ff., 125 f.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265; Bork, ZGR 1989, 1, 22 f.; Bork, ZIP 1991, 137, 139; Geißler, GmbHR 1998, 1117). 2 Statt anderer: Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006, § 11 C III 1b m.w.N. 3 Ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 45; a.A. Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 56; offengelassen in: BGHZ 106, 62. 4 Vgl. Mertens, in: KölnKomm. AktG, Vor § 76 Rdnr. 4 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 23 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 312; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, 1986, S. 90 f.; Bork, ZGR 1989, 1, 20. 3178 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 Ein Rechtsschutzinteresse kann ferner bei Verletzungen des Wettbewerbsverbots oder der Pflicht der Geschäftsführer zur Vertraulichkeit gegeben sein 1 . c) Actio pro societate In der Lehre wird teilweise die Ansicht vertreten, Organmitglieder, also auch Aufsichtsratsmitglieder, könnten unter bestimmten Voraussetzungen Rechte der Gesellschaft im eigenen Namen gerichtlich geltend machen2 . Die höchstrichterliche Rechtsprechung3 hat eine solche Klagemöglichkeit bislang nicht anerkannt, sondern die Frage offengelassen. Jedenfalls dürfe eine solche Möglichkeit nicht dazu führen, dass Konflikte, die innerhalb eines Organs auftreten, auf der Interorganebene, also zwischen verschiedenen Organen, ausgetragen werden. Erforderlich sei daher in jedem Fall, dass das Organmitglied zuvörderst die Fehlerhaftigkeit des betreffenden Organbeschlusses geltend macht. Mit Recht wird daher überwiegend eine Klagebefugnis von Aufsichtsratsmitgliedern im eigenen Namen und im Interesse der Gesellschaft abgelehnt4 . XV. Texte Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz – WO- DrittelbG) vom 23. Juni 2004 (BGBl. I 2004, 1393) Teil 1. Wahl Kapitel 1. Wahl durch die Arbeitnehmer eines Betriebs Abschnitt 1. Einleitung der Wahl § 1 Mitteilung des Unternehmens Das zur gesetzlichen Vertretung berufene Organ eines Unternehmens, dessen Aufsichtsrat nach § 1 des Gesetzes Arbeitnehmervertreter angehören müssen, teilt dem Betriebsrat oder, soweit ein solcher nicht besteht, den Arbeitnehmern spätestens 14 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer mit, dass Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu wählen sind. Dabei sind der voraussichtliche Beginn ihrer Amtszeit sowie die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anzugeben. DieWahl der Arbeitnehmervertreter soll so 1 Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 11. 2 Grundlegend: Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 333; ferner Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 314; Bork, ZGR 1989, 1, 39 ff.; Deckert, AG 1994, 457, 462, 464 f. 3 BGHZ 106, 54, 66 f. 4 Ebenso Lewerenz, Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der AG, 1977, S. 131; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 19 f.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33; W. Werner, WuB, II A § 111 1/89, S. 459; zweifelnd: Raiser, AG 1989, 185, 190; Raiser, ZGR 1989, 44, 69 f.; zurückhaltend: Korth, AG 1987, 193, 198 f.; Deckert, AG 1994, 457, 464 f.; vermittelnd: OLG Celle, AG 1990, 264 ff.: einstweilige Verfügung möglich; dagegen: Rellermeyer, ZGR 1993, 77, 98 ff. Uwe H. Schneider | 3179 565 566

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sellschaft, also gegen die Gesamtheit der Gesellschafter oder die Geschäftsführer.<br />

Ausgeschlossen sind Klagen der Gesamtheit der Gesellschafter oder der<br />

Geschäftsführer gegen den Aufsichtsrat. Das dürfte heute die überwiegende Ansicht<br />

sein 1 .<br />

b) Interorganstreit im Namen der Gesellschaft<br />

Das schließt es nicht aus, dass der Aufsichtsrat im Namen und im Interesse der<br />

Gesellschaft befugt ist, gegen ein pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen der<br />

Geschäftsführer gerichtlich vorzugehen2 . Bei der GmbH ist freilich insoweit zu<br />

beachten, dass bei Gesellschaften mit fakultativem Aufsichtsrat dieser zwar die<br />

Geschäftsführer zu überwachen hat. Er ist aber nicht befugt, selbständig gegen<br />

die Geschäftsführer vorzugehen. Vielmehr hat er nur die Gesellschafter zu informieren,<br />

wenn die Satzung nichts anderes vorsieht.<br />

In die Zuständigkeiten der Gesellschafter darf der Aufsichtsrat nicht eingreifen.<br />

Er hat kein Weisungsrecht bei rechtswidrigen oder nachteiligen Maßnahmen<br />

der Unternehmensleitung. Fehlt dem Aufsichtsrat aber die interne Zuständigkeit,<br />

fehlerhafte Maßnahmen der Geschäftsführer zu verhindern, so fehlt ihm<br />

auch die Befugnis, gegen pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführer gerichtlich<br />

vorzugehen. Das gilt erst recht für einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats 3 .<br />

Bei dem nach MitbestG mitbestimmten Aufsichtsrat ist der Aufsichtsrat dagegen<br />

nicht nur zur Überwachung, sondern auch zur Abberufung der Geschäftsführer<br />

befugt (§ 31 Abs. 1 MitbestG mit § 84 AktG). Zu seinen Aufgaben gehört<br />

daher auch, gegen pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführer einzuschreiten.<br />

Der Aufsichtsrat kann daher auch namens der Gesellschaft gegen<br />

die Geschäftsführer gerichtlich vorgehen. Freilich fehlt es in der Regel an dem<br />

erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil der Aufsichtsrat eben die Möglichkeit<br />

zur Abberufung der Geschäftsführer hat 4 . Ein Rechtsschutzinteresse ist<br />

aber etwa dann gegeben, wenn eine Abberufung aus rechtlichen Gründen nicht<br />

möglich ist, etwa weil dem Geschäftsführer ein satzungsmäßiges Sonderrecht<br />

zusteht, und das pflichtwidrige Verhalten für eine Abberufung nicht ausreicht.<br />

1 Statt anderer: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 118; Altmeppen, in: Roth/<br />

Altmeppen, Rdnr. 46; Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006, § 11<br />

C III 1a; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 37; Teichmann, in: FS Mühl, 1981, S. 663, 667;<br />

Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZZP 92 (1979), 212, 219 ff.; anderer Ansicht aber: Vollkommer, in:<br />

Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rdnr. 24a; v. Schenck, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch<br />

Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 232; Hommelhoff, ZHR 173<br />

(1979), 288, 303 ff.; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, 1986,<br />

S. 67 ff., 125 f.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265; Bork, ZGR 1989, 1, 22 f.; Bork, ZIP<br />

1991, 137, 139; Geißler, GmbHR 1998, 1117).<br />

2 Statt anderer: Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006, § 11 C III 1b<br />

m.w.N.<br />

3 Ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 45; a.A. Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 56;<br />

offengelassen in: BGHZ 106, 62.<br />

4 Vgl. Mertens, in: KölnKomm. AktG, Vor § 76 Rdnr. 4 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990),<br />

23 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 312; Bauer, Organklagen zwischen Vorstand<br />

und Aufsichtsrat, 1986, S. 90 f.; Bork, ZGR 1989, 1, 20.<br />

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