Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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534 535 536 537 §52 Aufsichtsrat nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder 1 von einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung muss in erster Linie der Absicherung des Unternehmens oder des Unternehmenswertes gegen Schadenersatzforderungen Dritter gegenüber dem Unternehmen dienen, die ihren Grund in dem Tätigwerden oder Untätigbleiben der für das Unternehmen verantwortlich handelnden und entscheidenden Organe hat. Voraussetzung ist weiter, dass die D&O-Verträge besondere Klauseln zur Firmenhaftung oder sog. Company Reimbursement enthalten, die im Ergebnis dazu führen, dass der Versicherungsanspruch aus der Versicherungsleistung dem Unternehmen als Versicherungsnehmer zusteht. Schließlich müssen die D&O-Versicherungen dadurch gekennzeichnet sein, dass das Management als Ganzes versichert ist und Versicherungsschutz für einzelne Personen nicht in Betracht kommt. Basis der Prämienkalkulation sind in diesem Fall nicht individuelle Merkmale der Organmitglieder, sondern Betriebsdaten des Unternehmens, weshalb die Versicherungssummen deutlich höher sind als typischerweise das Privatvermögen der Organmitglieder. 3. Die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber den Gesellschaftern a) Die Überwachungs- und Beratungspflicht obliegt den Aufsichtsratsmitgliedern nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Gesellschaftern oder den Gläubigern der Gesellschaft. Der einzelne Gesellschafter hat daher keinen Anspruch auf pflichtgemäßes Aufsichtsratsverhalten 2 . Die Verletzung der Überwachungspflichten begründet keine Schadensersatzansprüche der Gesellschafter. Ebenso wie der Geschäftsführer hat aber auch das Aufsichtsratsmitglied in begrenztem Umfang organschaftliche Pflichten gegenüber den Gesellschaftern. Erkennt etwa ein Aufsichtsratsmitglied Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführer oder der Mitgesellschafter, z.B. verdeckte Gewinnausschüttungen, läuft ein Gesellschafter daher Gefahr, persönlich in Anspruch genommen zu werden, so haben die Aufsichtsratsmitglieder entsprechend zu informieren. Die Einzelheiten sind bisher ungeklärt. b) § 52 verweist nicht auf § 117 AktG; dessen analoge Anwendung ist zweifelhaft 3 , aber zu bejahen. § 117 AktG enthält einen besonderen Tatbestand der unerlaubten Handlung 4 . Zum Schadensersatz verpflichtet ist nach § 117 AktG, wer vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats, einen Prokuristen oder einen Handlungsbevollmächtig- 1 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen v. 24. 1. 2002 an eine Reihe von Bundesverbänden (AG 2002, 287); s. auch Lange, ZIP 2001, 1521. 2 Zöllner, ZGR 1988, 392, 414. 3 Ebenso wohl Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 150. 4 BGH, WM 1992, 1819; s. auch BGHZ 94, 55, 58 und BGHZ 105, 121, 130; zuletzt Hüffer, AktG, § 117 Rdnr. 2; Henze, in: FS Kellermann, 1991, S. 141, 148. 3170 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 ten dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter zu handeln. Aufsichtsratsmitglieder, die unter Verletzung ihrer Pflichten gehandelt haben, haften als Gesamtschuldner. Die Folge ist, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen Aufsichtsratsmitglieder nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber den Gesellschaftern zum Ersatz verpflichtet sind. Zu ersetzen sind den Gesellschaftern aber nur Schäden, die über einen Schaden bei der Gesellschaft und die hierdurch bedingte Wertminderung des Gesellschaftsanteils hinausgehen 1 . Der bloße „Reflexschaden“ bei den Gesellschaftern berechtigt nicht zum Schadensersatz 2 . c) Neben § 117 AktG entsprechend ist § 826 BGB anwendbar 3 . Unabhängig hiervon kommt eine Haftung nach § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht. Dabei ist streitig, ob die Mitgliedschaft ein absolutes Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB darstellt 4 . 4. Die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber Dritten Die Organpflichten, also insbesondere die Überwachungspflichten, die Zustimmungspflichten, die Pflichten zur Information der Gesellschafter und, sofern einschlägig, die Pflichten zur sorgsamen Auswahl der Geschäftsführer, obliegen den Aufsichtsratsmitgliedern nur gegenüber der Gesellschaft. Folglich können wegen Verletzung dieser Pflichten Dritten keine Schadensersatzansprüche zustehen. In Betracht kommt jedoch eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss, wenn Aufsichtsratsmitglieder unter Berufung auf eine persönliche Einstandspflicht Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft begründen und dieses Vertrauen verletzt wird. In Betracht kommt auch eine deliktische Haftung nach § 823, § 826 BGB. Voraussetzung ist freilich, dass das Aufsichtsratsmitglied in seiner Person eine unerlaubte Handlung begeht 5 . 5. Haftung der Gesellschafter und der abordnenden Körperschaft? Gesellschafter haften nicht allein deshalb für schuldhafte Pflichtverletzungen eines Aufsichtsratsmitglieds, weil sie mit ihrer Stimme die Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds bewirkt haben. Streitig ist aber, ob ein anderes Unternehmen (Bankenvertreter etc.), eine öffentlich-rechtliche Körperschaft 6 oder Gewerkschaften, die ein Mitglied ihres 1 BGH, WM 1992, 1812, 1819. 2 Grunewald, Die Gesellschafterklage in der Personengesellschaft und der GmbH, 1990, S. 99; Hadding, in: FS Kellermann, 1990, S. 101 jeweils m.w.N. sowie Brandes, in: FS Fleck, 1988, S. 13. 3 Hüffer, AktG, § 117 Rdnr. 14. 4 Bejahend: BGHZ 110, 323 (Schärenkreuzer); Mertens, in: FS R. Fischer, 1979, S. 461; ablehnend: Grunewald, Die Gesellschafterklage in der Personengesellschaft und der GmbH, 1990, S. 100; Hadding, in: FS Kellermann, 1990, S. 99 jeweils m.w.N. 5 S. dazu Altmeppen, in: Krieger/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Handbuch Managerhaftung, 2007, § 7 Rdnr. 75; Semler, in: MünchKomm. AktG, § 116 Rdnr. 37. 6 S. dazu Säcker, in: FS Rebmann, 1989, S. 781; Simmler, Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, 1991, 253. Uwe H. Schneider | 3171 538 539 540 541

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einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, wenn bestimmte Voraussetzungen<br />

vorliegen: Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung muss in erster<br />

Linie der Absicherung des Unternehmens oder des Unternehmenswertes gegen<br />

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Grund in dem Tätigwerden oder Untätigbleiben der für das Unternehmen<br />

verantwortlich handelnden und entscheidenden Organe hat. Voraussetzung ist<br />

weiter, dass die D&O-Verträge besondere Klauseln zur Firmenhaftung oder sog.<br />

Company Reimbursement enthalten, die im Ergebnis dazu führen, dass der<br />

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Versicherungsnehmer zusteht. Schließlich müssen die D&O-Versicherungen<br />

dadurch gekennzeichnet sein, dass das Management als Ganzes versichert ist<br />

und Versicherungsschutz für einzelne Personen nicht in Betracht kommt. Basis<br />

der Prämienkalkulation sind in diesem Fall nicht individuelle Merkmale der<br />

Organmitglieder, sondern Betriebsdaten des Unternehmens, weshalb die Versicherungssummen<br />

deutlich höher sind als typischerweise das Privatvermögen<br />

der Organmitglieder.<br />

3. Die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber den Gesellschaftern<br />

a) Die Überwachungs- und Beratungspflicht obliegt den Aufsichtsratsmitgliedern<br />

nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Gesellschaftern<br />

oder den Gläubigern der Gesellschaft. Der einzelne Gesellschafter hat daher<br />

keinen Anspruch auf pflichtgemäßes Aufsichtsratsverhalten 2 . Die Verletzung<br />

der Überwachungspflichten begründet keine Schadensersatzansprüche der Gesellschafter.<br />

Ebenso wie der Geschäftsführer hat aber auch das Aufsichtsratsmitglied in begrenztem<br />

Umfang organschaftliche Pflichten gegenüber den Gesellschaftern.<br />

Erkennt etwa ein Aufsichtsratsmitglied Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführer<br />

oder der Mitgesellschafter, z.B. verdeckte Gewinnausschüttungen, läuft ein<br />

Gesellschafter daher Gefahr, persönlich in Anspruch genommen zu werden, so<br />

haben die Aufsichtsratsmitglieder entsprechend zu informieren. Die Einzelheiten<br />

sind bisher ungeklärt.<br />

b) § 52 verweist nicht auf § 117 AktG; dessen analoge Anwendung ist zweifelhaft<br />

3 , aber zu bejahen. § 117 AktG enthält einen besonderen Tatbestand der<br />

unerlaubten Handlung 4 .<br />

Zum Schadensersatz verpflichtet ist nach § 117 AktG, wer vorsätzlich unter<br />

Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands<br />

oder des Aufsichtsrats, einen Prokuristen oder einen Handlungsbevollmächtig-<br />

1 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen v. 24. 1. 2002 an eine Reihe von Bundesverbänden<br />

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2 Zöllner, ZGR 1988, 392, 414.<br />

3 Ebenso wohl Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 150.<br />

4 BGH, WM 1992, 1819; s. auch BGHZ 94, 55, 58 und BGHZ 105, 121, 130; zuletzt Hüffer,<br />

AktG, § 117 Rdnr. 2; Henze, in: FS Kellermann, 1991, S. 141, 148.<br />

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